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Köppel zeuselt

Der Pyrotechniker kann’s nicht lassen. Und sprengt sich mal wieder selbst in die Luft.

Zum einen muss man ihm dankbar sein. Roger Köppel hat die Rede zur Nation des russischen Präsidenten Putin übersetzen lassen und vollständig ins Netz gestellt. Wer sich durchquält, erhält Einblicke in fahriges Gefasel, mäandrierendes Gelaber eines Orientierungslosen, der nicht wahrhaben will, dass er mit der Invasion der Ukraine Russland so schwer geschädigt hat wie keiner seiner Vorgänger.

«Und wir werden Schritt für Schritt, sorgfältig und konsequent die vor uns liegenden Aufgaben angehen

Es darf gelacht werden.

Zum Jahrestag der Invasion hat er ein Sonderheft herausgegeben, das die altbekannten Meinungen nochmals hübsch zusammenfasst. Auch dafür gebührt ihm Dank.

In seinem Editorial nimmt er einen langen Anlauf über viele Stationen, um sich zu einer vermeintlich ketzerischen Frage durchzukämpfen. Auch Ausflüge in die Tiefen der Geschichte sind ihm dabei recht: «Anders als in früheren Zeiten sind es nun nicht die Päpste und Pfaffen, die den Kreuzrittern die Schwerter salben. Anstatt auf die Bibel berufen sie sich auf eine andere heilige Schrift, das sogenannte Völkerrecht.»

Nebenbei: solche strenge Worte über Pfaffen mag der andere Köppel, der im Alter zu religiösen Erweckungserlebnissen neigt, gar nicht gerne hören.

Aber hier geht es ihm um die Frage, ob der Überfall auf die Ukraine tatsächlich ein «völkerrechtswidriger Angriffskrieg» sei:

«Stimmt das eigentlich? Ist es wirklich so, dass Russland vor einem Jahr das Völkerrecht so krass und eindeutig zertrümmerte, wie das heute geschrieben und wiederholt wird? Hat es zu dieser Frage jemals eine solide wissenschaftliche oder gerichtliche Untersuchung gegeben, Beweiserhebung, Anklage und Verteidigung? Oder handelt es sich um eine sich selbst genügende, sich selbst rechtfertigende Vorverurteilung, ein Urteil jener Gerichtshöfe der Moral, die keinerlei Prozessordnung kennen?»

Hier kann man Köppel ganz einfach weiterhelfen. Das spielt überhaupt keine Rolle. Russland hat damit gegen seine eigenen völkerrechtlich verbindlichen Versprechen verstossen. Vielleicht sollte Köppel nicht so viel Energie auf einleitendes Gedöns in seinem Editorial verwenden, sondern einfach das Budapester Memorandum nachlesen. Dann hätten wir noch die Schlussakte von Helsinki, die Charta von Paris von 1990 und die UNO-Resolution über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Staaten.

Man braucht keine Beweiserhebung, Anklage, Verteidigung, man braucht noch viel weniger eine solide Untersuchung. Selbst ein galoppierender Köppel müsste einsehen: gegen all diese völkerrechtlich verbindlichen Abmachungen, Abkommen, unterzeichnetenVerträge hat Russland verstossen.

Besonders stossend ist der Verstoss gegen das Budapester Memorandum. Hier hatte Russland als Gegenleistung für den Nuklearwaffenverzicht der Ukraine (bzw. die Rückgabe der dort stationierten Atomwaffen der Ex-UdSSR) völkerrechtlich verbindlich versprochen, die Souveränität, das UN-Gewaltverbot und die bestehenden Grenzen zu achten. Da kann man noch so viel rhetorisches Gedöns, Gelaber und ganze Heerscharen von Nebelkerzen auffahren: ist so.

Kann doch nicht so schwer sein, Roger.