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Kleines Einmaleins des Journalismus

Sittenverluderung und Hirnstarre. Ein Zwischenruf gegen das Elend.

Früher, ja früher gab es mal die Kenntnis von verschiedenen journalistischen Gefäßen. Es gab die Nachricht. Den Kommentar. Das Interview. Die Analyse, Die Reportage. Die Recherche. Das Essay. Und das Porträt.

Heute gibt es Brei.

Das Porträt gehört zu den anspruchsvollsten Formen des Journalismus. Denn die Ausgangslage ist, dass man einen facettenreichen, oftmals in der Öffentlichkeit stehenden Menschen schriftlich abbilden will. Dahin führen zwei Wege.

Der Königsweg ist, dass man so viel Material wie möglich über diesen Menschen sammelt. Wenn es sich einrichten lässt, ihm auch persönlich begegnet. Meinungen aus seinem Umfeld einholt, wobei man wie üblich solche mit Namensnennung höher gewichtet als anonyme. Und anonyme nur mit Begründung zu-, oder besser noch weglässt.

Dann kommt die Phase des Verdauen. Man sitzt auf einem Berg von Informationsstücken und Stückchen, den man verschlingen, verarbeiten, verdichten und aufbereiten muss. Nach der Richtschnur: das Resultat muss sein, kein wirklichkeitsgetreues Abbild schaffen, denn wer weiss denn schon, was das ist. Aber ein rechtschaffenes, eines, das der porträtierten Person gerecht wird. Das man in der Sicherheit niederschreibt, dieser Person anschliessend weiter in die Augen schauen zu können.

Ein Mensch ist immer mehr als die Summe seiner Teile, seiner Aussagen, seiner Handbewegungen, seiner Mimik, seines Charakters, seiner Positionen, seiner Ansichten. Aus all dem signifikante Elemente herausschälen und sie in eine lesbare Form zu bringen, die den Leser bereichert, informierter als zuvor zurücklässt, mit dem Gefühl: ich glaube, ich habe nun eine grössere Ahnung über diesen Menschen als vor der Lektüre – das ist das grosse Ziel.

Aktuell haben wir zwei Porträts, an denen man den Unterschied zwischen gelungen und übler Schmiere deutlich festmachen kann. Margrit Sprecher porträtiert Alice Weidel. Man kann davon ausgehen, dass Sprecher mit kaum einer der politischen Positionen übereinstimmt, die die AfD und Weidel vertreten. Man kann davon ausgehen, dass viele sie davor gewarnt haben, dieser schrecklichen Rechtspopulistin mit Abgrenzungsproblemen zum braunen Sumpf überhaupt eine Plattform zu bieten, indem Sprecher ein Porträt schreibt.

Sie hat es dennoch getan, und siehe, es ist gelungen. Es ist elegant geschrieben, mit Distanz, aber auch Anteilnahme, die beschriebenen Facetten fügen sich zu einem Mosaik zusammen. Das Porträt wird Weidel gerecht, verurteilt nicht, sondern beschreibt, verdichtet, wählt aus. Muss man können, wenn man’s nicht kann, sollte man es erst gar nicht versuchen.

Dann gibt es Lohnschreiber und Wendehälse wie Daniel Ryser, die kein Problem damit haben, eine Person als Bestandteil eines brandgefährlichen rechten Mediennetzwerks darzustellen – um dann anschliessend für genau diese Person zu schreiben. Darüber muss man weiter kein Wort verlieren – ausser den Ausdruck höchsten Befremdens, wieso Köppel diese Type bei sich schreiben lässt. Aber das fragt man sich bei Tom Kummer ja auch vergeblich.

Und dann gibt es das aktuelle Porträt von Roger Köppel in der WoZ. Ein übles Machwerk, von fünf Köchen zusammengerührt, ein unappetitlich riechender Brei. Schon mit dem ersten Satz wird hier klargestellt, dass es keineswegs um ein Porträt gehen soll. Sondern um eine Hinrichtung: «Manchmal wird die «Weltwoche» für die russische Sicht auch handgreiflich.»

Null Intention, den Motiven und Beweggründen Köppels nachzugehen, was ja durchaus interessant sein könnte. Nein, es ist sonnenklar, dass die geballte Recherchierkraft darauf verwendet wurde, möglichst viele Mosaiksteine zu finden, die Köppel möglichst schlecht aussehen lassen.

Nun gibt es bei dem Mann vieles zu kritisieren, und auch ZACKBUM tut das innerhalb sowie ausserhalb der «Weltwoche» nach Kräften. Aber das macht ihn nicht restlos aus. Was ist also von einem Porträttext zu halten, den man auch in einem Satz hätte abhandeln können: Köppel ist ein russlandfreundlicher und von Despoten faszinierter Rechtspopulist und Demagoge mit völlig selektiver Wahrnehmung der Realität.

Das mag man so sehen, und Köppel bietet genügend Anlass für diese Sicht. Aber das ist kein Porträt Köppels, das ist eine Karikatur. Ein Pamphlet. Eine ideologische Kampfschrift. Das ist, Gipfel der Absurdität, das tun, was man Köppel vorwirft. Die Autoren sind offensichtlich zu blöd, diesen schreienden Widerspruch zu bemerken.

Nein, sie sind vielleicht nicht zu blöd. Aber ideologisch zu verbohrt, unfähig, die Realität (und den Menschen) bunt, widersprüchlich, komplex wahrzunehmen. Sie brauchen Schwarzweiss, Holzschnitt, Holzhammer.

Sie merken nicht, dass ausserhalb ihrer kleinen Gesinnungsblase so eine Schmiere ihren Zweck völlig verfehlt. Niemand wird dadurch bereichert, niemand lernt etwas. Nur Gleichdenkende fühlen sich durch diese Rückkoppelung in der Echokammer der eigenen Gesinnung bestätigt.

Das ist dermassen lähmend langweilig, aschgrau, unerträglich flach und dumm. Wäre diese Fünferbande nicht völlig beratungsresistent, müsste man ihnen sagen: Porträt schreiben wollen. Thema verfehlt. Inhalt ungenügend. Formal mangelhaft. Eins, setzen, nochmal versuchen. Oder noch besser: sein lassen, einen anständigen Beruf suchen.

Oder sich bei der «Weltwoche» bewerben. Aber bitte für Buchhaltung, Archiv und Sekretariat, ja nicht als Journalist.

