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Betrachtung einer Ruine

Rauchzeichen aus der Trümmerlandschaft Tamedia.

Es mag sein, dass es eine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür gibt, Dutzende von Mitarbeitern zu entlassen. So ist das im Kapitalismus. Wenn ein Angebot nicht mehr auf genügend Nachfrage trifft, wenn sich aus technologischen oder anderen Gründen die Einkommensquellen verändern, dann muss das Businessmodell angepasst werden.

Das ist der Lauf der Dinge.

Das ist bei Tamedia anders. Hier ist den Newsmedien willkürlich ihre Haupteinnahmequelle weggenommen worden, während ihnen gleichzeitig absurde Renditeziele vorgegeben wurden. Hier hat ein unbegabter, aber unkaputtbarer Boss wie weiland die Swissair Schrottairlines Zeitungen ohne Sinn und Verstand zusammengekauft. Der Investition von einer runden Milliarde steht ein lächerlicher Ertrag gegenüber.

Der Versuch, lokal verankerte Zeitungen in Bern, Basel und Zürich aus einem Eintopf zu bedienen, ist kläglich gescheitert. Versprechen wie das, die «Berner Zeitung» und den «Bund» niemals nicht zu fusionieren, wurden kaltlächelnd gebrochen.

Hier durfte Simon Bärtschi sein Gesellenstück abliefern, wie man so etwas kaltblütig durchzieht.

Wenn aufgrund solcher krachender Fehlentscheidungen und einer selten blöden Personalpolitik schmerzliches Rausschmeissen angesagt ist, wird das Können der Führungsfiguren auf die Probe gestellt. Schönwetterkapitäne haben’s leicht. Aber wenn Leichtmatrosen und Schwachmate in einer Krise am Steuer sind, dann sinkt die Stimmung in der Mannschaft auf den Nullpunkt.

Pietro Supino lässt sich am besten nicht blicken. Jessica Peppel-Schulz hat angeblich ein Jahr lang nachgedacht – selten ist etwas so Lächerliches und Verpeiltes und Unverständliches als neue Strategie präsentiert worden. Den Zuschauern wurde es schwindlig vor Kopfschütteln. Der als Terminator vorgesehene Simon Bärtschi zeigte sich inkompetent, uninformiert, reihte Flop an Flop. Die Redaktion des «Züri Tipp» erfuhr zeitgleich mit Öffentlichkeit und so nebenbei, dass sie über die Klinge springen muss. Nur so als Beispiel. Unglaublich.

Mit seiner «Weichenstellung für Qualitätsjournalismus» schuf Bärtschi einen Lachschlager, der ihn für Positionen ausserhalb von Tamedia untauglich macht. Denn wer möchte so einen in leitender Stelle beschäftigen.

Die vier Nasen in der Chefredaktion fallen durch Unauffälligkeit oder ärgerliche Kapriolen auf. Die Oberchefredaktorin, ihre beiden Beisitzer, die «Digital Storytelling»-Nulpe Kerstin Hasse, neben aller Verunsicherung durch die angekündigte Massenentlassung muss die Mannschaft auch noch solche Leitfiguren aushalten.

Wer für rund 120 Indianer rund 50 Häuptlinge beschäftigt (wenn man alles bis hinunter zum stellvertretenden Irgendwas als Kopfschmuckträger zählt), macht sowieso etwas falsch. Hier könnten ganze Hierarchiestufen, ganze Abteilungen eingespart werden. Das wird aber nicht geschehen.

Alleine die Existenz eines Chefredaktors ohne Redaktion ist ein Witz, ein Hohn für Arthur Rutishauser, der gerade die SoZ wieder flottmachte und als Dank aufs Abstellgleis geschoben wurde. Nicht zuletzt, weil seine Leistung die anderen Pfeifen noch schlechter aussehen liess.

Es trennt sich die Spreu vom Weizen. Wer kann, verlässt das sinkende Schiff. Wer nicht kann, tritt von leitenden Positionen zurück, weil er die Exekution weiterer Entlassungen nicht mehr erträgt. Oder er opfert sich selbst wie der ehrenhafte Nik Walter.

