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Wie ignorant dürfen Journalisten sein?

Würde dieser Chefredaktor die Probezeit überstehen?

Von Felix Abt

Im Laufe meiner beruflichen Tätigkeit habe ich viele Mitarbeiter eingestellt. Dabei habe ich, wie wahrscheinlich jeder andere Manager oder Unternehmer, auf die für die jeweilige Position erforderlichen Kernkompetenzen geachtet: Von einem Buchhalter erwartete ich zum Beispiel, dass er bilanzsicher ist, von einem Produktionsleiter, dass er sich mit PPS (Produktionsplanung und -steuerung) auskennt, oder von einem Marketingleiter, dass er über sehr gute analytische und kommunikative Fähigkeiten verfügt.

Ich hatte nie die Gelegenheit, Journalisten einzustellen – dem Himmel sei Dank! – weil ich es nie bis zum Chefredakteur, geschweige denn zum Verleger geschafft habe. Aber ich kann mir vorstellen, dass es auch in der Medienbranche bei der Personalauswahl um Fähigkeiten wie das Beherrschen von Interviewtechniken, exzellente Schreibfähigkeiten (und Sprechfähigkeiten im Falle audiovisueller Medien), investigative Fähigkeiten und eine gute Allgemeinbildung geht.

Aber Allgemeinwissen scheint hier ein extrem knappes Gut zu sein. Der deutsche Journalist Oliver Stock, selbst ein Chefredakteur eines deutschen Wirtschaftsmagazins, schreibt in der Weltwoche:

«Das Schiesspulver, der Buchdruck, das Auto und ja: zuletzt ein völlig neu konstruierter Impfstoff – all das sind Erfindungen aus Deutschland, die die Welt verändert haben.»

Gehen wir der Reihe nach vor und lassen Sie mich mit dem Faktencheck zum Schiesspulver beginnen:

Westliche Geschichtsbücher geben zwar zu, dass die Chinesen das Schießpulver 850 n. Chr. entdeckten und nicht der deutsche Mönch Berthold Schwarz im 14 Jahrhundert. Deren Autoren behaupten jedoch, dass die Chinesen diese Entdeckung nur für Feuerwerkskörper nutzten. Wer chinesische Geschichtsbücher liest, weiss, dass die Streitkräfte der Song-Dynastie bereits 904 n. Chr. Schiesspulvergeräte gegen ihren Hauptfeind, die Mongolen, einsetzten. Zu diesen Waffen gehörte zum Beispiel das «fliegende Feuer» (fei huo), ein Pfeil, an dessen Schaft ein brennendes Rohr mit Schiesspulver befestigt war.

Wer hat den Buchdruck erfunden:

History.com erklärt: «Die in China erfundene Druckerpresse revolutionierte dort die Gesellschaft, bevor sie in Europa im 15. Jahrhundert von Johannes Gutenberg und seiner Erfindung der Gutenberg-Presse weiterentwickelt wurde.»

«Im 9. Jahrhundert hatten chinesische Handwerker eine Methode zur Massenproduktion von Büchern entwickelt, indem sie Wörter und Bilder in Holzblöcke schnitzten, sie einfärbten und dann Papier auf die Blöcke pressten. Jeder Block bestand aus einer ganzen Seite mit Text und Illustrationen.» Zitat Columbia University, New York

Wenn Sie eher chinesische als deutsche Geschichtsbücher lesen, werden Sie erfahren, dass die erste Druckerpresse von Bi Sheng erfunden wurde, einem Mann, der im 10. Jahrhundert während der Song-Dynastie in Yingshan, China, lebte, mehr als vier Jahrhunderte bevor Gutenberg das Licht der Welt erblickte. Die Erfindungen des Holzschnitts und der beweglichen Lettern ermöglichten die Veröffentlichung einer Vielzahl von Texten und die Verbreitung von Wissen und Bildung in China und darüber hinaus.

Von den vier Beispielen, die Oliver Stock anführt, hat er mit einem Recht: Der Deutsche Karl Benz war der erste, der ein «Fahrzeug mit Gasmotor» patentierte, eine Binsenweisheit, die jedem Kreuzworträtsellöser bekannt ist.

Hat Deutschland einen weltverändernden Impfstoff erfunden?

Stocks Behauptung, ein «neuer Impfstoff, der die Welt veränderte», sei ebenfalls eine deutsche Erfindung, ist lediglich seine eigene Erfindung. Das deutsche Unternehmen BionTech sowie andere nicht-deutsche Unternehmen haben auf der Grundlage der neuen, in Amerika erfundenen mRNA-Technologie Covid-Impfstoffe entwickelt. Hunderte von Wissenschaftlern weltwet hatten jahrzehntelang an mRNA-Impfstoffen gearbeitet, lange vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie.

Was ist mRNA? 

Alle Zellen haben DNA (in Chromosomen). Stellen Sie sich die DNA wie ein Kochbuch vor, das die Anweisungen enthält, wie Ihre Zelle das herstellt, was sie zum Funktionieren braucht. Damit ein Koch ein Gericht zubereiten kann, muss er oder sie das Rezept sehen. Die mRNA ist eine Kopie des einzigen Rezepts, das Sie für die Zubereitung eines bestimmten Gerichts benötigen. Das «Kopieren» des Rezepts erfolgt in einem Prozess, der Transkription genannt wird, bei dem ein Teil der DNA (ein Gen) als Vorlage für die mRNA dient. Anschließend wird die mRNA in einem Prozess namens Translation in Protein umgewandelt. Die Translation ist so, als ob der Koch sich das kopierte Rezept ansieht und ein echtes Gericht zubereitet. Die mRNA eines Gens (DNA) wird in ein funktionelles Protein übersetzt, das eine Aufgabe in der Zelle erfüllen kann. Es gilt also: DNA -> mRNA -> Protein.

mRNA-Impfstoffe machen sich diesen natürlichen Prozess zunutze, um eine Immunreaktion gegen SARS-CoV2, den Erreger von COVID19, zu erzeugen. Bei diesen Impfstoffen wird Ihren Zellen eine mRNA zugeführt, die den Zellen das «Rezept» für ein spezifisches Protein für das COVID-Virus liefert.

Impfstoffe mit Messenger-RNA (mRNA) bringen unseren Zellen bei, wie sie ein Protein herstellen sollen, das in unserem Körper eine Immunreaktion auslöst.

