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Wumms: Philipp Löpfe

Abgehalftert im Abklingbecken des Journalismus.

«Ob SVP oder Weltwoche, ob Republikaner oder Fox News: Sie alle stehen stramm hinter dem russischen Präsidenten und seinem absurden Krieg.»

Dass «watson» das Allerletzte ist, was sich Medienorgan nennt, muss nicht weiter ausgeführt werden. Die Weltmeister des Listicals, der Tierbilder, der schlüpfrigen bis pornografischen Liebesbeichten versuchen auch, ernsthaft Politik zu kommentieren.

Dafür zuständig ist in erster Linie Philipp Löpfe. Eigentlich könnte er (Jahrgang 1953) schon längst den unverdienten Ruhestand geniessen. Stattdessen verpestet er die Umwelt mit seinen Kommentaren. Für ihn besteht die Welt immer noch aus Gut und Böse, Schwarz und Weiss, Dafür oder Dagegen. Differenzierung ist nicht so seine Sache, der Holzhammer schon eher.

Also holzte er zu Beginn des Ukrainekriegs in einem Kommentar gegen seine Lieblingsfeinde. Dagegen wurde beim Presserat Beschwerde erhoben. Dieses Gremium arbeitet einäugig schon lange daran, sich selber abzuschaffen. Aber hier zeigte es tatsächlich mal einen Funken Intelligenz. Und hiess die Beschwerde immerhin «teilweise» gut. Denn auch in Kommentaren, was Löpfe offenbar neu ist, «sind jedoch die Fakten zu respektieren».

Noch irrer war dann die Verteidigungslinie des Chefredaktors von «watson». Maurice Thiriet zitierte diverse Einlassungen von Roger Köppel und anderen SVP-Exponenten, die die demagogischen Behauptungen von Löpfe stützen würden. Kleiner Schönheitsfehler: selbst wenn das so wäre; diese Aussagen erfolgten nach Publikation des Schmierenkommentars …

Noch erstaunlicher: gleichzeitig schmettert der Presserat eine Beschwerde gegen die «Weltwoche» ab. Gleich 300 Unterzeichner hatten sich darüber aufgeregt, dass die WeWo in einem Kommentar maliziös das Tragen einer schusssicheren Weste der SRF-Korrespondentin Luzia Tschirsky bekrittelt hatte. Sie stand zu Beginn des Ukrainekriegs an einer Ausfallstrasse, wo die grösste Gefahr offensichtlich vom Verkehr ausging.

Der «abschätziger Kommentar» stütze «sich auf eine ungenügende Grundlage oder gar auf eine blosse Vermutung», wurde gemeckert. Das sei aber in einem deutlich so gekennzeichneten Kommentar erlaubt, befand der Presserat. Aber natürlich kann er es nicht lassen, dem verhassten Organ noch eins ans Bein zu pinkeln: Er halte fest, «dass aus berufsethischer Sicht solche Kommentare über die gefährliche Arbeit von Medienschaffenden in Kriegs- und Konfliktgebieten zynisch und unangebracht sind».

Aus eigener Erfahrung kann ZACKBUM nur sagen: welch ein Unsinn. Im Einsatz machen sich alle über Möchtegern-Kriegsreporter lustig, die martialisch mit Helm und schusssicherer Weste rumlaufen und überall gross «Press» angeschrieben haben. Die könnten sich genauso ein Post-it an die Stirn kleben, auf dem steht: «Depp». Oder «Schiess auf mich».

Klappern gehört zum Handwerk. Unvergesslich die Szene, wie der mutige Reporter sich mit letzter Kraft gegen den Sturm stemmt und tapfer berichtet – während hinter ihm ein Mensch durchspaziert, der nichts gegen die Brise unternehmen muss.

Oder die tolle Szene im Hollywoodstreifen, wo der Journalist alle mit seiner Empathie beeindruckt, weil er während den Schilderungen der Interviewten ein Tränchen aus dem Augenwinkel wischt. Nur stellt sich dann heraus, dass das Interview mit nur einer Kamera gedreht wurde – er also sich und seine Fragen erst im Nachhinein hineinschnitt.