Wer nicht kann, weil zu alt, zu spezialisiert, zu unbeweglich, macht sich schwer Sorgen um seine Zukunft. Es muss ein widerlicher Anblick sein, wie die mit der Lizenz zum Töten, die oberen Entscheidungsträger mit zusammengeklemmten Arschbacken durch die Redaktion huschen, damit ihnen nicht ständig jemand hinten reinkriecht.

Dann gibt es noch die unvermeidlichen Karrieristen, denen Mehrbegabte in der Sonne standen, die jetzt aber ihre grosse Chance wittern, das Leiterchen hochzuklettern, weil rückgratlose Opportunisten und Schönschwätzer des Elends gefragt sind.

Oder in einem Satz: Fäulnis ist der unter Sauerstoffmangel ablaufende Prozess der Zersetzung von Stoffen durch Mikroorganismen. Tamedia in der Kurzfassung.

Reingeknallt und abgehudelt

Aber hallo Tagi, auch wir haben «schmutzige» Ortsnamen.

Am Sonntag sollte man ruhen und nachsichtig sein. Aber nicht, wenn einen die Kehrseite des Tages-Anzeigers so nervt. An und für sich ist die halbschlüpfrige Geschichte ja wie geschaffen für diese Mix-Seite, die auch eine Prise Humor haben darf. Der Titel: «Schluss mit lustig und obszön». Es geht im Text vom Samstag darum, dass das österreichische Dorf Fucking genug hat von blöden Witzen. Es heisst künftig Fugging. Dann stellt der Tagesanzeiger die Frage aller Fragen: «Was sagen die Bürgermeister aus den deutschen Gemeinden Petting und Poppendorf dazu?». Der Autor Oliver Klasen – natürlich von der «Süddeutschen» – will im Text besonders lustig herüberkommen. Darum garniert er seine Aussagen sogar mit einem «höhöhö» oder einem «hihihihöhöhö». Eigentlich ein Wunder, dass keine Ausrufezeichen vorkommen. Oliver Klasen hat zudem recherchiert. Die Bayern und die Österreicher seien gut bei Ortsbezeichnungen, die sich für Witze eignen. Ja eben, Fucking, Oberfucking, Petting, Poppendorf. Sogar ein Kissing gibt’s, wie er herausfand. Wohl nicht als erster.

Als Leser des Tagi fühle ich mich diskriminiert. Wieso schreibt der Autor nur über unsere Nachbarn? Es fehlt der grosse Klassiker aus der Schweiz: Bitsch im Kanton Wallis. Und wenn wir schon dabei sein: Ralf Meile (Watson) hat auf seiner Velotour, bei welcher er alle Schweizer Gemeinden befuhr, eine Liste mit speziellen Flurnamen erstellt.

Aber Achtung, Spoilerwarnung! Diese Liste kann Ihre Gefühle verletzen.

Chline Arsch, Grosse Arsch, Tüfelsfüdli, Fickrüti, Möösli, Chatzenstrich, Schwanz, Figgen, Busen, Fotzenacker.

Der «Züri-Tipp Nr. 48/49» im Pech

A propos «Reingeknallt und abgehudelt», wie es im Titel heisst. Ein bisschen Pech hatte diese Woche der «Züri-Tipp Nr. 48/49». Bei der Karte «Die Stadt unter Strom» vergass er den Kreis 2. Das schöne Wollishofen, Leimbach und die Enge. Einfach weg. Und auf der Doppelseite «Advent, Advent: 24 etwas andere Tipps» druckte er nur jeden zweiten Tag ab. Toll, wurden im Tages-Anzeiger vom nächsten Tag auf einer ganzen Seite alle 24 Adventsfensterli nachgeliefert. Doch warum diese Grosszügigkeit? Der böse Verdacht: Das kam sicher noch billiger, als einen weiteren Artikel von der «Süddeutschen» reinkopieren. Und nun trotz allem einen schönen ersten Adventssonntag. Nur noch vier Wochen bis zum Fest der Liebe.