Schlagwortarchiv für: Busen

Gute Vorsätze, Teil 1 «Blick»

Eine kleine Serie, wir starten mit dem Organ mit der Regenrinne im Logo.

Vielleicht ist ein Wunder geschehen, wahrscheinlicher ist aber ein Unfall in der Selbstzensur. Denn der «Blick», das einzige Boulevardblatt der Welt ohne Boulevard, scheint sich an alte Tugenden zu erinnern:

Sex sells, so ist das nunmal. Auch wenn die Themen nicht gerade taufrisch sind.

Doppelt gemoppelt hält besser:

Wenn wir den Begriff «Büsi» (wie in Busen, Blut, Büsis) weit fassen, kann man das hier gelten lassen:

Dann fehlt ja nur noch Blut, plus politisch unkorrekt. Wird geliefert:

«Jung, männlich, Migranten». Besser hätte das der Schweizer Urvater des Krachbum-Boulevards, Peter Übersax, auch nicht hingekriegt.

Will sich der «Blick» also wieder auf sein Erfolgsrezept zurückbesinnen? Mal schauen, wie lange dieser gute Vorsatz hinhält …

PS: Erste Zweifel sind erlaubt. Nachdem die Chefetage ihren Silvesterrausch ausgeschlafen hatte, griff sie schon mal leicht korrigierend in diese Titelschlagzeile ein:

Was einer aufmerksamen ZACKBUM– und «Blick»-Leserin nicht entgangen ist …

PPS: Inzwischen sind wir bei der dritten Version der Schlagzeile angelangt, endlich wieder politisch völlig korrekt: «Böller auf Polizisten geschossen, Rettungskräfte mit Feuerlöscher angegriffen. Silvester-Mob sorgte für Randale in Deutschland».

Kleine Quizfrage für Schlaumeier: welches Wort fehlt nun völlig? Nein, nicht «Eier» …

Geld wert? «Blick»

Teil zwei unserer kleinen Serie über Geld und Geist.

Wir haben ganz oben mit der NZZ angefangen, nun geht’s auf der Schaukel nach unten. Wir nehmen übrigens nur Bezahl-Tageszeitungen unter die Lupe, sonst müssten wir ja noch ein Wort zu «watson», «20 Minuten» oder nau.ch sagen.

Der «Blick» verlangt büezerfreundliche Fr. 2.80 am Kiosk. Dafür gibt’s dann 10 Seiten alles andere und 11 Seiten Sport, insgesamt 22 nun ja, durchaus bildlastige Seiten. Das ergibt einen Seitenpreis von knapp 13 Rappen. 3 Rappen billiger als die NZZ, dafür viel bunter.

Mit diesen Schlagzeilen über dem Bund will das Boulevard-Blatt zum Kauf reizen:

Etwas Politik, Frauen, Autos und Fussballer, soweit eine ausgewogene Mischung von Themen, die den «Blick»-Leser interessieren könnten.

Auf den Seiten zwei drei kommt nun relativ schwerer Stoff, die Bundesratswahlen. «Blick zeigt, was die Kandidierenden eint und was sie unterscheidet». Man beachte den woken und falschen Gebrauch des Partizips Präsens «Kandidierende». Das dürfte dem «Blick»-Leser nicht auffallen, der Inhalt eher auch nicht.

Dazu «Fachkräfte-Not», «CS-Aktie so tief wie nie» und «Raser müssen ein Jahr in den Knast». Aus dieser versteckten Meldung hätte der «Blick» früher die Titelschlagzeile gesaugt, aber da war er auch noch nicht woke, hatte noch kein angeblich weibliches Regenrohr im Logo und zeigte auf Seite drei auch noch leicht bekleidete Frauen.

Aber da hatte er ja auch noch eine Auflage von über 375’000, während er aktuell angeblich bei leicht über 100’000 dahindümpelt. Aber das ist sicherlich der allgemeinen Print-Krise geschuldet, nicht dem Versuch, Boulevard ohne Boulevard, ohne Kanten, Volkes Stimme, Reizthemen und nackte Haut zu machen. Also sich völlig vom Erfolgsmodell zu verabschieden «Blut, Busen, Büsis».

Das kommt halt davon, wenn man das Management einer im Print völlig unerfahrenen Frau aus Quoten-Gründen überlässt, die ausser durch die fleissige Verwendung des Wortes «Resilienz» eigentlich noch durch nichts aufgefallen ist.

Aber auf Seite 4 endlich mal eine kleine Reportage mit Krachbum:

Aber gleich untendran riecht es nach eingeschlafenen Füssen: «Junge Erwachsene greifen immer häufiger zu Stichwaffen». Diese schreckliche Entwicklung wurde bereits von der Sonntagspresse abgefrühstückt. Aber ein Beispiel, noch ein Beispiel, dann der Aufschwung ins Allgemeine und Statistische, der «Experte» expertiert, fertig ist der Platzfüller.

Natürlich passt auf diese Doppelseite die Militärübung in der Schweiz bestens. Aber auch hier, seufz:

Der «Blick»-Käfer war einmal ein Markenzeichen des Blatts; für seine volksnahen und träfen Sprüche gab man sich ziemlich Mühe. War einmal …

Dann der unvermeidliche Blick ins Ausland. Man meint, das Aufatmen zu spüren, dass endlich einmal nicht die Ukraine und auch nicht der Iran Thema ist, sondern:

Ein paar Hundert von 1,4 Milliarden, um genau zu sein. Dann  wird’s einen Moment lang peinlich, oder eben auch nicht:

Wieso berichten denn die anderen Schweizer Medien nicht flächendeckend über diesen Event? Nun, wer sitzt denn am Steuer dieses Aston Martin? Nein, nicht Michael Ringier, der fährt immer das neuste Modell. Hier ist es Silvia Binggeli, und die ist ihres Zeichens Chefredaktorin der «Schweizer Illustrierte», die diesen Anlass veranstaltet und zufällig wie der «Blick» zum gleichen Verlagshaus gehört.