WoZ potz

Die linke Wochenzeitung knöpft sich Roger Köppel vor.

Gleich fünf WoZler haben ihre Kräfte zusammengelegt, um der «weissen Krähe» die Federn auszurupfen. Kaspar Surber, Renato Beck, Daria Wild, Anna Jikhareva und Jan Jirát – allesamt selbst nicht unbeschriebene Blätter – machen genau das, was sie ihrem Hassobjekt vorwerfen. Sie berichten einseitig, verdrängen alles von der Realität, was ihnen nicht passt.

Denn genauso wenig, wie man in der «Weltwoche» kaum ein schlechtes Wort über Donald Trump oder Wladimir Putin hört, darf man in der WoZ ein ausgewogenes oder zumindest nicht ideologisch durchtränktes Porträt von Roger Köppel erwarten.

Passgenau zu dessen ersten Auftritt an der Albisgüetli-Tagung der SVP regnen hier 34’500 Anschläge auf ihn nieder. Schon die Einleitung kann man zumindest als launig bezeichnen: «Manchmal wird die «Weltwoche» für die russische Sicht auch handgreiflich.» Dann muss das Autorenteam dieser starken Ansage hinterherrennen. Angeblich soll ein WeWo-Redaktor auf dem Bürgenstock sich bei der Schluss-Pressekonferenz durch einen «veritablen Bodycheck» in Besitz des Mikrophons für die letzte Frage gesetzt haben.

Leidtragender soll Oberst Georg Häsler gewesen sein, was die Verteidigungsbereitschaft der NZZ-Kriegsgurgel in einem ganz schlechten Licht erscheinen lässt. Aber das soll nur das Schmiermittel sein, um mit Anlauf einen Bodycheck nach dem anderen bei Köppel zu landen.

Auch hier wird zuerst eine These rausgehauen, der man dann hinterherrennt; «der Chefredaktor, Verleger und Inhaber Roger Köppel» habe sich «in den letzten Jahren überhaupt auf die Seite des russischen Aggressors geschlagen und» huldige «unverhohlen Machthaber Wladimir Putin».

Nun geben die tapferen Fünf Kunde, mit welchem Todesmut sie ihre Recherche betrieben hätten: «Die Entwicklung des Blattes ist ein Tabu der Schweizer Mediengegenwart. Alle wissen um die Radikalisierung, viele finden sie gefährlich, trotzdem gab es nur vereinzelte Berichte zu den Hintergründen

Die letzten Berichte, nebenbei, stammten von Daniel Ryser, dem ehemaligen Mitarbeiter der WoZ und dann der «Republik». Der arbeitet inzwischen fröhlich für sein ehemaliges Hassobjekt Köppel. Kann also die WeWo nach diesem Artikel mit dem Zuzug von fünf neuen Schreibkräften rechnen?

Denn schliesslich sind das Mutbolzen; im Gegensatz zu einem feigen SVP-Nationalrat, der ängstlich behaupte, er habe die WeWo gar nicht abonniert. «Um dann später im Bundeshausbistro angeschlichen zu kommen und sich über die Furcht in der Fraktion vor der Disziplinierung durch die Zeitschrift zu beklagen.»

Das eint Schmierenjournalisten wie Ryser und dieses Fünferkollektiv: es wird ausschliesslich mit anonymen Quellen gearbeitet: «Beispielhaft auch ein medialer Weggefährte, der sich entsetzt zeigt über Köppels Entwicklung, aber nicht einmal diese Aussage namentlich autorisieren will.» Was die Frage offenlässt, ob es diesen Weggefährten überhaupt gibt und ob er das gesagt hat.

Soll man die Herleitung von Köppels angeblicher Huldigung Putins und seiner Vorliebe für düstere Gestalten wie Orbán, Vucic oder Schröder nacherzählen? Eigentlich nicht, dafür ist es zu blöd, zu wolkig, findet im Freiraum des Erfundenen und nicht Belegten statt.

Natürlich werden Äusserungen von Köppel selbst zitiert, die fragwürdig, teilweise bescheuert und seinem Drang geschuldet sind, prinzipiell gegen den Strom zu schwimmen und das Gegenteil davon zu vertreten, ohne dass Sachkenntnis hinderlich im Weg stünde.

Das geht hin bis zu Absurditäten wie der Beschreibung, wie blitzsauber doch Moskau sei, «funkelnd», was für ein Kontrast zu den versiften westlichen Großstädten wie Berlin. Dass ihn Putins rustikal zur Schau getragene Männlichkeit fasziniert, auch daran lässt Köppel keinen Zweifel. Aber immerhin, was die WoZ natürlich nicht erwähnt, indem die WeWo das Interview von Tucker Carlson mit Putin vollständig vorlegt, kann sich jeder überzeugen, dass der Kremlherrscher sich in unendlichen Monologen durch ein krudes Geschichtsbild mäandert und überhaupt den Eindruck eines Herrschers macht, dem niemand zu widersprechen wagt, obwohl er für die grösste aussenpolitische und militärische Katastrophe Russlands seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verantwortlich ist.

Die Darstellung der WoZ, wieso Köppel hingegen dem russischen Unternehmer Melnichenko breiten Raum für ein Interview einräumte, ist reiner Schwachsinn. Die Fünferbande schafft es tatsächlich, den Inhalt des Gesprächs vollkommen auszublenden. Obwohl der durchaus interessant ist.

Gegen Schluss ihrer Suada müssen sie sich noch etwas steigern, also werden sie ungehemmt demagogisch: «Diesen Freitag soll Köppels Geraune vom «Kolonialvertrag» der Schweiz im Zürcher Albisgüetli zu hören sein». Ohne ein Wort davon gehört zu haben, ist es Geraune. Was für ein armseliger Journalismus.

Natürlich kann auch der Gottseibeiuns von Herrliberg nicht ungeschoren davonkommen, denn der wagt es doch tatsächlich, Köppel zu verteidigen. Also auf ihn: «Es sei immer Köppers Anliegen gewesen, auch den Angegriffenen einen Verteidiger zu geben, säuselt er. Und meint damit nicht die Ukrainer:innen, die im Schlaf von russischen Raketen getötet werden.»

Der eine raunt, der andere säuselt, und Christoph Blocher werden dann noch Ukrainer, die im Schlaf von Russen getötet werden, in die Fresse gehauen.

