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«Blick» als Copy Cat

Selber machen! Wieso eigentlich?

Es gibt zwei eiserne Regeln im Elendsjournalismus. Regel eins: nur die Story, die frei erfunden ist, hat man exklusiv. Diesem Prinzip huldigen gelegentlich alle Medien, von der «Republik» bis zum «Blick».

Die zweite Regel lautet: wieso selber recherchieren und journalistisch tätig sein, wenn das andere für einen erledigen? So haben praktisch alle Schweizer Medien ohne rot zu werden und fleissig die «Financial Times» zitiert, benützt, verwendet, weil deren Berichterstattung über das Begräbnis der Credit Suisse den eigenen journalistischen Anstrengungen haushoch überlegen war und ist.

Nun setzt der «Blick» hier ein neues Highlight:

Eine Sophie Reinhardt, «Redaktorin Politik» zeigt, was sie in der Schule gelernt hat: abschreiben. Zunächst erwähnt sie lobend, ohne sich der Peinlichkeit dieser Aussage bewusst zu sein, dass die FT «stets gut im Bild darüber» gewesen sei, «was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde». Im Gegensatz zum «Blick» und allen anderen Mainstream-Medien in der Schweiz.

Nun gebe aber eine weitere «FT-Recherche» zu reden:

«CS-Präsident Axel Lehmann (64) sei bereits am vergangenen Mittwoch von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59), der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unter Thomas Jordan (60) sowie der Finanzmarktaufsicht (Finma) zitiert worden. Dabei habe man Lehmann eine klare Ansage gemacht: «Ihr werdet mit der UBS fusionieren. Das ist nicht optional», heisst es in der FT.»

Das wäre in der Tat eher peinlich, denn noch am Mittwochabend verkündeten Nationalbank und Bankenaufsicht FINMA im Chor, dass man sich keine Sorgen um eine Ansteckung des Schweizer Finanzmarkt durch die Bankenpleiten in den USA machen müsse, die CS erfülle weiterhin alle notwendigen Anforderungen.

Nun sind zwar auch Politiker, ähnlich wie Bankenlenker, weitgehend haftungsfrei. Aber nicht ihre Politik. Denn Aussagen, die börsenrelevant sind, also Auswirkungen auf einen Aktienkurs haben können, sind immer eine heikle Sache. Das weiss nicht zuletzt der letzte VR-Präsident der CS, der sich mit der Behauptung blamierte, dass der Abfluss von Geldern bei seiner Bank hätte gestoppt und sogar rückgängig gemacht werden konnte.

Auch das hat die FT exklusiv herausgefunden, das wird nun von Reinhardt nachgeplappert. Man sollte mit ihr Nachsicht üben, bis 2022 war sie Redaktorin im Ressort Bern beim «Bund», «Schwerpunkt ihrer Berichterstattung ist die städtische Politik, sowie Bildungsthemen». Erst seit Kurzem berichtet sie für den «Blick» aus dem Bundeshaus. Damit hat sich immerhin ihr Arbeitsweg nicht verlängert.

Man sollte auch gerecht mit Reinhardt sein, denn sie tut zudem das, was zum Grundrüstzeug des Journalisten gehört. Sie plappert nach, dann gibt sie Politikern Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die sind, Überraschung, «empört». Denn als Plappermaul weiss doch der Politiker, was sich gehört. «Könnte ein Grösseres politisches Erdeben sein», meint der Präsident der Grünliberalen, vorsichtig im Modalverb-Modus. «… wer zu welchen Zeitpunkt was wusste», will die SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer wissen, froh darum, dass ihr Kollege Wermuth gerade mal unpässlich war und sie auch etwas sagen darf.

Auch ein SVP-Nationalrat darf sich mit «skandalös» melden, dazu noch ein zweiter SVPler. Soweit, so normal. Allerdings: wo bleibt die FDP? Die Mitte? Die Grünen? Da muss Reinhardt wohl etwas ins Juffeln geraten sein. Oder sie fand in der Eile die passenden Handynummern nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Einfach viel üben und nachsitzen.