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Krise in den Medien

Krise könnte Publikum generieren. Könnte.

In Krisen sucht der Mensch Orientierung und Halt. In einer Pandemie möchte er wissen, wie gefährdet er ist. Was er zum eigenen Schutz tun kann. Welche Massnahmen sinnvoll sind, ob Impfungen nützen, welche schädlichen Nebenwirkungen sie haben könnten. Der Mensch zweifelt und hört dies und das.

Eine wunderbare Chance für Massenmedien, ihr Publikum zu vergrössern. Denn sie hätten alle Ressourcen, um als Leuchttürme in dunkler Nacht zu dienen. Was ihnen selbst an Expertenwissen abgeht, könnten sie einholen. Ihre Redakteure könnten ausgewogen, mit kritischer Distanz zu Regierungsmassnahmen und mit gesundem Menschenverstand berichten.

Angesichts der Tatsache, dass sich in der Schweiz wenige Grosskonzerne den Tageszeitungs-Markt untereinander aufgeteilt haben, in vielen Regionen ein Meinungsmonopol herrscht, das höchstens noch von elektronischen Medien aufgebrochen wird, könnten sie als Plattform dienen, auf der diverse Meinungen, Ansichten, Einsichten aufeinanderprallen. Ein Querschnitt dessen halt, was in der öffentlichen Meinung im Schwange ist.

So könnte das sein. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie die Massenmedien krachend versagten. Ihnen fehlte es an kritischer Distanz zum staatlichen Handeln. Statt ausgewogener und überlegener Berichterstattung boten sie Raum für wahre Corona-Kreischen, herausragend symbolisiert in Marc Brupbacher von Tamedia. Der beschimpfte hysterisch Regierende, wusste alles besser und verbreitete wahre Panikorgien. Die Medien gaben profilierungssüchtigen Wissenschaftlern ungefiltert Platz, wahre Weltuntergangs-Orgien aufzuführen. Es gab einen Wettbewerb, wer mit welcher Anzahl Toter den anderen übertrumpft. Immer schön abgefedert mit «könnte, würde, ist zu befürchten».

Auf der anderen Seite wurde das durchaus kritikwürdige Management der Regierenden mit unkritischem Lob überschüttet. Der CEO eines grossen Medienkonzerns gab sogar als Stallorder heraus, dass seine Redaktionen gefälligst Regierungshandeln positiv zu würdigen, gar zu unterstützen hätten.

Statt Plattform für divergierende Meinungen zu sein, durften Redakteure ihre Privatansichten spazieren führen. Abweichende Meinungen wurden nicht zugelassen, gar stigmatisiert, sogenannte Corona-Leugner wurden beschimpft, karikiert, beschuldigt. Ihnen wurde Fahrlässigkeit, Uneinsichtigkeit, sogar versuchte Körperverletzung an anderen vorgeworfen. Es herrschte weitgehend Rechthaberei und arrogante Überheblichkeit.

Die Quittung folgte auf dem Fusse. Dieselben Medien besannen sich plötzlich ihrer unersetzlichen Bedeutung in einer funktionierenden Demokratie, als kontrollierende und kritische vierte Gewalt. Dafür wollten sie – um das eigene wirtschaftliche Versagen auszugleichen – eine zusätzliche Finanzspritze von einer Steuermilliarde. Mit geschickter Lobbyarbeit bugsierten sie die Milliarde durchs Parlament, dann sahen sie sich mit einem Referendum konfrontiert.

Auch hier reagierten die Mainstream-Medien wie gewohnt. Zunächst ignorierten sie das Referendum, dann nahmen sie es übellaunig zu Kenntnis, und viel zu spät begannen sie, es ernst zu nehmen. Daraufhin veranstalteten die Medienmacher die wohl dümmste und kontraproduktivste Werbekampagne in der jüngeren Geschichte, um für ihr Anliegen Stimmung zu machen. Die Quittung folgte: das Referendum wurde zum Entsetzen der Besitzerclans der Schweizer Medien angenommen.

Darauf erfolgte ein ungeordneter Rückzug von allen wilden Behauptungen, dass ohne diese Milliarde die Pressefreiheit in der Schweiz in ernster Gefahr sei, ein Mediensterben einsetzen würde, die grossen Medienhäuser ihren Aufgaben als kontrollierende vierte Gewalt nur noch unzulänglich nachkommen könnten. Denn dem Publikum war längst klar geworden: das taten sie sowieso nicht mehr, eine zusätzliche Milliarde hätte daran auch nichts geändert.

Aber neue Krisen bedeuten auch immer neue Chancen. Seit dem 24. Februar 2022 herrscht wieder Krieg in lediglich 2000 Kilometer Entfernung. In diesen Krieg ist eine Atommacht verwickelt, die zudem eine wichtige Rolle als Energielieferant für Europa spielt. Natürlich wird diese Abhängigkeit als Waffe verwendet, der Öl- und Gashahn nach Belieben zugedreht.

