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Das grosse Ausschliessen

Im Namen von Diversität und Inklusion wird übel gehetzt.

Der Samstag schliesst den Freitag und den Sonntag aus. Wer das für trivialen Gaga hält, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.

Es gibt Vollpfosten, die sich für staatenlos erklären, solange nicht eine absurde, zusätzliche Genderbezeichnung in den Pass eingerückt wird. Natürlich benützen sie dieses Dokument der Schande dennoch, um fröhlich durch die Welt zu reisen.

Es gibt Vollpfosten, die sich für nonbinär erklären und weibliche Kleidungsstücke aneignen, dazu Attribute wie Schminke und lackierte Fingernägel. Wer mit einem Sombrero auftritt, als Weisser Rastalocken trägt oder sich gar das Gesicht schwarz anmalt, wird wegen kultureller Aneignung ans mediale Kreuz genagelt. Aber hier schweigt die Frauenbewegung.

Ein unzüchtiger Blick in einen Ausschnitt kann die Karriere gefährden, die Verwendung von brutaler Männersprache wird als Verwendung eines repressiven Herrschaftsinstruments denunziert. Weil sich die Sprache nicht wehren kann, bedeutet hier ein grammatikalisches Nein kein Nein, sie wird vergewaltigt, das Partizip Präsens wird massenhaft missbraucht.

Es gibt Lehrstühle für Genderfragen und Figuren wie Agota Lavoyer, die selbsternannte «Expertin für sexualisierte Gewalt und Opferberatung», die sich mit einem dünnen Leistungsausweis ihre 15 Minuten Ruhm abholt.

Dabei sind Probleme wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, genügend Möglichkeiten zur Kinderbetreuung weiterhin ungelöst. Aber die anzugehen, das würde ja in Arbeit ausarten, da ist das Setzen eines Gaga-Sternchens oder Dada-Binnen-I mit entschieden weniger Mühe verbunden.

Es gibt Ukraine-Fans und Israel-Groupies, die holzen und hetzen und jeden, der nicht ihre Meinung teilt, aufs Übelste verleumden.

Das alles sind Symptome einer Zeit, in der Koordinatensysteme verlorengegangen sind, Menschen «wie Wasser von Klippe zu Klippe geworfen, Jahr lang ins Ungewisse hinab» stürzen. Sich verzweifelt an einfachen Schwarzweissmustern orientieren, an brunzdummen Schlagworten festklammern.

In ayatollen und fundamental-wahnsinnigen Staaten – wie auch in Diktaturen – ist die Methode des Erkenntnisgewinns durch freien und rationalen Diskurs ohne Tabus verboten. Wer’s dennoch wagt, wird drakonisch bestraft, nicht zu selten mit dem Tod.

Solch finsteres Mittelalter herrscht in grossen Teilen der Welt, beherrscht die überwältigende Mehrheit der Menschen.

Da können wir auf den kleinen Inseln der Vernunft doch froh sein, dass hier im Sinne von Diversität und Inklusion LGBTQ-Anhänger friedlich im Sangeswettbewerb mit einer israelischen Schlagersängern auftreten. Das Stimmwunder Anna Netrebko darf überall auf der Welt, auch im KKL Luzern, die Zuhörer mit ihren Arien verzaubern.

Wenn das Internet-Radio «Kontrafunk»* einen Tagungsort sucht, dann stehen ihm alle Türen offen. Weil es anfänglich von einem AfD-Exponenten empfohlen wurde, ist es nun der AfD-Funk, Inhalt völlig egal.

Im missbrauchten Namen von Solidarität und Freiheit müssen Zeichen gesetzt werden. Zeichen der Ausgrenzung, der Denunziation, müssen Meinungen mit Haltungen verwechselt werden und deren Träger persönlich angerempelt. Im Kampf um die Lufthoheit der Begrifflichkeiten wird auch vor absurden Bezeichnungen wie Klimaleugner oder Covidgegner nicht zurückgeschreckt.

