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Für Kleinformatigere

Machen wir einen NZZ-Montag draus. Womit unterhält uns das «Magazin»?

Die schlechte Nachricht ist: trotz allen Sparmassnahmen ist das «NZZ am Sonntag Magazin» immer noch nicht eingestellt. Daher muss sich die Medienkontrolle mal wieder damit beschäftigen.

Diesmal ziert das Cover eine kühne Behauptung:

Chloë Savigny werde 50. Das ist ein Anlass, aber wer ist Chloë?

Offenbar braucht es neben der Leiterin Lifestyle und überhaupt auch noch eine «Chefredaktorin Magazin», denn auch magere 32 Seiten (mit Umschlag) wollen geleitet sein. Über die Schreibfähigkeiten von Paula Scheidt hat sich ZACKBUM bereits geäussert; wir wollen ja nicht sexistisch sein und das wiederholen. Vor allem, da die Dame offensichtlich ein Glaskinn hat und nicht mit jedem spricht.

Und was tut Scheidt schon wieder? Richtig, sie betrachtet den eigenen Bauchnabel, was denn sonst. Sie versucht ein Aperçu über Vorbilder, kann sich aber nicht enthalten, mal wieder sich in den Vordergrund zu schieben. Schliesslich war sie schon mal im Reich der Mitte: «In China – wo sonst – wurde mir einmal freundlich erklärt, Nachahmung sei als Ehrung des Erfinders zu verstehen». Ach, der Chinese, immer bezieht er seine Sachen von – Überraschung – Konfuzius. Auch da kennt sich Scheidt aus; «dessen philosophisches Werk ja tatsächlich die zwischenmenschliche Verbindung betont». Ach was. Nur Scheidt schafft es dann, mit einem kühnen Satz noch die Gebrüder Grimm mit ins Boot, also ins Editorial zu holen. Die sind halt alle tot und können sich nicht mehr wehren.

Wehrhaft ist hingegen ein Sacha Wenk, denn der sei «ausgezogen, im Shaolin-Kloster von Kunming das Kämpfen zu lernen». Das ist schön für ihn, aber wieso muss Benimm-Tante Henriette Kuhrt den Leser damit belästigen?

Dann kommen wir zum eingekauften Sozialporno. Diese Story wurde schon oft erzählt, also wieso nicht nochmal?

Bekanntlich gibt es zwischen Kolumbien und Panama eine Lücke der Panamericana, dieser Strasse, die von Alaska bis Feuerland den ganzen Kontinent durchquert. Das liegt daran, dass die USA den Kunststaat Panama Kolumbien abknipsten, um völlige Kontrolle über die Umgebung des Panamakanals zu haben. Und da Kolumbien bis heute sauer darüber ist, gibt es hier ein unwegsames Dschungelgebiet, das Flüchtlinge durchqueren müssen, wenn sie von Südamerika über Zentralamerika bis ins gelobte Land USA ziehen.

Dabei kommt es ständig zu tragischen Ereignissen. Seit vielen Jahren, vielfach beschrieben. Nun auch von Caitlin Dickerson in «The Atlantic». Auch dieses ansonsten herausragende Magazin hat manchmal einen Schwächeanfall. Der dann reich bebildert auf 8 Seiten dem NZZaS-Magazinleser serviert wird.

Dann schliesslich das It-Girl. Da muss Andrea Bornhauser – Überraschung – über ihren eigenen Bauchnabel schreiben. Denn sie hat eine bedeutende Ähnlichkeit zwischen sich und Chloë who entdeckt: «Jetzt wird die Schauspielerin 50. Unsere Autorin ist mit ihr alt geworden.»

Aber wohl nicht weise, denn wie schwärmte Bornhauser wie ein Backfisch über die Bachelorette der Politik, bevor die sich in Ungnade schoss? «Sie sieht sich als eine Art moderner Laokoon, der einst die Trojaner vor dem Untergang retten wollte. «Ich möchte die Leute aufklären. Wer soll es sonst tun?»»

Aber zurück zu Bornhauser aktuellem Unfall. Hallo? ist 50 inzwischen schon alt? Ist das nicht diskriminierend? Geradezu sexistisch? Und wieso durfte Bornhauser dieses Thema «alt werden» Nicole Althaus wegnehmen? So viele Fragen schon am Anfang. Aber der Texteinstieg ist dann gleich der Ausstieg für viele:

«Ich war 20, als ich Chloë Sevigny 1995 im Film «Kids» zum ersten Mal beim Coolsein zuschaute». Au weia.

