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Wumms: Eva Illouz

Eine Soziologin auf Abwegen in der «Zeit».

Sie ist eine französisch-israelische Professorin und Buchautorin, die in Jerusalem und Paris lehrt. Ihre ganze Familiengeschichte sollte Illouz sensibilisiert haben. «Die Zeit» ist ein Monument des deutschen Journalismus, zu dessen Herausgebern der Staatsmann Helmut Schmidt gehörte. Diese Vergangenheit sollte die Wochenzeitschrift sensibilisiert haben.

Nun ist es so, dass selbst Schulaufsatz-Autorinnen wie eine Salome Müller ihr ewig gleiches Narrativ von einer angeblichen Machokultur im Journalismus belegfrei, mit anonymen Quellen, voreingenommen und sogar im Indikativ hier verbreiten dürfen. Blamabel. Aber dieser Unfall passierte im Schweizer Split; vielleicht ist man in Hamburg da nicht so aufmerksam.

Nun durfte Eva Illouz einem «Gastbeitrag» über den Ukraine-Krieg den Titel geben: «Ich wünsche mir einen totalen Sieg». Mit der Begründung: «Vielleicht kann nur eine vernichtende Niederlage Russland helfen, aus seiner diktatorischen Geschichte herauszufinden.»

Dass der geschichtsvergessenen «Zeit» hier nicht auffiel, dass die Gastautorin diese Ungeheuerlichkeit ziemlich genau 80 Jahre nach der infamen Sportpalast-Rede von Joseph Goebbels schreibt, in der er von einem totalen Sieg in einem «totalen Krieg» faselte, ist bedenklich.

Natürlich erlaubt es die Meinungsfreiheit, auch totalen Unsinn zu schreiben. Denn ein «totaler Sieg» der Ukraine, eine «vernichtende Niederlage» Russlands ist ohne einen atomaren Schlagabtausch nur schwer denkbar. Und in diesem Fall kann es wohl nur eine totale Niederlage für alle Beteiligten, für die ganze Welt absetzen.

Natürlich kann man auch fordern, dass es dann möglich sei, den russischen Präsidenten vor ein Kriegsverbrechertribunal zu stellen. Das blüht Verlierern gelegentlich, aber nur, weil sie verloren haben. US-Kriegsverbrecher, die in Vietnam, dem Irak, Panama und an vielen weiteren Orten der Welt wüteten, müssen das nicht befürchten. Denn Verbrechern, die im Notfall auf den roten Knopf drücken können und sicherheitshalber die Gerichtsbarkeit des Kriegsverbrechertribunals gar nicht anerkennen, müssen nicht damit rechnen, vor ihm zu landen. Ds ist nicht nur im Fall von Henry Kissinger bedauerlich.

Man kann in der heutigen Wüstenlandschaft der Medien nur noch wenig an Wissen, Kenntnissen, Bildung und historischen Erinnerungen erwarten. Dass das nun auch auf «Die Zeit» zutrifft, ist bitter.