Statt offenem, konfliktivem, aber konstruktivem Dialog findet eine Verwilderung der Sitten statt. Die NZZ zitiert eine Sumpfblüte dieser Entwicklung, die wahrlich ein Zeichen setzt und an Dadaismus schwer zu überbieten ist:

«In vielen Fällen kommt es aber auch einfach zu einer sektiererischen Selbstisolation. Anschauungsmaterial lieferte hier jüngst das Schauspielhaus Zürich. Sein Verwaltungsrat, der von der Stadt und dem Kanton Zürich dominiert wird, hat ganz bewusst einen «transdisziplinären, inklusiven und intersektionalen Ansatz» gewählt,«der sowohl bei den Mitarbeiter*innen wie auch beim Publikum grösstmögliche Diversität (. . .) anstrebt»».

Das Resultat ist, dass das nicht so transdisziplinäre, inklusive und intersektionale Publikum in Scharen davonlief, das Gaga-Theater aber zu über 90 Prozent mit Steuergeldern finanzieren muss.

«Fridays for Future», «The Last Generation», «#metoo», «Black lives matter», «Palestine will be free», im Namen der Menschlichkeit und der Sorge um die Zukunft werden im sicheren Wissen um die alleinseligmachende Wahrheit moderne Kreuzzüge durchgeführt. Unblutig, zumeist, auch wenn ein Abgleiten in Terrorismus nie ausgeschlossen ist, wenn man zum Beispiel an militante Tierschützer oder Abtreibungsgegner denkt.

All diese Krakeeler, die so schnell böse werden, wenn es um die Verteidigung des Guten geht, eint eine Eigenschaft: sie sind zutiefst verunsichert. Ihr Weltbild ist nicht gefestigt, ihr Bildungsrucksack leicht gepackt, ihre Kenntnisse von Geschichte oder gesellschaftlichen Entwicklungen sind nur rudimentär ausgebildet.

Dumm und fanatisch, diese Mischung ist in islamischen Staaten der Horror. Aber sie greift auch bei uns immer mehr um sich – und löst auch entsprechend harsche Gegenreaktionen aus. Und nicht viele haben das Privileg wie ZACKBUM, es sich gemütlich zwischen allen Stühlen einrichten zu können und vom Balkon der unabhängigen und keinerlei Verpflichtungen unterliegenden Meinung Brosamen auf die Bühne des wilden Getümmels werfen zu können.

Wobei: das unendliche Meer der Dummheit, das schon Einstein, Feuchtwanger und viele andere beklagten, ermüdet auch den Langstreckenschwimmer …

*Packungsbeilage: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer hat eine zweiwöchentliche Wirtschaftssendung auf «Kontrafunk».

Alles Rassisten!

Henry Dunant: Muss das weg?

Teil zwei: Keiner zu bedeutend, um nicht Rassist zu sein.

Der Dominikanermönch de Las Casas war einer der Ersten, der sich für die Indios einsetzte, ihnen beistand, forderte, dass sie als Menschen anerkannt und behandelt würden. Diesem Anliegen widmete er von 1515 an sein ganzes Leben. Unermüdlich, ohne Rücksicht auf persönliche Gefahren. Aber, nach der sich pervertierenden neuen Definition von Rassismus, war de Las Casas natürlich Rassist.

Denn obwohl er sich später umbesann, nahm er an Kriegszügen gegen Ureinwohner teil und hielt selber welche als Sklaven. Aber das ist nicht einmal das Schlimmste. In seinem Bestreben, das Aussterben der Ureinwohner zu verhindern, regte er an, dass man an ihrer Stelle doch Sklaven aus Afrika importieren könnte. Da dort Sklaverei allgemein üblich und schwarze Sklaven sicherlich widerstandsfähiger als Indios seien, wäre das für alle zum Vorteil.

Fataler Widerspruch statt platte Eindeutigkeit

Welch fataler Widerspruch. Zutiefst humanistisch und christlich geprägt, wollte de Las Casas den Indios helfen. Und trug damit zum Beginn des Sklavenhandels mit Afrika bei. Erst später verurteilte er auch das und kämpfte unermüdlich dafür, gegen den erbitterten Widerstand des spanischen Klerus, dass sowohl Indios wie Schwarze, dass schlichtweg alle vernunftbegabten Wesen als Menschen anerkannt werden sollen. Unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe.