Unsere Zellen erhalten die SARS-CoV2-mRNA und übersetzen sie dann in ein Protein (wie ein Koch, der nach einer Rezeptkopie kocht). Die Immunzellen erkennen dieses Protein als fremd und lösen eine Immunreaktion aus. Wenn wir also später mit SARS-CoV2 in Kontakt kommen, ist unser Körper bereit!

Es waren Drew Weissman, ein amerikanischer Arzt und Wissenschaftler, und Katalin Karikó, eine ungarisch-amerikanische Biochemikerin, die 2005 den Durchbruch mit der mRNA-Technologie erzielten, ganze drei Jahre vor der Gründung von BionTech!

Als sich das Corona-Virus zu verbreiten begann, erkannte Weissman schnell, dass es ein perfekter Kandidat für einen mRNA-Impfstoff war.

Zwei Biotech-Neulinge, Moderna aus dem amerikanischen Bundesstaat Massachusetts, und das deutsche Unternehmen BionTech lizenzierten die Patente von Weissman und Karikó. Letztere wurde von BionTech 2013 eingestellt, und das Unternehmen ging später eine Partnerschaft mit dem US-Pharmariesen Pfizer zur Impfstoffentwicklung ein.

Schlussfolgerung

Vier Behauptungen und nur ein Treffer: Sollten die Leser einen Journalisten im Rang eines Chefredakteurs so davonkommen lassen? Auf jeden Fall würde ein solcher Mitarbeiter die Probezeit des Arbeitsvertrages mit mir nicht überstehen!

Report auf den Spuren von Relotius

Verdient der Spiegel die Disqualifikation «Lügenpresse»?

Von Felix Abt

Es liegt mir nicht, Mainstream-Journalisten generell als Lügner zu bezeichnen, denn erstens lügen sie nicht immer und zweitens sind sie viel eher Unterlasser, d.h. sie berichten schlicht und einfach nicht über Dinge, die ihnen aus ideologischen oder anderen Gründen nicht in den Kram passen.

Doch nun hat der «Spiegel», der sich selbst als «das führende deutsche Nachrichtenmagazin» bezeichnet, den Vogel abgeschossen. Ein umtriebiger «Spiegel»-Reporter berichtete aus «Zug, Basel, Lugano und Zürich», die bösen russischen Oligarchen würden von der Schweiz untertänigst hofiert und seien dort in beschützenden Händen.

Ihm ist vielleicht völlig entgangen, dass die Schweizer Regierung schon Wochen vor seinem «Bericht», sklavisch die «Sanktionen» der Europäischen Union gegen russische Reiche übernommen hat, was gegen die Verfassung verstösst, die die staatspolitische Neutralität vorschreibt und dem Land verbietet, sich an Kriegen fremder Mächte zu beteiligen, darunter auch an dem von Washington und Brüssel angezettelten Wirtschaftskrieg gegen Russland.

Der «Spiegel», ein antirussisches Hetzblatt, erfindet die «Schweizer Willkommenskultur» für «Russlands Reiche, unter ihnen Kleptokraten und Kriegsverbrecher», während die Schweizer Regierung tatsächlich Jagd auf alle reichen Russen in der Schweiz macht. Was der «Spiegel» ebenfalls verschweigt, ist, dass die üppigen russischen Partys auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum, zu denen Russen nicht mehr zugelassen waren, ausblieben. Dafür feierten die ukrainischen Oligarchen in Davos umso heftiger, trotz des Krieges in ihrem Land.

 Nicht nur die Neutralität, sondern auch die humanitäre Tradition, politisch Verfolgten und Kriegsopfern Schutz zu gewähren, sind seit Jahrhunderten Eckpfeiler der Eidengenossenschaft. Inzwischen wird das Asylrecht von «Gutmenschen» in der Politik zunehmend missbraucht. Sie nehmen vor allem Wirtschaftsflüchtlinge aus aller Welt auf, darunter auch radikale Islamisten, die in Schweizer Moscheen Hass predigen und nicht wenig Sozialhilfe kassieren, was den Schweizer Steuerzahlern jedes Jahr Milliarden kostet. Aber statt der fiktiven «Willkommenskultur» des «Spiegels» ist auf reiche Ausländer, die in der Schweiz nicht zu knapp Steuern bezahlen und unauffällig leben, eine regelrechte Hatz entfacht worden.

Der bekannteste der gejagten Russen ist Andrey Melnichenko, ein Physiker und erfolgreicher Selfmade-Unternehmer, der vom international ausgezeichneten Banker zum Industriellen aufstieg und sogar eine Megayacht baute, die ihm Apple-Gründer Steve Jobs abkaufen wollte.

Melnichenko ist in Weissrussland geboren. Seine Mutter ist Ukrainerin, sein Vater Weissrusse.

Der Unternehmer ist Eigentümer von EuroChem, einem weltweit führenden Düngemittelproduzenten, und von Kohleunternehmen. Seine Unternehmen beschäftigen weltweit 130 000 Mitarbeiter.

Melnichenko wird beschuldigt, ein «Putin-Anhänger» zu sein, natürlich ohne jeden Beweis. In einem Interview sagte er der «Weltwoche», der einzigen europäischen Zeitung, die sich für sein Schicksal interessierte: «Ich werde bestraft, weil ich Russe und reich bin.» Dabei ist er weder ein «Oligarch», noch gehört er zu «Putins innerem Kreis», wie die EU und die Schweiz behaupten. Selbst seine Frau, ein kroatisches Model, wurde sanktioniert. Wenige Wochen nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine erklärte er, der Krieg in der Ukraine sei «wirklich tragisch», und er rief zum Frieden auf. Ein Sprecher von Melnichenko sagte damals auch, dass er «keine politischen Verbindungen» habe. Seine Anwälte protestieren seit Monaten in Brüssel und Bern, aber er und seine Frau erhalten nicht einmal eine juristische Anhörung.

Sein Unternehmen EuroChem produzierte im Jahr 2021 19,1 Millionen t Düngemittel, womit 80 Millionen Tonnen Getreide produziert und 280 Millionen Menschen ernährt wurden. Da er und seine Frau keinen Zugang mehr zu ihrem Unternehmen haben und es aufgrund der Sanktionen von Banken, Behörden und Geschäftspartnern geächtet wird, ist die Düngemittelproduktion gefährdet und damit die Ernährung von Millionen von Menschen, vor allem in armen Ländern.  Selbst wenn in der Ukraine 15 Millionen Tonnen Getreide blockiert sind, ist dies nur ein winziger Bruchteil der riesigen Ernteverluste, die jetzt durch die Sanktionen der Europäischen Union gegen die Düngemittelhersteller verursacht werden. Obwohl es sich hier um einen handfesten Skandal handelt, scheren sich der Spiegel und der Rest des Mainstreams einen feuchten Kehricht darum.