Das ist nun übelster Fertigmacherjournalismus, der für Schenkelklopfer bei der Gesinnungsmittäterschaft sorgen will, die sich nicht einkriegt vor begeisterter Zustimmung. Geht noch einer? Aber ja, denn es braucht doch noch die Schlusspointe. Also komm heraus, du bist umzingelt:

«Blocher versichert: «Roger Köppel steht auf dem Boden der Partei.» Fragt sich nur, auf welchem Grund eine Partei mit einem solchen Festredner steht.»

Im braunen Sumpf? In Putins Welt? Im Lager der Befürworter, dass Ukrainer im Schlaf getötet werden? Man weiss es nicht. Man weiss aber, auf welchem Grund eine Zeitung steht mit solchen Journalisten. Mitten im Treibsand der Gesinnungsschreiberei, wo das Urteil über den Porträtierten schon feststeht, bevor der erste Buchstabe getöckelt wird. Wo es nicht um Wahrheit- oder Wirklichkeitssuche geht, sondern um das Zusammenstellen von Wirklichkeitsfetzen, die die anfängliche These belegen sollen. Alles, was der widersprechen würde, kommt weg. In den Abfall.

Wahrer Abfalljournalismus.

Wie blöd darf eine Karikatur sein?

Grenzenlos blöd natürlich. Sonst hätten wir keine Meinungsfreiheit.

Das ist ein nötiges Bildzitat:

Damit erfreut die WoZ ihre Leserschaft. Allerdings hat sich im Titel ein kleiner Wortdreher eingeschlichen. Es müsste natürlich «links unten», besser «ganz unten» heissen.

Schauen wir doch genauer hin. Links sieht man, wohl als Vorwegnahme der Zukunft, einen schwarzen Block, der aus den USA, Kanada und Grönland besteht, dazu auch Mexiko und Zentralamerika umfasst. Gebrandmarkt ist er mit dem Buchstaben X, der wohl für die Plattform stehen soll. Rechts sieht man einen schwarzen Block, der Russland, Weissrussland und eine übergrosse Krim samt einem Teil der Ukraine umfasst. Offenbar auch ein Blick in die Zukunft.

Hier prangt ein grosses Z, was offenbar auch auf russischem Kriegsmaterial steht, wovon aber bis heute niemand so genau weiss, was das eigentlich bedeuten soll.

So weit, so unklar.

Mit den Füssen auf der Schweiz und Österreich steht in der Mitte ein weisses (!) Männchen (!), das entweder ein Flugzeug einwinkt oder die Arme hilflos in die Luft streckt. Seine Sprechblase sagt «Yell!». Für des Englischen nicht Mächtige: das heisst Schrei.

Europa ist hier so grün gemalt wie Lateinamerika, Afrika und der Nahe sowie der Ferne Osten. Soll das andeuten, dass hier zusammenwachsen sollte, was nicht zusammengehört?

Auf jeden Fall ist der Leser offensichtlich noch nicht genügend verunsichert, daher gibt es auch noch eine Schlagzeile: «Am Ende des Lateins». Nun würde schreien auf Latein tatsächlich clamore heissen, womit erwiesen wäre, dass der Schreier kein Latein kann. Dafür aber auch kein Deutsch.

Und wieso er denn am Ende seines Lateins sein soll: um das zu verstehen, braucht es offensichtlich den grossen Kopf eines Karikaturisten wie Ruedi Widmer. Der durchschnittlich-dumme Leser versteht hier überhaupt nichts.

New year, good night

Was soll bei den Medien 2025 besser werden? Nichts. Schlechter? Alles.

Zunächst verweist ZACKBUM Leser, die unserer Ankündigung vertrauten, auf die gestrigen Artikel. Wir konnten uns eben doch nicht ganz beherrschen, wie ein weiser Kommentator schon am 20. Dezember vorhersah.

Also unbedingt nachlesen, es lohnt sich.

Es ist nicht persönlich gemeint, aber das neue Jahr begann mit einer Beförderung, in der sich alles Elend kristallisiert, das den modernen Mainstream-Journalismus immer ungeniessbarer macht. Dass der Gesinnungsschreiber, Schmierenjournalist und Diffamierer Andreas Tobler bei Tamedia Karriere macht – statt mehrfach abgemahnt und schliesslich entlassen zu werden –, das kann nur als Ansage der leitenden Nasen (und Näsinnen) verstanden werden:

Ihr verbleibenden Redaktoren, wollt Ihr nicht endlich aufgeben und Euch verpissen? Und Ihr verbleibenden zahlenden Leser, wollt Ihr nicht endlich das Portemonnaie geschlossen halten und Euch trollen?

Dann nämlich hätte Pietro Supino sein grosses Ziel erreicht: weg mit Ballast. Weg mit der Publizistik, die niemals mehr die Profitrate erreichen kann, die der gierige Coninx-Clan sich wünscht. Zuerst Exitus mit Sterbehilfe des Tamedia-Kopfsalats. Dann noch «20 Minuten» hinterher.

Typen wie Tobler können versuchen, bei der «Republik» unterzukommen; die WoZ, so ist zu hoffen, würde ihn nicht nehmen. Andere müssten versuchen, sich irgendwo im linken, staatssubventionierten NGO-Sumpf ein warmes Plätzchen zu suchen. Die Leitungsetage ohne Leistung müsste allerdings dem Vorbild von Kerstin Hasse nacheifern: offen für Neues. Sehr offen.

Einige verdiente Kämpfer könnten sich in die Frühfrühpensionierung flüchten, um endlich ihr Magengeschwür und Alkoholproblem auszukurieren, das sie sich beim Ertragen solch geballter Inkompetenz ganz oben zugelegt haben.

Die wenigen verbliebenen Journalisten, die noch einen graden Satz schreiben, ein Interview führen oder einen Sachverhalt recherchieren können, nun, für die wird es auch schwierig. Die «Weltwoche» ist nicht jedermanns Sache, die NZZ heuert auch nicht unbedingt ganze Crews an, alle leitenden Positionen – mit Ausnahme der NZZaS – sind kompetent besetzt. Die Zwangsgebührensender müssen sparen (und machen es vielleicht diesmal auch wirklich).

Also wohin? CH Media pflegt den Brauch, nach dem Rausschmeissen ist vor dem Rausschmeissen, und die Herrscher des Wanner-Clans bieten nicht gerade Gewähr, dass es dem Medienhaus in Zukunft nicht schlechter, sondern besser ginge. Und sonst? Bei Lebruments geht es ähnlich wie bei Wanners zu, Radio Lora ist auch nicht die Alternative. Sagt da einer Ringier? Sie Scherzkeks, Sie.