 

Sprachwolf «watson»

Titel sind Glücksache. Oder einfach mit Pech behaftet.

Früher, in den guten, alten Zeiten, war die sogenannte Ausstattung eines Artikels Beschäftigungsgebiet für zwei eigene Berufsgattungen. Der Textchef und/oder der Produzent beugten sich darüber, wie man das Manuskript, das angeliefert worden war, am besten einschenken könnte. Also Spitzmarke, Titel, Lead, Zwischentitel, Bildlegenden, Anmerkungen, Kästchen. Natürlich war zuvor der inhaltliche Ablauf gecheckt worden; rumpelt es irgendwo, steigt der Leser mangels Verständnis aus, gibt es einen Spannungsbogen, muss es umbedingt der vom «Spiegel» in den deutschen Sprachraum importierte szenische Einstieg sein.

Diese Fragen und noch viel mehr wurden ernsthaft reflektiert, angegangen und beantwortet.

Heute, in den schlechten, neuen Zeiten, muss das normalerweise der Autor des Artikels selber machen. Unter Zeitdruck. Und unabhängig davon, ob er es kann oder nicht. Da kann es schnell zu schrecklichen Unfällen kommen.

Wie zum Beispiel der hier von «watson»:

Fleischwolf, Knochenmühle, Stahlgewitter, Kanonenfutter, das waren Begrifflichkeiten für die Barbarei des 1. Weltkriegs. Hier wollte der Autor offenbar daran erinnern, aber er wusste nicht, wie er den Begriff «Fleischwolf» einführen konnte. Also wollte er ihn mit einer möglichst neutralen Bezeichnung einfangen, und herauskam die Missgeburt «Der Stand der Dinge zum Fleischwolf».

Ist leider kein korrektes Deutsch, drückt aber immerhin aus, das Titel schon auch Glücksache sind. Oder von Könnern gemacht werden sollten.

Man kann’s aber auch ganz anspruchslos probieren, um sozusagen die unterste Schublade aufzuziehen:

Eine neckische Variante ist der «oh, nun hat’s keinen Platz mehr»-Titel:

Und weil’s so schön ist, gleich noch mal:

Und noch mal:

Was erfahrene Leser schon fürchteten und wovon viele hofften, dass es ihnen diesmal erspart bleibt: nein, das wird der Schlussknaller, da müssen wir noch durch:

Nix verstan? Genau das sollte wohl die Absicht sein. Neben dem missglückten Titel, dem zu langen Titel, dem schlichtweg hirnrissigen Titel gibt’s auch den absolut unverständlichen. Aber ZACKBUM will nicht meckern, «watson» gibt’s immer noch. Wir sind aber fest entschlossen, diesen Betriebsunfall des Journalismus  zu überleben.

Wumms: Hansi Voigt

Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte.

Der Mann ist ein Tausendsassa. Voigt präsidiert neu den Verein «Netzcourage». Ein Aufstieg vom «Präsident a.i.». Wer ihn allerdings in dieses Amt gehoben hat, ist geheim.

Voigt ist zudem «Co-Geschäftsleiter» von «we.publish». Noch nie davon gehört? Also bitte: «Die We.Publish Foundation fördert unabhängige journalistische Angebote und die Medienvielfalt in der Schweiz.» Wie sie das macht? Also man sollte auch mal aufhören, Fragen zu stellen.

Dann ist Voigt der Gründer von «watson». Das erwähnt er gerne in seinem Lebenslauf, die Umstände seines Abgangs lieber nicht. Etwas halsstarrig hält der Wanner-Clan an diesem Millionengrab fest.

Dann war Voigt mal bei «20 Minuten». Bis er auch dort die Machtfrage stellte und als zweiter Sieger vom Platz ging.

