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Wer ist da der Neger?

Tagiland ist abgebrannt.

Man braucht schwarzen Humor (Achtung, Rassismusverdacht), um der neusten Lachnummer aus dem Hause Tamedia folgen zu können.

Denn das Blatt der anständigen Lebensart, das sich selbst üblen Vorwürfen einer ehemaligen Mitarbeiterin ausgesetzt sieht, der Konzern, der aus einem verdienten Oberchefredaktor ohne Federlesen ein Bauernopfer macht, ein Medienunternehmen, das eine ganze Riege von überbezahlten, unterqualifizierten Rechthabern beschäftigt, die aber feige schweigen, wenn sie mal in eigener Sache Zivilcourage beweisen müssten, kurz, diese Ansammlung von gescheiterten Existenzen will einen Skandal enthüllt haben.

Man habe ein «geleaktes» Video erhalten und einen ganzen Anlass daraufhin recherchiert, dokumentiert und mit Zeugen gesprochen, plustert sich das Blatt auf. Die Wirklichkeit ist viel prosaischer: der Redaktion wurde ein Video zugespielt.

Bevor ZACKBUM auf den angeblich skandalösen Inhalt eingeht: laut Selbstauskunft hat ein an einem privaten, geschlossenen, nur auf Einladung zugänglichen Anlass gebuchter DJ eine dort stattfindende Showeinlage gefilmt. Was zumindest unstatthaft, auf jeden Fall unanständig ist.

Oder in den Worten des erregten Tagi-Redaktors David Sarasin (Name nicht geändert): «Als die schwarz angemalte Person mit Kraushaarperücke und Knochen in der Hand auf die Bühne trat, überlegte sich Gilles Meyer (Name geändert) kurz, ob er Licht und Tonregler einfach runterfahren sollte. «Das war zu viel für mich», sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung.»

Name geändert, Parkverbot unverändert. (Screenshot Tamedia)

Meyer (im Foto unverändert) hätte nun seinem Unwohlsein über dieses erschreckende Zeichen von Rassismus, Diskriminierung, Hetze gegen Andershäutige, gegen diese kulturelle Aneignung tatsächlich mit Arbeitsverweigerung oder einem lauten Protest (oder einem Protestschreiben an die Veranstalter) Ausdruck geben können. Aber dazu hätte es Zivilcourage gebraucht.

Stattdessen waltete der DJ (Berufsbezeichnung nicht geändert) seines Amtes, als sich vor seinen schreckensgeweiteten Augen diese Szenen abspielten:

«Während er hinter dem Mischpult stand, vollführten Personen auf der Bühne ein Theater. Dabei war eine Person schwarz angemalt, hielt einen Knochen in der Hand, trug einen Bastrock und eine Kraushaarperücke. In einem gross projizierten Video ahmte ein Mann im Regenbogenhemd eine homosexuelle Person nach, und eine Frau trat als brasilianische Sexarbeiterin auf. Das Publikum, zu dem auch Wirtschaftskapitäne aus der Zürcher Elite gehörten, lachte zu den Sketchen.»

Sodom und Gomorra waren ein Dreck gegen die Zustände bei diesen Festen der Zürcher Zünfter. Meyer (Haltung geändert) klagt: «Dieser Rassismus war eine neue Dimension für mich». Dabei ist er sich einiges gewohnt: «Seine Sensibilität für diese Themen erklärt er auch mit seiner Herkunft. Seine Mutter sei halb Französin und halb Algerierin, sein Vater stamme aus der Berner Bourgeoisie. Er selber sei gebürtiger Schweizer. «Ich werde mit meinen blauen Augen und der hellen Haut als weisse Person wahrgenommen, weiss aber wegen meiner Herkunft, was es heisst, diskriminiert zu werden», sagt er.»

Wissen um Diskriminierung trotz Erscheinung als gebürtiger Schweizer mit blauen Augen und weisser Haut. Moment, ist diese Selbstbeschreibung nicht etwa auch ausschliessend, diskriminierend, rassistisch? Au weia.

Die Veranstalter des privaten Anlasses sind nun doch etwas enttäuscht, wie der Tagi weiss: ««Nie hätte ich gedacht, dass du mein Vertrauen so missbrauchst», schrieb ihm die Organisatorin». Da hat sie recht, und darin besteht der eigentliche Skandal.

ZACKBUM fragt sich bang, ob nun auch die Gutmenschen-Komiker Mike «Arschloch, Reichskristallnacht» Müller und Victor Giacobbo an die Kasse kommen. Die haben doch auch schon fremdrassige, andersgeschlechtliche, als Prekariatsmitglieder marginalisierte Personen gespielt. Mit Perücke! Mit Make-up! Am Schweizer Farbfernsehen! Da müssen gar keine Videos «geleakt» werden, das kann jeder nachschauen.

Offenbar ist sich der Tagi nicht so sicher, welche Leserreaktionen er sich damit einfängt. Denn für diesen Artikel ist die Kommentarfunktion gesperrt. Der Tagi gibt ja nicht auf, wenn es darum geht, ein totes Pferd zu peitschen. Also schiebt er den Artikel «Zürcher Staatsanwaltschaft prüft Strafverfahren» nach. Offensichtlich will sich nicht nur die Redaktion des Tagi lächerlich machen. Apropos:

«Zuvor hatte die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (ERK) die Darbietung mit rassistischen und diskriminierenden Inhalten beim diesjährigen Ball beim Bögg in Zürich verurteilt, weil sie «rassistische Stereotype reproduziere».» Wie peinlich ist das denn, wenn eine Zürcher Zeitung diesen Namen falsch schreibt?

Aber zurück zum charakterlich fragwürdigen Pseudonym-Meyer. Nehmen wir an, Sie planen eine private Feier. Um sich nicht so ums Organisatorische kümmern zu müssen, engagieren Sie etwas Personal und einen DJ. Im Verlauf des feuchtfröhlichen Abends kommt es zu den üblichen Darbietungen angeheiterter Gäste oder gar von Ihnen selbst, wenn Sie ihren Brüller «ich imitiere eine arabische Bauchtänzerin» zum Besten geben.

Dazu fallen Wörter wie (sensible Leser, Augen zu!) M***, gar das N-Wort schwirrt durch den Raum, einer macht sich über Kampflesben lustig, ein anderer über die A***backen eines unerträglichen angeblichen Dichters, der nicht ganz dicht ist.

Und plötzlich finden Sie sich damit im Organ der Scharfrichter über unerlaubte Scherze wieder. Ein vor Entrüstung bebender David Sarasin, der seine christliche Kraft aus gelegentlicher Autorschaft bei «Chrismon, das evangelische Magazin» schöpft, schlägt Sie dafür ans mediale Kreuz. Keine Abbitte, keine Beichte (man ist schliesslich nicht katholisch), kein Bereuen nützt Ihnen da. Das ewige, zumindest temporäre Fegefeuer ist Ihnen sicher.

Als Vorbereitung werden Sie ein paar Tage durch den Tagi geschleift. Was, Sie wagen es, von privatem Anlass zu schwatzen, keinen Kommentar abzugeben, kein klitzekleines Zeichen von Reue und Einsicht zu zeigen? Sie Unmensch. Sie Rassist.

Apage, satanas, würde da der Tagi sagen, wenn er Latein könnte.