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Wumms: Tamara Funiciello

ZACKBUM gesteht: eine Dame im Umzug hatten wir vergessen.

Gegen die Studie von zwei Uni-Professorinnen ist viel gewäffelt worden, von allen üblichen Verdächtigen. Aber natürlich gibt es noch eine gewichtige Stimme, die bislang nicht zu hören war.

Das hat Tamedia verdienstvoll geändert. In der Tradition von «was wollten Sie schon immer mal unbelästigt von kritischen Fragen sagen?», hat nun Alessandra Paone die SP-Nationalrätin Tamara Funiciello interviewt. Das ist allerdings der falsche Ausdruck; Paone lieferte die Stichworte, um Funiciello einen ungehinderten Diskurs zu erlauben.

Die Linkspolitikerin hat sich bekanntlich geweigert, Randale-Umzüge des Schwarzen Blocks zu verurteilen («ich möchte über Dinge sprechen, die mir wichtig sind»). Dazu gehört der Kampf gegen Frauendiskriminierung, der Kampf gegen Frauendiskriminierung – und der Kampf gegen Frauendiskriminierung.

Wenn man (oder frau) Funiciello ungebremst schwatzen lässt, dann wiederholt sie ungeniert die ewig gleichen Behauptungen. Natürlich darf auch sie gegen die Umfrage unter Studentinnen an ETH und Uni Zürich vom Leder ziehen, ist doch klar. Weil schon andere dagegen schimpften, ist sie für Tamedia inzwischen eine «umstrittene Hochschulstudie». Was wollten Sie schon immer mal dazu sagen, Frau Funiciello?

«Die besagte Studie ist meines Wissens weder publiziert noch peer-reviewt, also von unabhängigen Wissenschaftlern überprüft. Die Resultate sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden.»

Da würde sich die Frage aufdrängen, was das an den klaren Aussagen der Studie ändert, und ob Funiciello damit den beiden anerkannten Wissenschaftlerinnen, die die Studie verfassten, unterstellen will, sie seien voreingenommen oder abhängig. Was sogar stimmen könnte, als amtierende Präsidentin der Gleichstellungskommission der Uni und als ihre Vorgängerin sind die beiden Professorinnen sicherlich für die Sache der Frau voreingenommen.

Von Funiciellos akademischem Werdegang ist nur bekannt, dass sie an der Uni Genf ein Studium in «Internationalen Beziehungen» begann und dann an die Uni Bern wechselte, um dort Geschichte und Sozialwissenschaften zu studieren. Von Abschlüssen weiss man nichts. Aber dermassen qualifiziert kann Funiciello sicherlich den wissenschaftlichen Wert der Unistudie beurteilen.

Paone verunstaltet dann eine Erkenntnis der Untersuchung, indem sie formuliert: «Margrit Osterloh, eine der beiden Autorinnen der Zürcher Studie, sagt, Frauen werde eingeredet, gegenüber dem männlichen Geschlecht diskriminiert zu werden. Die Kritik richtet sich nicht zuletzt auch an Politikerinnen wie Sie, die sich für Gleichstellung einsetzen. Wie reagieren Sie darauf

Richtig wäre, dass die Umfrage ergab, dass keine der Teilnehmerinnen konkrete Beispiele für Diskriminierung aufführte, aber die allgemeine Frage, ob Frauen diskriminiert würden, mehrheitlich mit ja beantwortet wurde. Auf diesen Widerspruch hat Osterloh aufmerksam gemacht. Aber Paone will ja nur Funiciello den Sprachteppich auslegen, damit die blaffen kann: «Das ist lächerlich

Starke Ansage, wieso denn das? «Niemand redet Frauen ein, dass sie diskriminiert werden, sie spüren es selbst. Oder pfeift irgendjemand Jungs hinterher? Werden vor allem Männer in Clubs sexuell belästigt? Kaum! Es ist eine traurige Tatsache, dass jedes Jahr in der Schweiz im Schnitt 25 Femizide begangen werden.»

In der Studie ging es wohlgemerkt um die Frage, ob Frauen im Studium diskriminiert werden.

Aber Paone will noch weitere Schimpfereien von Funiciello abholen und doppelt nach, dass nicht nur die Autorinnen dieser Studie zum Schluss kommen, dass die angebliche vielfältige Diskriminierung von Frauen einfach einem Narrativ entspricht, das dringend an der Realität überprüft werden müsste.

Dagegen führt Funiciello, mangels Argumenten, eine unsinnige Behauptung an:

«Wenn sich Frauen auf die Seite des Patriarchats stellen, dann ist ihnen dessen Applaus sicher

Wir versuchen, die Nationalrätin zu verstehen. Wenn ihr die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie, breit abgestützt und von kompetenten sowie über jeden Zweifel der Voreingenommenheit erhabenen Professorinnen durchgeführt, nicht passen, dann behauptet sie einfach, die Autorinnen stellten sich auf die Seite des Patriarchats.

Die Präsidentin der Gleichstellungskommission auf der Seite des Patriarchats? Da lachen ja die Hühner, aber leider weder Paone noch Funiciello.

Tamedia: Countdown to zero

Oder unter Null. Schwer zu beurteilen.

