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Männer vergehen

Flugzeiten im Journalismus. Was steckt dahinter?

In letzter Zeit, so viel Klage muss sein, trifft es immer Männer im Journalismus. Manchmal tut ihm das gut, zweifellos. So war die Entfernung der journalistischen Leiter nach unten Pascal Hollenstein bei CH Media zwar ein schwerer Schlag für eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet, denn sie verlor damit ihren Büttel und Lautsprecher. Aber eine sehr gute Nachricht für den Journalismus im Hause CH Media war’s.

Bei Finn Canonica war die offizielle Begründung eher schmalbrüstig. Er wolle sich nochmal einer neuen Herausforderung stellen, hiess es bei seiner Absetzung. Erst durch die Affäre Roshani kam heraus, dass Canonica in Wirklichkeit gefeuert worden war.

Als nächsten erwischte es Arthur Rutishauser. Der war einige Jahre der Capo di tutti i capi bei Tamedia. Irgendwie schaffte er es, rund 12 Blätter im Griff zu behalten und parallel dazu einen schreiberischen Output zu leisten, bei dem es jedem Schnarch-Journi der «Republik» ganz anders würde. Und zack, in einer natürlich schon ganz lange geplanten Umstellung wurde er als Bauernopfer zum SoZ-Chefredaktor geschrumpft.

Zwei weitere Mitglieder der Chefredaktion, wie der Name schon sagt Männer, wurden gleich vollständig entsorgt, ohne dass ein Hahn danach krähte. Erschwerend kommt hier hinzu, dass die Nachfolgerin von Rutishauser deutlich klarstellt, was das Zeitungskonglomerat dem Coninx-Clan noch bedeutet. Nahezu nichts.

Und nun hat es auch noch Werner De Schepper erwischt. Das Ringier-Urgestein war schon in unzähligen Chefposten tätig, musste vor ein paar Jahren auch eine aus anonymen und nie belegten Anschuldigungen bestehende Schlammschlacht wegen angeblichen Übergriffigkeiten über sich ergehen lassen. Dann meinte man, mit der Co-Chefredaktion des Ringier-Flops «Interview» habe er nun sein wohlverdientes Gnadenbrot erhalten.

Und zack, weg ist er. Bei ihm macht man sich nicht einmal die Mühe, seinen Rausschmiss zu ummanteln. Warum er allerdings gefeuert wurde, das liegt zurzeit genauso im Dunkeln wie damals bei Canonica. An seiner Stelle übernimmt nun Susanne Walder, zuvor mit ihm Co-Chefredaktorin. Ja, das ist die Frau vom Chef Marc Walder, allerdings hat sich das Paar schon vor einiger Zeit getrennt. Das kann nun also nicht der Grund für die «unterschiedlichen Auffassungen» über die Führungspersönlichkeit De Schepper sein.

Man könnte nun eine männliche Verschwörungstheorie daraus basteln, dass in all diesen Fällen eine Frau profitierte. Gut, bei Canonica nicht, obwohl Anuschka Roshani schon mal eine Blindbewerbung auf seinen Posten eingereicht hatte, als Canonica noch Chefredaktor war. Muss dann irgendwie Künstlerpech gewesen sein. Schlussendlich schaffte es Roshani, Canonica abzusägen (oder absägen zu lassen). Aber ihre Freude währte nur kurze Zeit. Drei Monate lang nach Canonicas Rausschmiss konnte sich Roshani Hoffnungen machen, nun doch endlich noch Chefredaktorin zu werden. Aber dann wurde sie auch gefeuert.

Hollenstein hinterliess eine Lücke, die ihn vollständig ersetzt, also war es da nicht nötig, ein Gendersternchen an seine Stelle zu setzen. Aber bei Rutishauser und De Schlepper rücken nun Frauen nach, deren Qualifikation für den Posten schon sehr eng mit dem Wort Quote verbunden ist.

Ob wir herausfinden werden, was De Schepper den Kopf gekostet hat? Das ist auch so ein Merkmal des aktuellen Elendsjournalismus: Transparenz einfordern ist gut, aber nur bei anderen. Selbst gibt man sich verschlossen wie eine Auster.