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Hauskrach bei der NZZ

Verlag und Redaktion sind bezüglich Mediensubventionen unterschiedlicher Meinung.

Der «Klein-Report» förderte Erstaunliches zu Tage. Der NZZ-Verlag hält die beschlossene Medienförderung für einen «sinnvollen politischen Kompromiss», die Redaktion ist hingegen strikt dagegen.

Spannende Ausgangslage beim bevorstehenden Abstimmungskampf, wenn das Referendum gegen die vom Parlament beschlossene zusätzliche Subventionierung der Privatmedien zustande kommt. Davon ist auszugehen, also hat ZACKBUM bei der Medienstelle der NZZ nachgefragt, was denn nun Sache ist.

Die Fragen wurden schriftlich gestellt und beantwortet.

ZACKBUM: Ist es Ausdruck gelebter Liberalität, dass Verlag und Redaktion öffentlich diametral unterschiedlicher Meinung sind?

NZZ: Das ist in der Tat Ausdruck der gelebten redaktionellen Unabhängigkeit – die ja in beide Richtungen gehen kann. Es ist aber auch nicht so, dass die Meinungen völlig auseinandergehen. Seitens Verlag hat man sich schon seit Jahren positiv zum Ausbau der Indirekten Presseförderung (Vergünstigung Posttaxen) gestellt und sieht durchaus die kritischen Punkte bei der (direkten) Online-Förderung. Während die Redaktion sich aus grundsätzlichen Überlegungen gegen das gesamte Medienpaket stellt, vertritt der Verlag hier eine etwas «pragmatischere» Position, die auch eingebunden ist in die Entscheidungsfindung im Rahmen des Verlegerverbands (VSM), der ja in erster Linie die politische Interessenvertretung für die Branche wahrnimmt. Innerhalb des Verbands haben wir uns als Unternehmen schon früh zum politischen Kompromiss – und damit zu einem Ja zum Medienpaket – bekannt. Es geht dabei nicht nur um die NZZ, sondern vor allem auch um die kleineren regionalen Verlage, für welche die vorgesehene Medienförderung zum Teil existenzielle Bedeutung hat. Und als Unternehmen müssen wir auch die Interessen unseres Gemeinschaftsunternehmens CH Media vertreten. Inhaltlich spielt zudem eine Rolle, dass die heutige Marktsituation im Medienbereich keine nach liberalem Lehrbuch ist, sondern verschiedene Marktverzerrungen kennt (öffentliche Finanzierung der SRG, Postmarkt etc.). Auch vor diesem Hintergrund lässt sich eine Unterstützung des Medienpakets aus liberaler Sicht gut vertreten.

Die Redaktion hat ihre Ablehnung ausführlich begründet. Konnte sie damit den Verlag nicht überzeugen?

Verlag und Redaktion beschäftigen sich schon seit längerer Zeit mit dem Thema der Medienförderung. Wir haben uns immer ganz offen über unsere jeweiligen Positionen ausgetauscht. Die kritischen Punkte der Redaktion werden auch vom Unternehmen sehr wohl verstanden und geteilt. Während die Redaktion hier etwas grundsätzlicher argumentiert, agiert das Unternehmen vielleicht etwas realpolitischer und ist auch in die Entscheidungsprozesse des Branchenverbands eingebunden. Denn als Unternehmen treten wir in dieser Debatte nicht an vorderster Front auf – die politische Interessenvertretung wird primär über den Verband Schweizer Medien wahrgenommen.

Auch der VRP der NZZ hatte sich sehr kritisch gegenüber staatlicher Medienförderung geäussert. Ist er in diese neue Position des Verlags eingebunden?

Selbstverständlich erfolgt hierzu ein Austausch zwischen der Geschäftsleitung und dem VRP, und die Position wird gemeinsam definiert. Es gibt auch keinen Widerspruch zu den erwähnten früheren Äusserungen. Die grundsätzliche Skepsis gegenüber Subventionen und vor allem einer direkten Medienförderung teilt ja auch das Unternehmen NZZ. Am Ende kann man aber bei einem Gesamtpaket nicht mehr differenzieren, sondern nur noch Ja oder Nein sagen, und wir haben uns entschieden, das Paket zu unterstützen, auch weil für uns die Indirekte Presseförderung Priorität hat.

Für den Verwaltungsrat zählt dabei insbesondere folgendes Argument: Der heutige Medienmarkt ist verzerrt. Wir sind vor allem bei den Online-Angeboten einer massiven und unfairen Konkurrenz durch das öffentlich finanzierte Angebot der SRG ausgesetzt. Solange diese Marktverzerrungen nicht behoben sind, rechtfertigt sich auch ein Ausgleich zugunsten der privaten Medienanbieter. Im Vergleich zu den Gebühren der SRG von rund 1,2 Mia. CHF sind die Beiträge aus dem Medienpaket sehr moderat.

Sollte das Referendum zustande kommen, gibt es Vorgaben, wie die Redaktion über den Abstimmungskampf berichten wird?

Selbstverständlich nicht!

ZACKBUM ist kein anderer Fall in der jüngeren Pressegeschichte bekannt, in dem Verlag und Redaktion bei einem wichtigen Thema völlig unterschiedlicher Meinung waren. Wird hier eine Mediation stattfinden?

Das ist nicht nötig, denn wie bereits erwähnt, werden die unterschiedlichen Positionen seit Jahren offen diskutiert und es besteht ein beidseitiges Verständnis für die jeweiligen Argumente. Wir sehen kein Problem darin, dass es hier unterschiedliche Meinungen gibt. Das ist gelebte redaktionelle Unabhängigkeit.

Das oberste Redaktionsmanagement unterliegt der Weisungsbefugnis des VR. Wird der VR diese Befugnis verwenden, um die Redaktion auf seine Linie zu bringen?

Bestimmt nicht. Die redaktionelle Unabhängigkeit wird von uns sehr hoch gehalten und spielt auch hier. Zudem verstehen wir die oberste Verantwortung des Verwaltungsrats ohnehin nicht so, dass dieser der Redaktion zu inhaltlichen Stellungnahmen konkrete Weisungen erteilt.