Schlagwortarchiv für: Kunst

Die Qual mit dem Wal

Alles nur Fake. Aber der Tagi ist ent- und begeistert.

Am Zürcher Utoquai liegt ein Pottwal und soll vor sich hinstinken. Sei Kunst. Kunst ist schwierig. Vor allem mit Pottwalen, seit Melville die Jagd des Captain Ahab auf den weissen Wal zu einem philosophischen Exkurs über das Leben, das Schicksal und verschiedene Lebensentwürfe gemacht hat. Es ist schon trivial genug, dass aus einer seiner Romanfiguren die Kaffeebrühkette Starbucks entstand.

Annik Hosmann wird’s allerdings ganz anders: «Der 16 Meter lange tote Pottwal, der seit Montag am Zürcher Utoquai liegt», zeige, «was Kunst im öffentlichen Raum im besten Fall bewirken kann».

Zum Beispiel geholperte Texte: «Denn die Männer in weissen Schutzanzügen sind keine Wissenschaftler, sondern Mitglieder des Kollektivs Captain Boomer, ihre Kunstaktion findet im Rahmen des Theater Spektakel statt.» Vielleicht hülfe es dem Leser, wenn Hosmann die weissen Schutzanzüge irgendwie einführen oder erklären würde. Aber dann wäre es ja kein Quältext mit Wal mehr.

Es geht mal wieder um alles, also um eines: «Der Wal am Utoquai zeigt die Folgen des Klimawandels auf und sorgt für eine unverkrampfte Diskussion.» Hm; oder diskutiert Hosmann einfach mit sich selbst? Auf jeden Fall behauptet sie kühn: «Die Kunstaktion bewegt. Sie löst nicht nur Emotionen, sondern auch Dialoge aus. Über Kreuzfahrtschiffe, über den Walfang, vielleicht einfach über das Theater Spektakel …»

Andere solche Kunstobjekte wie der Hafenkran oder das Nagelhaus hätten schon im Vorfeld für Emotionen und Dialoge gesorgt, aber der Wal sei einfach so dagewesen. So schnell halt ein Plastikwal auftauchen kann. Was Hosmann zur kühnen Schlussfolgerung verleitet: «Das Projekt mag kleiner sein sowie weniger kosten, zeigt aber, welche Wirkung Kunst im öffentlichen Raum haben kann, wenn sie plötzlich einfach da ist.»

Sie sorge eben für «unverkrampfte Diskussionen». Wenn ZACKBUM ganz unverkrampft mitdiskutieren darf: wieso soll eine Plastikattrappe, die herbeigekarrt wurde und übelriechend rumliegt, für Diskussionen sorgen? Also ausser die, die Hosmann selbst anschneidet: «Böse Zungen würden fragen: Ist das Kunst oder kann das weg

Schon ein echter, echt toter Pottwal ist eine ziemlich üble und hässliche Angelegenheit. Die nicht an die Folgen des Klimawandels erinnert, sondern an die Folgen, wenn ein ziemlich grosses und ziemlich tranhaltiges Tier verwest. Seine Fake-News-Version aus Plastik am Utoquai kann hingegen nur Schulabbrecher vor die Frage stellen, ob es im Zürichsee tatsächlich solche Viecher gibt.

Wie sagte Karl Valentin so unsterblich richtig zu solchem als Kunst verkauften Quatsch: «Wenn’s einer kann, ist’s keine Kunst. Kann er’s nicht, ist’s auch keine.» Hier gilt «kann nicht».

Alles so schön bunt hier

Kunst trifft auf NZZ. Versenkt.

Es ist schon über 60 Jahre her, dass Pietro Manzoni 60 Dosen herstellte und so beschriftete:

Das hatte nun einen gewissen Originalitätswert als Verarschung (Pardon) der Kunstwelt, in der auch Banal-Alltägliches zu tiefer Bedeutung hochgezwirbelt wird, wenn es ein Künstler nur mit genügend Getue umgibt.

Nun scheint sich die NZZ in dieser Tradition zu sehen. Da diese Woche doch einiges los war, kommt ZACKBUM erst jetzt dazu, diese «Kunstaktion» zu würdigen.

Für alle, die das Prinzip noch nicht verstanden haben:

Da geht doch noch einer:

Unglaublich, diese variantenreiche Durchdringung des sprachlichen Raumes, wie hier durch Entäusserung geschlossene Systeme aufgebrochen werden, sich der Blick weitet, aber eben doch gefangen ist in einer neu gefärbten Wirklichkeit, deren Subtexte fein herausgearbeitet werden, indem das Unverständliche zur Kenntlichkeit entstellt wird, der Betrachter dazu gezwungen ist, …

Schwups, da sind wir doch auf  einer veritablen Künstlerschwurbel-Schleimspur ausgerutscht.

Nun mögen die Banausen unter den ZACKBUM-Lesern sagen: Das soll Kunst sein? Das kann mein Fünfjähriger, wenn ich ihn mit einem Pinsel und der NZZ spielen lasse. Damit zeigen sie aber einmal mehr, dass der Banause eben nicht weiss, was Künstlerscheisse, Pardon, was Kunst ist:

Wer die Künstlerin nicht erkennt: das ist Pipilotti Rist. Also leistet Abbitte, verstummt und bewundert. Was? Man konnte die NZZ nur schlecht unter diesem Geschmiere lesen? Banausen, oder sagte ich das schon.

Ach, man versteht den Satz auch nicht? Was «Hingehen in Traumwelten» anderes sei als Flucht vor der Wirklichkeit? Ts, ts, das ist zudem die falsche Frage. Die richtige wäre: was für eine Arbeit?