«Wir sind die Remueurs der Redaktoren»
42 Artikel später: Beni Frenkel, René Zeyer und Lorenz Steinmann (Foto: Rolf Edelmann)
Es gibt uns seit 14 Tagen. Hoch die Flaschen!
Also bitte, in den heutigen schnelllebigen Zeiten ist das allerhand für eine neue Internet-Plattform über Medien.
Es gibt noch viel mehr gute Nachrichten. Wir sind schon weltberühmt geworden. Also in der kleinen Welt der Journalisten. Als «Aussortierte» («Schweiz am Wochenende») belächelt, für unsere «wohltuend klare Haltung» gelobt («Die Ostschweiz»), «Zackbum statt Zackzack heisst es künftig in der Schweiz», weiss «Horizont.at», ein Servus und gschamigster Diener nach Österreich.
Kontrolle ohne Rücksicht
«Zackbum verspricht Kontrolle ohne Rücksicht», behauptet persoenlich.com. Es wird natürlich auch dem Sprichwort nachgelebt, dass Neid die aufrichtigste Form der Anerkennung ist. Die «SonntagsZeitung» will einen kleinen Tiefschlag landen, hat aber lausig recherchiert, muss sich entschuldigen und eine Richtigstellung einrücken.
Auch persoenlich.com gerät etwas in Schnappatmung und will schon nach zwei Tagen bereits eine «Verwirrung um neue medienkritische Plattform» gesichtet haben. War aber nur ein gähnendes Sommerloch, da Kurt W. Zimmermann mit einem Tweet ausprobieren wollte, wie man mit einfachen Mitteln Aufmerksamkeit erregen kann.
Rena Zulauf wird ohne eigenes Verschulden als Mitarbeiterin genannt; weil sie Anwältin ist und sich auch eine Scheibe Aufmerksamkeit abschneiden will, muss CH Media überall richtigstellen, dass sie das nicht sei. Um ehrlich zu sein: Das ist auch gut so. Die «Weltwoche» verwechselt Beni mit seinem Onkel Max Frenkel. Ein Blick ins Impressum hätte genügt, um sich darüber zu wundern, ob Max Frenkel in den Jungbrunnen gefallen ist. Aber macht ja alles nix.
Schon zwei Wochen ohne Bettelaktion
Wir werden fleissig gelesen, für ein brandneues Medium auch schon fleissig kommentiert, schon bald können wir den «Freundeskreis der ZACKBUM.ch-Fans» aus der Taufe heben. Erste ernstgemeinte Angebote für Mitarbeit gibt es auch schon. Allerdings: bereits 42 Artikel veröffentlicht, und noch kein einziges Begehren um Gegendarstellung eingefangen. Wir sind enttäuscht, aber halt einfach gut.
Zudem sind wir noch nicht pleite und bislang ohne Bettelaktion, was uns von anderen Medienorganen wohltuend unterscheidet. Die Rettung der Demokratie ist schon vergeben, also bewerben wir uns für die Rettung des Journalismus.
Eigentlich wollen das ja alle Medienschaffenden wissen, aber keiner traut sich, die Frage zu stellen: Wie geht es eigentlich bei einer Redaktionssitzung von ZACKBUM.ch zu und her? Hier gilt die Omertà, also die klassische sizilianische Schweigepflicht, sonst Beton am Fuss und der im Wasser. Aber wir machen zur Feier des Tages mal eine Ausnahme.
Aus dem Nähkästchen geplaudert
Um schlag 19 Uhr schwingt René Zeyer jeweils eine grosse Glocke und brüllt: «Ruhe jetzt, es gibt viel zu tun.» Sein strafender Blick lässt die freien Mitarbeiter, die sich in Reihe zwei und drei um den Sitzungstisch versammelt haben, verstummen.
In der Stille hört man das Glug-glug besonders laut, mit dem drei Champagnergläser gefüllt werden. Ein leises Kling, dann meint Lorenz Steinmann kennerisch: «Der Dom Pérignon war das letzte Mal auch nicht schlecht, aber ein Krug schlägt natürlich alles.» – «Ist dieser Champagner eigentlich koscher?», erkundigt sich Beni Frenkel und nimmt einen grossen Schluck, ohne die Antwort abzuwarten.
