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Wie man sich ins Elend rechthabert

Bei «Netzcourage» hat sich ein Dreamteam gefunden.

Es ist eine Tragödie, dass ein Verein mit einem durchaus lobenswerten Anliegen am Personal scheitert. Die Geschäftsführerin und hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet verschleisst Präsidenten und Vorstandsmitglieder à gogo.

Sie droht ihnen mit juristischen Schritten und anderem («Fülschi dir reichts auch langsam. Dass dies (und viele andere Aussagen der letzten Monate) justiziabel sind, dürfte sogar dir klar sein»), wenn mehr als ein ehemaliges Mitglied des Vereinsvorstands sich darüber beklagt, dass es keinen Einblick in die Buchhaltung gegeben habe.

Dass dort wohl ein dicker Hund begraben liegen könnte, dieser Verdacht drängt sich auf. Denn die Ex-Vorstandmitglieder begründen ihren Rücktritt damit, dass sie zwar für den Geschäftsbericht und die Buchhaltung haftpflichtig hätten unterschreiben sollen, das aber nicht wirklich guten Gewissens hätten tun können.

Das könnte auch der Grund dafür sein, dass der Verein in seiner kurzen Geschichte bereits drei Präsidentinnen verschlissen hat. Darunter eine, die in höchster Not ad interim antrat, nachdem ihre beiden Vorgängerinnen Knall auf Fall das Weite gesucht hatten. Nur, um dann selbst zurückzutreten, mit der bitteren Bemerkung: «Der Vorstand kann gar nicht strategisch arbeiten, weil Geschäftsführerin Spiess-Hegglin alles selbst machen will.»

Daraufhin ersetzte ad interim Hansi Voigt die Ex-Präsidentin a.i. Ob dabei alles mit rechten Dingen zuging, müsste ein Noch-Mitglied auf dem Klageweg austesten. Denn auch Vereine haben gewissen gesetzlichen Regeln zu folgen.

Auch bei der Entlassung von Mitarbeitern, damit die nicht «arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen» führen müssen, wie ein «mit herzlichem Dank» Gefeuerter.

Aber das alles ist ja nur eine «querulantische Twitter-Verleumdungskampagne von vier Ex-Mitgliedern», die deswegen vom inzwischen frischgebackenen Präsidenten Voigt aus dem Verein gekübelt wurden.

Nun könnte natürlich Ruhe und Ordnung einkehren und sich der Verein endlich mal wieder um seinen Vereinszweck kümmern.

Da gibt es allerdings ein weiteres heikles Problem. In einem der letzten Prozesse, den Spiess-Hegglin noch nicht verloren hat, klagt sie bekanntlich gegen den Ringier-Verlag auf Gewinnherausgabe. Das kann sie, weil von fünf eingeklagten Artikeln vier als persönlichkeitsverletzend eingestuft wurden.

Nun ist es so, dass Ringier, um das lästige Problem vom Tisch zu haben, ein mehr als grosszügiges Vergleichsangebot machte (in der Höhe eines sechsstelligen Betrags, plus ein Propaganda-Interview im «SonntagsBlick» gratis obendrauf). Aber auf Anraten von Voigt lehnte JSH dieses Angebot ab.

Denn der angebliche Internet-Guru, der allerdings bislang eine Schneise der Zerstörung hinterliess, behauptet, dass Ringier an seinen Artikeln über JSH weit mehr als eine Million Franken verdient habe. Wie er das berechnet haben will, ist aber bislang sein süsses Geheimnis. Wenn es mit dem Geldverdienen per Klick so einfach wäre, würden doch weder «watson» noch «bajour» Millionengräber schaufeln …

Dass Voigt schon öffentlich eingestand, dass ihm der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn nicht klar ist, stärkt das Vertrauen in seine Rechenkünste ungemein.

JSH, applaudiert von einer wie meist inkompetenten Presse, verkündete vor einiger Zeit als grossen Triumph, dass Ringer gerichtlich dazu verpflichtet wurde, weitere Zahlen und Angaben zu den ersten vier eingeklagten Artikeln zu machen. Dadurch wurde der Eindruck erweckt, dass JSH nicht nur ein grosser Sieg zuteil wurde, sondern dass Ringier nun zur Kasse gebeten werde, und zwar vom Gröberen.

Die Wahrheit sieht etwas prosaischer aus, wie JSH inzwischen auch selbst kleinlaut einräumte. Sie habe diese Zahlen bekommen, teilte sie mit, aber die müssten nun von Spezialisten genauer analysiert werden. Denn hier kommt nun der entscheidende Punkt. Welche Gewinnsumme kann man aus diesen Zahlen extrahieren?

Tatsächlich mehr als eine Million Umsatz = Gewinn, wie Voigt behauptet? Oder lediglich ein paar Tausend Franken, wohlwollend gerechnet? Das ist nun die grosse Frage. Und da JSH etwas fordert, ist sie in der Pflicht, diese Forderung zu begründen. Sollte sie sich dabei tatsächlich auf die Rechenkünste ihres Vereinspräsidenten verlassen, dann gute Nacht.

Aber es könnte noch schlimmer kommen. Sollte sich in ein paar Jahren (schneller wird’s wohl nicht abgehen) herausstellen, dass dessen behaupteter Betrag aus einem Paralleluniversum stammt, dürfte sich JSH überlegen, wieso sie denn eigentlich auf das grosszügige Vergleichsangebot von Ringier nicht eingegangen war. Und sich daran erinnern, dass sie das auf dringliches Anraten ihres neuen Präsidenten tat.

Was das bilaterale Verhältnis in diesem Dreamteam sicherlich nicht verbessern dürfte.