Schliesslich ist Voigt noch im Vorstand des «Verein Bajour» und auch noch in der Geschäftsleitung. Ob es daran liegt, dass dieses resonanzlose Produkt Million um Million einer reichen Pharma-Erbin verröstet? Mit Unterseiten wie der oben dargestellten; eigentlich sollte hier die «Bajour-Kollektion» locken. Aber wer sich nicht gross ums Geldverdienen kümmern muss …

Früher, ja früher gab es noch Angaben zur angeblichen Leser- und Abonnenten-Entwicklung. Vorbei, verweht, weg. Dafür zeigt das Seitenmenü mit dieser Hierarchie überdeutlich, worum es eigentlich geht:

Gegen diese Bettelei ist ein «Surprise»-Verkäufer geradezu ein Ausbund von Zurückhaltung und Seriosität. Beim Strassenmagazin weiss man aber wenigstens, wofür man etwas bezahlt. Bei «bajour» ist der Inhalt dermassen uninteressant, dass es sich eigentlich nur um eine Solidaritätsspende handeln kann.

Wo’s ihm in en Kram passt, fordert Voigt Transparenz und beschimpft reiche Menschen, die sich angeblich Medien halten. Ein kühner Vorwurf von einem, der auf Kosten eines reichen Menschen lebt.

Mit Transparenz in eigener Sache ist’s auch nicht weit her. Früher berichtete ZACKBUM einige Male über Voigt und wollte ihm immer Gelegenheit geben, zu Fragenkatalogen Stellung zu nehmen. Seine Antwort: tiefes Schweigen. Dabei hätten wir gerne gewusst, wie er auf die perverse Idee kam, Gegner der dann an der Urne abgelehnten Subvention-Milliarde für reiche Medien-Clans (wovon für «bajour» auch was abgefallen wäre) als «Freund:innen des Faschismus» zu beschimpfen. Vergewaltigte Sprache, vergewaltigter Begriff, widerlich.

So hält er es auch als frischgebackener Präsident eines Vereins gegen Hass und Hetze im Internet, dessen hasserfüllte Geschäftsführerin alle namentlich beschimpft («strafbar und Du weisst das», «Fülschi dir reichts auch langsam. Dass dies (und viele andere Aussagen der letzten Monate) justiziabel sind, dürfte sogar dir klar sein»), die eine Kritik an ihr oder ihrer Amtsführung wagen.

Interessiert hätte auch, was der Vereinspräsident dazu sagt, dass ein mit herzlichem Dank rausgeschmissener Mitarbeiter, trotz aller Solidarität mit dem Vereinszweck, öffentlich gemacht hat, dass er in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber steht.

Woher Voigt die Chuzpe nimmt, überhaupt jemand anderen oder irgend etwas zu kritisieren, bei diesem eigenen Leistungsausweis, das lässt sich wohl nur damit erklären, dass er in einem Paralleluniversum lebt.

Sumpfgebiete

Es gibt Abgründe. Und dann gibt es «watson».

Mal wieder ein Beitrag für Leser mit einem starken Magen. Eigentlich wollten wir diese hässliche Karikatur von allem, was Journalismus sein könnte, hinkünftig mit Missachtung strafen. Aber «watson» ist sogar stärker als die besten Vorsätze.

Schuld daran ist der hier. Oder das hier:

Ben sei single, behauptet «watson», Mitte 30 und lebe in einer WG. Das ist natürlich alles erfunden, aber es nimmt schon Wunder, welche kranke Fantasie sich die Texte für seine Kolumne ausdenkt. Wir halten uns kurz die Nase zu, unterdrücken tapfer jeden Brechreiz und zitieren:

«Es gibt drei Arten von Frauen, die mir suspekt sind. Erstens: Frauen, die Blowjobs nicht mögen. Einfach so per se nicht. Oder die miserabel darin sind.»

Okay, wir leisten uns ein Bäuerchen und einen Schnaps. Denn Ben kann den Arschloch-Faktor noch steigern:

«Es war das erste Mal, dass sie seit der Scheidung Sex hatte. Und für mich war es das erste Mal, dass ich mit einer Frau Sex hatte, die sich gerade hat scheiden lassen. Der Sex war denn auch so, wie er mit einer Person ist, der eigentlich egal ist, mit wem sie gerade Sex hat. Sie ritt mich, als wäre ich gar nicht wirklich anwesend.»