Wir wollen auch unsere Lieblingswimmelseite «Bellevue» nicht ganz mit Verachtung strafen. Denn es will uns deuchen, dass hier (unfreiwillig) ein perfektes Symbolfoto des Lesers gelang:

Ist das nicht cool? Der Gesichtsausdruck des Köters, dem einfach ein Foulard draufgeschmissen wurde, so zwischen Resignation (mit mir kann man’s ja machen), würdevoller Distanzierung (ich kann nichts dafür) und hoffnungsvoller Aufmerksamkeit (gespitzte Ohren, gibt’s dann wenigstens Fresschen?), genial.

Nach ihrem Ausflug ins Shaolin-Kloster ist Henriette Kuhrt dann wieder in ihrem Element; sie beantwortet alle Fragen rund um den Stil. Wirklich alle: «Wer darf wo wildpinkeln (oder auch nicht)?» Seit ihr Vorgänger die Frage beantwortete, ob man furzen darf, wenn man gemeinsam im Badezimmer steht, ist das der absolute Tiefpunkt.

Aber es gibt noch ein Absackerchen, die «Fotokünstlerin» Lisa (who?) Sorgini. Die hat schon mehrfach mit verunglückten Aufnahmen für Furore gesorgt. Hier flunkert sie herzerweichend:

Das ist ein erklärendes Bildzitat.

Sie behauptet, ihr Sohn sei auf den Tisch geklettert, «um sich ein paar Früchte zu schnappen. Das Licht war perfekt». Sie tut also so, als wäre das ein spontan entstandener Schnappschuss. Dabei ist es offenkundig, dass das arme Kind posieren musste und die schweren Trauben genau richtig in die Kamera halten, nachdem Mama noch die Fruchtschale richtig drapiert hatte.

Aber die gute Nachricht ist: das war’s.

 

Lehrbeispiel an Zynismus

…oder an Ignoranz und Heuchelei?

Von Felix Abt

Die alte Tante von der Falkenstrasse veröffentlichte ein Op-ed ihres Sportjournalisten Daniel Germann, wo dieser zu einem Boykott gegen die Winterolympiade in Bejing aufruft, weil eine berühmte chinesische Tennisspielerin, die einen pensionierten hohen Politiker der Vergewaltigung (ihr chinesischer Originaltext verwendet das Wort Vergewaltigung nicht) bezichtigt, nachdem die jahrelange, heimliche Liebesaffaire mit vielen Hochs und Tiefs zwischen den beiden in die Brüche ging.

Nun hat der sich vom Sport- zum Politjournalisten gemauserte Germann in der NZZ nachgelegt mit einem Artikel, wo er sich beklagt, dass das olympische «Ideal» wegen China und seinem übel misshandelten Tennisstar in Scherben liege und dass der Fall «ein Lehrbeispiel an Zynismus» sei, mit besonderem Hinweis auf die amoralischen westlichen Sponsoren.

Selbstverständlich sollte jede Anschuldigung sexueller Übergriffe untersucht werden. Ob China das tun wird, wissen wir nicht. In dieser jahrhundertealten Meritokratie, in der Beamte immer noch Eignungsprüfungen über sich ergehen lassen müssen, und Versager, wie z.B. der Bürgermeister und andere hochrangige Kader in Wuhan, nach ihrem Fehlverhalten beim Ausbruch des Coronavirus in die Wüst geschickt wurden (die NZZ berichtete nicht darüber), ist das nicht auszuschliessen. Eine gewisse Stetigkeit kann man dem Land nicht absprechen, denn als der chinesische Gesundheitsminister vor zwanzig Jahren vor die Mikrofone trat, um die Ernsthaftigkeit des SARS-Virus kleinzureden, war er anschliessend seinen Job los. Selbstverständlich hegen westliche Medien Zweifel daran, dass der hochrangige, von ihnen bereits vorverurteilte kommunistischen Unhold einer gerechten Strafe zugeführt werden wird, denn jetzt ist nicht mehr Wladimir der Schreckliche der grösste Bösewicht der Welt, sondern Xi JingPing, der noch Schrecklichere, hat er sich doch angeblich zum Diktator von Rotchina auf Lebenszeit erküren lassen.

