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Verbots-Unkultur

Wir leben im meinungsfreien Westen. Na ja.

Alles ist relativ im Leben. Im Vergleich zu Nordkorea existiert in der Schweiz Meinungsfreiheit. Auch im Vergleich zu den Zensurstaaten Ukraine und Russland. Saudi-Arabien zerlegt Oppositionelle sogar buchstäblich in Einzelteile, wenn die den Fehler machen, eine Botschaft des fundamentalistischen Wahhabiten-Staats zu betreten. Solch ruppige Methoden führen im freien Westen nicht sonderlich zu Protesten, genauso wenig wie der verbrecherische Krieg Saudi-Arabiens im Jemen. Denn die Scheichs dort sind doch unsere Freunde und Verbündete und Abnehmer von Kriegsmaterial im Multimilliardenpack.

Will man dem Index der «Reporter ohne Grenzen» folgen (der nun auch nicht über jeden Zweifel erhaben ist), hat Norwegen die höchste Pressefreiheit, gefolgt von Dänemark und Schweden.

Die Schweiz steht auf Platz neun, vor Deutschland. Auch Osttimor gehöre zu den 20 Ländern mit der höchsten Pressefreiheit. Lassen wir das einmal dahingestellt und schauen uns die Schweiz genauer an.

Meinungsfreiheit ist ein enger Verwandter der Pressefreiheit, weil die Meinung im stillen Kämmerlein nun nicht wirklich Ausdruck von Freiheit ist. Erst im öffentlichen Widerstreit lässt sich Meinungsfreiheit messen.

Um die ist es in der Schweiz allerdings nicht allzu rosig bestellt. Das fängt schon damit an, dass drei Familienclans die Medienlandschaft unter sich aufgeteilt haben. Coninx, Ringier und Wanner, so heissen die Besitzer der meisten Printmedien, der Privatradios und -TV-Stationen. Daneben gibt es noch den Zwangsgebühren-Moloch SRG, der nur auf dem Papier um Ausgewogenheit bemüht ist. Wer’s nicht glaubt, schaue sich nur mal ein Weilchen die ausgewogene Berichterstattung über die SVP, den Corona-Skandal oder über die deutsche AfD an.

Wer es sich mit einem (oder gar zwei) dieser vier Meinungsmach-Maschinen verscherzt hat, hat schon gröbere Mühe, seine freie Meinung auch öffentlich zu sagen. Der abserbelnde Tamedia-Block innerhalb von TX arbeitet mit Schreibverbot. CH Media nimmt kaum bis keine Fremdbeiträge mehr, darin der NZZ nicht unähnlich, die immerhin ansonsten als einsamer Leuchtturm noch Journalismus betreibt.

Während der Pandemie zeigten die Schweizer Massenmedien, was sie von Meinungsfreiheit oder kritischer Berichterstattung über das Handeln der Herrschenden halten. Nämlich nichts. Das ist seither nicht besser geworden. Der Ukrainekrieg, der Krieg im Nahen Osten, die Berichterstattung über China, über Donald Trump, über Russland und die Ukraine. Da ist von Meinungsfreiheit, vom Wettstreit verschiedener Meinungen nichts zu lesen, zu hören oder zu sehen.

Da es in Deutschland (oder in Österreich) nicht viel besser ist, muss man sich in den angelsächsischen Sprachraum begeben, wenn man gelebte Meinungsfreiheit haben will. «Der Spiegel», zum woken Blödelblatt denaturiert. Der Tagi, als Skelett kräht er aus dem Brei-Newsroom seine links-grüne Einheitsmeinung heraus. Der «Blick» hat als Volkes Stimme abgedankt, zuschanden geritten zum weiblich-sensiblen Boulevard ohne Ecken und Kanten. CH Media gleitet teflonartig durch die Welt und tut das immerhin skandalfrei.

Aber Meinungsfreiheit? Nun mag man einwenden, dass sich doch jeder aus der wilden Kakophonie des Internets die Meinungen zusammensuchen kann, die er anregend findet. Das widerspricht aber der durchschnittlichen Aufnahmefähigkeit des interessierten Staatsbürgers. Obwohl er sich massenhaft von den Massenmedien abwendet.

Meinungsfreiheit braucht Plätze und Plattformen, braucht Debatte, Widerstreit und argumentative Auseinandersetzung. Meinungsfreiheit heisst auch, dass sensibel und gleichzeitig massiv auf Zensur reagiert wird. Der Skandal am Zurich Zensur Festival ist ein ganz schlechtes Omen.

Meinungsfreiheit gibt es nicht gratis. Auch derjenige, der seine freie Meinung äussern will, muss dafür meistens einen Preis bezahlen. So er das darf. So man ihn lässt. Oder versuchen wir uns vorzustellen, bei CH Media erschiene ein Text, der um Verständnis für die Hamas wirbt. Bei Tamedia eine einfühlsame Meinung zu Putins Aussenpolitik. Im «Blick» ein Stück über israelische Kriegsverbrechen. Und in der NZZ eine vernichtende Kritik an der NATO als Kriegstreiber.

