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Der Elefant und die Hitze

Tamedia taucht in neue Tiefpunkte ab. Hitzschlag?

Das ist mal eine Ansage. Das Qualitätsmedium «Tages-Anzeiger» erklärt gaaaanz laaangsam, wieso die SVP mal wieder falsch liegt. «Wissenschaftsredaktor» Martin Läubli nimmt den Mund ziemlich voll: «Wir zeigen auf, warum keine Absicht hinter den zu hohen Temperaturen sein kann und warum Wettervorhersagen zwar immer besser werden, aber keine exakte Wissenschaft sein können.»

Um sich das entsprechende Wissen anzueignen, vermeldet er in der Autorenzeile stolz, sei er seit 2000 im Dienst der Klimaforschung unterwegs. Dafür «besucht und verfolgt er die internationalen Klima- und Umweltkonferenzen». Wir hoffen fürs Klima, dass er das mit dem ÖV und ja nicht mit dem Flugzeug tut.

Aber wie auch immer, ein Fachmann. Der erklärt nun in sechs Punkten länglich und breitlich, welche Daten SRF Meteo für seine Prognosen verwende, was solche Modelle machten, dazu ein Beispiel, ist noch Luft nach oben, und schliesslich: «Was kann man aus der Wetterdebatte lernen?»

Das würde den Leser brennend interessieren. Daher lässt Läubli hier seine ganze Sachkomptenz auf ihn niederregnen (hm, falsches Bild). Die Meteorologen hätten in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Aber:

«Doch nach wie vor ist es nicht möglich, für jeden Punkt auf der Welt und auch in der Schweiz eine absolut präzise Wettervorhersage zu machen. Und das wird vorläufig auch so bleiben. Und wenn ein aufgeregter Tourist eine viel tiefere Temperatur misst, als die Wetter-App angibt, so muss er sich bewusst sein: Sein Standort entspricht nicht unbedingt jenem Gitterpunkt, für den das Modell die Daten errechnet hat

Nimm das, du dummer SVP-Tourist, kann doch nicht so schwer sein. Muss man doch kapieren. Oder nicht?

Oder nicht. Läublis Aufklärungsversuch ist eigentlich brüllend komisch. Denn da schreibt einer umfangreich, gelehrt und hochkompetent einen Artikel, dessen intellektuelles Niveau ungefähr auf Zimmertemperatur liegt. Wenn es sich um ein gut gekühltes Zimmer handelt.

Denn er erzählt dem Leser so ziemlich alles, was der so genau gar nicht wissen wollte. Nur tut er dabei so, als ob er den Riesenelefanten im Raum nicht sehen würde. Man könnte damit direkt einen Slapstick-Kurzfilm drehen, wo Läubli in einer Wetterzentrale herumirrt, auf Bildschirme starrt, wichtig an Hebeln rumspielt, 3-D-Gittermodelle durch den Raum fliegen lässt – und den Riesenelefanten ignoriert, obwohl er gelegentlich sogar über dessen Rüssel stolpert.

Der Riesenelefant materialisiert sich in einer einfachen, aber entscheidenden Frage. Aber ausgerecht die stellt Läubli weder, noch beantwortet er sie.

Sie lautet:

Wenn das alles so wäre, wie Läubli umfangreich behauptet, wieso ist es dann sowohl dem kleinen Kachelmannwetter wie dem grossen Weather Channel möglich, regelmässig sehr präzise Wetterprognosen für Orte auf der ganzen Welt abzuliefern? Wieso täuschen sich die beiden höchstens mal um ein halbes oder um ein Grad nach oben oder nach unten? Während SRF Meteo sich regelmässig und konsequent und immer nur nach oben täuscht? Um bis zu 7 Grad, was nun doch ein Fehler im 20-Prozent-Bereich ist?

Und wenn das halt daran liege, dass SRF leider, leider nicht die Kohle hat, vernünftige Prognosen einzukaufen, aber im Inland von Hand und wahnsinnig akkurat vorhersagt, wieso liegt es dann auch in Genf um vier Grad daneben, natürlich nach oben?

Läubli hätte sich die ganze Mühe der Erklärung sparen können, wie weltweite Wetterprognosen zustande kommen und wie furchtbar schwierig das sei. Dass es niemals möglich sein wird, für jeden Punkt der erde eine präzise Temperaturvorhersage zu machen, geschenkt.

Darum geht es doch gar nicht. Sondern um den Elefanten im Raum. Elefant? Was für ein Elefant? Ich sehe keinen Elefanten, stammelt Läubli, der Klimawissenschaftler. Nicht mal mehr das kriegt Tamedia auf die Reihe, ohne sich unsterblich zu blamieren.

Hitzestau

Heiss, heisser, am heissesten.

