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Kanne leer

Das grosse Medienergiessen über eine leere Walliser Beiz. Gehört zum «service public».

Wenn die Newsschleudern besonders demütig erscheinen wollen, sprechen sie vom «öffentlichen Dienst», den sie verrichten. Eine nötige Serviceleistung wie die Müllabfuhr, der Strassenunterhalt oder der ÖV.

Damit auf der Welt immer nur so viel passiert, wie in einer gedruckten Ausgabe oder neuerdings auf der Webseite Platz hat, besteht der Dienst am Kunden auch aus der Auswahl und Gewichtung der Nachrichten. Da wird gnadenlos Wichtiges von Belanglosem getrennt, und je nach Bedeutung mehr oder weniger viel Platz eingeräumt.

Exemplarisch kann man das Funktionieren dieses gut geölten Räderwerks, dieses Wunderwerks am Beispiel «Walliserkanne» verfolgen. Das Stichwort bringt es auf satte 330 Treffer in der Mediendatenbank, wenn man die Falschschreibung «Walliser Kanne» ebenfalls berücksichtigt. Aber Korrektorat war gestern.

Nun könnte man meinen, dass diese weltbewegende Staatsaffäre mit der Schliessung des Lokals, der Verhaftung – und Freilassung – der Wirte ihr Ende gefunden hätte. Noch etwas Aufarbeitung – war der Polizeieinsatz verhältnismässig, spinnt die Walliser Staatsanwaltschaft, die einen Monat U-Haft beantragte –, und gut ist.

Abstimmungspropaganda auf die unfeine Art

Dem wäre vielleicht so, wenn nicht am 28. November über das Referendum zum verschärften Corona-Gesetz abgestimmt würde. Nachdem in dem Mainstream-Medien inzwischen leichte Panik herrscht, ob dieses Referendum doch nicht nur von Verpeilten, Verwirrten, Verantwortungslosen und Verschwörungstheoretikern unterstützt wird, muss jedes Beispiel für solches Verhalten breiter als eine sechsspurige Autobahn ausgefahren werden.

Aber natürlich nicht dem Blöd-«Blick».

Die Devise lautet: seht her, solche Spinner rebellieren gegen verantwortungsbewusste staatliche Vorschriften. Wer das Corona-Kontrollgesetz ablehnt, unterstützt solch verwerfliches Tun.

Nun ist aber die Walliserkanne eigentlich bis auf den Grund geleert. Das Lokal ist geschlossen, die Übeltäter laufen frei herum, wie kann man da noch letzte Tropfen heraussaugen?

Blöd-«Blick» hat’s gefilmt, aber nicht gecheckt.

Peinlich, aber einfach. Denn «Blick TV», der Qualitätssender aus dem Hause Ringier, war vor Ort und hat gefilmt. Geglotzt, aber eine lustige Inschrift nicht verstanden. Dafür haben wir doch die übrigen Qualitätsmedien. Genauer das «Megafon». Richtig, das anonyme Hetzorgan aus der Küche der Berner «Reitschule», das schon durch einschlägigen Kopf-ab-Humor bekannt wurde.

Die geheimen Abgründe hinter der «Walliserkanne»

Das «Kollektiv» entdeckte auf dem Video von «Blick TV» Schreckliches, was allen anderen entging.

Inzwischen erledigt schon das «Megafon» Basisrecherchen für die Qualitätsmedien.

Seht Ihr’s? Da steht doch «WWG1WGA». Nur dem oberflächlichen Blick des Betrachters entgeht der unheimliche Hintergrund. Das ist nämlich die Abkürzung für «Where we go one we go all». Und das wiederum ist ein Slogan der QAnon-Verschwörungswelt. Die wiederum ist das Werk von Spinnern, die vor allem in den USA Zuspruch fanden. Nachdem allerdings alle «Vorhersagen» Flops waren, absurde Behauptungen wie die, dass die demokratische Partei unter Beteiligung von Hillary Clinton ein Pädophilennetzwerk unterhalte, als völliger Schwachsinn verlacht wurden, trotz mehreren Ankündigungen Donald Trump doch nicht als neuer Präsident inauguriert wurde, hat der Blödsinn schwer an Wirkung verloren.

«Wo einer hingeht, gehen alle hin». QAnon-Geschwurbel mit geklautem Logo.

Selbst ein Irrwisch wie Steve Bannon behauptet inzwischen, QAnon sei in Wirklichkeit ein «Psyop» des FBI. Also eine psychologische Kriegsführungsoperation, um die Opposition gegen den amtierenden Präsidenten der USA zu diskreditieren.

Die Original-Flagge von Gadsden.

Also eine Verschwörungstheorie verschwört sich sozusagen gegen sich selbst. Gut geeignet, eine Glosse über die Verführbarkeit der Menschen und über Massenhysterie zu verfassen. Nichts ist, sagt sich Tamedia, das Heim der qualitativ hochstehenden Berichterstattung.

Vom «Megafon» kopiert, von der SDA abgeschrieben. Qualität aus dem Hause Tamedia.

Fast 8000 Anschläge verschwendet das Organ auf die Ausleuchtung der schrecklichen Hintergründe der «Corona-Verschwörer in Zermatt». Mit diesem Graffiti entlarven sich die Wirte nämlich als QAnon-Anhänger, mit Aussagen als Vertreter der Ideologie von «Reichsbürgern».

Es ist schlimm, es ist schlimmer

Aber es ist ja alles noch schlimmer: Laut «Megafon» sind die Wirte auch schon vor Corona aufgefallen. Dazu postete die Zeitung auf Twitter ein Screenshot eines Kommentars auf Tripadvisor. «Darin erwähnt ein Gast ein Handgemenge («Dies vor einem Kleinkind») und beschwert sich über das aggressive Verhalten des Inhabers. Offenbar kein Einzelfall.»

Ein geschlossenes Lokal kann im «Walliser Bote» Schlagzeilen machen.

Was lernt der schreckensbleiche Leser daraus? Wer gegen das verschärfte Corona-Gesetz ist, spinnt. Wer sich gegen sinnvolle staatliche Massnahmen wehrt, spinnt. Wer als verantwortlicher Staats- und Stimmbürger handelt, muss dem Referendum eine Abfuhr erteilen. Sonst greift das Verhalten von ein paar Verpeilten Walliser Granitgrinden wie eine Epidemie um sich in der Schweiz.

Auch CH Media berichtet lang und breit über Pipifax.

Denn dann bricht das Chaos aus, der Bürgerkrieg, müssen überall Betonblöcke vor Lokaleingänge gewuchtet werden, füllen sich die Gefängnisse mit renitenten Wirten, während sich die Beizen in Brutstätten des Killervirus verwandeln. Da ist’s dann nicht weit bis zum Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung.

Befeuert wird das nur von ein paar Querschlägern:

WeWo-Hubi will auch mitspielen im Gruselkabinett des Lachhaften.

Da kann man nur in leichter Abwandlung von Asterix sagen: Die spinnen, die Walliser. Und die Medien.