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Wumms: Claus Hulverscheidt

Wie sich ein SZ-Redaktor im Tagi lächerlich macht.

Claus Hulverscheidt ist laut Autorenseite der «Süddeutschen Zeitung» ein Meinungsmacher: «Seit seiner Rückkehr im Sommer 2020 analysiert und kommentiert er – wieder von Berlin aus – die US-Politik sowie weltwirtschaftliche Themen.»

Leider belästigt er damit, dank Tamedia, auch Schweizer Leser. Wir haben vor allem im Fall Vincenz gesehen, wie der Tagi die Unschuldsvermutung zu Schanden geritten hat. Mit immer neuen angefütterten Enthüllungen aus dem Privatleben des gefallenen Bankenstars; jede Breitseite gegen seinen Ruf wurde mit dem Zusatz abgefedert: es gilt die Unschuldsvermutung.

Das hielt ZACKBUM für nicht mehr steigerbar. Aber dann kam Hulverscheidt. Der hebt seinen Kommentar «Ein Scharlatan und seine Diener» so an:

«Wer nicht rechtskräftig verurteilt ist, hat in einem demokratischen Rechtsstaat Anspruch auf die Unschuldsvermutung: Das gilt auch für Donald Trump. Dennoch wäre es beinahe naiv, anzunehmen, dass im Immobilienkonzern des Unternehmers und früheren Fernsehunterhalters alles mit rechten Dingen zugegangen ist.»

Das gilt also eigentlich nicht für Scharlatan Trump, und wer’s noch nicht kapiert hat, dem legt Hulverscheidt noch einen Scheit drauf: «Dagegen spricht nicht nur jener dicke Katalog, in dem New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James die Betrugs- und Bilanzfälschungsvorwürfe gegen den Konzern detailliert aufgelistet hat. Dagegen sprechen auch die Historie und die Persönlichkeit des notorischen Lügners Trump, den das Recht nur so lange interessiert, wie es ihm persönlich nützt.»

Wir fassen zusammen: Es gilt die Unschuldsvermutung – nicht. Nicht für den Scharlatan und notorischen Lügner Trump. Aber der Fernkommentator arbeitet sich nicht nur an Trump ab. Auch die ihn verfolgende Staatsanwältin sei parteiisch und somit ein Problem. Denn in den USA müssen sich solche Amtsträger vom Volk wählen lassen, damit müssten sie in die Niederungen der Parteipolitik hinabsteigen, weiss USA-Kenner Hulverscheidt. Das ist allerdings nichts Neues.

Aber nachdem er Trump, die Unschuldsvermutung, die Staatsanwaltschaft und überhaupt das US-Justizsystem fertiggemacht hat, braucht er noch einen Knaller zum Schluss. Et voilà:

«Es geht nicht mehr nur um Trump. Es geht um alles.»

Bei der SZ gibt es ziemlich viele Weltuntergangs-Unken, die ständig die Demokratie in den USA am Ende sehen, Bürgerkriege befürchten, die Abdankung der westlichen Führungsmacht. Nicht umsonst gibt es auf Englisch den Ausdruck «German Angst». Wieso allerdings Schweizer Leser mit diesem Quatsch belästigt werden müssen?

Auf jeden Fall bereut ZACKBUM. Angesichts von Münger-Kommentaren schlugen wir vor, dieses Metier auch der SZ zu überlassen. Himmels willen, wir wollen Münger statt Hulverscheidt!

Die närrischen Weltverklärer

Brauchen wir nicht alle etwas Halt in haltlosen Zeiten?

Peter von Matt ist der wohl bedeutendste lebende Intellektuelle der Schweiz, der beste engagierte Schriftsteller. In einem NZZ-Interview wehrt er sich gegen solche Etikettierung: «Die Frage können Sie sich sparen. Superlative sind immer verdächtig.» Auf die Frage, ob er eher Optimist oder Pessimist sei, antwortet der weise alte Mann:

«Wer heute den Propheten spielt, ist ein Narr.»

Daher sind die meisten Massenmedien wahre Narrenschiffe, mit Narrentanz und Narrenspiegeln, wie es Sebastian Brant nicht besser hätte einfallen können.

So sah’s Hieronymus Bosch um 1500.

Es ist verblüffend, wie genau die Definition eines Narren auf heutige Medienschaffende zutrifft: «Als Narr wird eine männliche Person bezeichnet, welche sich töricht verhält und auf lächerliche Weise irreführen oder täuschen lässt.» (Wikipedia) In den heutigen Zeiten der political correctness sei erwähnt, dass es natürlich auch die Närrin gibt. Die Variante für d wie divers wurde noch von keinem Narren erfunden.

Mediale Narren lassen sich nicht nur selbst irreführen und täuschen, sondern tun das auch ihren Lesern und Zuhörern an. Dabei ist es den meisten Narren nicht gegeben, ihr närrisches Tun zu reflektieren. Zur grossen Gaudi einiger Beobachter verrichten medialen Narren ihren närrischen Dienst mit tiefer Ernsthaftigkeit, mit geradezu religiöser Inbrunst und mit fanatisch flackerndem Blick, ausgelöst durch das sichere Wissen und die Bürde, mit der einzig seligmachenden Wahrheit und der Fähigkeit zur unfehlbaren Trennung von Gut und Bös die Welt auf den rechten Pfad führen zu müssen.