Abserbelnde oder vor sich hin keuchende Organe wie «bajour», «Hauptstadt», «Saiten»? Wer sinnlose Selbstausbeutung ohne Zukunft liebt, wohlan.

Was bleibt? Als nächster Journalist herausfinden, dass Corporate Communication oder Werbung etwas ganz anderes ist als Newstexte verfassen? Oder vielleicht, Beziehungen vorausgesetzt, in die sich weiter aufblähende Bundesverwaltung flüchten? Also den Pascal Hollenstein machen? Kann man versuchen.

Dazu ist auch nicht jeder geboren, aber eine Chance besteht noch: selber. Selbständig. Vertrauen auf das gute, alte kapitalistische Prinzip: ein gutes Angebot findet immer Nachfrage. Eine geldwerte Leistung wird immer bezahlt. Schon mal an substack gedacht? Oder ein eigenes Radio? Muss ja nicht UKW sein, funktioniert im Internet tadellos.

Ach, ZACKBUM? Gerne, wir nehmen immer Gastbeiträge. Unter zwei Voraussetzungen: gut und gratis.

Allerdings: dafür muss man den Finger aus einer dafür nicht vorgesehenen Körperöffnung nehmen. Und: dä Gschwinder isch dä Geschnäller. Wer Toblers Beförderung nicht als Menetekel sieht und sofort handelt, wird dann irgendwann abgewickelt. Und das ist nicht schön.

Oder wie der Ex-Tagi-Kulturjournalist Hans Jürg Zinsli mit feiner Anspielung auf einen tollen Film sagt: «good night and … good night». Besser kann man das nach einem Blick aufs neue Tagi-Impressum nicht formulieren.

Wer hat Angst vor Milei?

Die NZZ zeigt mal wieder, was Journalismus ist.

Der argentinische Präsident Javier Milei? «Bricht mit allen Regeln der Diplomatie, um eine rechtsextreme Internationale aufzubauen» (WoZ), «demonstriert wurde gegen ein umstrittenes Reformpaket der ultraliberalen Regierung» (SRF), «Diese Woche brannten mal wieder die Straßen von Buenos Aires. Dabei trat Argentiniens Präsident Javier Milei vor einem halben Jahr mit dem Versprechen an, das Land zu goldenen Zeiten zurückzuführen» («Süddeutsche Zeitung»).

Lateinamerikas Trump, Kettensägen-Präsident, Ultra-Liberaler, Anarcho-Kapitalist, selbst seine Frisur war Anlass zu launigen Bemerkungen in der Mainstreampresse. Thomas Fuster resümiert in der NZZ: «Noch vor einem Jahr schwankte der europäische Blick auf Javier Milei zwischen Belustigung und Entsetzen.» Wobei doch das Entsetzen überwog.

Denn das Problem war und ist: sollte Milei mit seiner Radikalkur gegen alles, was dem woken Gutmenschen lieb und teuer ist, Erfolg haben, dann sind mal wieder alle Illusionen eines solidarischen, sich verschuldenden Sozialstaats in Lateinamerika geplatzt. Die waren in Argentinien selbst für den härtesten Linken schon vorher am Ende. Zu offenkundig korrupt und unfähig richtete der Kirchner-Clan das Land zugrunde. Präsidentin Kirchner versuchte noch vergeblich, mit Kampftiraden gegen Geierfonds zu verhindern, dass Argentinien endlich einmal seinen Versprechungen nachkommen musste, seine Schulden auch wirklich zu bezahlen. Vergeblich, der nächste Staatsbankrott war fällig.

Und nun das, wie Futer Zwischenbilanz nach einem Jahr Milei zieht: «Er hat die Staatsausgaben real um fast einen Drittel gesenkt, die Zahl der Ministerien halbiert, Bürokratie abgebaut und dringend benötigte Devisen zurück ins Land geholt. Mit disziplinierter Finanzpolitik ist es ihm gelungen, dass der Staat wieder Primärüberschüsse ausweist; ohne den Schuldendienst übersteigen die Einnahmen somit die Ausgaben

Es ist eine nötige Rosskur eines Landes, das jahrzehntelang über seine Verhältnisse gelebt hat und dabei gigantische Schuldenberge auftürmte: «Die Reformen beginnen zu greifen, wobei der Bevölkerung grosse Opfer abverlangt werden. Argentinien durchleidet eine schwere Rezession. Die Armutsquote steigt. Und im öffentlichen Sektor, der von den Peronisten zuvor stark aufgebläht worden war, sind schon Zehntausende von Stellen gestrichen worden

Dennoch – oder vielleicht deswegen – ist die Popularität Mileis in der Bevölkerung ungebrochen hoch, zum Leidwesen aller, die in ihm ein politisches Feindbild par excellence sehen. Dazu schreibt Futer richtig:

«Diese Popularität wird oft mit Populismus verwechselt. Doch wenn ein Populist ein Politiker ist, der den Leuten nach dem Mund redet, ihnen das Blaue vom Himmel verspricht und Probleme verharmlost, dann ist Milei der Anti-Populist. Er hat dem Wahlvolk nichts versprochen ausser Blut, Schweiss und Tränen. Er sagt: «No hay plata» – da ist kein Geld. Nach Jahrzehnten der Misswirtschaft gibt es nichts mehr zu verteilen.»

Nicht einmal zu dieser einfachen und logischen Einsicht sind die meisten übrigen Analysten, Lateinamerikaspezialisten und Rechthaber in der Lage, die die Welt so hinschreiben wollen, wie sie ihnen in den Kram passt.

Auch die Gleichsetzung von Trump und Milei ist gugus, hält Futer fest: «Der Argentinier wehrt sich gegen fast alles, was der Amerikaner will: Zölle, Protektionismus, Subventionen für die Industrie. Milei fordert vielmehr Freihandel, Wettbewerb, Austerität. Dass dies kurzfristig unbequemer ist als staatliche Rundumversorgung, verheimlicht er nicht.»

Also Operation in vollem Gange, der Patient leidet, stirbt aber nicht. Will man das auf Europa übertragen, dann wäre zum Beispiel im zweitgrössten EU-Staat Frankreich mit seiner gigantischen Staatsverschuldung von über 3,3 Billionen Euro eine ähnliche Rosskur dringend nötig. Oder in Italien. Oder in Griechenland. Oder langsam sogar auch in Deutschland.

