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Tobler, gecancelt

Die Verwilderung und Verluderung beim Tagi nimmt kein Ende.

Das musste sein: Andreas Tobler fordert, dass die beiden Konzerte von Rammstein in der Schweiz abgesagt werden. Gecancelt. Wider jede Logik und jeden Verstand behauptet er:

«Nein, eine Absage der Rammstein-Konzerte in Bern hätte nichts mit Cancel-Culture zu tun. Aber nun braucht es eine Pause, um die schwersten Vorwürfe noch vertieft abklären zu können.»

4558 Buchstaben übelste Schmiere ergiesst sich in die Spalten des ehemaligen Qualitätsorgans «Tages-Anzeiger». Somit auch in die «Berner Zeitung» und den «Bund». Das Blatt hat völlig die Orientierung verloren, man muss von einem gravierenden Kontrollverlust sprechen.

Aus diesem Satz tropft die pure Heuchelei: «Selbstverständlich gilt für Till Lindemann die Unschuldsvermutung, solange kein Verfahren eingeleitet und er nicht rechtskräftig verurteilt ist.» Wenn das so wäre, dürfte der folgende Satz nicht publiziert werden: «Dennoch sollten die beiden Rammstein-Konzerte in der kommenden Woche in Bern nicht stattfinden

Der Mann gilt als unschuldig, aber dennoch soll ihm die Ausübung seines Berufs untersagt werden. Dennoch sollen Zehntausende von  Konzertbesuchern bevormundet werden. Dennoch soll der Konzertveranstalter in den Ruin getrieben werden. Was für eine Irrwitz-Logik, bar jeder Vernunft. Für Tobler gilt die Schundvermutung, definitiv.

Wie verbohrt muss man sein, um keinen schreienden Widerspruch zu sehen, wenn Tobler behauptet, es sei keine Cancel-Kultur, das Canceln eines Konzerts zu fordern?

Sensibler als eine Schneeflocke macht sich Tobler schwere Sorgen um die Konzertbesucher: «Kann diese Kunst – die gar keine Kunst mehr ist, wenn sie allenfalls reale Handlungen von Lindemann beschreibt – noch irritationsfrei konsumiert werden?» Kann dieser Text, der keine Kunst ist, gelesen werden, ohne dass einem der Kaffee hochkommt?

Was der Denunziant und Irrwisch Tobler übersieht: die Teilnahme am Konzert ist freiwillig. So wie das Visionieren eines Splatter- oder Zombie-Movies, bei dem das Blut nur so aus der Leinwand oder vom Bildschirm tropft. Wer damit Mühe hat, wer das widerlich findet: ist erlaubt, soll halt nicht hinschauen.

Wer meint aber Tobler, wer er sei, dass er Zehntausenden von erwachsenen Menschen den Besuch eines bewilligten Konzerts einer Band verbieten will, die gerade – wieso traut sich hier Tobler nicht, nach einem Verbot zu rufen? – in München das Olympiastadium füllt, wo insgesamt 250’000 Zuschauer erwartet werden.

Hat Tobler – Unschuldsvermutung – nicht mitbekommen, dass die Band alle Vorwürfe zurückweist und ihre Anwälte damit beauftragt hat, alle Anschuldigungen mit rechtlichen Massnahmen zu beantworten?

«Wir brauchen diese Pause auch für eine Debatte über Machtstrukturen im Rockstarbetrieb.» Für welches Wir spricht hier Tobler? Wer will das debattieren? Was masst sich dieser Genderpapst eigentlich an? Dieser Konzernjournalist, der in unappetitlicher Schmiere missliebige Konkurrenten wie den Chefredaktor der NZZaS niedermacht? Tobler wusste schon vor dessen Amtsantritt, dass Projer «dem Qualitätsanspruch der «NZZamSonntag» widerspricht». Immerhin widerspricht Tobler nicht demjenigen des Tagi, der hat nämlich keinen.

Es soll ja scheint’s beim «Magazin» schweren Machtmissbrauch gegeben haben. Behauptet zumindest eine ehemalige Redakteurin, die sogar mit ihrem Namen dazu steht. Hat man hier eigentlich von Tobler die Forderung nach einstweiliger Einstellung des «Magazin» gehört? Bis diese Vorwürfe seriös abgeklärt sind? Bis es eine Debatte über Machtstrukturen im Medienbetrieb gibt? Schliesslich arbeitet er für einen Konzern, der mit einem Protestbrief von 78 erregten Frauen berühmt und berüchtigt wurde. Ist dieser Mann vielleicht lächerlich.

Vor dem Kunstwerk Rammstein will Tobler das Publikum gegen dessen Willen schützen; trotz Unschuldsvermutung hat er schwerste Bedenken. Als ein deutscher Brachial-Provokateur für sein Schmierenstück am Zürcher Theater am Neumarkt Werbung machte, hatte Tobler hingegen viel Verständnis. «Tötet Roger Köppel! Köppel Roger tötet!», hatte Philipp Ruch getönt, der dann einen Saubannerzug in Richtung der Wohnung Klöppels anführte, der sich mitsamt seiner Familie in ein Hotel geflüchtet hatte.

Das war eine bodenlose Geschmacklosigkeit, nicht nur, weil Köppel zuvor das Ziel eines fundamentalistischen Wahnsinnigen geworden war, der ihn umbringen wollte, weil Köppel mutig islamkritische Karikaturen publiziert hatte.

Dieser «Aufruf zum Mord» könne als eine Reaktion auf Köppels Auftritt in der Talkshow «Menschen bei Maischberger» im deutschen Fernsehen «verstanden werden», wo er sich «in gewohnt pointierter Manier» geäussert habe, erklärte damals Tobler. Verstanden werden? Zudem stehe diese «Künstleraktion» in der Tradition von Christoph Schlingensief.

Hier wird die Freiheit der Kunst in Anspruch genommen. Satire darf alles, Künstler neigen halt zu Zuspitzungen, wollen Denkanstösse geben. Schliesslich handle es sich nur um einen «Theatermord», schrieb der «Tages-Anzeiger» im Vorspann zum Artikel. Da kann der Kunstkenner feinsinnig zwischen Mordaufrufen von religiösen Wahnsinnigen und künstlerisch wertvollen Mordaufrufen von anderen Amoks unterscheiden. Während wir alle entrüstet über Hass- und Hetzkommentare in den asozialen Netzwerken und im Internet allgemein sind, veröffentlichte dieses Blatt eine wohlwollende Rezension eines hetzerischen Mordaufrufs.

Niemals wäre es Tobler damals in den Sinn gekommen, die Aufführung des Stücks am Neumarkt verbieten zu wollen. «Tötet Köppel Roger!», da vermisste man das donnernde «Das darf nicht sein», das Tobler nun Rammstein entgegenschmettert.

Der Mann ist dermassen unappetitlich, dass ZACKBUM auch die Berichterstattung über ihn einstellt. Schon nach diesen Zeilen müssen wir uns die Hände waschen und den Mund ausspülen. Denn eine Beschäftigung mit diesem heuchlerischen Denunzianten verursacht Übelkeit.