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Afghaninnen: achtlos

Solidarität mit Frauen in Afghanistan? Ach was, nicht mal verbal.

Die Aufgabe von Journalisten ist es, die Wirklichkeit abzubilden. Die Aufgabe von Journalistinnen ist es auch, auf Missstände hinzuweisen, sie anzuprangern. Mehr als 75 Mitarbeiterinnen von Tamedia haben das diesen Frühling getan.

Sie unterzeichneten ein Protestschreiben und sorgten dafür, dass es via einen anrüchigen Absender an die Öffentlichkeit gelangte. Sie beschwerten sich darin über demotivierende Zustände auf den Tamedia-Redaktionen. Dort herrsche Sexismus, Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen. Unerträgliche Zustände.

Es ist jedem Mitarbeiter freigestellt in unserer offenen Gesellschaft, sich über alles zu beschweren. Selbst über seinen Arbeitgeber, selbst mit unbelegten Behauptungen, selbst mit geschäftsschädigenden Auswirkungen. Selbst mit Klagen über Phantomschmerzen.

Erziehungsmassnahme in Afghanistan.

Vom Genuss selbstverständlicher Rechte

Dazu sind diese Frauen in der Lage, weil sie selbstverständliche Rechte geniessen. Sie konnten zur Schule gehen, sich ausbilden lassen, mehr oder minder frei ihre Berufswahl treffen. Sie sind sich gewöhnt, öffentlich aufzutreten, ihre Meinung mündlich und schriftlich, in Bild und Ton kundzutun. Unverschleiert, unzensiert, ohne deswegen um Leib und Leben fürchten zu müssen.

Schülerinnen in Afghanistan. Historische Aufnahme.

Seit sich das schwarze Leichentuch des islamischen Fundamentalismus über Afghanistan gelegt hat, seit religiöse Irre wieder die Macht ergriffen haben, sieht es dort anders aus. Da die Demokratie nicht mehr länger auch am Hindukusch verteidigt werden muss, hat der freie Westen alles und alle verraten. Alle Werte, die er den Afghanen vorgebetet hat. Alle armen Afghanen, die darauf vertrauten.

Alle, die sich kenntlich gemacht haben, indem sie moderne, zivilisatorische Werte verteidigten, sind lebende Tote, Zielscheiben mit aufgemaltem Fadenkreuz. Sie können nur, wohl vergeblich, auf ein schnelles Ende hoffen. Ohne vorangehende Vergewaltigung, Folterung, Entwürdigung.

Die Taliban haben dazugelernt

Selbst die Taliban sind nicht völlig verstockt und dumm. Sie haben, im Gegensatz zur letzten Machtübernahme, bei der Bedeutung von Bildern, Symbolen und von PR dazugelernt. Sie schaffen es sogar, einzelne Beobachter einzulullen. Die ihnen abnehmen, dass sie auch die Rechte der Frau respektieren wollen, sie nicht am Schulbesuch hindern, keinesfalls einzig im Vollpräservativ auf die Strasse lassen werden. Sie nicht als dem Mann völlig unteränige, zweitklassige Wesen betrachten werden, völlig der Willkür, der Herrschaft, den Launen ihres Gebieters, Herrn und Dominators ausgesetzt.

1996: So erging es dem damaligen Präsidenten Najibullah. Der aktuelle ist lieber geflohen.

Offenbar alles auch nur Phantomschmerzen, wenn sich afghanische Frauen, die sich exponiert haben, darüber beklagen, dass der Westen sie den Wölfen zum Frass vorwirft.

Ob es daran liegt, dass von den mehr als 75 Frauen von Tamedia, die sich so eloquent gegen Sexismus und Unterdrückung aussprachen, allerdings nur in eigener Sache, hier nichts zu hören ist?

Scherze sind völlig unerwünscht bei den Taliban.

ZACKBUM wollte es genauer wissen. Im Gegensatz zu immer mehr Medien halten wir eisern an einem journalistischen Prinzip fest: audiatur et altera pars. Man höre auch die andere Seite. Das wird zwar von «Republik» bis Tamedia, von «Blick» bis NZZ immer seltener eingehalten.

Wir hätten wieder ein paar Fragen an die Tamedia-Protestfrauen

Wir aber haben, ungeachtet der Tatsache, dass wir noch nie einer Antwort gewürdigt wurden, den erregten Tamedia-Frauen wieder Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Konkret haben wir ihnen diesen offenen Brief geschickt:

Sie gehören zu den Unterzeichnern des Protestschreibens im Hause Tamedia, in dem Klage geführt wird über Sexismus, Diskriminierung und Unterdrückung gegenüber Frauen.

Seither haben Sie sich in dieser Sache nicht mehr zu Wort gemeldet.

Sie haben als Medienschaffende sicherlich die tragischen Ereignisse in Afghanistan zur Kenntnis genommen. Wie immer, wenn fundamentalistische Taliban die Macht ergreifen, bedeutet das vor allem für Frauen Knechtschaft, Unterdrückung, die Missachtung grundlegender Menschenrechte und Schlimmeres wie sexuelle Ausbeutung.

Dazu hat ZACKBUM ein paar Fragen:

  1. Wieso raffen Sie sich zu keinem Protestschreiben als Ausdruck der Solidarität mit den afghanischen Frauen auf?
  2. Wieso kündigen Sie nicht an, sich in der Schweiz intensiv um die Brüder im Geist zu kümmern, die mehr oder minder offen ähnliches Gedankengut wie die Taliban in Afghanistan verbreiten?
  3. Wieso zeigen Sie nicht tätige Solidarität, indem Sie das tun, wozu Sie eigentlich angestellt sind: journalistische Recherchen betreiben, um in diese Dunkelkammern hineinzuleuchten?
  4. Wann kann man mit den ersten Ergebnissen dieser gelebten Solidarität rechnen?
  5. Haben Sie bereits ein entsprechendes Protestschreiben vorbereitet, wenn ja, können wir das auf ZACKBUM veröffentlichen?

Gerne erwarten wir Ihre Reaktion bis Mittwoch, 18. August 2021, 10.00 Uhr und bedanken uns im Voraus dafür.

Bislang haben wir nur die üblichen Ferienabwesenheitsmeldungen gekriegt. Wetten, dass bis 10 Uhr keine weitere Reaktion eintreffen wird?

Strafe für Ehebruch muss unter den Taliban sein.

Denn, Hand aufs Herz, es liegt doch nicht an ZACKBUM, dass diesen Tamedia-Frauen nur ihr eigenes Schicksal nicht scheissegal ist. Wenn es über wohlfeiles Maulheldinnentum mit Solidaritätsadressen usw. hinausgehen müsste, also in Arbeit ausarten würde, dann herrscht Ruhe, dann verstecken sie sich hinter ihrer Art von Vollverschleierung. Schamlos schamvoll, feige und heuchlerisch.

GI, verloren in Afghanistans Labyrinth.