Ist also de Las Casas Rassist? Weg mit seinen Denkmälern überall auf der Welt? Müssen seine Werke mit einem warnenden Vorwort versehen, am besten gleich ganz verboten werden? Geschichtsvergessene Dummköpfe fordern das bereits. So wie in der Schweiz die Ächtung des grossen Wissenschaftlers Louis Agassiz gefordert und teilweise schon praktiziert wird. Ebenso wie beim grössten Mäzen der Stadt Neuenburg. David de Pury hinterliess seiner Geburtsstadt nach heutigem Wert rund 600 Millionen Franken.

Andenken weg, Geld bleibt

Aber er besass Aktien einer portugiesischen Handelsgesellschaft, die unter anderem mit Sklaven handelte. Also weg mit ihm, mit seinem Denkmal. Aber natürlich nicht mit seinem gespendeten Geld.

Weg mit Agassiz, weil der neben seiner internationalen Reputation als Forscher auch ein paar der damaligen Zeit geschuldete Dummheiten über die angeblich minderwertige schwarze Rasse sagte. Ein völliger Unsinn, natürlich. Was aber sein übriges Werk keinesfalls abwertet. Flugs wird er zu einem der «führenden Rassentheoretiker» umgebogen. Weil wahrscheinlich die tapferen Kämpfer gegen Rassismus in der Schweiz noch nie etwas von Arthur de Gobineau gehört haben. Der mit seinem «Versuch über die Ungleichheit der Rassen» (1855) tatsächlich einer der Begründer von modernem Rassenwahn ist.

Ein nervenkranker Menschenfeind, der es nicht verwandt, dass seine Skulpturen als mittelmässig abgelehnt wurden und der vergeblich versuchte, seinen Familienstammbaum auf den Gott Odin zurückzuführen. Dagegen ist und bleibt de Las Casas natürlich eine Lichtgestalt. Ein Kämpfer gegen Rassismus, der im Gegensatz zu den «Black Lives Matter» grölenden Schweizer Manifestanten tatsächlich sein Leben dafür riskierte.

Ein gültiges und vorbildhaftes Vermächtnis hinterliess. So wie Gandhi und Dunant. So wie Agassiz, de Pury und Escher. So wie viele Gestalten der Gesichte, die neben alle Zeiten überdauernde Leistungen auch fehlten, Schwächen hatten, unsinnige Ansichten vertraten. Das macht sie menschlich, aber sicher nicht zu Rassisten als einzige Definition ihres Wirkens.

An den Pranger gestellt

Als eine Art moderner Pranger soll in der Schweiz die «Datenbank» der NGO «Cooperaxion» dienen. Hier seien auf «einzigartige Weise die Geschäfte der verschiedenen Schweizer Akteure während des transatlantischen Sklavenhandels des 17. bis 19. Jahrhunderts dokumentiert». Es gebe schon 260 Datensätze. Meistens aus Sekundärliteratur gefischt gibt es hier ein wildes Durcheinander. So taucht zum Beispiel Auguste de Stael auf, wie seine berühmte Mutter ein unerschrockener Kämpfer gegen den Sklavenhandel. Macht ja nix, wahrscheinlich war er doch Rassist.

Dabei ist es ganz einfach, die Sache mit dem Rassismus. Rassisten sind Menschen, die individuellen Mitgliedern von Gruppen nur wegen dieser Zugehörigkeit eine – meistens negative – Eigenschaft zuschreiben. So gesehen, sind wir alle Rassisten, und solche Art von Antirassismus ist absolut und damit totalitär. Wer nur schon einmal «der Schweizer ist zuverlässig, der Deutsche ist pünktlich, der Italiener liebt das dolce far niente» gesagt hat, ist Rassist. Womit das Thema erledigt wäre.

Zum ersten Teil: hier klicken.