Melnichenko lebte seit 2009 mit seiner Frau und seinen Kindern in St. Moritz. Da er nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine auf eine EU-Sanktionsliste gesetzt wurde, wurden alle seine Vermögenswerte, Häuser, Autos usw. beschlagnahmt. Er und seine Familie dürfen nicht in ihr Haus in der Schweiz zurückkehren. Sie haben inzwischen Zuflucht in den Vereinigten Arabischen Emiraten gefunden. Die Schweizer Regierung hat nicht einmal auf seine Briefe und die seiner Anwälte geantwortet.

Sowohl die Europäische Union als auch die Schweiz haben bisher zivilisierte Werte wie Eigentumsgarantie, Rechtsstaatlichkeit, keine Strafe ohne Gesetz, Unschuldsvermutung und das Recht, sich zu verteidigen, gepflegt. Natürlich berichten Medien wie der «Spiegel» nicht über deren Rückfall in Stammesjustiz, Sippenhaft und Willkür. Stattdessen putzen sie sich lieber die Schuhe an der Schweiz ab und lügen dreist über eine nicht existierende «Willkommenskultur», die angeblich «Russlands Reiche, darunter Kleptokraten und Kriegsverbrecher», freudig willkommen heisst und hofiert.

Balken im Auge

Tamedia hämt gegen Köppels «Weltwoche». Ziemlich betriebsblind.

Andreas Tobler und Sandro Benini haben sich zusammengetan, um eine Breitseite gegen die «Weltwoche» abzufeuern:

Tobler hat eine lange Tradition als Köppel-Missversteher und -hasser. Er äusserte sich schon verständnisvoll zu einem angeblich künstlerischen Mordaufruf gegen den Chefredaktor, als es ein Brachial-Polemiker schick fand, «Roger Köppel tötet. Tötet Köppel Roger» zum Besten zu geben. Das Strassenmagazin «Surprise», das diese Schweinerei veröffentlichte, entschuldigte sich immerhin dafür. Tobler nicht.

Nun wollen Benini und Tobler den lautstarken Abgang des deutschen Publizisten Henryk M. Broder nützen, um eine Massenflucht aus der «Weltwoche» herbeizuschreiben.

Wie häufig, wenn Recherchierkünstler bei Tamedia (oder bei der «Republik») «recherchieren», wird’s allerdings schnell sehr dünn. Auch Claudia Schumacher habe «zwei Wochen nach Kriegsausbruch» bei der WeWo aufgehört. Ihre ausgeleierte Beziehungskolumne schreibt die begabte Selbstvermarkterin nun – bei Tamedia weiter.

Nun kann sie diesen Wechsel in wenigen Tagen gedeichselt haben. Oder aber, sie wollte schon länger eine grössere Plattform für ihre Plattitüden. Selbst sagt sie nichts, müssen die Autoren bedauernd festhalten. Aber man darf doch insinuieren …

Dann hätten wir den Kriegsreporter Kurt Pelda. Der habe im Juni zu CH Media «gewechselt», schreibe aber «weiterhin als freier Mitarbeiter» für die WeWo. Doch seine Artikel zeigten, dass er «Köppels Putin-freundlichen Kurs nicht mitträgt». Schon persoenlich.com versuchte, aus diesem Wechsel einen Tritt gegen Köppel herbeizuschreiben. ZACKBUM macht dann das, was diese beiden Recherchiergenies offensichtlich unterliessen: wir fragten bei Pelda nach. Und der gab Entwarnung. Aber wieso soll man sich durch unnötiges Recherchieren eine schöne Verleumdung kaputtmachen lassen.

Was kriegt Tobler, einer der übelsten Konzernjournalisten bei Tamedia, sonst noch gebacken? Zusammen mit Benini hat er eine Kollektion von tatsächlich fragwürdigen Köppel-Äusserungen zum Thema Putin und Russland zusammengestellt. Das wäre durchaus Anlass zu Kritik, aber der Tamedia-Thesenjournalismus will ja einen Massenexodus bei der WeWo herbeischreiben.

Leider wird man ausser bei Broder nicht fündig. Obwohl die beiden Schreibhelden inquisitorisch bei weiteren Kolumnisten der WeWo nachgefragt haben. Zuvorderst beim Genossen Peter Bodenmann. Aber im Gegensatz zu den beiden Tamedia-Inquisitoren sieht der es locker: «Wenn man im Zentralorgan der rechts vorherrschenden Dummheiten wöchentlich Widerspruch anmelden kann, muss man dies tun. Wo denn sonst?» Auch Peter Rothenbühler lobt die WeWo als «eine Insel», auf der immer noch möglich sei, was bei Ringier aus Gründen der «Diversity» untersagt sei. Kolumnist Zimi unterstreicht: «In der «Weltwoche» darf jeder schreiben, was er will.» Dem schliesst sich auch Jean-Martin Büttner an, der bei Tamedia aufs Übelste gekübelt wurde.

Den beiden Lohnschreibern im Dienste ihres Arbeitgebers kann man nur ein Jesus-Zitat vorhalten: «Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?» Damit ist gemeint: In der WeWo muss man nicht mit dem Chefredaktor und Verleger übereinstimmen, um dort publizieren zu dürfen. In der WeWo darf man ihn sogar im eigenen Blatt scharf kritisieren. Das schätzen viele Autoren, die dort publizieren.

Bei Tamedia wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, eine von der offiziellen Linie abweichende Meinung zu Russland, der Ukraine, Corona, der EU oder vielen anderen Themen zu publizieren. Weder Tobler noch Benini noch sonst jemand käme auch nur im Traum auf die Idee, einen kritischen Kommentar zu Supino, Rutishauser oder die Familie Coninx und ihre Bildersammlung zu schreiben.

In eigener Sache sind sie Eunuchen, aber statt zu loben, dass in der WeWo ein Kolumnist sogar auf zwei Seiten mit diesem und jenem abrechnen darf, um am Schluss seinen Abgang zu verkünden, regen sich die zwei Heuchler fürchterlich über die Ansichten des dortigen Chefredaktors auf. Das ist erlaubt, aber Köppel hätte sogar diesem Duo Infernal sicherlich die Möglichkeit zu einer Kritik in den Spalten der WeWo gegeben – hätten die beiden nur gefragt.

