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Demagogie als Journalismus

In der modernen Relativ-Berichterstattung ist alles möglich.

Die Berufs-Unke Peter Burghardt aus Washington ist schon für diverse bittere Stunden des Journalismus verantwortlich. Seine Berichterstattung über die Vorwahlen, seine Befürchtung, dass in den USA die Demokratie sterbe, sein unablässiges Trump-Bashing, seine Wetterfahnen-Analysen über das Kandidatenkarussell der Demokraten – es wäre eine gewaltige Qualitätssteigerung für Tamedia, wenn auf die Beiträge des Irrwischs der «Süddeutschen Zeitung» verzichtet würde.

Aber mit welcher Qualität würde dann die hauseigene Ausland-Rumpfredaktion den Leerraum füllen? Also darf Burghardt eine Pirouette auf dem neuerlichen Attentatsversuch auf Donald Trump drehen.

Wenn RT mal was lernen will, was geschickte Demagogie und Wirklichkeitsmassage ist, dann kann es sich hier eine Lektion abholen. Zunächst muss der Protagonist eingeführt werden:

«Sonntag, früher Nachmittag, Trump war gerade beim Golfspielen. Er spielt gern und oft Golf, wenn er nicht gerade als Wahlkämpfer mit seiner Boeing 757 durch die USA fliegt. Bei seinem Hobby kommt ihm die Tatsache entgegen, dass ihm mehrere Golfplätze gehören, unter anderem im Süden Floridas.»

Sympathischer Typ, nicht war? Was ist denn dann passiert? ««Präsident Trump ist nach Schüssen in seiner Nähe in Sicherheit», gab Steven Cheung bekannt, der Sprecher von Trumps Präsidentschaftskampagne. Welche Schüsse? Von wem? Von wo?» Sind das schon wieder Fake News aus dem Lager des Berufslügners Trump?

Nun ja, irgendwas scheint doch dran zu sein, räumt Burghardt dann unter geschickter Verwendung des Irrealis ein:

«Die Nachricht von einem möglichen Attentatsversuch durch einen mutmasslichen Ukraine-Aktivisten namens Ryan R. zerreisst den längst surrealen Wahlkampf noch mehr.»

Ist real was passiert? Es gibt doch nur eine Nachricht von etwas Möglichem von einem Mutmasslichen, in der Surrealität.

Wollen wir das mal einbetten: «Wenige Tage nach seinem verstörenden Auftritt bei der Fernsehdebatte mit Kamala Harris, als gut 60 Millionen Zuschauer eine angriffslustige Demokratin erlebten und einen zornigen Republikaner.»

Hm, soll dieses mutmassliche Geschehen vielleicht von etwas ablenken? «Jetzt wird da von ganz rechts wieder der Verdacht geschürt, dass Trump mit allen Mitteln aus dem Weg geräumt werden soll, um sein Comeback zu verhindern.» Nun, es scheint ja doch das eine oder andere kleine Indiz für diesen geschürten Verdacht zu geben.

Da kommt ein gleich gelöschter Tweet von Elon Musk gerade recht: «Und niemand versucht, Biden/Kamala zu ermorden». Der Mann ist auch nicht ganz dicht.

Burghardt aber auch nicht: «Noch dazu geschah dieser zweite, besonders mysteriöse Zwischenfall jetzt zu einer Zeit, die von einem selbst für Trumps Verhältnisse aussergewöhnlich geschmacklosen Fall geprägt war. Trump und sein Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance hatten behauptet, Immigranten aus Haiti würden in Springfield, Ohio, Katzen und Hunde klauen und aufessen

Flugs dreht er daraus eine eigene Verschwörungstheorie: «Diese eindeutig rassistische Behauptung war bis zuletzt der Aufreger, der die Schlagzeilen beherrschte, ehe in der Nähe von Trumps Golfplatz geschossen wurde.»

Hm, kennen wir das nicht? «Dort in der Kleinstadt Butler soll ein Schütze mit einem Schnellfeuergewehr AR-15 vom Dach eines nahe gelegenen Gebäudes auf Trump gezielt haben, eine Kugel oder ein Splitter streiften sein rechtes Ohr.» Soll gezielt haben?