Treibende Kraft ist Konfuzius

Hätte der damalige chinesische Vizepräsident Xi JingPing das ernste, ihm zur Lösung anvertraute Problem der SARS-Pandemie vor zwanzig Jahren oder Chinas erste und prestigetraechtige Sommerolympiade, für die er auch verantwortlich gemacht wurde, verbockt, wäre er allerdings nie Präsident geworden. Als Chinabeobachter und als einer, der in Grosskonzernen Karriere machte, ist mir aufgefallen, dass die Kommunistische Partei Chinas in der Personalselektion, –Förderung  und –beförderung sehr viel gemeinsam hat mit den Personalabteilungen westlicher Konzerne. So zum Beispiel rekrutiert die Partei Neumitglieder vornehmlich von den besten Universitäten des Landes. Oder ein von der Personalabteilung der Partei geleitetes Untersuchungsteam beurteilt die Leistungen und Tugenden von Kandidaten und empfiehlt die besten zwei von ihnen für die nächste Karrierestufe.

Dass dieses System von «Diktator» Xi Jinping auf den Kopf gestellt werden könnte, ist sehr unwahrscheinlich. Treibende Kraft dahinter ist der Philosoph Konfuzius (Kong), der auch ein Vorbild Xi Jinpings ist. Master Kong wollte, dass, unabhängig von ihrer Abstammung, die Fähigsten, nicht die Beliebtesten oder diejenigen mit den besten Beziehungen, die Geschicke des Landes lenken. Und er erklärte seinen Schülern, dass der vom Himmel gesandte Führer vom Volk vertrieben werden darf, wenn er sich als unfähig erweist, im Interesse des Volkes zu handeln. Jetzt kann man vielleicht verstehen, wenn Amerikaner gerne von der «China Threat» reden, die tatsächlich besteht, wenn man bedenkt, dass in Amerika – aber nicht nur dort – im Unterschied zu China sogar ausgesprochen unfähige, aber beliebte Populisten, mit Hilfe von schwerreichen Gönnern die Wahlen gewinnen und Präsident werden können.

Meinungen statt Analysen und Fakten

Nun gut, man sollte mit der NZZ und anderen Schweizer Medien nicht zu harsch ins Gericht gehen, wenn weit prominentere Medien wie z.B. die New York Times auch nur an der Oberfläche kratzen und mehr unfreundliche Meinungen über China als fundierte Analysen und Fakten liefern. Immerhin überrascht eine andere alte Tante, nämlich die BBC, die es wagt, ihren Lesern zu erklären, dass «über 2000 Jahre lang die Normen des konfuzianischen Denkens die chinesische Gesellschaft prägten. Der Philosoph (551-479 v. Chr.) entwarf ein ethisches System, das Hierarchie, d. h. das Wissen um den eigenen Platz in der Gesellschaft, mit Wohlwollen, d. h. der Erwartung, dass die Höhergestellten sich um die Untergebenen kümmern, verband».

Nun höre ich schon die Stimmen derer, die aufgeregt entgegnen, dass China im Vergleich zum Westen doch ein unfreies Land sei. Es ist richtig, dass im Westen Otto Normalverbraucher die Regierenden scharf kritisieren und heftig beschimpfen darf, ohne bestraft zu werden und dass Journalisten Wahres – und auch Unwahres – veröffentlichen dürfen, so viel sie wollen oder soviel die Medienbesitzer und Inserenten zulassen. Das ist in China in der Tat anders.

Lehrbeispiel der Heuchelei?

Das heisst aber keineswegs, dass diejenigen, welche Dampf ablassen, einen wirklichen Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger haben würden. Echte Demokratie ist wohl eher etwas, wo die Regierenden nicht im Eigeninteresse und dem ihrer reichen Gönners und Förderer handeln. In einem solchen Wettbewerb dürfte die «Diktatur» Chinas mit der «Demokratie» westlicher Länder gar nicht so schlecht abschneiden. Und sehr zum Unbehagen seiner Kritiker hat Chinas Regierungspartei auch kürzlich wieder gezeigt, dass sie sich nicht von seinen Milliardären kaufen lässt.

Zurück zur Behauptung der NZZ, dass das Abhalten der kommenden Winterolympiade in China und das Verhalten der Sponsoren ein Lehrbeispiel an Zynismus sei. Vielleicht ist es ein Lehrbeispiel an Heuchelei: Immerhin haben 26 Amerikanerinnen Präsident Donald Trump sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen.

Haben denn damals die NZZ und andere gleichgesinnte Medien wegen den Anschuldigungen gegen Trump Sanktionen und Boykotte gegen sein ganzes Land gefordert?