Stattdessen machen sie sich öffentlich lächerlich, indem sie den Abgang eines einzigen Kolumnisten zu einem Massenexodus hochschreiben wollen. Im gleichen Sinn und Geist wie die «Republik» mit ihrem Schwachsinn über die «Info-Krieger» ohne jeden Beleg. Es ist geradezu widersinnig: indem sie der WeWo ans Schienenbein treten wollen, erweisen sie der Reputation und Glaubwürdigkeit von Tamedia einen Bärendienst. Trost kann nur darin liegen, dass das Renommee dieser Blätter bereits dermassen angeknackst ist, dass es auf einen weiteren Anschlag auch nicht mehr ankommt.

Konzern- oder Schmierenjournalismus nennt man das, üble Haltungs- und Gesinnungsschreibe, eine Schandtat, für die sich jeder anständige Redaktor eigentlich schämen müsste. Ausser, er arbeitet für Tamedia und ist in dieser Hinsicht völlig schmerzfrei.

 

Die Echsenmenschen und ich

Die «Republik» weiss mehr. Mehr über alles. Und mehr über alle. Auch über mich.

Von Stefan Millius*

Endlich erfahre ich, dass ich an Ausserirdische glaube.

Und so klingt eine Ferndiagnose der Journalismus-Neuerfinder in einem der letzten Newsletter der «Republik»:

«Am Ende warten die Echsenmenschen. Das sagt Ihnen nichts? Es geht da um die Theorie, dass Ausser­irdische auf der Erde schon lange die Macht übernommen haben. (…) Klingt abstrus – klar. Aber viele Menschen glauben daran. (…) Die meisten davon nicht, weil sie durch­geknallt sind, sondern weil sie irgendwann im Strudel von Falsch­meldungen, materieller Verzweiflung oder Angst den Faden verloren haben. Und weil es Profis gibt, die davon leben, genau diese Menschen immer tiefer in den Kaninchen­bau zu locken. (…) Im Zweiteiler «Die Infokrieger» haben wir Ihnen diese Profis letzte Woche vorgestellt.»

Im besagten Zweiteiler geht es um Medienschaffende und Medien, die sich erdreisten, politisch eher rechts statt links positioniert zu sein. Darunter befindet sich meine Wenigkeit. Meinen Mitverschwörern und mir wird unterstellt (beziehungsweise natürlich nachgewiesen), dass wir Staat und Demokratie unterwandern wollen. Diesem Thema hat die «Republik» das übliche Binge-Writing gewidmet, ZACKBUM hat darüber berichtet.

Viele Behauptungen, keine Belege

Über die dünne Story, wobei nur schon dieses Wort Überwindung kostet, muss man nicht mehr viel sagen. Sehr zu meinem Leidwesen. Denn selbst als aktiver Beteiligter des hinterhältigen Plans hätten mich Details brennend interessiert, die leider fehlen, um die These des «Infokriegs» und seiner Söldner zu stützen.

Wo ist der inkriminierende, überaus geheime Mailaustausch zwischen uns Staatsfeinden, gnadenlos publiziert von der «Republik»? Wo erfahre ich als Leser mehr als das, was ich sowieso weiss, wenn ich Zeitung lese – dass «Weltwoche», «Nebelspalter» und «Die Ostschweiz» in einigen Fragen dieselbe Haltung vertreten und einige Autoren für mehrere dieser Titel arbeiten? An welchem Punkt ist die «Reportage» (auch dieses Wort fällt mir schwer) über eine angebliche Verschwörung mehr als selbst eine reine Verschwörungstheorie?

Haltlose Übertreibungen

Da wird eine journalistische Zuckerwatte, die es beim geringsten Luftzug verbläst, per Illusion zu einer 5-Kilo-Toblerone gemacht. Darüber könnte man ja noch hinwegsehen. Aber regelrecht standeswidrig für jedes Medium wird es, wenn die «Republik» in ihrem Newsletter zu abstrusen Übertreibungen und falschen Bildern greift, um den Erguss zu verkaufen.

Echsenmenschen? Ich bezweifle, dass Roger Köppel, Markus Somm, Milosz Matuschek, Joyce Küng oder irgendeiner der anderen an der Verschwörung beteiligten Personen glauben, unter der Haut von Klaus Schwab, Bill Gates, Hillary Clinton oder Alain Berset verberge sich ein ausserirdisches Schuppenmonster. Entsprechend versucht auch keiner von uns, diese Theorie den Lesern zu verkaufen.

Aber genau das behauptet die «Republik». In dem «Kaninchenbau», den wir offenbar als Falle für unmündige Medienkonsumenten gegraben haben, möchten wir diesen die Legende von den Reptiloiden andrehen. Steht jedenfalls im Newsletter.

Schluss mit «Happy Hour», liebe «Republik»

Bei unserer Arbeit geht es also nicht darum, die Verhältnismässigkeit der Coronamassnahmen zu überprüfen, den Krieg in der Ukraine aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten oder ganz banal die Arbeit von Regierung und Parlament zu kontrollieren, weil das ja sonst längst keine Zeitung mehr macht.

Nein, am Ende des Regenbogens wartet unsere eigentliche Mission – endlich allen klarzumachen, dass wir von Echsenmenschen beherrscht werden.

Gäbe es die «Republik» nicht, würde ich nicht einmal selbst wissen, dass ich an Echsen aus dem All in Menschengestalt glaube. Und gäbe es im Zürcher «Rothaus», dem Sitz der Redaktion, keinen frei zugänglichen Alkohol, hätte es wohl auch diesen Zweiteiler über die «Infokrieger» nie gegeben.

*Stefan Millius ist Chefredaktor «Die Ostschweiz» und publiziert auch in anderen Medien. Unter anderen im Reptilienorgan ZACKBUM.

Gähn: Ein Nicht-Ereignis

Die «Weltwoche» unter scharfer Beobachtung.

Für die Verschwörungstheoretiker von der «Republik» gehört die WeWo zu einem Netzwerk rechter «Info-Krieger». Das kann man nicht ernst nehmen. Aber das Blatt kann stolz darauf sein, dass es unter scharfer Beobachtung der Kollegen steht.

Normalerweise ist es denen eine Notiz wert, wenn ein neuer Autor anheuert. Das wird dann gerne dem staunenden Publikum mitgeteilt. In der irrigen Annahme, dass den Leser auch interessiert, was den Journalisten brennend beschäftigt. Aber leider ist es in Wirklichkeit so, dass es dem Konsumenten schwer an einem gewissen Körperteil vorbeigeht. Genauso wie Beschreibungen der inneren Befindlichkeiten von Schreibern. Genauso wie deren ordnende Ansichten und Meinungen zu den Weltläufen. Genauso wie deren Ratschläge, wie die Welt besser werden könnte, würde man nur auf den Schreiberling hören.