Auf jeden Fall nützte das wohl Trump: «Das Foto mit der erhobenen rechten Faust und dem blutüberströmten Gesicht löste das Bild ab, das Trump als Angeklagten zeigt, den Mugshot.»

Dann noch die Schlusspointe, zwar völlig abgehoben vom Gegenstand des Berichts, aber macht sich halt auch gut: «Was am Sonntag wirklich passiert ist, ist immer noch unklar. Es heisst, der mutmassliche Attentäter habe lang Trump unterstützt, dann sei er enttäuscht zu den Demokraten übergelaufen. … Es gibt in den USA mehr Schusswaffen als Einwohner, im Durchschnitt wird hier alle paar Minuten ein Mensch angeschossen. Nach dem Shooting kürzlich mit zwei toten Schülern und zwei toten Lehrern sagte J. D. Vance, das sei «die Realität, in der wir leben. Wir müssen uns damit abfinden.»»

Was insinuiert: dass auf Trump geschossen wird, damit sollte man sich gefälligst auch abfinden.

Was für ein stinkender Haufen Buchstabenjauche, die uns das Qualitätsmedienhaus Tamedia hier serviert. Das passt irgendwie zur wiederholten Fälschung der Aussagen von Statistiken, wie sie das deutsche Gebühren-TV seinen Zuschauern serviert. Eigentlich kann man das alles nur noch mit Humor nehmen:

Wie wohl eine entsprechende Umfrage unter Tamedia-Lesern aussähe und wie sie von Simon Bärtschi schöngeschwafelt würde?

Rammstein!

Man erinnert sich? Grosses Geschrei, «#metoo». Nun nur noch Gewinsel.

Der «Blick» bellte zuerst blöd los, dann musste er schnell den Schwanz (Pardon) einziehen. Nach einem Artikel voller unbelegter Vermutungen, was der Rammstein-Sänger wohl mit Fans anstellen würde, die kreischend in der Row Zero stehen und es als höchstes Glück empfinden, anschliessend zur After-Party eingeladen zu werden, musste er den Artikel schnell löschen, und Ringier gab «nach Abmahnung gegenüber unserem Mandanten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab», vermeldeten die Anwälte des Sängers triumphierend.

Allerdings können und konnten sie sich auch nicht um alles kümmern, in einer ersten Version bezeichnete die NZZ den Sänger doch tatsächlich als «Täter», ein unglaublicher Ausrutscher von Ueli Bernays: «Till Lindemann und Rammstein: Aus dem Künstler ist ein Täter geworden». Als dann Vernunft und Verstand wieder einsetzten, wurde abgesoftet zu: «Was ist Tat, was sind Fiktionen?» Besser wäre gewesen: was sind Imaginationen?

Dass sich auch noch Tom Kummer um Rammstein kümmerte, war dann zusätzlich unverdientes Pech. Aber bei dem Fake-Schreiber weiss man sowieso nicht, ob er wirklich bei einem Konzert war oder das nur fantasierte. Auch der «Spiegel», bereits mehrfach einschlägig aufgefallen, nicht zuletzt durch den unkritischen Abdruck der Rache einer frustrierten und gefeuerten «Magazin»-Redakteurin, musste zurückkrebsen und verheddert sich nun sogar noch in Vorwürfe wegen Urkundenfälschung und versuchtem Prozessbetrug.

Leider ungeschoren kam Tamedia mit seinem Amok-Redaktor Andreas Tobler davon. Der machte sich zur Witznummer, indem er einerseits die Unschuldsvermutung beschwor. Andererseits aber forderte: «Die Rammstein-Konzerte sollten abgesagt werden».

Till Lindemann, Luke Mockridge, Finn Canonica, Till Schweiger, Kevin Spacey. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Nach Corona erreichte hier die Sittenverluderung der Medien einen neuen Tiefpunkt.

Blöd bloss für die Denunzianten, dass nicht alle aus Geldmangel aufgeben müssen wie Canonica, nicht alle ruiniert zurückbleiben wie Spacey. Lindemann lässt seine Anwälte von Schertz Bergmann weiter Fälle abarbeiten. Denn die Medien geben ja auch nicht auf.

