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Die SZ vergreift sich am Papst

Und Tamedia kopiert brav wie immer.

Marc Beise ist der Italien-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung». Dort publiziert er einen Kommentar zu Papst Franziskus.

Den übernimmt der meinungslose Konzern aus Zürich:

Der Papst tut etwas, was eigentlich seines Amtes ist: «Was man aber hören und sehen kann, ist, wie sehr das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche an den Kriegen dieser Tage verzweifelt, am Kampf in der Ukraine und am «Blutbad» im Gazastreifen, wie es im Vatikan heisst. Immer drängender werden die Appelle des Papstes. «Hört auf! Hört bitte auf!», so sein Aufruf, vorgetragen mit schwacher Stimme, vor einer Woche auf dem Petersplatz.»

«Blutbad» heisse das im Vatikan. Und bei der SZ? Militärische Spezialoperation mit kleinen Kollateralschäden? Chirurgische Schnitte? Unvermeidbare Tote, weil die Palästinenser so blöd sind, dahin zu fliehen, wo ihnen Israel zuvor Sicherheit vorgegaukelt hatte? Schreckliche, aber unvermeidliche Leichenberge?

Das Wort des Papstes könnte man nun in diesen Zeiten der Kriegsgesänge, der Flintenweiber, Sandkastengeneräle und tapferen Kriegsgurgeln hinter ihren Schreibtischen als Gegenstimme zu den ewigen Forderungen nach mehr Waffen und Munition für den angeblich möglichen Sieg respektieren.

Nun hat der Papst in einem Interview auf die Dichotomie, dass es in der Ukraine Stimmen gäbe, die den Mut zur Kapitulation, zur weissen Fahne, forderten, andere sagten, dass das die Stärkeren legitimieren würde, geantwortet. Sein bedächtiger Ratschlag: «Das ist eine Interpretationsweise. Aber ich denke, dass der stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt, der den Mut zur weissen Flagge hat, zu Verhandlungen. Und heute kann man mit der Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ‹verhandeln› ist ein mutiges Wort.»

Dann macht er seine Position noch klarer:

«Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln. Du schämst dich, aber wie viele Tote wird es am Ende geben? Verhandle rechtzeitig, suche ein Land, das vermittelt.»

Nun verbeisst sich Beise in das Bild der weissen Fahne: «Will der Papst also, dass die Ukraine kapituliert? Das wäre, bei allem Leiden an der Gewalt in diesem Angriffskrieg, eine ungeheuerliche Parteinahme.» Im Zweifel für den Angeklagten, meint Beise, das wolle der Papst dann wohl doch nicht.

Aber fast so schlimm: «Wohl aber Verhandlungen über das Ende des Krieges, mindestens einen Waffenstillstand – heftig genug für ein überfallenes und in der Existenz bedrohtes Volk.»

Stehen denn die Ukrainer vor der Auslöschung? So wie sie sich damals an der Auslöschung der Juden in Europa beteiligten? Erinnert sich Beise vielleicht, wann die Ukraine in ihrer heutigen Form entstand? Sollen sie statt verhandeln weiter leiden, sterben, in Ruinen verzweifeln? Unfug, aber diese Drohkulisse braucht Beise, um den Papst streng zurechtzuweisen. Das leitet er mit einem vergifteten Lob ein: «Immer wieder umgeht er den Instanzenweg, lässt es nach innen und aussen an Geschmeidigkeit fehlen. Sagt, was er denkt. Das macht ihn sympathisch, aber angreifbar.»

Nein, das macht ihn nicht «angreifbar», das ist für Beise ein Anlass, ihn anzugreifen: «Bei einem Thema wie Krieg und Frieden stösst er erst recht an seine Grenzen. Mit der weissen Fahne schadet er dem sehr ehrenvollen Ansinnen, das er hat: Menschenleben zu retten.»

Der Papst stösst an seine Grenzen? Schadet seinem Ansinnen? Ist das so? Oder ist es nicht eher so, dass Beise seine Grenzen überschreitet? Mit seinem Ansinnen, dass jeder, der Verhandlungen nach zwei Jahren blutiges Gemetzel anregt, ein Defätist, Diversant, Wehrkraftzersetzer sei? Selbst wenn er Papst heisst? Der Deutsche schreckt da vor nichts zurück, wenn ihn jemand vom Kriegspielen abhalten will.