Die WeWo-Beobachtung hat gerade einen neuen Höhepunkt erreicht. Sie kann berichten, dass ein Autor nicht mehr für das Magazin schreibt. Für einmal sind sich «Blick» und NZZ ganz nahe. Das Boulevardblatt vermeldet:

Und das Blatt für die gehobenen Stände echot:

Nun werden von beiden Gazetten die Wortmeldungen des deutschen Kolumnisten Henryk M. Broder prinzipiell mit Missachtung gestraft. Schliesslich gehört er zu den Mitbegründern von «achgut.de», der ironisch so genannten Achse des Guten. Hier schreibt eine bunte Truppe gegen den Strom, angeführt von Dirk Maxeiner und eben Broder. Die meisten dieser Autoren würden von der «Republik» ohne zu zögern der grossen, rechten Medienverschwörung zugeschlagen werden. Ja, es gibt auch ein paar Beitrage von René Zeyer hier, wie in der WeWo.

Nun hat aber der langjährige WeWo-Kolumnist Broder mitgeteilt, dass er nicht mehr für die WeWo schreiben wird. Dafür holt er auf zwei Seiten aus – in der WeWo, notabene:

Sein Einstieg ist recht eigen, um nicht zu sagen merkwürdig. Alle, die es wagen, darauf hinzuweisen, dass der Ukrainekrieg wie eigentlich alles eine Vorgeschichte habe, «rechtfertigen die russische Intervention unausgesprochen, aber unüberhörbar». Auch ZACKBUM hat sich schon zur Vorgeschichte und weiteren Umständen geäussert, was aber niemals eine Rechtfertigung des russischen Überfalls ist. Wenn Broder fordert, man dürfe darüber nur ahistorisch schreiben, der Jetztzeit verhaftet, dann begibt er sich damit ausserhalb des vernünftigen Diskurses.

Zusätzlich störend an dieser Position ist, dass er selbst keine Gelegenheit auslässt, aktuelle Ereignisse mit der braunen deutschen Vergangenheit zu verbinden und unermüdlich an Judenverfolgung und Holocaust erinnert. Das ist sein gutes Recht, das aber gleichzeitig im Fall der Ukraine denunzieren?

Nach längeren Ausführungen, die mehr mit Deutschland und an ihn gerichteten Zuschriften als mit der WeWo zu tun haben, kommt er im letzten Absatz ansatzlos zu folgendem Fazit:

Putin-Versteher ist ein böses Wort, das normalerweise als Kampfbegriff allen entgegengeschleudert wird, die nicht in den Chor der Putin-Verdammnis einstimmen. Es gibt zwar tatsächlich Autoren mit zu grosser Putin-Nähe, und Köppel hat es mit der unreflektierten «Gegen den Strom»-Titelgeschichte «Der Missverstandene» punktgenau zum Kriegsausbruch mal wieder geschafft, mit beiden Füssen in den Fettnapf zu springen.

Dieser Abgang Broders ist nun der NZZ und dem «Blick» je einen länglichen Artikel wert. Die widerspiegeln mehr die Befindlichkeit der Autoren, den Hass, vielleicht auch den Neid auf die WeWo – als dass sie einem Informationsbedürfnis des Lesers nachkämen. Wenn bei der NZZaS die halbe Mannschaft des «Hintergrund» von Bord geht, die unablässigen Abgänge beim «Blick», das ist den Gazetten natürlich keine Zeile wert. Aber wenn ein einziger Kolumnist bei der WeWo aus Protest hinschmeisst, dann wird berichtet.

Was die Kritikaster in erster Linie dabei übersehen: niemals könnte das in ihren eigenen Blättern geschehen. Ein Kolumnist des «Blick», der im «Blick» erklärt, wieso er wegen diesem oder jenem nicht mehr für das Blatt schreiben wird? Undenkbar. Ein Mitarbeiter der NZZ, dem man eine Seite einräumt, um seine Motive darzulegen, wieso er unter Gujer nicht länger schreiben will? Unvorstellbar.

So ist der Abgang Broders kein Armutszeugnis für die WeWo. Aber die Berichterstattung darüber schon.

 

Rettet die Welt!

Denn sie ist schlecht. Aber die «Weltwoche» weiss Abhilfe.

Ihre aktuelle Ausgabe ist wieder einmal voller Hiobsbotschaften. Und leider nur sehr wenigen Hoffnungsschimmern. Noch seltener sind Ratschläge, wie denn die Welt besser werden könnte.

Gleich einleitend berichtet ein gewisser «R.K.» von seinen Erlebnissen in Dubai. Viel Sand dort, da wird ihm «schlagartig bewusst: alle diese Länder möchten sein wie die Schweiz». Passend dazu trifft er einen Riesengeschäftsmann, der sich vor zehn Jahren entschied, in der Schweiz zu leben. Aber, Himmels willen: «Heute überlegt sich der Unternehmer, ob er in der Schweiz bleiben soll.» Denn die ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Banges Fazit: «Ob die Schweiz ihre über Jahrhunderte hart erkämpfte Stellung behauptet oder leichtfertig verscherzt, ist unsicherer denn je.»

Dazu passt: «Der Blackout von Skyguide ist nur das jüngste Beispiel für das schludrige Management und die Verwahrlosung der grossen Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand.» Auch das noch: Das Massnahmenpaket der Freisinnigen zur Flüchtlingskrise «zielt an der Schweizer Lebenswirklichkeit vorbei». Keine Zukunft hierzulande: «Der Nachwuchs wird mit Psychopharmaka ruhigstellt oder gar abgetrieben

Sogar Peter Bodenmann, die rote Unke aus dem Wallis, sieht schwarz: «Die Aufhebung des Mindestkurses war ein gigantischer Fehler. Die Anhebung der Negativzinsen ist ein vergleichbares Eigengoal.» Dieses Verdikt hat die WeWo so beeindruckt, dass sie es gleich zweimal wiedergibt. Auf Seite 19 und auf Seite 25 – zumindest online.

Nicht nur in der Schweiz geht’s zu wie im hölzigen Himmel: «Westen ohne Führung», beklagt Copy/paste-Meister Urs Gehriger. Grundfesten der Schweiz wanken auch: «Was ist nur mit den Bauern los?» Früher seien die erfolgreiche Lobbyisten gewesen, nun «stecken sie empfindliche Niederlagen ein».