So veröffentlicht der staatliche Sender NDR zusammen mit der «Süddeutschen Zeitung» seit Mitte Mai dieses Jahres einen vierteiligen Podcast «Rammstein – Row Zero». Gegen die ersten zwei Folgen hatten die Anwälte bereits zwei einstweilige Verfügungen erwirkt.

Nun sind zwei weitere ergangen. Den vermeintlich seriösen Veranstaltern des Podcasts wird untersagt zu behaupten, dass Lindemann an einer gewissen Kaya R. in bewusstlosem Zustand sexuelle Handlungen vorgenommen habe. «Das Landgericht stellt fest, dass es für diese Verdachtserweckungen jeweils an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen fehle.»

Was erschreckt, ist der Zeitpunkt der Ausstrahlung. Mehr als ein Jahr, nachdem dieser Skandal, der keiner war, zu einem Medienereignis aufgepumpt wurde, sollten die Medien doch eigentlich in der Lage sein, zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden. Sich darüber im Klaren werden, dass Trittbrettfahrerinnen, Mädchen mit Geltungsbedürfnis auch hier versuchten, sich eine Scheibe medialer Aufmerksamkeit abzuschneiden.

Was – wie bei Corona – dringend Not täte, wäre eine kritische Aufarbeitung des eigenen Versagens, die schonungslose Analyse, wie es immer wieder zu solch hysterischer Hatz kommen konnte und kann. Aber darüber kein Wort.

Eigentlich sind (fast) alle Medien inzwischen auf dem mehr oder minder geordneten Rückzug – oder versuchen, Gras über diese peinliche Hatz wachsen zu lassen. Aber nicht so der NDR und die SZ. Denen ist’s offenbar egal, sich den Ruf weiter zu ruinieren. Mit unbelehrbarer Rechthaberei, nach der Devise: na warte.

Längst widerlegte Behauptungen nochmals aufstellen, im sicheren Wissen, dafür nochmal eine übergebraten zu bekommen, das ist nun wirklich erschreckend.

Wie es in Deutschland ludert

Relotius ist nur eine Ausprägung des linken Schreibens in die Bedeutungslosigkeit und Unglaubwürdigkeit.

Zwischen «#metoo»-Erregungswellen und angebliche Enthüllungen über rechtsradikale Schweinereien gibt es nur graduelle Unterschiede – und grosse Ähnlichkeiten.

Ähnlich ist vor allem, dass am Anfang ein Riesengeschrei steht. Kevin Spacey, Rammstein, Copperfield, furchtbar. Irgend einer «enthüllt» den Skandal, die Meute hechelt los und bauscht weiter auf. Bis ein völlig Entgleister sogar forderte – mit Hinweis auf die Unschuldsvermutung –, dass die Konzerte von Rammstein in der Schweiz präventiv abgesagt werden sollten.

Phase zwei ist dann jeweils verkniffenes Schweigen, wenn sich die Anschuldigungen in Luft auflösen – und Organe mit rechtlichen Schritten dazu gezwungen werden müssen, Falschbehauptungen richtigzustellen.

Sehr ähnlich verhält es sich mit dem «Geheimplan gegen Deutschland» der Plattform «Correctiv» oder dem Versuch der «Süddeutschen Zeitung», im Wahlkampf dem Chef der Freien Wähler in Bayern zu diskreditieren. Beides startete bombastisch – und verröchelte winselnd.

Dabei wäre es so schön gewesen. Finstere Rechtsradikale aus AfD und CDU treffen sich insgeheim in der Nähe von Potsdam, um ungeniert «Deportationspläne» von Migranten, sogar solchen mit deutschem Pass, zu besprechen und voranzutreiben. Knallharten Recherchierjournalisten sei es dabei gelungen, an diesem «Geheimtreffen» teilzunehmen, das gar nicht so geheim war.