Dass man sich das alles nicht vorstellen kann, belegt, dass es mit der Meinungsfreiheit in der Schweiz nicht mehr weit her ist. Da nützt auch ein Vergleich mit Nordkorea nichts.

Realsatire: das dürfen Sie sehen …

Die NZZaS versucht sich in gnadenloser Veräppelung.

Immerhin, man muss es der NZZ lassen; sie hat zwei Mal die Fehlentscheidung des Zurich Zensur Festivals kritisiert, nach unverschämten Druck der ukrainischen Regierung und anonymen Pro-Ukraine-Stänkerern einen Dokumentarfilm über russische Soldaten an der Front aus dem Programm zu nehmen und die Autorin wieder auszuladen.

Ein veritabler Skandal – den die Mainstreammedien schlichtweg ignorieren. Weil er nicht ins Narrativ passt. Denn das Framing ist klar: Russland ist ein Zensurstaat, in dem abweichende oder gar oppositionelle Meinungen drakonisch verfolgt werden. Wird dort ein Dokumentarfilm gedreht, kann es sich nur um ein vom Kreml bezahltes Machwerk einer Sprechpuppe handeln, die absichtlich oder aus Dummheit eine geschönte Version der Wirklichkeit zum Besten gibt.

Dass der Film von Kanada finanziert und von namhaften Produzenten begleitet wurde, was soll’s.

Schliesslich verteidigen wir in der Ukraine unsere westlichen Werte gegen die slawischen Bolschewiken; Pardon, gegen den Iwan, der bekanntlich als Soldat  ausschliesslich ein «Kriegsverbrecher, Krimineller und Vergewaltiger» ist, wie das die ukrainische Regierung bekanntgibt.

Dass sie gleichzeitig die Zensur dieses Dokumentarfilms in Zürich fordert – und erreicht, ist ein Skandal. Passt aber nicht ins Framing von der Ukraine als Bestandteil des Wertewestens. Dass pro-ukrainische anonyme Pöbler die Gastfreundschaft der Schweiz so belohnen, dass sie sogar Todesdrohungen gegen Familienmitglieder von Mitarbeitern des Film Festivals ausstossen – und gegen dessen Leitung – auch das ein Skandal, der mit Schweigen beantwortet wird.

Dass nun aber die NZZaS launige Filmtipps unter dem Titel «Das müssen sie gesehen haben» gibt, das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht. Besser wäre die Formulierung gewesen: «Das dürfen sie sehen».

Der «Blick» berichtet immerhin, dass es hinter den Kulissen des Festivals hoch zu und her gehe. Nein, nicht wegen dieser feigen Zensur. 16-Stunden-Schichten, Konflikte wegen Handyrechnungen und Streit mit der Personalabteilung, über 20 Mitarbeiter hätten dem Festival in den letzten zwei Jahren den Rücken gekehrt, weiss der «Blick».

Und plaudert aus dem Nähkästchen: «Was manchen ZFF-Mitarbeitenden besonders sauer aufstösst: Ein Mitarbeiter, der für ein schwieriges internes Klima verantwortlich gemacht wurde, verliess das Unternehmen und wurde trotz Warnungen aus dem Team später wieder eingestellt.»

Richtig ist auch, dass es an der Spitze des Festivals einen veritablen Frauenverschleiss gab; neben dem unerschütterlichen Christian Jungen gaben sich vier Co-Leiterinnen die Klinke in die Hand. Allerdings darf sich im SoBli Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider mit Popcorn im Kinosessel ablichten lassen und Plattheiten von sich geben: «Man spielt nicht immer seine Wunschrolle». Ein Wort zu dem unverschämten Druckversuch der ukrainischen Regierung? Pustekuchen.

Und im Magazin der NZZaS, immer für abgehangene, olle Kamellen gut, darf Richard Gere über sein Lieblingsthema quatschen: der Dalai Lama (für Gere «seine Heiligkeit»)  und der Buddhismus und das Universum. Kostprobe: «Das Universum allein zählt, und es urteilt nicht.»

Offensichtlich befleissigen sich auch (fast) alle Schweizer Medien dieser universellen Weisheit. Nicht urteilen, einfach im Hier und Jetzt schweben. Die Gesinnungsblase störende Ereignisse einfach ausblenden. Es der kleinen «Weltwoche» überlassen, das Normalste der Welt zu tun: der anderen Seite Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Alles Puzzlestücke, Mosaiksteine für ein grösseres Bild: die Begräbnisveranstaltungen zum Untergang der Mainstream-Medien. Selbstverschuldet, denn wer so mit leichter Hand sein wichtigstes Asset verspielt, hat’s nicht besser verdient.

Wenn Glaubwürdigkeit und Vertrauen schwinden, biegt man auf den Weg zum Friedhof ein.