Dafür darf dann der Chefredaktor, was halt nur ein Chefredaktor darf: ein viel zu langes Interview mit dem deutschen Schriftsteller Uwe Tellkamp führen.

Sozusagen ausser Konkurrenz läuft der Putin-Missversteher Thomas Fasbender, der endlich die uns alle unter den Nägeln brennende Frage beantwortet: «Warum hat Putin die Ukraine angegriffen?» Die Antwort ist allerdings so hanebüchen, dass wir sie dem Leser ersparen. Fehlt noch etwas? Aber klar, das Schweizer Farbfernsehen. Dazu sagt der berufene Interviewpartner Thomas Matter: «Früher war es eindeutig sachlicher und neutraler.» Früher war halt wirklich alles besser.

Ausser Konkurrenz läuft natürlich das Feuilleton der «Weltwoche», nicht zuletzt deswegen, weil Autor René Zeyer hier gelegentlich publiziert. Ab «Leben heute» wird’s dann endlich heller, aber auch seichter.

Vorher wird aber der Leser mit einer dicken Portion Pessimismus überschüttet. Einziger Lichtblick ist Christoph Mörgeli, der sich mit Lust und List an einem seiner Lieblingsfeinde abarbeitet: «Historiker Tanner vergaloppiert sich». Er schmiert ihm nochmals aufs Brot, dass der seine über 300’000 Franken in der Bergier-Kommission laut eigenen Angaben «redlich verdient» habe. Das aber, so Mörgeli, ohne eine einzige Zeile selbst verfasst zu haben. Hinterfotzige Schlussfolgerung von Mörgeli: «Um seine Haut zu retten, unterstellt Tanner indirekt den wirklichen Autoren, er sei ihr Ghostwriter gewesen und habe ihnen seine Texte untergeschoben. Damit stehen diese «unabhängigen, intelligenten jungen Historikerinnen und Historiker» (Tanner) unter Verdacht, ihn plagiiert zu haben. Eigentlich müssten sie sich gegen diese ungeheuerliche Verdächtigung zur Wehr setzen

Das ist wenigstens mal eine lustvolle Polemik, voll auf die Zwölf. Ein kleines Glanzlicht in der Beschreibung einer elenden, verelendenden Welt.

 

 

Was hat fauler Journalismus mit Genozid zu tun?

Wenn ein Nahost-Korrespondent im Fernen Osten falsch liegt.

Von Felix Abt

«Die arabische Welt schweigt zu den Genozid-Vorwürfen. Warum?», fragt Nahost-Korrespondent Pierre Heumann in der Weltwoche. Nun, hätte er sich zwei Minuten Zeit genommen und gegoogelt, hätte er herausgefunden, dass die seit 2021 von der amerikanischen Regierung aufgestellte und von anderen Politikern und Medien im Westen nachgeplapperte Behauptung, die chinesische Regierung begehe einen Völkermord an der muslimischen Bevölkerung in der Provinz Xinjiang, von den eigenen Anwälten als unbewiesen widerlegt wurde.

Hätte er ein paar Minuten länger gegoogelt, hätte er herausgefunden, dass der Begriff Genozid 1944 von Raphael Lemkin, einem polnischen Anwalt jüdischer Abstammung, geprägt und beim Nürnberger Tribunal für die Ermordung von Millionen von Juden durch die Nazis verwendet wurde.

Das Büro der Vereinten Nationen für die Verhütung von Völkermord stellt klar, dass «Genozid nur dann vorliegt, wenn es Beweise dafür gibt, dass die Täter die Absicht hatten, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe physisch zu zerstören. Kulturelle Zerstörung ist nicht ausreichend, ebenso wenig wie die Absicht, eine Gruppe einfach zu zerstreuen».

In Xinjiang gibt es mehr als 20.000 Moscheen. [Quelle: worldaffairs.blog]

Natürlich ist auch Chinas «Krieg gegen den Terrorismus» sehr problematisch und nicht gewaltfrei. Die gnadenlosen Kampagnen Amerikas und Israels, in denen sie seit Jahrzehnten echte und mutmassliche Terroristen bombardierten und dabei ganze Wohngebiete mit unschuldigen Zivilisten, Krankenhäuser und Schulen auslöschten, haben den Chinesen gezeigt, wie man es eben nicht machen sollte. Obwohl es auch in Xinjiang zu Polizeigewalt kommt, hat sich Beijing im Allgemeinen dafür entschieden, die Ursachen des Terrorismus durch Armutsbekämpfung und Bildung anzugehen und nicht durch Gewaltexzesse, einschließlich solcher kriegerischer Mittel.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass diese chinesische Provinz, die noch vor drei Jahrzehnten mausarm war und von der außerhalb Chinas kaum jemand je etwas gehört hatte, heute ganz anders aussieht, nachdem eine erfolgreiche Kampagne zur Modernisierung ihrer Städte, zur Errichtung neuer Krankenhäuser und Schulen, zum Bau von mehr als 20 Flughäfen, zur Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze in modernen Fabriken, zur Mechanisierung der Landwirtschaft und zur Anbindung der Region durch Hochgeschwindigkeitszüge durchgeführt wurde. Ich kann Herrn Heumann den Vorwurf nicht machen, nicht zu wissen, dass es den Muslimen in Xinjiang heute besser geht als vielen Muslimen in muslimischen Ländern, weil er, im Unterschied zu mir, nie dort war.

Ich erlaube mir aber die Gegenfrage: Warum hat Herr Heumann seine Hausaufgaben nicht gemacht und betreibt mit seinem opportunistischen China- und Arabien-Bashing wüsten Geschichtsrevisionismus, der den Opfern von wirklichen Genoziden ins Gesicht schlägt?

 

Eine Ente ist eine Ente

Aufgeregte Meldung: Kriegsreporter Pelda flieht von der WeWo.

So sieht die Meldung auf persoenlich.com aus:

Tatä: «Kriegsreporter Kurt Pelda wechselt per sofort zu den Blättern von Verleger Peter Wanner.» Und der Oberchefredaktor Patrik Müller freue sich über die Verstärkung. «Der Rechercheur und Auslandreporter Pelda war zuvor bei Roger Köppels Weltwoche tätig.»

Wechsel per sofort, erst im Februar war Pelda den unerträglichen Zuständen bei Tamedia entflohen und zur «Weltwoche» zurückgekehrt. Und nun das. Was mag da passiert sein? Ertrug Pelda nicht länger den Putin-Versteher Köppel? Gab es Zensur? Kriegsähnliche Zustände auf der Redaktion? Traute sich Pelda nur noch mit schusssicherer Weste und Helm an die Förrlibuckstrasse?