Inzwischen musste «Correctiv» gezwungenermassen einige Behauptungen korrigieren und zurücknehmen. Sehr dünnhäutig werden sie, wenn ihnen in der medienkritischen Plattform «Übermedien» (sozusagen das deutsche ZACKBUM) vorgeworfen wird, sie hätten nach dem «Prinzip Nichtbeleg und Grossdeutung» angeschwärzt. Die seien «von Neid zerfressen», japste der Geschäftsführer von «Correctiv» zurück. Auch die «Tagesschau» musste in zweiter Instanz dazu gezwungen werden, eine haltlose Behauptung zu löschen. Das Gericht schrieb ihr (und  dem «Spiegel» und vielen anderen Medien) ins Stammbuch: «Prozessual ist von der Unwahrheit der Behauptung der Antragsgegnerin, es sei bei dem Treffen in Potsdam die Ausweisung deutscher Staatsangehöriger diskutiert worden, auszugehen.»

Eine Riesenklatsche. Damit endet vorläufig eine «Enthüllung», die ungeheuerliche Wirkung hatte; Hunderttausende gingen auf die Strasse, um «gegen rechts» zu demonstrieren; Politiker überschlugen sich dabei, diese furchtbaren Pläne zu verurteilen.

Wie demagogisch abgefeimt, suggestiv und ungenau der Text von «Correctiv» ist, dafür nur ein Beispiel: «Knapp acht Kilometer entfernt von dem Hotel (wo das für alle per Anmeldung zugängliche Treffen stattfand, Red.) steht das Haus der Wannseekonferenz, auf der die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.» Diese üble Assoziation wurde im «Spiegel» nicht etwa kritisiert, sondern als «nicht nur legitim, sondern geboten» gelobt.

Der Treppenwitz dabei ist, dass zum Thema Remigration nur gesagt wurde, was die AfD schon lange öffentlich vertritt: nicht-assimilierte Staatsbürger sollten durch «Anpassungsdruck» zur Rückwanderung gedrängt werden. Während die SPD – natürlich unkritisiert – fordert, Antisemiten auch nachträglich den deutschen Pass wegzunehmen.

Im Fall des bayerischen Politikers Aiwanger wurde ihm von der SZ unterstellt, er habe vor vielen Jahren als Jugendlicher ein abstossendes Flugblatt verfasst, das sich über den Holocaust amüsierte. Als sich herausstellte, dass seine Urheberschaft – von ihm bestritten – in keiner Form belegbar war, entblödete sich der Chefredaktor der SZ (das war noch vor der Plagiatsaffäre) nicht, sich mit diesem Satz von allen journalistischen Prinzipien zu verabschieden: «Auf die Urheberschaft kommt es nicht mehr an, der Rest ist schon schrecklich genug.» Damit meinte er aber nicht das Vorgehen seiner Zeitung.

Seither herrscht verkniffenes Schweigen, alleine die NZZ getraut sich, Klartext zu schreiben: «Die Redaktion musste den Text «Geheimplan gegen Deutschland» korrigieren – viele deutsche Medien scheuen bis heute die Aufarbeitung.» Autorin Beatrice Achterberg führt noch ein weiteres Beispiel der abgrundtiefen Heuchelei der «Correctiv»-Macher an. Einerseits empören die sich über angebliche Deportationspläne der Rechten. Andererseits schreibt einer ihrer Reporter und Mitautor des «Geheimplan»-Schmierenstücks angesichts des starken Zuspruchs für AfD, BSW und Linke in Ostdeutschland, dass es doch nicht angehe, dass «eine Mehrheit der ehemaligen DDR-Bürger, die nur 1/6 der Gesamtbevölkerung stellen, mit der Westbindung das Erfolgsmodell der Bundesrepublik zerstören.»

Sein Lösungsvorschlag: man müsse über eine «Trennung» der neuen Bundesländer, der Ex-DDR, von der BRD nachdenken. Also sozusagen die Zwangsausbürgerung von Millionen von Deutschen.

All das ist dermassen hanebüchen und wirft ein grelles Licht darauf, was ZACKBUM schon lange sagt. Nicht die Arglist der Zeiten oder die Umstände haben die Medien in die Krise geführt. Ein wenig auch, aber in erster Linie ist es dieses Versagen, diese Einäugigkeit, diese Unfähigkeit zur Selbstkritik, diese voreingenommene und angeblich belehrende Schmiere, die Leser und zahlende Konsumenten in Scharen davontreibt.

Denn wer will denn – unabhängig von seiner eigenen politischen Überzeugung – Geld für solch journalistisches Desaster, für Offenbarungseide am Laufmeter, für mit ideologischer Brille geschriebene Propagandamachwerke ausgeben.