Auch in dieser Krise sucht der Mensch nach Orientierung und Halt. Wie schlimm wird es, auf welche Energiepreise muss er sich einstellen? Wird es zu Blackouts in der Schweiz kommen, zu kontrollierten Stromabschaltungen? Wie schlimm wird die Heizsituation? Kann ein Normalbürger die Energiepreise überhaupt noch stemmen? Mit welchen Massnahmen kann er sich an der Bewältigung der Krise beteiligen? Welche Spartipps sind sinnvoll, welche absurd? Wie sehen zukünftige Lösungen aus? Ist unsere Landesregierung dieser Krise gewachsen, ergreift sie vorausschauend alle nötigen Massnahmen? Ist der Ausstieg aus der Atomenergie unter diesen neuen Umständen überhaupt noch sinnvoll?

Welche Rolle spielen die Alternativenergien, können Photovoltaik, Windräder, Bodensonden, bauliche Massnahmen, ein anderes Mobilitätsverhalten die Krise meistern? Müssen wir mit einem allgemeinen Wohlstandsverzicht rechnen? Geht die Krise vorbei, und wenn ja, wann?

Auf alle diese Fragen (und auf einige mehr) liefern die Massenmedien wieder nur sehr unzulängliche Antworten. Wer könnte aus dem Stand sagen, welche Bedeutung zum Beispiel Alternativenergiequellen in Deutschland, in der Schweiz haben? Wie hoch ist ihr Anteil am gesamten Energiemix? Na? Eben.

Zudem gibt es eine Frage, die die Menschen sehr umtreibt. Ist es denkbar, dass zum zweiten Mal in der Geschichte der Menschheit Atombomben zum Einsatz kommen? Welche Auswirkungen hätte das? Ist es denkbar, dass zum zweiten Mal ein ukrainisches AKW in die Luft fliegt? Welche Auswirkungen hätte das?

Schliesslich: Sind die Sanktionen eine gute Sache? Welchen Schaden richten sie beim Gegner an, welchen Schaden bei uns selbst? Ist die geradezu manische Verteufeln alles Russischen, inklusive Kunst und Kultur, gerechtfertigt oder Ausdruck einer Hysterie? Kann es richtig sein, die Eigentumsgarantie aufzuheben, das Prinzip, dass jeder unschuldig ist, bis ihm eine Schuld rechtsgültig nachgewiesen wurde? Kann es richtig sein, das zweite Prinzip aufzuheben, dass es gegen jede staatliche Zwangsmassnahme möglich ist, den Rechtsweg zu beschreiten?

Wieder stapeln sich die Fragen und Befürchtungen. Niemand weiss alle richtigen Antworten. Wieder nehmen die Medien einseitig Position und Partei ein. Wieder werden abweichende Meinungen nicht zugelassen, Dissidenten verunglimpft, beschimpft. Was früher der Corona-Leugner war, ist heute der Putin-Versteher. Zwei Kampfbegriffe, die an Dümmlichkeit schwer zu überbieten sind.

Das Trauerspiel geht weiter. Die Medien haben aus ihrem Versagen während der Pandemie nichts gelernt. Sie haben zwar zur Kenntnis genommen, dass ihre Glaubwürdigkeit weiter gelitten hat. Sie haben zur Kenntnis genommen, dass sich immer mehr Leser fragen, wieso sie für diese lausige Qualität des Gebotenen noch Geld zahlen sollen. Wieso sie die Privatmeinungen von überforderten und rechthaberischen Journalisten finanzieren sollen. Die nicht mehr recherchieren und ergebnisoffen berichten, sondern schon im Voraus wissen, was sie berichten werden.

Es gibt Journalisten, die zitieren Menschen, die es gar nicht gibt. Es gibt Journalisten, die beschreiben eine Wirklichkeit, die es gar nicht gibt. Es gibt Journalisten, die geben Handlungsanleitungen, die ins Nichts führen. Es gibt Journalisten, die Ratschläge erteilen, deren Befolgung im besten Fall nutz- und wirkungslos ist, im schlechtesten Fall schädlich.

Die intelligente Wiedergabe einer komplexen und komplizierten Realität ist aufwendig. Es braucht Gehirnschmalz, das Vermögen, ohne Scheuklappen die Wirklichkeit so akkurat und unverfälscht wiedergeben zu wollen wie möglich. Es braucht die Fähigkeit, dem mündigen Leser die nötigen Informationen zu verschaffen, aufgrund derer er sich eine eigene Meinung bilden kann. Es braucht den Verzicht auf Belehrung, Rechthaberei, den Verzicht auf arrogante Besserwisserei, hinter der nichts anderes als tiefe Verunsicherung herrscht.

Bislang sprechen alle Anzeichen dafür, dass die Medien, die Massenmedien, auch in dieser Krise versagen. Damit verschärfen sie ihre eigene Krise. Den wohlverdienenden Verlangsmanagern wird weiterhin nichts anderes einfallen als: sparen, noch mehr sparen. Entlassen, ausdünnen, Kompetenz abbauen, Agenturmeldungen, Fremdbeiträge ausbauen. Und als Zückerchen im Elend den verbliebenen Journalisten die Möglichkeit geben, die Leser mit ihren völlig unerheblichen Meinungen zu belästigen. Das einzige Gefäss, das wächst und wächst, ist die Kolumne. Der Kommentar. Der Leitartikel. Das «ich sag› der Welt, wie sie sein sollte, aber leider hört keiner auf mich»-Gewinsel.

Trostlos. Schlimmer noch: hopeless, wie man auf Englisch sagt. Caso perdido, wie man’s auf Spanisch ausdrückt. Im Arsch, wie man’s unfein, aber zutreffend auf Starkdeutsch sagt.