Aber das wird nicht geschehen. Vielleicht schon deswegen, weil es an einer charismatischen Figur wie Milei fehlt, der seine Exzentrik durchaus als Propagandawaffe einsetzt.

Aber wer dem Stimmbürger Rentenerhöhungen, mehr Sozialleistungen, Ausbau staatlicher Dienstleistungen und Ähnliches verspricht, das Ganze – wenn er überhaupt davon spricht – über ungehemmtes Schuldenmacher finanzieren will, der sammelt in Europa immer noch mehr Wählerstimmen als einer, der bittere Wahrheiten verkündet.

In der Schweiz hält ein SP-Co-Präsident eine 12-Millionen-Schweiz für «machbar», ist stolz über das Bodigen des Ausbaus der Infratstruktur, schimpft über Singapur, ohne von dem Stadtstaat die geringste Ahnung zu haben, und fantasiert, dass die Schweiz doch die Schuldenbremse über Bord werfen könnte und sich doppelt so hoch wie aktuell verschulden, damit seien dann fast alle Probleme gelöst.

Höchstwahrscheinlich sind also Traumtänzer wie Cédric Wermuth eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil sie ungedeckte Checks auf Kosten der nächsten Generationen einlösen wollen. Und Liberale wie Milei ein Hoffnungsschimmer.

Auch das muss nicht so sein; ein Jahr ist eine zu kurze Zeit, um zu beurteilen, ob er mit seiner Radikalkur Erfolg haben wird – oder ob er mit Schimpf und Schande von einer gequälten Bevölkerung aus dem Amt gejagt wird. Das eigentliche Trauerspiel ist aber mal wieder die Berichterstattung über ihn, die dem Leser null Nahrung gibt, um sich selbst ein Bild über die Politik und die Erfolge Mileis zu machen. Daher ein dickes Lob an Futer und die NZZ.

 

 

Darüber müsste selbst Seibt lachen

Er steht auf unserer Shitlist. Aber es gibt so wenig zum Grinsen heutzutage.

Es ist stärker als ZACKBUM. Wir versuchen krampfhaft, den Blick abzuwenden. Aber wie ein Magnet zieht ihn eine Schlagzeile an, die einfach brüllend komisch ist. Selbst Buster Keaton würde es nicht gelingen, mit unbewegter Miene darauf zu blicken.

Man liest, die Mundwinkel wandern unbeherrschbar nach oben und aussen. Zuerst verschafft sich ein leises Kichern Bahn, und dann wird’s unkontrollierbar. «Die alte Macht der Männer ist zurück». Boah, ey. War sie denn jemals weg? Und wenn sie zurück ist, ist sie dann weiterhin die alte Macht – oder eine neue alte? Prust. Auch daran ist Trump schuld. Gröl. «Auch Europa und die Schweiz kennen den Trend». Kicher, hier beginnt sogar die Sprache zu holpern, als Verstärkung des Lacheffekts. Und hier gerät sie völlig ausser sich: «Seine Folgen: potenziell schwer». Potenziell, schenkelklopf. Schwer, tränenabwisch. Spätestens hier winselt der Leser um Gnade und wälzt sich am Boden, mit Seitenstechen und Schnappatmung.

Das ist von dermassen strahlender, unverstellter Dummheit, wie man es nicht bei der «Republik», nicht bei der WoZ, nirgendwo sonst antrifft.

So platzt das Lachen heraus. Unkontrollierbar. Man liest die wenigen Wörter im Titel und im Lead. Und man weiss: mehr hält das Zwerchfell nicht aus.

Man wundert sich, wie so etwas entstehen kann. Da weiss KI Rat:

Der erste Schritt beim Lachen ist das Verarbeiten eines Reizes, z. B. eines Witzes, einer lustigen Situation oder einer absurden Begebenheit. Der präfrontale Kortex und das limbische System (insbesondere die Amygdala und der Hypothalamus) sind entscheidend, um humorvolle Inhalte zu bewerten.

Dann erfolgt Muskelaktivierung, der Herzschlag beschleunigt sich, die Atmung verändert sich und: Lachen führt zur Freisetzung von Endorphinen, Dopamin und Serotonin, die die Stimmung heben und ein Gefühl des Wohlbefindens erzeugen.

Und schliesslich: Lachen hilft, Stress abzubauen und Spannungen zu lösen.

Danke, Philipp Loser, danke. Mike Arschloch») Müller, der einzige Mensch, der Dick und Doof als Solist spielen kann, war gestern. Hier und heute kommt der neue Comedystar. Damit ist auch das Humorproblem von SRF gelöst. Late Night mit Loser. Der Aufwand ist absolut überschaubar. Er liest einfach aus eigenen Werken. Und wenn man nachts das Fenster aufmacht, hört man in der ganzen Schweiz Gekicher, Gelächter, Gegröle.

Das ist genau das, was die Seele in diesen schlimmen Zeiten braucht. Erholung und Labsal. ZACKBUM nimmt alles zurück, was wir jemals gegen diesen Giftzwerg gesagt haben. Völlig falsche Einschätzung. In Wirklichkeit ist er die grosse weisse Hoffnung der Schweiz, endlich einmal wieder eine befreiende Humorsendung hinzukriegen.

Was für ein Spassvogel. Harlekin. Pausenclown. Schalk. Schelm. Witzling. Scherzkeks. Spasskanone. Witzbold. Auch eine Witzfigur, ein dummer August, ein Hanswurst, eine Lachplatte, Witzblattfigur, ein Tünnes.

Hui. ZACKBUM wischt sich die Lachtränen ab, versucht an sich zu halten und bricht wieder in konvulsivisches Gelächter aus. Meiner Treu, was für ein Labsal.

Die WoZ spinnt

Früher hatte sie mal ein Gefäss «Die Welt spinnt». Das hat sie ersetzt.

Dass die absehbare Wiederwahl von Donald Trump bei vielen Linken zu Schnappatmung und Gehirnvereisung führte, ist bedauerlich und bekannt. Aber richtig traurig ist, dass die sonst durchaus lesbare und zurechnungsfähige WoZ (das erfolgreiche Gegenmodell zur «Republik», zudem wurde noch nie mit Selbstmord gedroht) schäumt und tobt, dass es eine Unart ist.