Nein, das kann man nicht erfinden, nur zitieren. Unter Missachtung alles Hygienevorschriften kommt nun noch der grausliche Schluss:

«Sie hat mir am nächsten Tag geschrieben, ob wir uns wiedersehen wollen. Wir könnten auch den Drink-Part weglassen und uns einfach treffen. «Für ein bisschen Spass …» Ich antwortete, ich würde wohl etwas anderes suchen. Sie schrieb: «Okay».»

Das ist erschreckend und erschütternd. Aus einer Vielzahl von Gründen. Zunächst einmal: welches kranke Hirn denkt sich das aus? Dann: welche kranke Redaktion publiziert das? Aber es kommt noch schlimmer. Dieser Schrott hat doch tatsächlich 292 Kommentare ausgelöst.

Darunter solche Highlights: «Du schreibst gut. Direkt und kurzgefasst. So empfinde ich viele Männer und es gefällt mir. So unkompliziert.»

ZACKBUM schliesst den Deckel über diesem Abfallhaufen und schwört aufs Neue, dass es ihn nun aber drauflässt. Eine dringende Bitte an den Wanner-Clan: Das ist doch rufschädigend, sowas. Damit noch Geld verlochen, das ist doch pervers. Oder etwa nicht?

Einerseits – andererseits

Kann man so oder so sehen. Und Analyse nennen.

Ein unbedarfter und mit wenig Fachkenntnis beleckter Journalist ist die Pest. Vor allem, wenn er kräftig austeilt, Regierende, Handelnde und Verantwortungsträger wohlfeil belehrt, was sie alles falsch machen, was sie stattdessen tun sollten. Dabei wird der Redaktor von seiner zunehmenden Bedeutungslosigkeit geschützt. Er gibt zwar haftungsfrei und verantwortungslos seinen Senf zu allem. Wie der Chefredaktor des St. Galler «Tagblatts» mit seinem Stinkefinger-Kommentar. Aber keiner hört auf ihn.

Eine andere Variante ist, sich in ein Einerseits-Andererseits zu flüchten und das dann «Analyse» zu nennen. Damit ist der Redaktor dann für alle Eventualitäten gerüstet. Geht’s tatsächlich in die eine Richtung: er hat’s analysiert. Geht’s aber in die andere Richtung: kein Problem, hat er ja analysiert. Ein schönes Mängelexemplar dieser Methode bietet, wer denn sonst, das Intelligenzblatt «watson».

Denn neben Listicals, den lustigsten Irgendwas und schlüpfrigen Sex-Tipps will «watson» ja auch feste Nahrung anbieten. Also auch etwas zum Ukrainekrieg sagen. Nur ist es da, wie meist bei Kriegen, etwas unübersichtlich. Also ist «die Ukraine gerade im Aufwind». Einerseits. «Aber das muss dennoch nicht die Wende bedeuten», andererseits.

Die Bezeichnung «Analyse» für das, was dann folgt, ist allerdings eine Mogelpackung. Denn es ist einfach ein Zusammenschrieb längst bekannter Meldungen aus teilweise trüben Quellen. «Ein in den sozialen Medien verbreitetes Video soll zeigen, wie sich Soldaten eines LNR-Bataillons weigern, weiterzukämpfen», eine mit Russland verbündete Miliz. Einerseits. «Gleichzeitig wird die Ost-Offensive der russischen Armee unvermindert weitergeführt.» Andererseits.

«Auf dem Süden ruhen die Hoffnungen der sich erbittert verteidigenden Ukrainer.» Einerseits. «Experten sind sich jedoch weitgehend einig, dass der Ukraine sowohl Waffen als auch Soldaten fehlen, um eine gross angelegte Gegenoffensive zum Erfolg zu bringen.» Andererseits.

Analytischer Höhepunkt zum Schluss: «Kiews Truppen rücken zwar vor, aber nur sehr langsam. Beobachter vor Ort berichten, dass seit Wochen und vonseiten beider Kriegsparteien kaum relevante militärische Geländegewinne gab. Die Gefechte bestehen aus einem langwierigen Abnützungskampf. Dieser könnte sich weiter hinziehen, nachdem Russland fortwährend Truppen in den Süden verlegt.»

