Vor Inseraten wird gewarnt
Fake-Inserate erscheinen weiterhin in fast allen Online-Medien.
«Wild West Web: Betrugs-Inserate mit Prominenten – Weder Google noch Medienhäuser kriegen die weg – verdienen aber dran.»
Dieses Zitat ist nicht ganz taufrisch. ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schrieb bereits 2019 (!) auf «Inside Paradeplatz» über diese Betrugsmasche.
Man nehme einen Prominenten wie Dieter Bohlen, DJ Bobo, Roger Federer oder Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Dann lege man ihnen ein skandalträchtiges Quote in den Mund, lasse das Ganze beispielsweise wie ein «Blick»-Artikel daherkommen – und fertig ist der Clickbait, um Leser zu verführen, draufzuklicken.
Dann wird der Gutgläubige dazu gebracht, Geld zu investieren, für einen angeblich todsicheren Gewinn. Aber Achtung, nur kurze Zeit möglich.
Der Titel des damaligen Artikels lautete: «Wer haftet für Fake-Werbung?»
Die Antwort ist auch sechs Jahre später die gleiche: keiner.
Es ist ein Drecksspiel. Die grossen Medienhäuser der Schweiz lassen sich von Google Inserate auf ihre Online-Auftritte spielen. Daran verdient die Suchmaschine den Löwenanteil, die Verlage geben sich mit einem Trinkgeld zufrieden.
Dafür nehmen sie einen teuren Imageschaden in Kauf. Und warnen gelegentlich mit rührseligen Geschichten vor ihren eigenen Inseraten:
Hier veröffentlichte der «Blick» im Mai 2025 die Tragödie eines Rentners, der auf so ein Fake-Inserat hereinfiel und Zehntausende von Franken verlor.
Das Publikum feixt und murmelt: selber schuld, der Dummkopf.
Natürlich ist es weder die Aufgabe von Banken, noch von Medienhäusern, ihre Kunden vor der eigenen Dummheit zu schützen.
Es gibt allerdings auch so etwas wie Fürsorgepflicht. Im Fall der Lehmann-Opfer wie im andauernden Skandal dieser Fake-Inserate ist nicht nur ein moralisches Fehlverhalten vorhanden. Enthält ein Artikel oder nur schon ein Kommentar dazu Ehrenrühriges, Verleumderisches oder eine geschäftsschädigende Falschaussage, greift die Justiz ein. Das gilt für ZACKBUM, das gilt für alle Publikationsplattformen.
Hier werden inzwischen ganze Heerscharen von Studenten beschäftigt, die die Kommentare moderieren und Schrott aussondern, unterstützt von Algorithmen, die die üblichen Schimpfwörter und Beleidigungen, natürlich aus anonymer Quelle, flaggen und aussortieren. Das sind schon mal über 60 Prozent der Einsendungen.
Zu hoch ist das Risiko schmerzlicher finanzieller Folgen, vom Reputationsschaden ganz zu schweigen.
Bei diesen Fake-Inseraten kassieren aber alle. In erster Linie der Inserent, der sich in den Weiten des Internets versteckt und schwer bis unmöglich dingfest zu machen ist. Auch der Punkt, an dem diese Betrugsmaschen oft scheitern, ist hier gelöst. Die Geldüberweisung findet auf einen gefakten und täuschend echten Online-Auftritt einer Bank statt. Oder es soll mit Kryptowährung bezahlt werden, die dann im Darknet verschwindet.
Google kassiert ebenfalls und behauptet, man würde Milliarden von Fakes löschen, aber manchmal schlüpfe halt was durch, trotz allen Bemühungen. Die Verlage behaupten im kleineren Rahmen das Gleiche.
Alle Social-Media-Plattformen profitieren weiterhin von einer Ausnahmeregelung in den USA: sie sind für die Inhalte des von ihnen Veröffentlichten nicht haftbar.
Dass das Internet ein weitgehend zensurfreier Raum ist und bleiben soll, ist das eine. Dass auch dort nicht völlige Rechtlosigkeit herrschen sollte, das andere.
Normalerweise sorgen Sanktionen und empfindliche Strafen dafür, dass im realen Geschäftsleben ein hohes Risiko existiert, dabei erwischt und zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ausser beispielsweise bei der Credit Suisse selig, aber das ist ein anderes Kapitel.
Hier aber stehlen sich alle Beteiligten und Mitprofiteure aus der Verantwortung. Wir, haftbar? Niemals. Halt selber schuld. Wir tun unser Möglichstes, und schliesslich gibt es noch die Selbstverantwortung des Betrogenen. Wir haben ihn ja nicht dazu genötigt, so sein Geld zu verlochen.
Während vor sechs Jahren im Wesentlichen bedauernde Geräusche gemacht wurden, wird aktuell Aktivismus gespielt:
Mit Strafanzeigen haben es schon der Bundesrat und andere probiert. Die endeten mit Einstellungsverfügungen; kein Schuldiger auszumachen.
Deshalb ist die vollmundige Ankündigung des Ringier-Verlags reine Fake News: «Schluss mit Krypto-Beschiss im Blick-Look.» Wenn es das Pech will, erscheint gleichzeitig bei «Blick»-Online das nächste dieser Inserate. Und Schluss ist überhaupt nicht.
Putzig auch die Forderung nach «mehr Verantwortung von Social-Media-Plattformen wie Facebook». Der Veranstalter dieser Inserate im «Blick», nämlich Google, wird wohlweisslich ausgelassen.
Der «Journalist und AI Innovation Lead» Thomas Benkö spuckt grosse Töne: «Jetzt zieht Ringier, zu dem auch Blick gehört, die Reissleine.» Wie schnell diese Reissleine reisst, werden die nächsten entsprechenden Inserate beweisen.
Nicht nur hier zeigt sich das Elend und die Unfähigkeit der Medienmanager der grossen Verlage. Sie lassen sich online die Werbebutter vom Brot nehmen – über 80 Prozent aller Einnahmen aus Online-Marketing, für das sie ihre Plattformen hergeben, kassieren Google, Facebook, Amazon & Co. Obwohl das schon seit vielen Jahren so ist, ist ihnen keine Strategie eingefallen, um den Middle Man zwischen Produzent und Konsument auszuschalten. Oder seine Einnahmen zumindest auf ein vernünftiges Mass herunterzuschrauben.
Das ist Business as usual. Bei diesen betrügerischen Inseraten kommt noch ein Imageschaden hinzu, der ebenfalls ins dicke Tuch geht.
Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Opfern, die auf so etwas hereinfallen. Und den wohlbezahlten Managern, denen nichts einfällt.