Was macht eigentlich Föderl-Schmid?

SZ, Plagiat, Gekeife. Stille Rückkehr.

Wie keifte «Tages-Anzeiger»-Oberchefredaktorin Raphaela Birrer: «Nach Plagiatsvorwürfen hat eine bekannte Journalistin offensichtlich versucht, sich das Leben zu nehmen. Es ist das Resultat einer Treibjagd durch den Online-Mob.»

Natürlich gilt damals wie heute die Unschuldsvermutung; allerdings galt für Birrer die Schuldvermutung gegenüber all denjenigen, die der stellvertretenden Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» vorwarfen, fremde Texte ohne Quellenangabe abgeschrieben zu haben. Umgangssprachlich auch als Plagiat bekannt.

Erschwerend kam noch hinzu, dass sich Alexandra Föderl-Schmid selbst als Scharfrichterin aufgeführt hatte und in ihrem Buch «Journalisten müssen supersauber sein» behauptet hatte, bei erwiesenem Abschreiben müsse ein Journalist zurücktreten.

Das tat sie auch – vorläufig. Nachdem man sie zuerst vermisst gemeldet und dann unter einer Brücke aufgefunden hatte.

Allerdings hatte sie auch erwiesenermassen abgeschrieben. Das ist nun ein Problem, nicht nur für Birrer, die ohne alle Fakten zu kennen als schlechtes Beispiel für ihre Redaktion vorpreschte – und dann verstummte.

Der von der SZ in Auftrag gegebene Untersuchungsbericht versuchte sich in scholastischer Auslegung und in Dehnungsübungen zum Begriff «abschreiben». Denn auch hier kam man nicht umhin, klarzustellen:

«Wir kommen zu dem Schluss, dass Föderl-Schmid für ihre Artikel stellenweise auf Nachrichtenagenturen, quasi-amtliche Quellen und Archivmaterial zurückgegriffen hat, ohne dies auszuweisen

Das wäre dann mal abschreiben, also genau das, was ihr vorgeworfen wurde. Aber bitte, abschreiben ist doch nicht plagiieren:

«Keine Hinweise fanden wir darauf, dass Föderl-Schmid methodisch die journalistische Leistung von anderen in einer Weise kopiert hätte, ohne die ihre eigenen Texte keine Gültigkeit gehabt hätten. Sie ließ es an Transparenz fehlen, hat aber nicht versucht, Übernahmen von Passagen aus anderen Publikationen zu verschleiern.»

Wunderbar, sie hat irgendwie abgeschrieben, aber was sie nicht abschrieb, hätte auch ohne das Abgeschriebene «Gültigkeit» gehabt. Hä? Ausserdem habe sie nicht «verschleiert». Hä? Sie hat also offenbar pfadengrad abgeschrieben und sich nicht einmal die Mühe gemacht, das Abgeschriebene etwas zu mixen.

Nach dieser Verunklarung geht der «Untersuchungsbericht» auf die Wurzel des Problems ein:

«Ausgelöst wurde dies durch einen Bericht des Branchendienstes Medieninsider, der elf Textpassagen aus drei Artikeln von Föderl-Schmid veröffentlicht hatte, die weitgehend mit Passagen aus anderen Publikationen übereinstimmten, ohne dass sie diese als Quellen genannt hatte.»

Hoppla. Aber: «Er sprach allerdings weder von „Plagiat“ noch von „Skandal“.» Das taten dann erst «das vom Ex-Bild-Chefredakteur geführte Onlineportal Nius sowie der Salzburger Kommunikationswissenschaftler und selbsternannte „Plagiatsjäger“ Stefan Weber».

Diese selbsternannten Schweinebacken und Jäger gingen noch weiter: «Die Autorin suggeriere per Autorenzeile und Ortsangabe, dass sie von vor Ort berichte, unterschlage dabei jedoch, dass sie mit Agenturmaterial und Versatzstücken aus anderen Medien arbeite

Nun muss sich die Untersuchungskommission erst mal erholen und erzählt langfädig von öffentlichen Angriffen, einer «dramatischen Suchaktion», ihrem «Arbeitsauftrag» und ihrer «Vorgehensweise». Zu der gehörte offenbar nicht, Julian Reichelt oder Stefan Weber in die Untersuchung einzubeziehen. Wozu auch, da das Resultat von Anfang an festgestanden haben dürfte.