Was sagt denn er dazu? Eine kleine Recherchieraufgabe für das Qualitätsorgan persoenlich.com. Woran es leider krachend scheitert: «Da er in den letzten Reisevorbereitungen steckt, war er für eine Stellungnahme nicht erreichbar.»

Auf Deutsch übersetzt: Telefonnummer nicht rausgefunden, Mail an falsche Mail-Adresse geschickt. Oder einfach: never let the truth spoil a good story. ZACKBUM erreichte Pelda problemlos, der auch neben seinen «letzten Reisevorbereitungen» gerne Zeit fand, auf die Frage zu antworten, was denn da passiert sei:

«Es ist gar nichts passiert, und ich darf neben meinem Fixum bei CH Media als Freier für die Weltwoche schreiben.»

Also schlichtweg eine Verbesserung der Einkommenssituation, da das Haus Wanner bekanntlich Geld zum Verlölen hat, was es mit «watson» unermüdlich unter Beweis stellt. Mit dem Engagement für Pelda gibt Wanner immerhin sinnvoll sein Geld aus. Und Köppel kann etwas sein Portemonnaie schonen, denn solche Kriegseinsätze können recht ins Geld gehen. Nicht in erster Linie wegen unverschämten Honorarvorstellungen des Reporters. Sondern Logistik, Sicherheit, Fixer, Chauffeur, Infohonorare, Telekommunikation, das läppert sich.

Kleiner Tipp an die Kollegen von persoenlich.com: Finger rausnehmen, Grundlagen des professionellen Journalismus beachten.

WEF, waff, wuff

Nach der Lobhudelei nun die Häme. So ungerecht ist die Journaille.

Keiner machte sich am WEF so zum Affen wie der «Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer:

Aber lange Jahre war der Treff der Wichtigen und Mächtigen in Davos nicht nur Bonanza für die lokale Hotellerie. Auch Journalisten ballten sich dort und hetzten sehnsüchtig möglichen Interviewpartnern hinterher.

Die Einladung zu einem Apero riche war dann jeweils der Höhepunkt der Berichterstattung; in Tuchfühlung mit Präsidenten und Weltenlenkern, Bill Gates einmal dabei zuschauen, wie er sich Brotbrösel vom Mund wischt, nicht zu toppen.

Heraus kam ausser Verschwörungstheorien («The Great Reset»), viel Blabla, viel aufgeblasener Wichtigkeit – nichts. Corona machte dann Schluss mit dem fröhlichen Reigen; damit das WEF nicht völlig in Vergessenheit gerät, beschloss der geniale Entertainer Klaus Schwab, den Anlass in den Frühling zu verlegen.

Am Montag geht’s los, und nichts könnte die Unwichtigkeit des Anlasses besser beschreiben als die Tatsache, dass Klaus J. Stöhlker in der «Weltwoche» darüber schreiben darf. Denn das WEF ist nur noch eine Karikatur seiner selbst – genau wie der Autor.

Denn der schreibt über alles mögliche, am liebsten aber doch über sich selbst: «Ich war von Anfang an dabei. Für amerikanische Topmanager, die nicht einmal genau wussten, wo die Schweiz liegt, musste ich Broschüren anfertigen, damit sie sich während ihres Anflugs auf Zürich Kloten und Dübendorf orientieren konnten, wohin sie unterwegs waren. Schweiz und Schweden, Switzerland and Sweden, waren Synonyme, die immer wieder zu Verwechslungen führten.»

Aber es kam noch schlimmer für die Schweiz: «Bald tauchten die ersten sehr reichen Familien aus Asien auf, die vor ihrem Besuch des WEF eine kurze Geschäftsreise durch die Schweiz machten. Manches Souvenir aus Silber oder Gold erinnert mich an Vorträge, die ich vor extrem reichen Kleinfamilien halten musste, um in einer Stunde «Switzerland, this exceptional country» und seine Funktionsweise zu erklären.»

Immerhin, sollte das nicht wie üblich etwas übertrieben sein, haben wir nun eine Erklärung, wieso viele US-Topmanager und reiche Asiaten ein ganz falsches Bild von der Schweiz haben. Berge, Käse und Alpentrottel, die einen merkwürdigen Mix aus Deutsch mit schweizerdeutscher Betonung sprechen, das haben wir nicht verdient.

Denn Stöhlker lässt den Leser auch post festum noch an seinen Erkenntnissen teilhaben, die zwar kreuzfalsch sind, aber mit der Sicherheit eines alternden Grandseigneurs vorgetragen werden: «Es wurde übersehen, dass Wladimir Putin Russland, von Jahr zu Jahr mehr, sanierte. Und Xi Jinping machte aus China eine Erfolgsstory sondergleichen. Aus der ehemaligen Kolonie der Briten wurde die zweitgrösste Wirtschaftsmacht der Welt.»

Dabei übersieht allerdings Welterklärer Stöhlker, dass Putin Russland keineswegs sanierte, sondern vor allem die technologische Rückständigkeit zementierte, mit einer Autokratie alle Reformentwicklungen abwürgte. Und dass China mal Kolonie der Engländer gewesen sein soll, das wüssten die Chinesen ausserhalb von Hongkong aber.

Was weiss Stöhlker noch so? Die Chefin des IWF wolle über Digital- und Kryptowährungen am WEF sprechen: «Was für ein Mist; diese sind soeben zusammengebrochen. Kein vernünftiger Mensch interessiert sich für derlei.» Was für ein Quatsch, natürlich gehört diesen Währungen die Zukunft, nachdem sie ein paar Kinderkrankheiten ausgestanden haben. Sie sind der wohl wirkmächtigste Angriff auf die Herrschaft der staatlichen Notenbanken seit deren Gründung.

Dann driftet der Digital-Native noch in ein Thema ab, von dem er nun wirklich keine Ahnung, aber genau deswegen eine klare Meinung hat: «Das Metaverse hat einen der auffallendsten Showplätze in Davos. Ja, der freie Westen driftet in das Metaverase ab, während Russland, China, Indien und mehr als hundert weitere Staaten, die in Davos nicht mehr vertreten sind, die Zukunft planen.»

Metaverase? Gute Bezeichnung für die Wolke, auf der Stöhlker schwebt und auf das bunte Treiben der Welt hinabblickt. Leider ohne Altersmilde und ziemlich unverständig. Aber wenn man ihn lässt …

 

 

 

 

Linke Geschäfte

Der Zürcher «Kosmos» ist ein typisches Trauerspiel.