Nun arbeiten die meisten Mediennarren mit intellektuell eher kleinem Besteck, also muss die Welt in mundgerechte Portionen unterteilt werden. Da ist für Differenzierungen, Widersprüche, Komplexitäten, gar überkomplexe Systeme kein Platz. Das würde das Fassungsvermögen des Schrumpfkopfs sprengen. Ausserdem geben solche Beschreibungen der Welt als recht ungeordnetes, kunterbuntes Chaos keinen Halt.

Halt braucht der Mensch in haltlosen Zeiten, und Halt kann man nur mit Haltung geben. Haltung entwickelt man normalerweise nicht selbst, sondern leiht sie sich aus. Man holt sie aus dem sogenannten Wertesystem, auch bekannt als die «westlichen Werte». Diese westlichen Werte bestehen aus einem kleinen Kanon von abgenützten Allgemeinplätzen: Freiheit, Demokratie, Zivilisation.

Was genau das sei, wird von Narren nicht hinterfragt. Denn dann würde ja die Schwarzweisskartographie der Welt nicht mehr funktionieren. Die Antipoden dieser Begriffe sind Unfreiheit, Autokratie und Barbarei. Es versteht sich von selbst, dass unsere moralisch überlegenen Werte dagegen verteidigt werden müssen. Dafür werden sie närrisch über Situationen gestülpt, die in Wirklichkeit viel komplexer und komplizierter sind. Aber wer hat schon den Nerv, die Ukraine als korrupte Oligarchie anzusehen, die sich in der Auseinandersetzung mit einer militärisch überlegenen korrupten Oligarchie befindet.

Die eine korrupte Führung hat die andere korrupte Führung überfallen und gemeint, militärisch schnell mit der Ukraine fertigzuwerden. Die andere Oligarchie meint, mit Hilfe des Westens militärisch einen vollständigen Sieg erringen zu können. Zwei Narreteien.

Aber die Mediennarren sehen das anders. Hier gehe es um die Verteidigung von Freiheit, Demokratie und Zivilisation gegen ihre Antipoden, letztlich also um den uralten Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Richtig und Falsch, zwischen himmlischen Heerscharen und den Horden des Teufels. So schaut’s aus. Das trifft selbstverständlich auch für Taiwan zu. Oder für jeden beliebigen Konfliktherd der Welt, wenn er die Aufmerksamkeit der Mediennarren erregt.

Das militärische Konflikte entweder mit der vollständigen Vernichtung eines der beiden Beteiligten oder mit Verhandlungen beendet werden, diese einfache Wahrheit wollen die Narren ums Verrecken nicht einsehen.

«Es ist kompliziert und komplex, daher spannend und eine Herausforderung für Beschreibungen», das ist ein Satz, den der Narr fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. So geht das nicht. Da wird ein grenzseniler US-Präsident lieber zum energiegeladenen Führer der freien Welt hochgeschrieben, sein Vorgänger zum Scharlatan, Lügner, Versager, zum Kriminellen, der kurz vor Verurteilungen steht, heruntergemacht. Dass den allerdings die US-Stimmbürger freiwillig zum Präsidenten gewählt hatten, das verzeihen die Narren den Amis nie. Denn mit ihren krachenden Fehlanalysen und ihrer vorschnellen Gratulation in Richtung der ersten Präsidentin der USA machten sie sich in aller Öffentlichkeit lächerlich. Wie es sich halt für Narren geziemt.

Zur Grundausstattung eines Narren gehören Schellen. Also Lärminstrumente. Im Zeitalter der zunehmend virtuellen Kommunikation hat sie der Mediennarr durch Wortgeklingel ersetzt. Er mahnt, warnt, fordert, kritisiert und weiss grundsätzlich alles besser als die Handelnden. Denn es ist der Vorteil des Mediennarren, dass er völlig haftungsfrei und verantwortungslos drauflosschreiben kann. Und Prognosen absondern. Immer in der berechtigten Hoffnung, dass das Kurzzeitgedächtnis seiner Leser den Quatsch, den er gestern schrieb, heute schon längst vergessen hat.

So segeln also die Narrenschiffe durch die Weiten des Internets. Allerdings wendet sich immer mehr Publikum von der Zurschaustellung solcher Narretei ab, vor allem, wenn für die Betrachtung auch noch ein Entgelt gefordert wird. Als Gipfel der Narretei fordern dann die Schiffskapitäne doch tatsächlich staatliche Unterstützung für ihr Treiben. Zahlt der Zuschauer nicht freiwillig, dann soll halt sein Steuergroschen dafür herhalten.

All das Tun gibt nicht viel Halt in haltlosen Zeiten, närrische Rechthaberei weckert das Publikum ungemein, weder ein Weltuntergang noch Abhilfe ist in Sicht.