Nun folgt eine nochmals langfädige Erklärung, was ein Plagiat eigentlich sei. Wer das ohne einzuschlafen überlebt, wird Schritt für Schritt auf die rabulistische Erklärung hingeführt, wieso Föderl-Schmid zwar erwiesenermaßen x-mal und umfangreich abgeschrieben hat, aber:

«Es wäre unverhältnismäßig, aufgrund fehlender Agenturhinweise ein Plagiat zu unterstellen. Auch anderswo werden „zusammengerührte Agenturtexte“ gern als eigenständige Autorenstücke verkauft, getreu dem Motto: Für die Agenturen haben wir bezahlt, also können wir damit machen, was wir wollen. Da ist die SZ kein Einzelfall.»

Das ist das tollste in einer ganzen Reihe von Vernebelungsargumenten: machen doch alle so, nicht nur in der SZ. Aber dann wird das Untersuchungsteam einen Moment lang ganz streng: «Manche dieser Übereinstimmungen irritieren

Aber gemach, die Dame war einfach überfordert:

«Eine stellvertretende Chefredakteurin, die den Newsdesk mit leitet und zugleich als Autorin ständig in Erscheinung tritt, mag für einen Verlag die perfekte Arbeitnehmerin sein, durchzuhalten ist ein solches Pensum nicht.»

Damit hätte sich das Gefälligkeitsgutachten endlich auf Seite 13 zur Schlussfolgerung mäandriert:

«Insgesamt betrachtet ist dieser Fall weit entfernt von einem Plagiatsskandal. Wer Föderl-Schmid vorwirft, sie habe systematisch und in großem Umfang plagiiert, versteht nicht, wie tagesaktueller Journalismus funktioniert.» Und noch ein klares Wort zum Schluss: «Eine Redaktion zu sehr mit Vorschriften einzuengen, bloß um Wortgleichheiten zu vermeiden, wäre dem Journalismus nicht wirklich dienlich.»

Damit haben die Autoren Steffen Klusmann, Henriette Löwisch und Prof. Dr. Klaus Meier ihren Ruf hübsch bekleckert, wenn sie einen hätten. Übertroffen werden sie dabei nur noch von Birrer.

Denn die Autoren sagen im Klartext: wer plagiieren im Tagesjournalismus kritisiert, hat eben keine Ahnung, dass da ständig plagiiert wird. Das per Vorschrift (als ob es nicht schon ohne Vorschrift unanständig und falsch wäre) zu verbieten, würde diesem Plagiatsjournalismus nicht dienen. Allerdings.

Inzwischen wird Föderl-Schmid wieder an den Redaktionsalltag herangeführt. Nicht mehr als Mitglied der Chefredaktion, aber doch als Leiterin des Nachrichtendesks.

ZACKBUM fasst zusammen: Schwein muss der Mensch haben. Er wird glasklar des unanständigen Kopierens ohne Quellenangabe überführt. Aber dann nimmt das Thema Reichelt auf. Darauf wird eine «dramatische Rettungsaktion» nötig, ein Weisswäschergutachten verfasst, alle Kritiker als Hetzer, Mobber und überhaupt Schweinebacken verunglimpft. Schliesslich ist Föderl-Schmid eine Frau, was auch ungemein hilft.

Auch sie darf nun fröhlich verkünden: was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern über «blitzsaubere Journalisten» an. Nichts.

Kollateralschaden: wie immer die Glaubwürdigkeit der SZ und von Tamedia.

 

Ullsteins Schande

J.D. Vance ist der neue Gottseibeiuns der Journaille. Und eines deutschen Verlags.

«Wieso Trumps Vize jetzt zum Problem wird». Das will Christian Zaschke wissen. Er gehört zur Riege der US-Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung», deren Ergüsse ungefiltert die Schweizer Leser von Tamedia belästigen. Ihre Artikel sind nicht mal aktuell, wenn sie veröffentlicht werden. Interessant sowieso nie.

