Persona non grata
Was erlaubt sich die ukrainische Botschafterin in der Schweiz?
Jedes Medienorgan, das etwas auf sich hielte, würde solche Sätze nicht unkommentiert oder nicht hinterfragt publizieren: «Ein Auftritt von Anna Netrebko in Zürich wäre eine Weisswaschung des Kreml».

Diese Ansicht ist, wie anderer Schwachsinn, natürlich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Nach der Devise: jeder (und jede) kann sich öffentlich zum Deppen machen.
Hier handelt es sich allerdings um die ukrainische Botschafterin Iryna Wenediktowa in der Schweiz. Solche Frechheiten würden mindestens die Nachfrage des Journalisten verdienen, ob es sich dabei nicht um eine unstatthafte Einmischung in innere Angelegenheiten des Gastlandes handelt.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass Grossinquisitorin Wenediktowa eine Vorgeschichte in ihrem eigenen Land hat. Wie der selbe «Tages-Anzeiger» 2023 vermeldete («Zu Hause ist ihr Ruf ruiniert»), ist die ehemalige Generalstaatsanwältin übel beleumundet:
««Oligarchenjägerin? «Das war sie sicherlich nicht», entgegnet Oleksi Sorokin, Journalist bei der Onlinezeitung «Kyiv Independent»: Wenediktowas Reputation in der Ukraine sei «ziemlich übel». Für unabhängige Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft steht ihr Name stellvertretend für das Versagen der Regierung unter Präsident Selenski, die Justiz zu reformieren, die grassierende Korruption zu bekämpfen und korrupte Oligarchen vor Gericht zu bringen»,
beklagte der Tagi damals.
Noch dickere Post: ««Wenediktowa «sabotiert den Rechtsstaat», klagte im Dezember 2020 der bekannte Journalist Serhi Leschtschenko in einem Meinungsbeitrag in der «Kyiv Post». Er habe seine Meinung nie geändert, sagt Leschtschenko heute. Der ehemalige Chefredaktor Brian Bonner kennt «keinen einzigen Fall, den Wenediktowa als Generalstaatsanwältin abgeschlossen hat». Im Gegenteil: Sie habe dafür gesorgt, dass etliche Ermittlungen gegen prominente Verdächtige eingestellt worden seien.»
Eine Dame mit einer solchen Vorgeschichte wagt es, am Auftritt einer weltberühmten Sängerin in ihrem Gastland herumzumeckern. Immerhin wagt es Cyrill Pinto, eine halbwegs kritische Frage zu stellen:
«Es genügt nicht, einmal einen Satz zu schreiben, man sei «gegen den Krieg». Wenn jemand über Jahre bewusst Teil eines Regimes war, muss sie oder er auch Verantwortung übernehmen und wenigstens einen gleich grossen Teil dessen tun, was sie zuvor zur Verherrlichung dieses Regimes beigetragen hat. Netrebko hätte sich aktiv für die Opfer einsetzen können – etwa für ukrainische Künstlerinnen und Künstler, die ihr Leben verloren haben, oder für Familien, die alles verloren haben.»
Sie darf noch weiteren Nonsens unbehindert absondern: «Kultur kann Brücken bauen, ja. Aber sie kann auch benutzt werden, um Kriegsverbrechen zu verdecken.»
Sollen also Künstler aus Israel, dem Iran, Venezuela und ungefähr weiteren 150 Ländern der Welt nicht mehr in der Schweiz auftreten dürfen, weil sie damit Kriegsverbrechen «verdecken» würden? Und wie steht es mit Künstlern aus der Ukraine, eines der korruptesten Länder der Welt, das auf Pressefreiheit scheisst und wo ein Präsident unter Ausnützung des Kriegsrechts demokratisch nicht legitimiert durchregiert?
Was würde wohl die Botschafterin sagen, wenn aus diesen Gründen einem ukrainischen Künstler der Auftritt in der Schweiz madig gemacht würde?
Keine Frage nach ihrer Vergangenheit und keine kritische Frage zu ihrer unverschämten Einmischung in Schweizer Angelegenheiten zu stellen, das ist das Versagen von Tamedia.
Bislang ist nicht bekannt, dass die Botschafterin in Bern einbestellt wurde und man ihr klarmachte, dass eine Wiederholung solcher Frechheiten dazu führen könnte, dass sie zur persona non grata erklärt würde.
Das ist das Versagen der Schweizer Politik.