Dass der immer noch Schweizer Konzern Tamedia so etwas nachdruckt, zeigt eine Qualitätskontrolle, die schon längst die weisse Fahne gehisst hat.

Kriegsgeschrei aus der NZZ

Ein weiterer Sandkastengeneral sändelet und zündelt.

Normalerweise beherrscht Eric Gujer den «anderen Blick» der NZZ, mit dem sie sich an ihre reichsdeutschen Leser wendet. Nicht zuletzt damit hat sich das Blatt von der Falkenstrasse in Zürich in Deutschland einen Namen gemacht. Denn Gujers Blick ist meist gnadenlos, er führt eine scharfe Klinge und kann – für einen Schweizer – elegant formulieren.

Aber auch God Almighty muss mal ruhen, dann dürfen andere ran. Da fängt dann der «andere Blick» schwer an zu schielen. Daran schuld ist Marco Seliger. Der deutsche Journalist arbeitet für die deutsche Redaktion der NZZ. Zuvor war er Chefredaktor von «Loyal», der Zeitschrift des deutschen Reservistenverbands, 2020 wurde er Leiter Kommunikation und Pressesprecher der deutschen Waffenschmiede Heckler & Koch. Man kann ihn vielleicht als nicht ganz unbelastet bezeichnen.

In diesem Sinn legt er gleich offensiv los: «Die Ukraine braucht dringend weit reichende Präzisionswaffen», weiss Seliger. Da trifft es sich gut, dass «in der deutschen Armee nicht alles schlecht» sei. Zum Beispiel der «hochmoderne Marschflugkörper Taurus», der gehöre «zu den besten Lenkflugkörpern der Welt». Wunderbar, wenn den Hitlers Armee schon gehabt hätte, wäre die Panzerschlacht bei Kursk vielleicht anders ausgegangen.

Aber es gibt natürlich auch heute Wehrkraftzersetzer und Defätisten, die Seliger scharf zurechtweisen muss: «Mitunter mutet die deutsche Verteidigungspolitik grotesk an.» Kein Wehrwille mehr, keine Angriffslust, nix «Germans to the front», keine Rede von «Marschflugkörper müssen fliegen bis zum Sieg». Stattdessen «gerierten sich ganze Kohorten von Politikern und Wissenschaftlern als Panzerexperten» und diskutierten Für und Wider einer Lieferung von Leopard 2. Kein Wunder: «Russlands Präsident Putin dürfte sich damals schlapp gelacht haben

Das mag stimmen, dass Putin darüber lacht, dass in Deutschland doch noch so etwas wie ein Rechtsstaat mit restriktiven Waffenausfuhrgesetzen existiert. Über die sich eine Kriegsgurgel wie der Reserveoffizier Seliger natürlich kaltlächelnd hinwegsetzen würde. Aber während sich Merkel immerhin sichtbar wegguckte, sei Bundeskanzler Scholz «in der Taurus-Frage schlicht nicht präsent». Typisch, haben Sie überhaupt gedient? Antwort: nein, Scholz hat verweigert und Zivildienst geleistet. Aha, Drückeberger.

Es gebe Bedenken, dass die Ukraine solche Distanzwaffen auch auf russischem Gebiet einsetzen könnte? Papperlapapp: «Das Argument, westliche Marschflugkörper würden den Krieg eskalieren, zieht daher nicht. Sie befinden sich bereits im Einsatz.» Aber die sind natürlich nicht so gut wie echte deutsche Wertarbeit: «Der britische Storm Shadow und der französische Scalp sind nur bedingt geeignet, einen Brückenpfeiler zum Einbrechen zu bringen. Taurus aber, so heisst es unter deutschen Militärfachleuten, kann das.» Oder: «wir schaffen das», wie Merkel gesagt hätte.

Also her damit, keine Weichheiten, was muss, das muss: «Eine deutsche Politik, die Sinn für das Wesentliche hat, würde den Taurus deshalb jetzt freigeben.» Aber leider, leider ist es mal wieder so: die deutsche Politik interessiert es einen feuchten Kehricht, was Seliger für den Sinn fürs Wesentliche hält. Glücklicherweise, denn das ist Unsinn. Während es sich beim Taurus offenbar um eine deutsche Präzisionswaffe handelt, ist Seliger ein Unguided Missile.