Da wäre mal der Leid-, Pardon. Leitartikel von Lukas Hermsmeier. Der sieht Armageddon heraufziehen:

«Das Land wird demnach ab Januar von einer faschistoiden Partei kontrolliert, die sich offen gegen demokratische Prinzipien stellt, Gewalt verherrlicht, den Klimawandel leugnet, Minderheiten dämonisiert, politische Gegner:innen kriminalisiert, Überreiche protegiert, Millionen Immigrant:innen abschieben sowie Sozialstandards und die öffentliche Gesundheitsversorgung abbauen will.»

Beim Machtantritt Hitlers hätte er wohl keine stärkeren Worte gefunden. Aber Hermsmeier bejammert nicht nur die Fehlentscheidung der US-Wähler. Er ist auch ganz schwach auf der Brust, wenn es darum ginge zu erklären, wieso denn eine Mehrheit Trump gewählt hat. Sind das also nun auch alles Faschisten? Oder sind sie mindestens faschistoid? Um diese logische Schlussfolgerung seines Gewäffels drückt er sich.

Aber er scheut sich immerhin nicht, Handlungsanweisungen für die Zukunft zu geben: «Die Herausforderung für alle linken Kräfte wird darin liegen, Basisarbeit fortzuführen und gerade in den ersten Trump-Monaten antifaschistisch parat zu stehen

Hm, Basisarbeit ist immer gut, auch wenn es gar keine Basis gibt. Aber was heisst «antifaschistisch parat stehen»? Soll das eine verklausulierte Aufforderung zu Protest, Widerstand, Gewalt sein? Oder ist es einfach eine leere Quatschansage?

Dann hätten wir noch die altgediente Lotta (eigentlich Lieselotte) Suter aus Vermont: «Seit Jahrzehnten bin ich für die WOZ mit dabei, wenn die Resultate der Präsidentschaftswahl in den US-Medien live präsentiert und kommentiert werden.»

Auch sie muss Hilfe bei der Psychologie suchen und rhabarbert um den Begriff Doublebind herum, ohne ihn wirklich zu verstehen. Aber macht ja nix, ihr geht es mehr darum: «Beschäftigen wir uns als Wählende oder Medienleute mit traditionellen politischen Themen wie Ökonomie, Migration, Umweltschutz oder dem Recht der Frauen auf den eigenen Bauch, vernachlässigen wir womöglich die faschistische Bedrohung durch Donald Trump und die ihm hörige republikanische Partei.»

Sie ist eine echte Dialektikerin: «Richten wir das Augenmerk auf die immer kruderen rassistischen und sexistischen Gewaltfantasien der Maga-Bewegung, verlieren wir die real existierende Gewalt in den USA, in der Ukraine und im Nahen Osten aus dem Blick.»

Auch sie muss grimmig eingestehen: «Lieber ein weisser Macho als eine erste und erst noch Schwarze Madam President.»

Aber immerhin, im Gegensatz zum Leitartikler versucht Suter wenigstens, eine Erklärung herbeizuzerren, wieso denn so verdammt viele dumme Amis Trump gewählt haben:

«2024 ist aber nicht zuletzt auch eine Hasswahl. Donald Trump hat Millionen von US-Bürger:innen mit fremdenfeindlicher, rassistischer und sexistischer Missinformation so aufgehetzt, dass ihnen mit der Zeit wichtiger war, wie hart die verleumdeten «anderen» (Menschen mit Migrationshintergrund, erfolgreiche Frauen, trans Personen …) bestraft werden, als was ihr eigenes Leben besser macht. Donald Trumps erfolgreichster Slogan war: «I am your retribution» (Ich bin eure Rache und Vergeltung).»

Also muss man mildernde Umstände gelten lassen. Die Trump-Wähler sind einfach so aufgehetzt, dass sie im Delirium Trump gewählt haben. In einem normalen Geisteszustand wäre ihnen das nie passiert.

Aber da Suter überhaupt nicht aufgehetzt ist, hat sie den klaren Durchblick. Oder doch nicht: «Erschreckend ist die Wahl 2024 aber nicht bloss, weil nun ein Möchtegernautokrat an die Macht kommt, sondern auch dessentwegen, was wir dabei über den Zustand der US-amerikanischen Gesellschaft in diesem Moment gelernt haben. Mehr als die Hälfte der Menschen haben Trumps düstere Prophezeiungen akzeptiert und auf den starken Mann als Retter gesetzt.»

Also, ein faschistoider Möchtegernautokrat. Geht da noch einer? Aber klar, dafür sorgen noch Kaspar Surber und Lukas Tobler. Auch sie lassen schon im ersten Satz keinen Zweifel an ihrer Haltung: «Grössenwahn war schon immer Teil seines Programms.»

Aber dagegen stellen sie mutig, denn auch sie können pfeifen im Wald, «einige linke Erfolge». Wow, das muss irgendwie untergegangen sein. Worin bestehen denn die? «Bernie Sanders, der sozialistische Senator aus Vermont, sicherte sich eine vierte Amtszeit. Im Repräsentantenhaus konnten alle vier Mitglieder der sogenannten Squad, der Linksaussen-Splittergruppe der Demokrat:innen, ihre Sitze problemlos verteidigen

Als wären das nicht der Triumphe genug; nun sitzen doch erstmals zwei schwarze Frauen gleichzeitig im Senat. Und noch besser: «Mit Sarah McBride zieht die erste trans Frau ins Repräsentantenhaus ein.»

Also eigentlich sind die USA noch nicht ganz verloren. Aber diese Vierertruppe wird genau verfolgen, ob und wann der Umschlag ins autokratisch Faschistische erfolgt.

Und dann «antifaschistisch parat stehen». Mit der Tastatur in der gereckten antifaschistische Faust.

 

Fauler Zahlenzauber

Wie viele Entlassungen gibt es nun bei Tamedia?

Es ist sicherlich der heikelste und sensibelste Aspekt der verunglückten neuen Strategie, die eine sichtlich überforderte CEO Jessica Peppel-Schulz zusammen mt der publizistischen Leiter nach unten Simon Bärtschi ausgeheckt hat.

Überforderung zeigt sich häufig in Ruppigkeit. So erfuhren die Redaktoren des «Züritipp» zeitgleich mit der Öffentlichkeit, dass ihr Magazin – entgegen anderslautenden Behauptungen – eingestellt wird.