Zeyer schenkt sich selbst nach und übersieht die flehentlichen Blicke seiner beiden Mitstreiter. Die freien Mitarbeiter haben sich schon lange daran gewöhnt, dass es für sie nur Hahnenwasser gibt. «Wir sind eigentlich wie die Remueurs», meint Zeyer nachdenklich, um davon abzulenken, dass er erst jetzt den anderen beiden nachschenkt und sich selbst nochmals.
«Hä?», sagt Frenkel und spricht damit allen aus dem Herzen. Zeyer schüttelt nachsichtig den Kopf, «keine Lebensart hier am Tisch», mäkelt er. «Der Remueur heisst auf Deutsch Rüttler. Das ist der, der die Champagnerflaschen rüttelt und dreht, damit der Hefezusatz in den Flaschenhals rutscht. Und etwas Vergleichbares machen wir doch mit den Schweizer Journalisten.»
«Ach so», sagt Frenkel, «verstehe, wir machen was Ähnliches mit den Palästinensern.» Steinmann schüttelt tadelnd den Kopf: «Keine Scherze auf Kosten von Juden oder Palästinensern, wir wissen doch nicht, ob hier alle dichthalten.» Das Kernteam am Tisch blickt misstrauisch zu den freien Mitarbeitern, die aber alle entrüstete Geräusche machen und verneinend mit dem Zeigefinger wackeln.
So entstehen die Storys täglich neu
«Nachdem wir auch das geklärt hätten», sagt Zeyer, «könnten wir vielleicht langsam zu neuen Themenvorschlägen übergehen.» – «Könnte ich ein Blatt Papier haben», fragt Frenkel, «ach, und einen Kugelschreiber, und ist eigentlich noch was in der Flasche?» – «Du bist mir ein schöner Journalist», tadelt Steinmann. «Vorsicht», sagt Frenkel, «ich bin ein jüdischer Journalist, und wenn nichts mehr in der Flasche ist, gibt es keinen Nachschub?»
Zeyer steht seufzend auf und holt eine zweite Flasche aus dem Kühlschrank. «Für die harten Sachen ist es vielleicht noch ein wenig früh», meint er. «Wieso?», fragen Steinmann und Frenkel im Chor. «Da habt Ihr auch wieder recht», lenkt Zeyer ein und stellt die Flasche Nummer 319 des Barbadillo Solera Gran Reserva auf den Tisch.
«Davon gibt’s aber nur ein Glas», sagt Zeyer präventiv, als Frenkel den Brandy mit einem Schluck vertilgt, «habe ich Euch schon mal erzählt, wie wir es schafften, in Havanna den Rumvorrat eines Restaurants auszutrinken?» – «Ja», sagen alle genervt im Chor. «Ach was», sagt Zeyer und schenkt sich selbst nach, bevor er die Flasche zukorkt und in ihren dreieckigen Schutzkarton zurückstellt.
Er schaut auf die Uhr und sagt: «Ich glaube, wir sind heute mal wieder ein schönes Stück weitergekommen; jeder weiss, was er zu tun hat. Dann machen wir wie üblich jeden Tag um punkt 7 morgens die Skype-Konferenz, und hier sehen wir uns dann in einer Woche wieder.»
Die freien Mitarbeiter nicken eifrig, Frenkel legt nach einem strafenden Blick von Steinmann den Kugelschreiber wieder auf den Tisch, den er eigentlich mitgehen lassen wollte, Zeyer schaut schon sehnsüchtig auf den Brandy-Karton. «Ist schon gut, dass das alles unter uns bleibt», sagt Steinmann zum Abschied.
So und nicht anders entstehen all die vielen knackigen Storys, mit denen ZACKBUM.ch Tag für Tag die grosse weite Welt der Journalisten unterhält. Es ist harte Arbeit, gepaart mit Fleiss und dem unablässigen Bemühen, topfnüchtern einen Blick auf die Medienlandschaft zu werfen. Aber das hält ja keiner aus, ohne sich die schönzusaufen.