Das Problem einer Kampagne ist immer: irgendwann gehen die Superlative aus. Und der Bezug zur Realität völlig verloren.

Die Hitzekampagne ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Seit Tagen wechseln wärmere Stunden mit wirklich kalten ab. Man muss nicht in den Hochalpen wohnen, um erfreut festzustellen, dass das Badezimmer am Morgen angenehm warm ist. Weil die Heizung eingeschaltet wurde.

Aber von solchen Nebensächlichkeiten soll man sich bekanntlich keine schöne Kampagne kaputtmachen lassen, sagt sich Tamedia (als Beispiel, der «Blick» ist schlimmer, CH Media weniger schlimm, aber auch):

«Seit Beginn der Aufzeichnungen», das ist gut, aber nicht gut genug. «Seit Jahrtausenden» ist schon besser. Aber der «jemals gemessene Juli» ist am besten. Oder man kann es auch so formulieren:

«Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen «in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos» seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte «wahrscheinlich» sogar für die vergangenen 100’000 Jahre.»

100’000 Jahre, das ist doch mal eine Strecke. Auch der UN-Generalsekretär ruft sich mal wieder in Erinnerung: «António Guterres erklärte in New York: «Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen.» Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.»

Nun will sich ZACKBUM keinesfalls aufs Glatteis (oh, falsches Bild) der Debatte begeben, ob es den Klimawandel gibt, wenn ja, ob er menschengemacht und schädlich sei – oder nicht. Aber unsere Aufgabe ist die Medienkritik. Bei solchen Langfristangaben schwingt immer eine gute Portion Lächerlichkeit mit. Aber das ist halt Sauregurkenzeit im Journalismus, da greift der Redaktor gerne nach jedem SDA-Strohhalm und fackelt ihn dann gebührend ab.

Noch einen Tick absurder wird’s beim Wetterbericht. Also nicht bei jedem, sondern bei dem von SRF. Da hat Kurt W. Zimmermann in seiner WeWo-Kolumne einen hübschen Skandal offengelegt. Nein, dafür musste er nichts aufpumpen oder behaupten oder erfinden. Sondern schlichtweg die Temperaturprognosen von SRF-Meteo mit den Prognosen von Mitbewerbern vergleichen. Und da wird’s dann affenheiss:

Was das ist? Eben ein Skandal. Die erste Kolumne zeigt die tatsächliche Temperatur an diesen Orten am Dienstag dieser Woche. Die zweite die Prognose von SRF, die dritte von Kachelmannwetter und die vierte von der Benchmark «The Weather Channel». Fällt da etwas auf? Nein, na, dann probieren wir es hier nochmal, Zimmi sei Dank:

Ausser vielleicht, Sie sind SRF-Meteorologe, räumen Sie nun sicher ein: hm. Was für ein Zufall auch. SRF Meteo liegt immer, ausnahmslos, um bis zu 7 Grad über den tatsächlich gemessenen Werten. 7 Grad!

Nun könnte man noch einwenden, dass das halt sauschwierig sei, die Temperatur vorherzusagen. Das kann aber auch nicht stimmen, weil es Kachelmann und dem Weather Channel regelmässig gelingt, ziemlich genau die wirklichen Temperaturen zu treffen.

Natürlich weist der von Zimmermann dazu befragte Chef des vielköpfigen Wetterteams von SRF den «politischen Verdacht» als «absurd» zurück. Das sei alles vollautomatisch, man könne die Algorithmen gar nicht beeinflussen, behauptet Thomas Bucheli.

Der böse Verdacht von Zimmi ist natürlich, dass es sich hier um eine rot-grün motivierte Manipulation handle. Entweder verwenden Kachelmann und der Wetterkanal einfach viel bessere Berechnungsmethoden als der im Geld schwimmende Zwangsgebührensender. Oder aber, SRF verwendet Methoden, die nicht korrekt sind.

Merkwürdig ist dabei tatsächlich, dass das keinem der vielen SRF-Meteorologen auffällt. Diese gewaltigen Temperaturunterschiede, das ist doch etwa so, wie wenn Meteo regelmässig Starkregen mit Hagelschlag ankündigen würde. Und dann tröpfelt es etwas vom Himmel. Was andere Wetterdienste völlig korrekt vorhersagten.

Das lässt eigentlich nur drei Möglichkeiten offen. Entweder sind die Staats-Meteorologen schlichtweg unfähig und verwenden untaugliche Methoden. Das wäre hässlich. Oder aber, sie schrauben absichtlich und konsequent die prognostizierten Temperaturen nach oben. Das wäre noch hässlicher. Oder aber, sie wissen darum, dass sie ständig danebenliegen, die Konkurrenz hingegen nicht, es ist ihnen aber einfach egal. Das wäre am hässlichsten, was auch eine Steigerung bis zum Superlativ ist.