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Gaga gegen gröwa

Biden gegen Trump. Das ist wie Pest gegen Cholera. Aber repräsentativ für so vieles.

Immerhin hat die EU solche Probleme nicht. Da wird die von Alt-Bundeskanzlerin Merkel ins Amt gehievte Ursula von der Leyen problemlos wiedergewählt. Trotz Affären über Affären, trotz Fehlprognosen über Fehlprognosen. Wohl nach der Devise: eine dysfunktionale EU wird am besten durch eine dysfunktionale Chefin repräsentiert.

In den USA gibt es immerhin eine Wahl. Aber was für eine. Der amtierende Präsident verwechselt Selenskyj mit Putin und vergisst den Namen seines Verteidigungsministers. Der ehemalige Präsident behauptet, er werde sämtliche internationale Konflikte beenden und lügt wie gedruckt, sobald er den Mund aufmacht.

Präsident Biden hat die Unterstützung der Auslandchefs von Tamedia und NZZ verloren; daran hat er schwer zu knabbern. Kandidat Trump kann sich dagegen der unverbrüchlichen Unterstützung von Roger Köppel erfreuen («Der Auferstandene»), wenn Köppel nicht gerade die sauberen Strassen und vollen Regale («Schweizer Käse und andere Delikatessen») von Moskau lobt.

Der eine Kandidat ist offensichtlich gaga, der andere grössenwahnsinnig. Beide haben einen Wackelkontakt zur Realität.

Möglicherweise wird Biden noch vor der Zielgeraden der offiziellen Nominierung ausgewechselt. Daran knüpft die «alles, nur nicht Trump»-Journaille ihre allerletzten Hoffnungen, nachdem sie noch vor Kurzem Biden als letzte Hoffnung hochgejubelt hatte. Trump wollte den Geläuterten und Gemässigten geben, konnte es aber nicht lassen, von seinem Redemanuskript abzuweichen und unverständliche Lobeshymnen auf Hannibal Lecter zu singen, den psychopathischen Menschenfresser im «Schweigen der Lämmer».

Die Welt spinnt im Grossen, die Welt spinnt im Kleinen. Der Tagi veröffentlicht eine Untersuchung, in welchen Quartieren das Sterberisiko erhöht sei – «wegen der Hitze». Die NZZ veröffentlicht das «Porträt eines politischen Genies» – über Trump. CH Medien haben den Blick fürs Wesentliche: «Trump bekommt keinen Kuss von seiner Frau».

«Blick» hat keine Antworten, nur Fragen: «Nach riesiger IT-Panne: Wer zahlt für die immensen Schäden?» «Bringt die Juso-Initiative Steuererhöhungen für alle?» «Warum bis du gegen Fleischersatzprodukte?»

Der «Spiegel» glänzt wieder einmal mit einem geschmackvollen Cover:

Ach, und dann wird die Ukraine mit russischen Bomben und guten Ratschlägen aus dem Westen überschüttet, sollen die Ukrainer gefälligst für unsere westlichen Werte verrecken, das sind sie unseren Sandkastengenerälen und Kriegsgurgeln und Sesselfurzern in den Redaktionen schuldig.

Das viel grössere Geschlachte im Sudan, in Äthiopien, in Mianmar  interessiert keinen. Falsche Weltgegend, falsche Hautfarbe, keine strategischen Interessen, keine Rohstoffe.

Ach, und der Tagi trauert, dass Zürich erspart blieb, Millionen Steuergelder für das Fest einer Hupfdohle auszugeben.

Dann lässt der «Blick» ansatzlos auf den früheren BaZ-Redaktor und nachfolgend «Nebelspalter»-Mitarbeiter Daniel Wahl (lustigerweise dort nicht im Impressum aufgeführt) einprügeln, ohne dessen Namen zu nennen:

Wieso Lukas Lippert vom «Beobachter» diese alten Kamellen nochmals aufwärmt, nur weil in Deutschland der Prozess gegen die Rollator-Revolutionäre von den verpeilten «Reichsbürgern» stattfindet, man weiss es nicht.

Die völlig haltlose Tamedia übernimmt von der «Süddeutschen Zeitung» einen Kommentar von Marlene Knobloch: «Wie meinen «Retro»»?» im Original, «Noch jemand wach im Marketing» in der Kopie. Darin rezykliert Knobloch zunächst sämtliche Klischees, die Hänschen klein so über Marketingfuzzis haben kann («köpfen Cremantflaschen, trinken literweise Kaffee, brüten bis tief nachts vor Stehschreibtischen»).