Während inzwischen mehr als 300 Kommentarschreiber gegen das verunglückte Redesign toben (form follows function, schrieb einer ironisch, Weissraum steht für Inhaltsleere), hat es keiner der Entscheidungsträger bislang über sich gebracht, dazu etwas zu sagen. Offensichtlich gilt das Prinzip von Supino abwärts: Augen zu und durch, die regen sich dann schon wieder ab.

Abr zum wahren Tollhaus wird die Übung durch den Zahlensalat, wie viele Kündigungen es denn nun gibt – und wer über die Klinge springen muss. Letzteres ist immer noch nicht bekannt, also darf jeder Redaktor weiter an den Fingernägeln knabbern.

Zunächst war die Rede von 90 mal Rausschmiss, ein gewaltiger Aderlass, ein wahres Massaker. Bedauerlich, aber unvermeidlich. Dann, Wunder gibt es immer wieder, sei nur 55 mal Feuern nötig. Sozusagen eine gute Nachricht, in Wirklichkeit eine Bankrotterklärung.

Aber die geht noch weiter. 55? Ach was, April, April im Oktober, es seien dann nur ganze 17 Vollzeitstellen. Das sind noch rund 16 Prozent der ursprünglichen Zahl. Ein Desaster.

Nun muss auch diese Zahl korrigiert werden: «Wie sich auf Nachfrage der WOZ nun herausstellt, ist dies nicht korrekt. Tatsächlich streicht Tamedia 17 Vollzeitstellen, die Anzahl der Kündigungen ist mit 25 deutlich höher.»

Zudem fährt das Blatt fort: «Offenkundig sehen viele Journalist:innen auf den Redaktionen von Tamedia – darunter gerade hochqualifizierte, wie mehrere Quellen unabhängig voneinander bestätigen – keine erträgliche Perspektive mehr im Unternehmen. Die Unsicherheit in der Belegschaft sei riesig. Die Geschäftsleitung will das nicht wahrhaben.»

Besonders bemängelt wird der schnoddrige Umgangston, eine zynische Begriffswahl und völlig abgehobene Aussagen der CEO wie: «Das Interesse am angebotenen Freiwilligenprogramm und die Solidarität haben uns überwältigt.»

In Wirklichkeit, wie auch ZACKBUM aus verschiedenen Quellen weiss, teilt sich die Redaktion schlichtweg in zwei Gruppen. Die eine, die noch Chancen auf dem freien Markt sieht und nix wie weg will. Und die andere, die sich keine Hoffnung macht und unbedingt auf ihrem Stuhl sitzenbleiben will. Beide Gruppen sind völlig demotiviert und versuchen, mit Dienst nach Vorschrift über die Runden zu kommen. Und ja nicht aufzufallen.

So traut sich auch intern keiner, das verunglückte Redesign, gegen das der Leser Sturm läuft, auch nur leise zu kritisieren. Dabei ist es offenkundig, dass es unbrauchbarer Schrott ist. Eine misslungene Kopie der NZZ, hergestellt von Inkompetenten, umgesetzt von Programmierern, die einfach Anordnungen ausführen – und begleitet von so vielen Chefs und Häuptlingen und ahnungslosen Wichtigtuern, dass kein strukturiertes Arbeiten möglich war.

Fast 40 Nasen sollen an diesem Absturz beteiligt gewesen sein. Das bedeutet: keiner ist schuld, keiner fühlt sich verantwortlich, für jeden gilt: SOS, save your own ass.

Dementsprechend ist auch das Dargebotene im Kopfblättersalat. Tragisch dabei, dass Tamedia immer noch mehr als eine Million Leser damit quält. Oder wie heisst es so schön im Slogan: «Tamedia. Mehr als die nächste Schlagzeile.» Das ist leider wahr.

 

Schlaue linke «WochenZeitung»

Der Presserat lässt sich an der Nase herumführen.

Von Thomas Baumann*
SRF-Moderator Sascha Ruefer habe sich über den Fussballspieler Granit Xhaka doch rassistisch geäussert, fand der Schweizer Presserat unlängst und wies eine Beschwerde gegen die linke Wochenzeitung WOZ ab.
Zu überraschen vermag das nicht: Die Präsidentin des Presserats — obwohl in diesen Entscheid nicht direkt involviert — ist die WOZ-Journalistin und ehemalige WOZ-Redaktionsleiterin Susan Boos.
Der Satz «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer», den Ruefer gemäss der WOZ «gesagt haben soll», verletzte zwar weder die Antirassismus-Strafnorm, noch werde hier eine Ethnie herabgesetzt, er sei aber dennoch rassistisch, weil hier Ausgrenzung «wegen einer Andersartigkeit» betrieben werde, so der Presserat.
«Blocher: Ein unschweizerisches Phänomen»
Dass der Satz nicht genau so geäussert wurde, spielte dabei für den Presserat keine Rolle. Auch den Hinweis in der Beschwerdeschrift, dass ein Buch des SRF-Journalisten Fredy Gsteiger über Alt-Bundesrat Christoph Blocher den Titel «Blocher: Ein unschweizerisches Phänomen» trägt, ignorierte er tunlichst. Ist ja auch zu blöd, dass dieses angeblich rassistische «Othering» hin und wieder auch gebürtige Schweizer trifft.
Noch etwas anderes macht stutzig: In der Beschwerde wurde unter anderem eine Verletzung des Zwei-Quellen-Prinzips gerügt. Treuherzig versicherte die WOZ in ihrer Beschwerdeantwort, sie hätte durchaus zwei Quellen gehabt: «Beide waren an der Produktion beteiligt und konnten glaubhaft machen, dass sie das Rohmaterial gesichtet haben.»
Zwei angeblich direkt involvierte Quellen und trotzdem kennt die Zeitung den genauen Wortlaut des Satzes nicht. Dass hier etwas faul ist, wäre jedem Redaktor eines Lokalblatt aufgefallen. Nicht jedoch dem Presserat: Dieser fiel voll darauf herein.

*Dieser Artikel erschien zuerst in der «Walliser Zeitung». Mit freundlicher Genehmigung.

Die Gewalt, die sexualisierte

Wenn die WoZ Journalismus über Bord wirft.

Ein Interview ist eine interessante Sache. Ein hoffentlich vorbereiteter Journalist fragt eine Person des öffentlichen Interesses dies und das. Durch die Gesprächssituation entsteht ein lebhafter Dialog, dem der Leser mit Interesse folgen kann.

Das wäre die Theorie.