Wenn vier Bestandteile zusammenkommen, dann kracht’s. Linke Gesinnung, Kultur, Subventionen und Geschäft.

Das «Kulturzentrum Kosmos» in Zürich ist ein Paradebeispiel dafür. Eigentlich ist es ein saftiger Schwank, der einen Regisseur wie Rainer Werner Fassbinder bräuchte, um süffig verfilmt zu werden.

Edler saufen: «Kosmos»-Bar.

Am Anfang stand ein Milliarden-Überbauungsprojekt der SBB, die Europa-Allee. Zwecks Besänftigung des linken Milieus schlug der aus der Hausbesetzerszene zum Immobilienmillionär gereifte Steff Fischer vor, doch einen Kulturtempel in die Planung einzubeziehen, für billiges Geld. Die Idee vom «Kosmos» war geboren. Kinos, Bar, Buchhandlung, Bistro, Restaurant, Platz für Events.

Beruhigungspille für Alternative.

Filmemacher Samir und Kulturveranstalter Bruno Deckert entwickelten ein Konzept, das Teil hob ab. Alles lief ziemlich gut, mit Ausnahme der Kinos. Überangebot in Zürich, eigenwillige Programmierung durch Samir. Nur die Alternative Liste (AL) fand das Projekt nicht lustig; es wurden Scheiben eingeschlagen und auf Fischers Büro ein Buttersäureanschlag verübt. Aber AL-Mitglied Samir konnte die Wogen glätten.

Die sechs leeren Kinosäle störten nicht weiter, boten aber Konfliktstoff. Denn wie immer ging es letztlich um Macht, wer hat das Sagen. Und da sind Linke nicht weniger raffiniert mit Winkelzügen unterwegs als knallharte kapitalistische Geschäftsleute.

Schön, aber leer: eines von sechs Kinos im «Kosmos».

Turbulente GV, Samir und Deckert zerstritten sich, Samir machte Zweiter. Liess das aber nicht auf sich sitzen, via «Republik» liess er stänkern, dass «rechte Kreise» den «Kosmos» übernehmen wollten.«Der Putsch» überschrieb Daniel Binswanger seine einäugige Parteinahme für Samir und deutete dessen Putschversuch in einen angeblichen Putsch rechter Kreise gegen den Filmemacher um.

Nach mühsamer Mediation sollte damals ein neuer VR gewählt werden, mit Samir, Deckert und zwei «neutralen» Mitgliedern. Aber nicht mit Samir; kurz vor der Wahl-GV rempelte er per E-Mail Deckert an und verlangte die Wahl von zwei weiteren VR – was ihm die Mehrheit garantiert hätte.

Was dahinter stand, fasste Kenner Fischer schön zusammen: «Ein etwas tiefer liegendes Problem beim ‹Kosmos› ist, dass das grosse Geld von Erb-Linken stammt.» Was er damit meinte, deutschte damals die «Weltwoche» aus: «Damit meinte er Leute wie Stina Werenfels, die aus der reichen Werenfels-Familie stammt, Filmemacher Ruedi Gerber, Sohn von Ex-Roche-Chef Fritz Gerber, Kabarettist Patrick Frey, Abkömmling einer Winterthurer Industriellenfamilie, und einige mehr. «Diese Erb-Linken sind zu Geld gekommen wie die Maria zum Kind», schrieb er. «Sie wissen nicht, wie Geld verdient wird. Schlimmer noch, sie wollen gar nicht wissen, wie Geld verdient wird. Ihr Reichtum erfüllt sie mit Scham. Sie wollen keine Kapitalisten sein wie ihre Väter. Sie wollen mit ihrem Geld Gutes tun, um eine Art von Absolution zu erlangen

Das war vor rund zwei Jahren, anschliessend gab es einen Burgfrieden mit einem rein weiblichen VR. Aber natürlich ohne Samir. Bis nun diese 5 Frauen kollektiv den Bettel im April hinschmissen. «Kä Luscht» mehr, oder vornehmer formuliert: «wegen unterschiedlicher Vorstellungen über strategische, inhaltliche und personelle Fragen, die von einer kleinen Gruppe von Aktionären aufgeworfen wurden

Diese «kleine Gruppe» ist Filmemacher Samir und ein paar Unterstützer. Der hat bis heute nicht verwunden, dass sein damaliger Putschversuch kurz vor der GV in die Hose gegangen war. Nun stänkert er, dass er eine «mögliche Überschuldung der Kosmos Kultur AG» befürchte.

Schöner Treppensteigen im «Kosmos».

Dabei geht es dem «Kosmos» relativ gut. Corona-Kredite und die Tatsache, dass sich reiche Erb-Linke 1,5 Millionen Darlehen ans Bein gestrichen haben, helfen ungemein. Wie Beat Schmid auf «tippinpoint.» richtig schreibt: «Von einer “möglichen Überschuldung” kann aufgrund des Revisionsberichts keine Rede sein.»

Wieso also das Gestürm? Logisch: «Filmemacher Samir will unbedingt in den Verwaltungsrat. Seine Gruppe hat seine Kandidatur als «ultimativ» und «nicht verhandelbar» bezeichnet. Zudem hat er sich mit einer “Bewerbung” selber zur Wahl vorgeschlagen.»

Also Putschversuch zwei eines Unermüdlichen. Das Einzige, was am «Kosmos» nie funktioniert hat, sind die Kinos. Ausgerechnet der dafür Verantwortliche will nun das Zepter über den ganzen Betrieb übernehmen. Ein Trauerspiel, wie Schmid resümiert:

«Zwei Jahre nach dem letzten Krach droht dem Kosmos abermals die Spaltung. Diesmal geht sie quer durch einst befreundete Lager. Für die Beschäftigten ist das ein ganz grosser Jammer. Sie sind letztlich die Leidtragenden der Streitereien. Im kleinen Zürcher Kulturbetrieb spielt sich das gleiche Drama ab wie in grossen börsenkotierten Firmen: Ein gespaltenes, zerstrittenes Aktionariat bringt jedes Unternehmen früher oder später an den Rand des Abgrunds – oder darüber hinaus.»

Linke Gesinnung, Subventionen, Kultur und Geschäft. Wenn das alleine noch nicht für eine Explosion reicht, braucht es nur noch ein weiteres Element als Zündschnur: Machtgier.

Und die Moral von der Geschicht? Erb-Linke können Geschäfte nicht.