Nun kann «watson» natürlich als mildernden Umstand anführen, dass dieser analytische Wackelpudding von der «Aargauer Zeitung» hergestellt wurde. Also ein Qualitätsprodukt aus dem Hause CH Media sei. Vielleicht sollte der Wanner-Clan weniger Geld in den eigenen Weinberg, dafür mehr Kohle in die Qualität seiner Redaktion stecken.

Sonst muss der Leser leider Goethes Faust zitieren (kann man googeln, keine Panik): «Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor.»

Peinlich!

Es gibt Fehltritte, die über die normale Schmerzgrenze hinausgehen.

Es ist peinlich, wenn ausgerechnet in einer Reportage über einen Kleiderhersteller dessen makelloser Outfit so gelobt wird: «Wolfgang Grupp verkörpert den traditionellen Patron, wie man ihn sich vorstellt: massgeschneiderter Zweireiher, Hemd mit Bottom-down-Kragen, Krawatte und Einstecktuch.»

Bottom down? Unterseite nach unten? Da würde es den traditionellen Patron schütteln; ein Mitarbeiter, der Button-down-Hemden sprachlich vergeigt, würde bei ihm nicht mal die Probezeit überstehen. Aber im Journalismus ist inzwischen alles erlaubt, sogar in der NZZ

In Bild und Text peinlich ist der «Tages-Anzeiger». Nachdem Redaktor Huber die Co-Geschäftsfüherin der Lobbygruppe «Foraus» spätpubertär-peinlich anschmachten durfte, widmen sich Markus Häfliger und Philipp Loser nun genauso peinlich der oberpeinlichen Co-Präsidentin der Lobbygruppe «Operation Libero».

Sanija Ameti habe den «Ort selbst gewählt», unter dem Höllentor von Rodin macht sie es nicht; wenn der Künstler nicht schon längst verstorben wäre, müsste man ihm Schmerzensgeld zahlen. Denn Ameti entledigt sich ihrer potthässlichen Treter und hüpft Mal für Mal vom Podest, bis der Fotograf zufrieden ist über den Faltenwurf des Plisseerocks, die Position der Arme und den getragen-ernsten Gesichtsausdruck.

ZACKBUM ist gespannt, ob es menschenmöglich ist, ein peinlicheres Foto zu einem peinlicheren Interview zu stellen. Gut, die ukrainische Präsidentengattin hat da in der «Vogue» etwas vorgelegt, was nun schwer zu toppen ist. Aber der Fotograf Urs Jaudas, Häfliger und Loser geben sich wirklich Mühe.

Das Leben kann da Leben kosten, das wussten wir schon lange. Selbst so scheinbar harmlose Verrichtungen wie kochen, schlafen oder kauen bergen ungeahnte Todesgefahren. Aber der Blöd-«Blick» weiss noch einen draufzusetzen:

Wir warten auf die Fortsetzungen: Todesfalle Dusche. Überleben im Bett. Sterben beim Stuhlgang. Atmen kann das Leben kosten.

Journalisten müssen keine Hirsche bei der Beherrschung der deutschen Sprache sein. Inzwischen können sie sich auch ohne zu widersprechen jeden Gender-Unsinn erzählen lassen und drucken ihm im St. Galler «Tagblatt», ein Qualitätsprodukt aus dem Wanner-Konzern, sogar noch ab:

«Als Alternative verweise ich als Gleichstellungsbeauftragte gern auf geeignete Alternativen, inklusiv zu formulieren: sogenannte geschlechtsneutrale Formen. Partizipien im Plural wie «Mitarbeitende», «Studierende», abstrakte Bezeichnungen wie «das Mitglied», zusammengesetzte Wörter mit -kraft, -hilfe oder -person, ausserdem Relativ-und Passivsätze.»

