Wissenschaftler aller Art machen sich nach Kräften lächerlich.
Dass die hochwohllöbliche Wissenschafts-Task-Force, geballte Kompetenz, Creme de la Creme der Schweizer Wissenschaftselite, schön im Takt immer wieder ankündigt, dass nun aber bald die Spitäler überlastet seien, daran haben wir uns gewöhnt.
Auch daran, dass fleissig an allem Regierungshandeln rumgemäkelt wird, Zensuren verteilt werden («ungenügend») und die Prognosen einer Spital-Apokalypse regelmässig krachend falsch sind.
Ist der angekündigte Tag verstrichen, ohne dass die Polizei den Zugang zu den Spitälern, zu der Intensivstation abriegeln musste, während vor dem Eingang Kranke verröcheln, dann sagt die Task Force cool, dass das schon richtig sei, aber schliesslich sei die Prognose aus damaliger Sicht auch richtig gewesen. Und dass sie nicht eintraf, nun, da haben die strengen Warnungen eben auch eine rettende Wirkung gehabt.
Freitag der 13., also das kann ja nicht gutgehen
Übrigens, nachdem es mit dem letzten Termin für die Katastrophe nicht geklappt hat, versucht es die Task Force nun mit dem 13. November. Ist ja auch logisch; Freitag, der 13., das kann ja nicht gutgehen. Weiss doch jede Wahrsagerin, auch ohne Kristallkugel.
Die Mitglieder der Task Force können immerhin gewisse Fachkenntnisse behaupten, sich als Spezialisten, Forscher, Professoren für kompetent erklären. Auch wenn die Kompetenz überschaubar ist.
Nicht aber ihre Präsenz am Bildschirm und in den Medien. Das weckt natürlich Eifersucht; verständlich. Also will sich zum Beispiel Jan-Egbert Sturm auch wieder seinen Platz an der Sonne der TV-Lampen zurückerobern. Auch wenn seine Voraussetzungen, nun ja, vielleicht etwas suboptimal sind.
Er ist nämlich Leiter der KOF Konjunkturforschungsstelle an der ETH. Die, wie ihr Name schon sagt, sich um Wirtschafts- und Konjunkturfragen kümmert. Sie hat 60 Mitarbeiter, und Sturm zudem eine Professur für angewandte Wirtschaftsforschung.
Es gilt: Dem Professör ist nichts zu schwör
Einem Professör ist bekanntlich nichts zu schwör. Obwohl Covid-19 indirekt auch Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft hat: Als Viren- oder Pandemie-Spezialist ist Sturm bislang nicht aufgefallen. Dagegen spricht auch seine wissenschaftliche Karriere, die sich ausschliesslich im Gebiet Wirtschaft abspielte.
Nun ist Sturm aber auch Mitglied der Task Force, und da möchte er offensichtlich, dass ihm nicht immer andere Wissenschaftler vor der Sonne stehen. Also gibt er der NZZ ein grosses Interview, in dem er sich natürlich zu wirtschaftlichen Fragen äussert. Also zu seiner Forderung nach einem neuen Corona-Kredit, seiner Idee, «Corona-Gewinner» extra zu besteuern, und so weiter.
Aber er weiss, dass er damit weder seine Bekanntheit steigert noch Schlagzeilen macht. Also begibt er sich auch nassforsch ins Gebiet der Medizin, Virologie, Pandemieforschung, Epidemiologie. Kann doch nicht so schwer sein. Hier muss er nun auch etwas schimpfen; denn «wir haben die Hoffnung noch nicht verloren, dass die am 28. Oktober beschlossenen Massnahmen genügen». Allerdings nur, wenn die Bevölkerung, die unordentliche Horde, ihre Disziplin deutlich verbessert.
Sturm weiss, dass die Intensivstationen mal wieder an ihre Grenzen kommen
Sonst muss Sturm alle Hoffnung fahren lassen, und, der Kalauer muss jetzt sein, zudem sieht er dunkle Sturmwolken aufziehen, da die Intensivstationen der Spitäler noch diese Woche «an ihre Grenzen kommen werden». Logo, Massnahmen zeigen erst nach rund drei Wochen Wirkung (oder nicht), vorher kann man einfach mit den bestehenden Statistiken hochrechnen, et voilà.
Dass mit dieser Methode sogar der wissenschaftliche Leiter der Task Force regelmässig auf die Schnauze fällt, das kann den Konjunkturforscher Sturm doch nicht davon abhalten, auch seinen Senf dazuzugeben.
Wahrscheinlich müssen wir froh sein, dass sich Sturm wohl noch nicht vertieft mit der richtigen Behandlung von am Virus Erkrankten befasst hat. Sonst müssten die Mediziner auf den Intensivstationen damit rechnen, dass er ihnen den Tarif durchgibt und erklärt, ab wann ein Beatmungsgerät nötig ist, ab wann der Fall hoffnungslos wird. Aber was nicht ist, kann noch kommen.