Womit wir beim Sport wären. Gelegenheit, ein Zeichen zu setzen:

Gelegenheit, einen nur schwer verständlichen Titel zu setzen:

Gelegenheit, noch einen schwer verständlichen Titel zu setzen:

Nun gesteht ZACKBUM, dass wir nicht so Männer des Sportes sind, also erweckt eigentlich höchstens das TV-Programm auf Seite 20 noch unser Interesse.

Aber auf die letzte Seite hat sich Klatsch und Tratsch geflüchtet, die sozusagen letzte Gelegenheit, Frauen zu zeigen. Weitgehend verhüllt, aber immerhin:

Die «Unternehmerin und Influencerin» Kim Kardashian, eine Stilikone, deren Geschmack über jeden Zweifel erhaben und die besonders stolz auf ihr recht ausgeprägtes Hinterteil ist, reitet auf der Welle der Empörung gegen eine Balenciaga-Reklame.

Aber immerhin, hier setzt der «Blick» ein Zeichen für die Frauen. Das Kind in der Reklame mitgezählt, sind es 8 auf einer Seite. Nur knapp schafft es «Comedian» Pete Davidson auch noch auf ein Bild, aber nur wegen eines «Liebes-Outing beim Basketball» mit Emily Ratjakowski. Wer beide nicht so kennt: macht nix, B-Model und B-Comedian. Eine Verzweiflungstat von Flavia Schlittler, zuständig für Tratsch und Klatsch.

Kassensturz: Für 13 Rappen pro Seite bekommt man ziemlich viel Druckfarbe serviert. Die Buchstaben, nun ja, sagen wir so: Anhänger des Tiefergelegten kommen hier auf ihre Kosten. Themenmischung, Überblick, Informationsgehalt, Einordnungen, Analysen, Welterkenntnis? ?

Blut, Busen und Büsis? ?

Boulevard-Kracher, Aufreger, Kampagnen, Mord und Totschlag, billige Vorwände, viel nackte Haut zu zeigen? Pfuibäh.

Damit dürfte 100’000 nicht das Ende der Fahnenstange sein. Es geht noch tiefer.

Blütenlese «Blick»

Geht Boulevard ohne Blut, Busen, aber nur mit Büsis?

Die Gefühle des Stammtischs wiedergeben? Verboten. Mit oder ohne Vorwand leichtbekleidete bis nackte Frauen zeigen? Verboten. Blutrünstig über Bluttaten berichten? Verboten. Büsis zeigen: erlaubt.

Boulevard sollte mit knackigen Schlagzeilen arbeiten, auch komplexe Zusammenhänge auf zwei, drei Worte schrumpfen. Sternstunden des Boulevards waren Titelbrüller wie «Jetzt ist der Mond ein Ami» (Mondlandung der USA) oder «Wir sind Papst» (Wahl des deutschen Kardinals Ratzinger).

«Bild» versucht immer wieder, dieser Tradition nachzueifern, nicht ganz erfolglos. «Blick» versucht, sich von dieser Tradition zu lösen. Erfolgreich erfolglos, auf Kosten von Einfluss und Lesern. Um den Unterschied auch hier auf den Punkt zu bringen: Als der «Blick»-Chefredaktor standesgemäss Porsche fuhr, verkaufte das Blatt über 380’000 Exemplare und titelte «Lachhaft, Blödsinn, Bürokraten-Unsinn – so reagieren Schweizer auf Tempo 120».

Seit der «Blick»-Oberchefredaktor Bus fährt, beträgt die Auflage noch etwas über 100’000 Exemplare, ein aktueller Titel lautet «Hüppi verhindert Eskalation!»

Unter Leitung der nicht fassbaren CEO Ladina Heimgartner soll der «Blick» weiblicher, runder und vor allem «resilient» werden. Sichtbar davon ist ein Regenrohr im «Blick»-Logo, der Verzicht auf nackte Frauen, und was resilient eigentlich genau heissen soll (ausser Widerstandsfähigkeit gegen jedwelchen Erfolg), weiss niemand.

Weiblich gerundetes Regenrohr.

Bei all diesen Einschränkungen ist es verdammt schwer, in den Verrichtungsboxen im Newsroom genügend Storys aus dem Computer zu schütteln. Da hilft eigentlich nur, die Grenze zwischen selbstgebasteltem und bezahltem Inhalt immer mehr einzuebnen. Eine willkürliche, aber durchaus repräsentative Blütenlese, wie sich der «Blick» online am Montagvormittag präsentierte:

Super Reportage. Als bezahltes Inserat.

Ratgeber. Wer links tut, kann sich rechts leisten.

Wie wird man mit einem «bearenstarken Auftritt» Vorletzter?

Die heutige Jugend ist auch nicht mehr das, was Kurt Felix einmal war.

Weiter oben Verkauf zum Bestpreis … Aber Wasser wird teuer, für die CS ist guter Rat teuer,
und Swisscom-Schäppi hat billige Ausreden.

Was Schweizer Forscher so alles wollen, exklusiv im «DurchBlick».

Und wozu brauchte es schon wieder eine Steuermilliarde Hilfsgelder für Medien?

Es bleibt aber tatsächlich eine Frage. Welcher Medienmanager kann ernsthaft annehmen, dass die Leser so resilient sind und für die gedruckte Ausgabe all dieses Nonsens auch noch etwas bezahlen?