Das trällert Rahel Fenini, «Co-Leiterin Abteilung Integration und Gleichstellung des Kantons St. Gallen». Wenn ein Berufsschreiber den Missbrauch des Partizips Präsens unwidersprochen hinnimmt, bei der Verwendung von «das Mitglied» nicht nachfragt, wie es denn dann mit der Exklusion von Männern bei «die Person» steht, dann ist Hopfen (männlich) und Malz (sächlich) verloren.

Kann eine Auflistung von Peinlichkeiten vollständig sein, wenn «watson» nicht vorkommt? Die Frage stellen heisst, sie beantworten:

Muss man sich das so vorstellen, dass sich ab einer gewissen Raumtemperatur das Hirn des Journalisten verflüssigt? Oder verdampft? Oder zwischen den Ohren ein Echoraum entsteht? Wir wissen es nicht.

 

 

Hitzestau

Schon mitgekriegt? Es ist heiss.

Wenn der Journalismus nichts anbrennen lässt, dann heizt er einem Thema richtig ein. Es gäbe eigentlich ziemlich viel zu erklären und aufzuklären in der Welt, aber es ist viel einfacher, dem staunenden Leser mitzuteilen: es ist heiss. Es ist wirklich heiss. Es ist Sommer, und erstaunlicherweise ist es heiss. Gelegenheit für eine Fotoromanza.

Zuerst zum Aufwärmen der Blöd-«Blick»:

Einzelfeuer aufs Thema Hitze.

Dauerfeuer aufs Thema Hitze.

Man zwingt den Leser auch dazu.

Gute Ratschläge dürfen nicht fehlen.

Dem Leser muss alles erklärt werden.

Für Leser, die zu blöd sind, eine Karte zu verstehen.

Keine Mär zu ausgeleiert, um nicht rezykliert zu werden.

Aber auch der hochstehende Qualitätsjournalismus aus dem Hause Tamedia kommt um das Thema nicht herum:

Bangemachen gilt nicht.

Wenn die B-Mannschaft am Gerät ist, gibt’s halt einen Ticker.

Und ein Sammelgefäss mit den schönsten Hitze-Storys.

Heiss, heisser, am heissesten.

Die Kollegen von CH Media werfen sich lieber aufs Lokale:

Besser ein Rasensprenger als den Rasen sprengen.

Auch der Wald stirbt mal wieder.

Schliesslich der Aufschwung in die Höhen des Oberliga-Qualitätsjournalismus, auch die NZZ kommt am Thema nicht vorbei:

Immerhin ein internationaler Aspekt.

Ein Beitrag für unsere vierbeinigen Freunde.

Gerne sagt’s auch die NZZ nochmal.

Den grossen IQ-Test haben wir uns bis zum Schluss aufgehoben. Wer weiss die Antwort auf die schwierige Frage: Was macht «watson» aus dem Thema? Bevor unsere Leser ins Schwitzen geraten: ist doch logo, ein Listical:

Der Nullpunkt

«watson» erreicht den absoluten Tiefpunkt.

Es soll Leute geben, die das Trashprodukt aus dem Hause Wanner für jugendaffin halten. Eine Mischung aus leichter Unterhaltung und schwerer Information. In Wirklichkeit ist es seicht, grell, schamlos, geschmack- und hirnlos, eine Verblödungsmaschine erster Ordnung.

Was sonst überall in den Medien längst verstaubt, wird hier unermüdlich gepflegt: das Listical. Also die Aneinanderreihung von Idiotischem, gruppiert um ein an den Haaren herbeigezogenes Thema. Hier ist es «watson» nun gelungen, den absoluten Tiefpunkt zu erreichen. Es gab schon viele Versuche, aber so herausragend wie dieser ist kein anderer:

Leider unterschreitet der Inhalt die Schambarriere von ZACKBUM; gefestigte Leser, die sich nicht so schnell erschüttern lassen, dürfen es hier anschauen. Wir lassen es bei einem Müsterchen bewenden:

ZACKBUM ist nicht gerührt, aber geschüttelt und wischt «watson» von der Liste der zu beobachtenden Organe. Obwohl es wenigstens eine gute Nachricht gibt (man muss nicht alles in ihr verstehen, «watson» halt): «Und während sie im eher harzigen Mittelteil dieser Staffel zu Bros geworden sind, verlässt Simone Meier das watson-Büro für ein paar Wochen, und mit ihr geht auch der wunderbare Duft sommerlicher Leichtigkeit, der sie stets umgibt.» Besonders, wenn sie launig von «Juden canceln» schwafelt.

