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Die blödeste Werbung ever

Dagegen war selbst das bereits gespülte «Blick»-Logo mit Regenrohr hervorragend.

Der Migros geht es schlecht. Zu lange haben zu viele Versager in der Chefetage Hunderte von Millionen mit absurden Expansionsversuchen ins Ausland verpulvert. Dutti drehte sich im Grab, Arnold schöbe die Augenbrauen drohend nach unten, wenn sie sähen, was diese Pfeifen aus ihrem schönen, sozialen, genialen Unternehmen gemacht haben.

Aber jetzt, Wunder über Wunder, besinnt man sich darauf, dass Migros in erster Linie Waren verkauft. Haushalt, Küche, Lebensmittel. Unklar, wie viele Millionen an Berater bezahlt wurde, um zu dieser umwerfenden Erkenntnis zu kommen. Aber das ist nicht alles. Den Chefs wurde auch eingeflösst, dass es nicht reicht, sich Denner zu schnappen. Es gäbe da noch andere Discounter im Markt, die heissen, ähm, so neue Namen kann man sich ja nicht gleich merken, die heissen Lidl und Aldi.

Dagegen muss etwas getan werden. Richtige Erkenntnis. Nur was? Ha, einfach, die Preise müssen runter. Damit kommt Migros zwar ihrem eigenen Denner in die Quere, und «gut und günstig» können die beiden deutschen Harddiscounter nun wie die Weltmeister. Aber gut, lieber eine Fehlentscheidung als gar keine.

Wenn schon, denn schon, Dafür braucht es, logo, auch eine Werbekampagne. Dafür wurde wohl ein Pitch veranstaltet, mit der Massgabe: wer präsentiert die bescheuertste, unverständlichste, hässlichste Werbekampagne aller Zeiten? Der Sieger ist:

Lebensmittel versinken in undefinierbaren Untergründen, vielleicht in Sumpfgebieten? Eine Gurke macht auf Titanic, Apfel und Tomate verlieren ihren Unterleib. Kann man das noch steigern?

«Frisch gesenkt»? Hä? Nun fiel die Publikumsreaktion ungefähr so aus wie bei Tamedias verunglücktem Redesign. Denn eigentlich ist die Bildaussage, dass es bei der Migros nur noch Teile von Lebensmitteln gibt. Aber im Gegensatz zu Tamedia reagierte Migros immerhin mit Selbstironie:

Man sinke halt auf das Preisniveau der Discounter, wird dieser Scherz aufgelöst. Denn auch bei der Migros geht es turbulent zu und her – wie bei Tamedia. Auch bei der Migros sind absolute Stümper am Werk, um etwas Neues zu kommunizieren – wie bei Tamedia. Aber immerhin, die Cover des Magazins sind anhaltend selbstironisch:

Es kommt noch besser:

Spätestens hier schüttelt es Patrice Siegrist und seine Gang der Sprachvergewaltiger,  und er muss das Magazin sofort abbestellen. Die gendern nicht richtig! Dabei hat doch Salome Müller die Leser nicht nur mit ihren Schulaufsätzen gequält, sondern auch mit ihrem NL-Gruss «Liebe LeserInnen*» zur Weissglut gebracht.

Aber was macht das «Migros Magazin»? Solche Titel:

Unverständlich, wieso dieses Magazin noch mehr Leser als Tamedia hat. Dabei fühlt sich doch (fast) jeder mit diesem «du» ausgeschlossen. Und selbst wenn nicht, bei «Trickbetrüger» verabschieden sich die Leser!*Innen* massenhaft. Denn es müsste natürlich «Trick!Inbetrüg*erinnen*» heissen. Wenn schon muss auch der männliche Trick gegendert werden.

Aber das ist eine andere Baustelle. Denn all diese Selbstironie ändert nichts daran, dass die von allen Discountern (schlecht) abgekupferte Werbekampagne «Frisch gesenkt», eigentlich «frech versenkt» heissen müsste. Denn hier werden viele, sehr viele Werbefranken schlichtweg zum Fenster rausgeschmissen. Verröstet. Verjubelt. Versenkt.

Es gibt noch Journalismus

ZACKBUM lobt nicht? Falsch. Nur gibt’s so wenig zu loben …

Aber ganz, ganz selten gibt es Lobenswertes zu berichten. Zum Beispiel dieses Stück der NZZ:

Klare Ansage, klare Analyse, klares Resultat. Die Antwort auf die Einleitungsfrage ist ein klares Ja. Der Preis ist heiss, und das Thema auch. Denn in der Schweiz sind die Lebensmittelpreise im Schnitt schlichtweg doppelt so hoch wie im nahen Ausland. Und durch den Krieg in der Ukraine werden sie noch weiter steigen. Woran liegt’s?

Zum einen haben Coop und Migros (mit Denner) im Lebensmitteldetailhandel einen Marktanteil von 80 Prozent. In Deutschland und Österreich gibt es zwar auch starke Anbieter, aber die Märkte sind doch fragmentierter. In Deutschland zum Beispiel teilen sich immerhin vier starke Anbieter den Marktanteil, den in der Schweiz Coop und Migros haben. Durch den Markteintritt von Aldi und Lidl sank der Marktanteil der beiden Fast-Monopolisten lediglich von 85 auf 80 Prozent.

Damit ergibt sich die Frage, ob sich die beiden orangen Riesen nicht branchenübliche Margen leisten. Die Bruttomarge setzt den Bruttogewinn (Umsatz minus Warenaufwand) ins Verhältnis zum Umsatz. Für Supermarktketten sollte diese Marge bei 25 Prozent liegen. Nun geben die beiden Grossen diese Zahlen nicht spezifisch bekannt, aber die NZZ rechnet sie aus den Angaben der Regionalgenossenschaften bei der Migros hoch und kommt auf einen Durchschnitt von 31 Prozent.  Ähnliches ist bei Coop zu vermuten.

Über alle Geschäftszweige hinweg leistet sich Migros eine Bruttomarge von 38 Prozent, Coop von 33 Prozent. Im Vergleich: Lidl liegt im Schnitt bei 26 Prozent, Aldi Süd bei 22.

Eine wirklich informative und mit einiger Eigenrecherche angereicherte Analyse, die immerhin Hoffnung gibt, dass im deutschsprachigen Journalismus nicht immer und überall Hopfen und Malz verloren ist. Allerdings hat die gesamte Analyse eine klitzekleine Schwachstelle. Selbst eine zweistellig höhere Bruttomarge vermag nicht zu erklären, wieso Lebensmittel in der Schweiz schlichtweg doppelt so teuer wie im näheren Ausland sind. Aber vielleicht bekommen wir diese Erklärung noch nachgereicht.