Betrüger Bannon
Wie Köppels Liebling in die Bredouille geriet.
Man kann US-Präsident Donald Trump viel vorwerfen, aber nicht, dass er ein Ideologe ist. Wahrscheinlich weiss er nicht mal, was das ist. Am Anfang seiner Präsidentschaft war dafür Steve Bannon zuständig.
Bannon hatte nach einer Karriere als Investmentbanker die vormals unbekannte Webseite «Breitbart News Network» mit Hilfe des Milliardärs Robert Mercer zum Sprachrohr der Rechtskonservativen in den USA gemacht. Als der Gründer Andrew Breitbart 2012 überraschend starb, übernahm Bannon die Leitung.
Er hatte auch seine Finger drin bei Cambridge Analytica, die später in einen Skandal um die Verwendung von Daten bei der Präsidentschaftskampagne Trumps verwickelt war. Bannon hatte als Wahlkampfleiter und später als Chefstratege im Weissen Haus bedeutenden Einfluss auf die ersten Monate der Präsidentschaft von Trump.
Er beförderte sich selbst in den Nationalen Sicherheitsrat der USA, wo die ganz geheimen Dinge verhandelt werden. Aber nach nur einem Jahr wurde er von Trumps Schwiegersohn aus dem Machtzentrum hinausbugsiert und kehrte zu Breitbart zurück. Schon bei seinem Ausscheiden wurde bekannt, dass er trotz grossen Einnahmen über 2 Millionen Dollar Schulden hatte.
Von ganz oben nach ganz unten
Im Januar 2018 endete auch seine Karriere bei Breitbart, nachdem er dem Enthüllungsjournalisten Michael Wolff Munition für dessen Buch «Fire and Fury» über die Chaostage im Weissen Haus geliefert hatte.
Anschliessend begab sich Bannon nach Europa, wo er von Roger Köppel zu einem denkwürdigen Auftritt in Zürich eingeladen wurde. Um grosse Worte nie verlegen, kündigte Bannon an, die nationalistischen Bewegungen in Europa vereinen zu wollen und bei der nächsten Europawahl ein Drittel der Abgeordneten zu stellen. Als wichtigste Gegnerin machte er Angela Merkel aus, die er als «komplette Schwindlerin« beschimpfte.
Am Donnerstagmorgen um 7.15 Uhr klickten aber die Handschellen um seine Gelenke; Steve Bannon wurde auf der 50-Meter-Yacht eines mit ihm befreundeten, flüchtigen chinesischen Milliardärs verhaftet und nach New York gebracht. Anklage wegen Verschwörung zu Betrug und Geldwäscherei.
Nun auch noch Anklage wegen Betrug und Geldwäscherei
Gegen eine Kaution in der Höhe von 5 Millionen Dollar wurde er am Nachmittag wieder auf freien Fuss gesetzt. Die Anklageschrift gegen ihn und seine Mitverschwörer liest sich wie ein drittklassiges Drehbuch für einen Hollywood-Thriller.
Der schwer verwundete und behinderte Army-Veteran Brian Kolfage hatte auf einer Crowdfunding-Plattform zu Spenden aufgerufen für eine Non-Profit-Organisation namens «We The People Build the Wall». Sie sollte Präsident Trump dabei unterstützen, die von ihm versprochene Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen.
Nachdem bereits 17 Millionen Dollar zusammengekommen waren, kamen der Crowdfunding-Organisation 2018 Zweifel an deren ordnungsgemässer Verwendung; sie drohte damit, das Geld den Spendern zurückzuzahlen.
Rettungsaktion für viel Geld
Da rief Kolfage Bannon und den Financier Andrew Badolato zu Hilfe. Die gründeten flugs die neue Organisation «We Build the Wall», organisierten den Transfer der 17 Millionen dorthin und sammelten bei Hunderttausenden von Kleinspendern weitere 8 Millionen ein.
Dabei versicherten alle Beteiligten, dass weder Kolfage noch sonst jemand auch nur «einen Penny» der Spenden für sich verwenden würde, «100 Prozent» der Einnahmen gingen direkt an die Errichtung von Teilen der Mauer.
Wie die Strafermittlungsbehörden aufgrund beschlagnahmter E-Mails und Textnachrichten beweisen wollen, wurden aber insgeheim über eine Non-Profit-Organisation Bannons und eine Briefkastenfirma schon mal «100 k upfront» und «20 monthly» an Kolfage überwiesen. Also 100’000 Vorkasse und 20’000 monatlich. Um es zusätzlich zu verschleiern, erfolgten diese Zahlungen an seine Frau.
Insgesamt kassierte Kolfage so von Januar bis Oktober 2019 laut Anklageschrift 350’000 Dollar. Ein Klacks gegen Bannon selbst; der räumte eine runde Million ab. Die brauchte er laut der Anklage für die Begleichung von Kreditkartenschulden und seinen aufwendigen Lebenswandel.
Hektische Vertuschungsmanöver
Im Oktober 2019 erfuhren die Betrüger, dass gegen sie eine Strafuntersuchung laufe. Hektisch versuchten sie daraufhin, alle Spuren zu verwischen und stellten auch die Zahlungen an Kolfage ein.
Aber heutzutage hinterlässt jeder digitale Spuren. Das ist der Fluch des Internets; nichts ist jemals ganz weg. Schon nach dem Bekanntwerden seiner Beteiligung am Enthüllungsbuch von Wolff twitterte Trump, dass Bannon nicht nur seinen Job verloren habe, sondern auch «seinen Verstand». Da scheint Trump für einmal richtig zu liegen.
Typisches Grossmaul
Bannon ist ein typischer US-Angeber, der mit starken Worten, Kurzaussagen, den berüchtigten One-Liner, immer wieder ein Publikum einseifen kann, das auf solchen Quatsch steht. «Finsternis ist gut. Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht.» Solches Gebrabbel verquickte Bannon mit einer kruden Ideologie, indem er provokative Anleihen von überall her nimmt: «Lenin wollte den Staat zerstören, und das ist auch mein Ziel. Ich will alles zum Einsturz bringen.»
Aber, Künstlerpech, nachdem Bannon alle seine Positionen verloren hatte, nichts Neues auf die Beine stellen konnte, ist er nun als billiger Betrüger angeklagt, der Spendengelder veruntreut. Auch eine Karriere, aber nach unten. Natürlich gilt auch für ihn die Unschuldsvermutung.