Diesmal zeigt das Qualitätsmedium aus dem Hause Tx, dass es wirklich keinerlei Hintergrundrecherche mehr macht. Denn nur so ist diese Schlagzeile zu erklären:

Unglaublich, was für eine Frau. In ihrer Selbstdarstellung ist sie tatsächlich schwer schlagbar. Auf Twitter preist sie sich an als «bestselling author, Senior Research Fellow, DPhil, Former Counter Terrorism Adviser». Auf Facebook forscht sie zu «Extremismus und berät dazu u.a. die UN, NATO und die Weltbank».

Auch ihre akademische Karriere ist atemberaubend: die «österreichische Investigativ-Journalistin» so weiss Wikipedia, studierte an der Wirtschaftsuni Wien «Internationales Management». Dadurch nicht ganz ausgelastet, studierte sie parallel an der Uni Wien Philosophie und schloss beides mit Diplomen ab. Ein Gastsemester an einer Business School «bei Paris» lag da auch noch drin. Anschliessend zog es sie an die Uni Peking, wo sie in nur einem Jahr eine Masterarbeit vorlegte. Ohne jedes Anzeichen von Erschöpfung zog sie im gleichen Jahr 2014 dann an die London School of Economics and Political Science, wo sie, wenn schon, denn schon, gleich nochmal eine Masterarbeit ablieferte. Und so weiter.

Diese unglaubliche Karriere wäre mal eine vertiefte Recherche wert …

Fast nebenbei infiltrierte sie dann noch rechtsradikale Gruppen wie auch «radikale Islamisten». Daraus entstand ihr erstes Werk «Rage», auf Deutsch «Wut», dem «Radikalisierungsmaschinen» und neuerdings «Massenradikalisierung» folgten.

ZACKBUM hat «Radikalisierungsmaschinen» – für einmal Anpreisungen folgend – angelesen, und kann sich nur dem «Zeit»-Rezensenten anschliessen: kriminalistisch wenig spannend, unterkomplex, Ursachen und Ideologien interessierten die Autorin wenig bis nicht, ihre moralische Unerbittlichkeit spiele sich in der Liga Böhmermann ab. Oder in einem Wort: flach.

Also eine weibliche Marco Kovic, nur viel erfolgreicher und gern gesehener Gast in grossen Talkshows, was Kovic zu seinem Leidwesen bislang verwehrt blieb. Aber sie ist halt Frau und nicht unattraktiv.

Diese Modeerscheinung interviewt nun Tamedia ehrfürchtig anlässlich ihrer Buchpräsentation in Zürich. Das spart Reisekosten, auch an allem anderen wird natürlich gespart.

Ein René Laglstorfer und und ein einschlägig bekannter David Sarasin dürfen an ihren Lippen hängen. Wo sei sie denn überall ««undercover» eingetaucht», fragen sie die Wallraff-Nachahmerin: «radikale Nazis, IS-Gruppen, Jihad-Brautgruppen bis hin zu frauenfeindlichen Gruppierungen» (und das als Frau!) «und Verschwörungstheoretiker-Community».

Wahnsinn, aber da sie ja bienenfleissig ein Buch nach dem anderen raushaut, wird das nicht langsam ein bisschen schwierig, «verkleiden Sie sich?» Das macht die clevere Untercover-Agentin: «Zum Beispiel habe ich bei einem Telefoninterview einen anderen Akzent gesprochen, um nicht meinen Wiener Dialekt zu verraten.» Gigantisch, was noch? «Einmal habe ich eine Perücke aufgesetzt und Brillen getragen.»

Was wisse sie denn über die «Junge Tat», fragt dann Tamedia die Kennerin aller radikalen Gruppen: «Zunächst sind das nachgewiesene Faschisten», weiss Ebner, «aber sie verschleiern ihre Ideologie hinter einer geschickt angelegten Sprache, die subtiler und anschlussfähiger ist».

Das kapieren nun die beiden Tamedia-Journis zu recht nicht, also «Erklären Sie bitte». – «Diese neueren Gruppen wechselten von einem offenen Rassismus und Antisemitismus hin zu einem Narrativ, des Ethnopluralismus, wonach sich die unterschiedlichen ethnischen Gruppen nicht mehr vermischen sollten. … Ihr Ziel ist es, das Sagbare weiter nach rechts zu verschieben.»

Und so geht das geschlagene 13’535 Buchstaben hindurch. Hier hat erstaunlicherweise Tamedia versäumt, die Dame um ein klitzekleines Beispiel für ihre unbelegten Behauptungen zu bitten.

Also formuliert es ZACKBUM ganz einfach: Das Ziel von Ebner ist es, das Sagbare weiter in Richtung Nonsens, Inhaltsleere und aufgeblasene Schlagwörter zu verschieben. Was ihr beneidenswert gut gelingt.

Früher, ach früher, wäre es aber so gewesen, dass zwei Journalisten sich ein ganzes Interview hindurch nicht einfach als Stichwortgeber prostituiert hätten, sondern vielleicht eine, eine einzige kritische Frage an die Interviewte gerichtet hätten. Aber früher war halt vieles besser.

Womit wir bei Tamedia wirklich schon gefährlich nahe bei der Nulllinie angelangt werden. Es braucht eine zunehmende Unverfrorenheit, für einen solchen journalistischen Flachsinn auch noch ernsthaft Geld zu verlangen.