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Linkes Fuck, gutes Fuck

N-Wort? Niemals. SVP und Fuck? Kein Problem.

Von Adrian Venetz
Die «Weltwoche» kann sich gewiss nicht rühmen, stets eine seriöse Berichterstattung zu beherzigen. Was sich das Blatt mitunter an Polemik erlaubt, ist oft an der Grenze des Zumutbaren. Und so galt es auch, einem jüngst publizierten Artikel von Christoph Mörgeli mit grosser Skepsis zu begegnen. Die Rede war da vom «Bounce Cypher 2023»: Unter dem Dach des Schweizer Fernsehens können Rapper (oder Rapper:innen, wie das SRF sie gendergerecht bezeichnet) zeigen, was sie drauf haben. Mörgeli verweist in seinem Artikel auf einen YouTube-Beitrag des SRF, in dem eine Rap-Gruppe folgende Punchline zum Besten gibt:
«Schtande für die Gegend wie e Barbara Gysi, Sanggalle zeig Haltig und fuck uf d Esther Friedli!»
Das kann unmöglich der Wahrheit entsprechen, denkt sich der kritische Leser. Doch bei genauerem Hinsehen und Hinhören bestätigt sich genau dies: Das Schweizer Fernsehen organisiert einen Anlass, an dem eine Ständeratskandidatin und amtierende Nationalrätin der SVP mit den Worten «Fuck uf d Esther Friedli» diffamiert wird.
Ist das ein Skandal? Nein, ist es nicht. Die grassierende Empörungskultur hat genügend Groupies, die jeden Mist aufgabeln. Man muss nicht jeden Schwachsinn zur Staatskrise erklären. Der Skandal erwächst erst aus dem Vergleich der Berichterstattung in Schweizer Medien zu ähnlich gelagerten Ereignissen. Wie beispielsweise der Fall des Zürcher Zunftballs: Rund um diese private und infantile Vorführung einiger Zünftler schrieben sich die Journalisten die Finger wund. Tänzelten gemeinsam mit Politikern auf Zehenspitzen um das «N-Wort» herum, empörten sich masslos über Themen wie Blackfacing und Rassismus. Und jeder, der wegen einer solchen Vorführung nicht stante pede auf den Barrikaden steht, ist natürlich ein Nazi. Doch wenn eine SVP-Nationalrätin, der – im Gegensatz zu Gestalten wie Glarner und Konsorten – nun wahrlich nicht vorgeworfen werden kann, dass sie regelmässig unter die Gürtelline schlägt, in einem SRF-Beitrag zum «Fuck»-Objekt degradiert wird, biegt sich im Schweizer Blätterwald kaum ein Ästchen. Das sagt so einiges aus über den Zustand und die Gesinnung in Schweizer Medienhäusern.