Aussen und innen
Seltener Einblick in die Führungsstruktur von Tamedia und TX.
2,4 Millionen Franken kassiert der Verwaltungsrat von TX im Jahr; alleine Pietro Supino räumt 1,71 Millionen ab. Fachkompetenz von Pascale Bruderer und Co.: null. Darunter die «Gruppenleitung». Mit Ursula Nötzli und Co. Mediale Kompetenz: null.
Oder nehmen wir Jessica Peppel-Schulz, Geschäftsführerin von Tamedia. Hat das Betriebsergebnis (Ebit) mal kurz halbiert. Zwischen ihren «Sabbaticals» war sie CEO bei Condé Nast. Umsatz schlappe 50 Millionen im Jahr. Zuvor arbeitete sie bei einer Digitalagentur, die Umsätze im niedrigen zweistelligen Bereich machte, bevor sie aufgekauft wurde. Beste Voraussetzungen, in einem Milliardenkonzern erfolgreich die Weichen zu stellen.
Oder nehmen wir Simon Bärtschi oder Raphaela Birrer. Strategische Fähigkeiten: null.
Andere Nullen kamen und gingen. So wie wie Digital-Crack Müller. Pardon, Müller von Blumencron. Der war bislang der grösste Windmacher im Bereich Digitalstrategie. Zog unter Hinterlassung eines Müllerbergs von Managersprachhülsen von dannen. Seine grossartige Idee «Verkehrsmonitor», die er in Berlin abgekupfert hatte und die mit grossem Gedöns angekündigt worden war, überlebte nicht mal das erste Jahr.
Was all diese Nullen im stillen Kämmerlein machen, ausser wichtige Reden schwingen und auf den Lunch warten, das weiss man nicht. Aber an ihren Taten sollt ihr sie erkennen (1. Johannes 2,1-6).
Wenn ZACKBUM hier die Bärtschi-Peinlichkeitsskala anwenden sollte, dann wäre das so, wie wenn man ein Thermometer in kochendes Wasser steckt. Es lupft den Deckel, und die Säule spritzt oben raus. Jeder Einzelne hier übertrifft die stabile 10, die Bärtschi selber hinlegt. Alle zusammen, au weia.
Bei TX läuft’s soweit rund, der weitverzweigte Coninx-Clan kann sich über Dividenden und Extradividenden freuen. Nur bei einem Profitcenter in der Holding hapert es: bei Tamedia. Kein Wunder, «20 Minuten» wurde ausgegliedert, zu erfolgreich. Die Einnahmebringer Plattformen für Stellen, Miete, Autos und Kleinanzeigen wurden ausgegliedert, obwohl sie durch den Tagi gross geworden waren. Seither fehlen ihre Einnahmen schmerzlich.
Was übrigbleibt, ist ein trauriger Haufen von zusammengekauften Zeitungen. Die rausgehauene runde Milliarde dafür ist eine grandiose Fehlinvestition. Was tun?
Da wäre nun tatsächlich Führungsqualität gefragt. Denn es kann ja nicht sein, dass es für den Kopfsalat von Tamedia-Titeln keine Nachfrage gäbe. Tagi, BaZ, Berner Zeitung, Bund, das sind alte, traditionelle Titel, die eigentlich das Informationsbedürfnis von genügend Lesern befriedigen könnten, die auch bereit wären, dafür etwas zu zahlen.
Was aber Tamedia macht, muss man übertragen, um den Wahnsinn sichtbar zu machen. Das ist, wie wenn ein Grossverteiler werben würde mit:
Wir müssen sparen, Sie nicht. Daher Milch, neu. Halber Liter zum Preis von einem. Hässlichere Verpackung, und die Milch ist grün. Schmeckt aber qualitativ viel besser.
Käme dort jemand auf diese hirnrissige Idee, würde er vorsichtig weggeführt in einen gepolsterten Raum, wo die Türe innen keine Klinke hat.
Aber genau das haben all die Cracks bei TX, von Supino abwärts und abwärts, mit Tamedia angestellt. Als ob sie mit Anlauf und absichtlich das Teil gegen die Wand fahren wollten. Wie betont man die Wichtigkeit von Print? Indem man die Druckerei schliesst und 200 Drucker rausschmeisst. Wie demotiviert man eine Redaktion? Indem man das grosse Rausschmeissen ankündigt, einen Monat keine Namen nennt, aber die Zahl verkleinert und verkleinert und am Schluss bei 17 landet.
Wie macht man den Werbekunden und den Leser gleichzeitig sauer? Indem sein Inserat blöd in den redaktionellen Teil reinlappt.
Wie macht man den Leser sauer? Indem man ein unnötiges und verunglücktes Redesign macht, als habe man noch nie von Responsive Design gehört und als ob viel Leere online ein Asset wäre. Oder wie formuliert das ein Kommentator so sarkastisch wie richtig: «Form follows function, oder Weissraum betont Inhaltsleere».
Um sich das Ausmass des Problems klar zu machen: über all diese Kopfschüsse haben sich monatelang wichtige Gremien gebeugt. Es wurden unzählige PPP vorbereitet, wichtige Sitzungen abgehalten, Tickets gezogen, Entscheidungsbäume gemalt. Reisli unternommen, Berater hinzugezogen, Cracks angemietet. Feuchte Finger in die Luft gestreckt. um Leserreaktionen zu antizipieren.
Und dann wurden zwei Paketverteilungsstationen eingerichtet. Eine fürs Digitale, eine für Print. Eine Fehlgeburt von Anfang an. Als nächster Streich wurde die Verpackung verändert. Katastrophe.
Ach, und der Inhalt, Pardon, der Content? Bauchbespiegelung, inkompetentes Gewäsch, deutsche Perspektive aus München in Schweizer Zeitungen, Meinungsjournalismus, Kulturbanausen titeln «Bertold Brecht» und niemand merkt’s in diesem Qualitätsorgan. Die würden nicht mal merken, wenn es «Dages-Anzeiker» hiesse.
Wird das Konsequenzen in der Chefetage haben? Niemals.
Und was kommt raus? Sagen wir es mit Thomas Mann (wer das ist, erklären wir der Kulturredaktion ein andermal). Der schilderte die Schreibwerkstatt von Lion Feuchtwanger (wer das ist, erklären wir Nora Zukker …, but it’s hopeless): wie wunderbar sei die organisiert. Sekretärinnen übertragen die überarbeiteten Fassungen auf verschiedenfarbige Papiere, gespitzte Bleistifte und Buntstifte liegen bereit, der grosse Meister diktiert und korrigiert, beeindruckend.
Im kleinen Kreis fuhr Mann fort: Und was kommt dabei heraus? Nur Scheisse.