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Ein Hoch auf die stratifizierte Reproduktion

Schreinerlehre? Informatikstudium? Nichts da! Wer in der Welt von morgen etwas gelten will, hat bessere Pläne.

Von Adrian Venetz
Entgegen der landläufigen Auffassung betrifft der Fachkräftemangel nicht nur Berufe in Handwerk, Pflege und Industrie. Nein, vor allem im Gender-Bereich klaffen kritische Lücken. Glücklicherweise haben Schweizer Universitäten rechtzeitig reagiert und inzwischen ein reiches Angebot rund um die «Gender Studies» geschaffen. Diese Juwelen der Forschung und Lehre verdienen Anerkennung.
Blicken wir beispielsweise nach Basel. An der dortigen Universität finden wir ein Seminar mit dem schönen Titel «Digitale Transformationen im Spiegel feministischer Kritik». Hier werden laut Angaben der Uni «auf Basis zentraler Perspektiven auf das Verhältnis von Technik und Geschlecht im Rahmen von Gruppenarbeiten verschiedene Facetten der digitalen Transformation einer feministischen Kritik unterzogen». Der Laie kann sich zwar wenig darunter vorstellen, aber die Erörterung von «verschiedenen Facetten» ist immer eine tolle Sache.
Wer noch nicht satt ist, findet in Basel ein üppig gedecktes Büffet mit weiteren Lehrveranstaltungen. Zum Beispiel diese: «Queere und Trans* Reproduktion mit assistierten Reproduktionstechnologien». Für Anfänger, die nicht genau wissen, was damit gemeint ist, verrät die Universität die «Schlüsselkonzepte», die hier behandelt werden, nämlich «stratifizierte Reproduktion, queere Nekropolitik und reproduktive Gerechtigkeit». Et voilà!
Tränen der Trauer vergiessen muss dagegen, wer das damit verwandte Seminar «Reproduktive Gerechtigkeit» besuchen will. Hierzu schreibt die Uni: «***Achtung: Das Seminar ist überbelegt.» Ob die drei Sterne vor dem «Achtung» zur Gattung Genderstern gehören oder die Wichtigkeit der Mitteilung markieren sollen, ist eine Frage, der eine Gruppe von Forschenden möglichst bald nachgehen sollte. Die Überbelegung stimmt uns aber zuversichtlich. Nimm das, Fachkräftemangel!
Richten wir den Blick nach Luzern. Auch die dortige Hochschule möchte nicht hintenanstehen und präsentiert einen bunten Gender-Studies-Strauss. Ein komplexes Forschungsprojekt widmete sich beispielsweise der «Untersuchung zu sexuellen Rechten als Grundlage der Sexualaufklärung in der Schweiz». Nicht weniger als zehn Personen beschäftigten sich über einen Zeitraum von zwei Jahren mit diesem Thema. Gut gemacht! Die Ausgangslage wird folgendermassen beschrieben:
«Weltweit zeichnet sich ein Trend zu den sexuellen Rechten als Voraussetzung für die individuelle Realisierung von sexueller Gesundheit ab. Diese Sichtweise beeinflusst auch die Sexualaufklärung, indem die sexualitätsbezogenen Menschenrechte und die damit verknüpften demokratischen Grundwerte explizit den ethischen Bezugspunkt bilden.»
Wir ziehen den Hut und würdigen den Ehrgeiz an Hochschulen, sich klar und präzise in der deutschen Sprache auszudrücken.
An der Hochschule Luzern finden wir übrigens auch die Krönung der bisherigen Gender-Forschung. Eine Dozentin mit Doktortitel malträtierte sich dort mit einem Mysterium, das die Menschheit seit Jahrzehnten herumtreibt und schon viele kluge Köpfe zur Verzweiflung gebracht hat. Ihre Studie trägt den Titel «Straight(ening) Salsa? The heterosexual matrix, romance and disciplinary spaces.» Die Autorin geht also der Frage nach, wie Salsa-Tanzlokale die Heteronormativität reproduzieren. In ihrer Feldforschung hat sie heterosexuelle und homosexuelle Salsa-Tänzer*innen aus England und der Schweiz interviewt. All dies natürlich in Anlehnung an Judith Butlers «Konzeptualisierung der heterosexuellen Matrix». Damit nicht genug. Die Autorin hält in ihrem Abstract weiter fest: «This is explored through a Foucauldian approach to surveillance and discipline to render visible the exclusive technologies of power that heteronormalise salsa dance spaces.»
Unglaublich! Da knallt eine Rakete nach der anderen, bis uns dieses Feuerwerk der Forschung in sprachloser Ehrfurcht zurücklässt. Erheben wir also mit geschwellter Brust das Glas auf unsere zukünftige intellektuelle Elite. Erheben wir es nochmals und nochmals und nochmals. Bis wir sternhagelvoll sind und vielleicht verstehen, was das alles soll.