Eine gute Nachricht

Die Welt wird besser. Ein wenig. Vorübergehend.

Es mag nun ZACKBUM-Leser geben, die sagen: wer hört auf? Woran merkt man das? Was wäre, wenn die weitergemacht hätte?

Damit zeigen sie aber nur, dass ihnen wesentliche journalistische Spitzenleistungen an einem gewissen Körperteil vorbeigehen. Nein, nicht hinten, eher vorne. Denn «Nina Jolie» führte einen – wir nehmen die Hand vor den Mund und flüstern – einen Sex-Blog. Bei «watson». Richtig, tiefer kann das Niveau kaum sinken.

Es ist gar noch nicht so lange her, dass sich «Nina» forsch ankündigte: «Hoi! Ich bin die Neue! Nerv ich euch schon?» Ein vielstimmiges Ja schreckte sie aber nicht davor ab, die Nachfolge einer gewissen «Emma Amour» anzutreten. Denn im Qualitätsprodukt aus dem Hause Wanner ist man sich sicher: sex sells. Aber da meint man ja auch, «watson» habe eine Zukunft.

Also widmete sich «Nina» mutig Themen wie «Ich hab’s euch ja versprochen. So war mein erster Vierer», «Valentin und ich haben Bondage ausprobiert …», «Darum war mein ONS mit einem Banker der schlimmste #tbt». Muss man das verstehen? Nein, muss man nicht. Ausser, man liebt fremdschämen.

Aber nun ist schon Schluss mit «Nina». Warum denn das? Jetzt müssen wir alle ganz stark sein und Mitgefühl heucheln: die Verbalerotikerin will nicht mehr «ihr ganzes Liebesleben vor einem so grossen Publikum breittreten». Wobei höchstens der unterbelichtetste aller «watson»-Leser annahm, dass auch nur ein Wort der Storys nicht erfunden war. Deshalb war dann auch der Druck zu gross, «jede Woche eine Story abliefern zu müssen». Wenn man halt keine Fantasie hat …

Aber richtig ans Herz geht der dritte Grund: sie sei in den Kommentarspalten immer so ganz schlimm angefeindet worden. Fazit: «Der Blog hat ihr oft eine Menge Spass bereitet! Aber leider nicht genug, um weiterzumachen.» Immerhin, einer Person soll es oft Spass gemacht haben, ist doch was.

Versucht nun «watson», daraus etwas zu lernen, dass bereits der zweite Versuch gescheitert ist, mit schlecht erfundenen Sex-Storys die Leser zu animieren? Aber nein, dann wäre es doch nicht «watson»: «Wir haben entschieden, dass wir dem Liebes- und Sex-Blog eine Sommerpause gönnen und im August mit einem neuen Format wieder starten werden.»

Endlich kann man sich neben dem 1. August auf ein anderes tolles Ereignis in diesem Monat freuen. Obwohl wir bei solchen Themen überhaupt nicht sattelfest sind, wagt ZACKBUM doch einen kleinen Tip: wie wäre es mit einem gendergerechteren Autor*In? Vielleicht ein bipolarer Transvestit mit Selbstfindungsproblemen und einem Hang zum Fetisch? Oder ein Autor*In, der sich darum bemüht, alle circa 164 offiziell gezählten Gender durchzuprobieren? Mit lustigem Wettbewerb: wer errät, wie ich diesmal gendermässig drauf bin?

 

Im Medienhimmel

Auffahrt ist’s; Zeit für leichtere Kost.

Himmlische Spitzenleistungen aus dem Schaffen unserer Qualitätsmedien.

Arbeiten wir uns von ganz unten nach oben. Wie «watson» scharf beobachtete, gingen Pixelmännchen (oder -frauen) an diesen Wettbewerb. Wo der Geschmack einen weiten Bogen macht, da ist das Organ mittendrin. Traut sich aber nix.