Um dann die neue Kampagne von Adidas zu köpfen. Die preist einen neuen Sneaker, der im Design an Olympia 1972 erinnern soll, mit dem Model Bella Hadid an. Na und? Na, die werde von ihren Fans als «Palestine Queen» gefeiert, sei aber mit einem goldenen Löffel im Mund in den USA geboren worden.

Dann wird Knobloch ziemlich ausfallend: «Was sie nicht daran hindert, ihre über 60 Millionen Follower auf Instagram exzessiv über Palästina zu unterrichten, historisch falsche Landkarten eines angeblich existierenden palästinensischen Staates zu teilen, ausserdem KI-generierte Bilder, die angeblich Rafah darstellen sollen, und auf Demos «From the River to the Sea» zu brüllen

Womit für Knobloch völlig klar ist: «Bella Hadid als grosse Antisemitin zu entlarven, ist gar nicht zwingend nötig.» Deshalb tut sie es auch nicht, das Reizwort «Antisemit» für jeden Kritiker Israels reicht ja schon. Fehlen darf auch nicht: «Adidas sind die Anfangsbestandteile des Gründervaters Adolf Dassler, der mit seinem Bruder und Mitfirmengründer Rudolf Dassler 1933 in die NSDAP eintrat.» Was hat Knobloch für einen Lösungsvorschlag? «Man hätte angesichts der Geschichte, der sensiblen Weltlage auch einfach ein jüdisches oder israelisches Model fragen können

So wird ein simpler Turnschuh zum Schlachtfeld von Antisemitismus, Erinnungen an das Dritte Reich und die braune Vergangenheit des Adidas-Gründers. Wie blöd und primitiv wäre es, gegen die Verwendung eines jüdischen Models zu polemisieren, wenn das nicht die Kriegsverbrechen, die Israel im Gazastreifen begeht, verurteilen würde?

Übrigens ist Adidas bereits eingeknickt und hat Hadid aus den Anzeigen entfernt. Wie darf man das nennen? Erfolgreichen Rufmord? Denunziationskampagne? Antipalästinismus?

Die Welt verliert sich in Nebensächlichkeiten, die Medien japsen ziel- und haltlos durch die Weltgeschichte und haben eine mehr als selektive Weltsicht, kümmern sich am liebsten um Pipifax, der dem beschränkten intellektuellen Niveau, den oberflächlichen historischen und wirtschaftlichen Kenntnissen der Redaktoren entspricht.

«World gone mad», sang Bob Dylan. Sagten wir auch schon. Zweit für eine Sommerpause, demnächst.

 

Der Vielgerügte zum Nebi

Daniel Wahl ist Rekordhalter. 9 Rügen vom Presserat. Jetzt beim «Nebelspalter» an Bord.

Von Anfang an war der neue «Nebelspalter» online ein wenig die alte BaZ. Alle, die nirgendwo anders Fuss fassen konnten, scharten sich wieder um den ehemaligen BaZ-Chefredaktor Markus Somm.

Dominik Feusi, wiederauferstanden als «Feusi Fédéral». Serkan Abrecht, sogar David Klein darf ab und an Gift und Galle spucken.

Daniel Wahl hielt es noch länger bei der BaZ aus, die allerdings nicht mehr mit ihm. Im Dezember letzten Jahres wurde er Knall auf Fall freigestellt. Im Januar berichtete «bajour», dass Wahl eine weitere Rüge kassiert hatte und Chefredaktor Marcel Rohr ihn suspendierte. Daraufhin liess sich Wahl krankschreiben; wieder gesundet, ereilte ihn die Kündigung.

«Wir sind an einen Punkt gekommen, an dem ich ihn nicht mehr gegen aussen und gegen innen schützen kann», erklärte Rohr.

Diese Aufgabe scheint nun Somm übernehmen zu wollen. Nach 9 Rügen sieht es ganz danach aus, als ob er sozusagen als letztes Aufgebot einen Krawallmacher an Bord holt, damit der «Nebelspalter» endlich einmal in den übrigen Medien wahrgenommen wird.

Es steht zu vermuten, dass Wahl dann die zweistellige Zahl von Rügen erreichen wird. Falls der «Nebelspalter» noch solange existiert.