In der Praxis wird im deutschen Sprachraum etwas getan, wo es jedem angelsächsischen Journalisten den Hut lüpfen würde. Das abgetippte Interview wird zum sogenannten Autorisieren dem Interviewten gegeben. Ursprünglich war die Idee, dass der offensichtliche Versprecher oder Falschaussagen in der Hitze des Gesprächs korrigieren kann.

Heute ist es so, dass das Interview glattgeföhnt wird, ganze Passagen umgeschrieben werden oder gestrichen. Falls nicht schon vorher abgemacht wurde, was ja nicht gefragt werden darf. Damit ist diese interessante Form des Journalismus eigentlich schon auf den Hund gekommen.

Schlimmer wird’s nur noch, wenn sich Interviewer und Interviewter sowieso in den Armen liegen. Also eigentlich nur Stichworte gegeben werden, worauf der Interviewte sich ungebremst aussprechen kann. Das ist dann die langweiligste Form eines Interviews: das Gesinnungsgespräch.

Erkenntnisgewinn für den Leser null; so ein Stück ist so peinlich langweilig, dass den Lesern (und Leserinnen und everybody beyond) zuerst das Gesicht, dann die Füsse und am Schluss das Gehirn einschläft.

Ein besonders abschreckendes Beispiel gelang vor Kurzem der WoZ. Die freie Journalistin Naomi Gregoris interviewte die selbsternannte «Expertin für sexualisierte Gewalt» Agota Lavoyer. Die lässt keine Gelegenheit aus, sich mit grenzwertigen Behauptungen ein paar Sekunden medialer Aufmerksamkeit zu ergattern. Und nun hat sie auch noch ein Buch geschrieben, mit dem Titel «Jede_ Frau. Über eine Gesellschaft, die sexualisierte Gewalt verharmlost und normalisiert».

Über die Gewalt, die der deutschen Sprache hier angetan wird, redet wieder niemand.

Darin hantiert Lavoyer mit den üblichen Worthülsen in diesem Genre. «Victim Blaming», «Täter» seien hauptsächlich «cis-Männer», «Rape Culture», «Dick Pic», und dann die grossen Zahlen, deren Behaftbarkeit niemals validiert wurde:  «Diesen Zahlen zufolge erlebt jede dritte Frau in ihrem Leben einen körperlichen, sexualisierten Übergriff. 97 Prozent der Frauen haben sexuelle Belästigung in Form von Nachrufen und Pfeifen («Catcalling») erlebt» entsetzt sich der Beitrag bei SRF Kultur.

Diesmal werde Lavoyer sogar persönlich, denn: «Aber auch sie sei «Jede_ Frau», der nachgepfiffen wurde, die gestalkt wurde, unangenehm berührt und vergewaltigt wurde.» Wobei nicht ganz klar wird, ob sie sich einfach die Opferrolle leiht oder tatsächlich solche Übergriffe erlebt hat.

Die WoZ geht allerdings noch einen Schritt weiter ins völlig Absurde. Das Interview ist über 10’000 A lang. Aber es gelingt keiner der beiden Beteiligten, zunächst einmal eine Definition des Gummibegriffs «sexualisierte Gewalt» zu geben. Sondern beide gehen davon aus, dass es diese «sexualisierte Gewalt» einfach gebe. Definition: all das, was wir als solche bezeichnen. Oder soll das sogenannte «Catcalling» tatsächlich schon sexualisierte Gewalt sein? Wäre das so, würde ganz Lateinamerika, würden die meisten südlichen Länder Europas, ja sogar einige mehr, vor «sexualisierter Gewalt» nur so brodeln.

Aber es geht noch weiter im Absurden. Das als Frage verkleidete Stichwort: «Ein «blöder» Spruch ist weniger gravierend als eine Vergewaltigung. Sie plädieren dennoch dafür, das Ganze nicht vertikal, sondern horizontal zu sehen: Alle Formen sexualisierter Gewalt seien Teil des gleichen Kontinuums.»

Darauf die Antwort: «Klar gibt es weitaus brutalere sexualisierte Übergriffe als sexistische Sprüche. Doch eine objektive Einordnung sagt nichts darüber aus, wie schlimm die Tat für die betroffene Person war. Eine Hierarchisierung der Taten wertet die Erfahrung der meisten Betroffenen ab, denn meistens war es in den Augen der Gesellschaft nicht «schlimm genug», was wiederum dazu führt, dass so viele schweigen. Es ist wichtig zu verstehen, dass alle Formen sexualisierter Gewalt Teil desselben Problems sind.»

Das Problem bestehe darin, dass Männer zum Beispiel

«eher nicht zur Seite gehen, wenn ihnen jemand auf der Strasse entgegenkommt. Das sind alles Formen der Machtausübung. Im Kleinen werden sie vielleicht als nicht so schlimm wahrgenommen, im Grossen sind sie aber gewaltfördernd.»

ZACKBUM fragt schüchtern zurück: und was ist, wenn eine Frau nicht zur Seite geht? Ist das dann auch Machtausübung? Oder Gegenmachtausübung? Und wenn das schon Machtausübung ist, wo fängt dann die sexualisierte Gewalt an? Wenn ein Mann zwar höflich beiseite tritt, um der Frau den Vortritt zu lassen, ihr dann aber anerkennend nachpfeift, ist das dann nur sexistisch oder schon sexualisierte Gewalt?

Die Absurdität liegt in der Behauptung, dass es auf «die Erfahrung der Betroffenen» ankomme, also auf das subjektive Empfinden. Das öffnet Willkür und Wahnsinn Tür und Tor. Wenn jemand, also natürlich ein cis-Mann, zu einer Frau sagt «elegantes Kleid», dann soll es schlichtweg dem Empfinden der Frau überlassen sein, ob sie das als nettes Kompliment oder als unverschämt-verletzende sexualisierte Gewalt auffasst?

Kann jemand, der einen anderen öffentlich bezichtigt, ihm den Geldbeutel aus der Hosentasche gestohlen zu haben, sich mangels Beweis darauf zurückziehen zu sagen: «Aber ich habe es so empfunden?»

Wenn ZACKBUM daran denkt, dass solche und ähnliche Fragen an Universitäten, an anderen Bildungsstätten und im Kulturbetrieb ernsthaft diskutiert werden, dann ist klar, dass unsere Gesellschaft an fortgeschrittener Dekadenz und Hirnerweichung leidet.