Was soll denn das zu meckern geben? Ist doch super, dass der «Blick» seinem Regenrohr im Logo nachlebt und nun auch Gartentipps gibt. Gehört sicherlich zur Resilienz. Allerdings: diese Story ist sehr, sehr resilient. Sie begleitet den Leser schon seit Tagen online. Seit Wochen. Bald einmal seit Monaten. Irgendwann seit Jahren. Bis es keine Brennnesseln mehr gibt.

Eigentlich ist das die alte Masche des Boulevards. Nur wen man vorher gehypt hat, kann man anschliessend richtig schön in die Pfanne hauen. Macht doch nix, dass auch Tamedia «Mr. Corona» lobhudelte. Welche Gelassenheit. Welches Vertrauen. Welche Geduld. Welche Stimme. Was für ein Mann. Und arbeitet (als Beamter!) sogar noch über seine Pensionierung hinaus. Ohne ihn hätten wir Corona sicher nicht überlebt. Und jetzt? Versäumnisse, Versager, verpeilt, wie konnte er nur, entrüstet sich der Tagi.

Das ist klassischer «#metoo»-Journalismus. Da gibt’s die Meldung, dass in Spanien Gesetz werden soll, dass Frauen mit starken Regelschmerzen deswegen zu Hause bleiben dürfen. Olé! Da überrascht der Chefredaktor seine Mannschaft mit einem Genieblitz: Das ist doch ein Thema. Aber wir müssen es lokal spielen. Also ran an die Umfrage, was meinen die Ostschweizer dazu? – Die Ostschweizer:Innen, korrigiert ihn seine feministische Fraktion. Natürlich, verbessert er sich, das ist ja ein Frauenthema. – Nein, das ist ein Menschenthema, kriegt er nun um die Ohren. Also gut, sagt er, nun aber ans Werk.

Das wird aber ein Werkchen, im Tagblättchen von St. Gallen: «Das sagen zwei Ostschweizer Politikerinnen, eine Feministin, der Thurgauer Gewerkschaftsbund und der St.Galler Gewerbeverband.» Minimale Pflichterfüllung, sagt ZACKBUM.

Ein (in Zahlen 1) russischer Diplomat hat einen starken Abgang hingelegt und sich mit Getöse gegen seinen Staat und seine Regierung gewandt. Das ist ausserordentlich und ausserordentlich mutig. Aber ist’s schon eine Welle? der Diplomat ging bei der Genfer UNO-Delegation Russlands von Bord. Also wie gemacht für die geballte Recherchierpower von Tamedia. Oder auch nicht. Die Artikel stammen von Frank Nienhysen, der schaffte auch ein Interview mit dem abtrünnigen Diplomaten. So arbeitet man halt bei der «Süddeutschen» immer noch. Während die Schweizer Tamedia-Redaktoren Maulaffen feilhalten und zuschauen.

Ergreift der Häuptling das Wort, geben sich die Indianer immer besonders Mühe. Eric Gujer ordnet mal wieder die Welt in der NZZ, zeichnet die ganz grossen Linien und blickt kompetent in die Zukunft. «Der Sieger im Ukraine-Krieg steht schon fest: China.» Welch ein Blick durch die Dinge hindurch. Aber wie bebildert man das nur? Krisensitzung der Bildredaktion, rote Striemen auf der Kopfhaut vor lauter Kratzen. Ernste Gesichter, leichte Schweissausbrüche, Angst um den Arbeitsplatz. Bis jemand die rettende Idee hatte: Chinesinnen. Auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Hinten Mao, vorne lacht’s. Das traf zunächst auf Unverständnis und offene Münder. Aber der clevere Entdecker legte nach: Als Bildlegende schreiben wir «China könnte zum lachenden Dritten werden.» Allgemeine Erleichterung, Applaus, tiefes Einschnaufen, anerkennendes Kopfnicken. Und keiner merkt, wie lachhaft dieses Foto zu diesem Text ist. Ob’s wenigstens der Autor rafft?