Auch was er meint und behauptet und woran er zweifelt und was er hofft, hat mit der Wirklichkeit in den USA kaum etwas zu tun. So ausserhalb von New York, Boston, San Francisco und Los Angeles. Also ist es völlig unerheblich.

Vance werden nun unbedachte Äusserungen um die Ohren geschlagen, die er tätigte, als er noch nicht der Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten war und als er von Donald Trump keine besonders hohe Meinung hatte. Kann passieren, ist all diesen Korrespondenten auch nicht unbekannt, dass sie lieber nicht an ihre Fehlprognosen und Untergangsarien («so stirbt die Demokratie») erinnert werden möchten.

Das kann man Vance nun aufs Brot schmieren und der Hoffnung Ausdruck geben, dass das Trump «viele Stimmen kosten» könnte. Das Pfeifen im Wald wird immer schriller. Auch der «Blick» pfeift mit: «Warum Vance zum peinlichsten Vize.-Kandidaten wird». Noch peinlicher als Danpotatoe») Quayle?

Man könnte allerdings auch das Buch von Vance lesen. Denn er hat eins geschrieben, und im Gegensatz zu dem meisten Gebrabbel dieser Korrespondenten ist das Literatur, beschreibt schonungslos den eigenen Lebenslauf von Vance. Der stammt aus einer typischen White Trash-Familie; Mutter drogenabhängig, ständig wechselnde Begleiter, Chaos, Misshandlungen jeder Art.

Bis seine Grossmutter beschliesst, den Jungen zu sich zu nehmen. Was der nur knapp besser als das Verbleiben bei seiner Mutter empfindet. Bis er für die Schule einen Taschenrechner braucht, und der kostet für seine Verhältnisse ein Vermögen von 84 Dollar.

Vance versucht linkisch, einen zu klauen, wird dabei erwischt und von seiner Großmutter gerettet – die ihm den Taschenrechner schenkt. Auch das vermag Vance, der sich selbst gegen so viel Rohheit und Aggressionen und Gewaltausbrüche mit gleicher Münze wehrte, nicht wirklich zu begeistern. Aber dann bekommt er mit, dass seine Großmutter sich dafür das Essen vom Mund abspart.

Und benützt den Taschenrechner, bringt beste Noten nach Hause, geht auf die Uni, verliebt sich in einen Menschen, der bedingungslos zu ihm steht – und macht Karriere. Hollywood. Natürlich, und Hollywood hat’s auch verfilmt. Nicht viel schlechter als das Buch geworden, mit einer grossartigen Glenn Close als Grossmutter mit bewundernswertem Mut zur Hässlichkeit.

Den hat auch der Ullstein Verlag, allerdings anders. Die Gebrüder Ullstein drehen sich im Grab um. Denn wie hiess noch im Gründungsjahr 1903 das Credo: «In diesem Haus wurden alle Strömungen eingefangen, alle Stimmen gehört, registriert und wie von einem riesigen Resonanzboden verstärkt der Öffentlichkeit wieder zugeführt.»

Ausgerechnet der Verlag, dessen jüdische Besitzer ihn zwangsweise an die Nazis verkaufen mussten, ausgerechnet der Verlag, der wie kein anderer unter Meinungsterror und Zensur gelitten hat, schmeisst den Autor J.D. Vance aus seinem Programm. Nachdem er sieben Jahre lang an der deutschen Übersetzung der «Hillbilly Elegie» satt verdient hat.

Der Autor vertrete inzwischen «eine aggressiv-demagogische, ausgrenzende Politik». Deshalb habe man ihn denunziatorisch ausgegrenzt. Nein, so formuliert es der Verlag nicht. Deshalb habe man die Lizenz nicht verlängert.

In der Tiefebene des deutschen Geists ist das eine unsägliche Verrohung der Sitten. Heinrich Heine kann froh sein, dass seine Werke im Suhrkamp Verlag erscheinen. Denn was würde Ullstein wohl davon halten, wenn er Hausautor wäre und geschrieben hat: «Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende Menschen

Sicher, die Bücher von Vance werden (noch) nicht verbrannt. Aber mindestens so erbärmlich wie diese Entscheidung ist das nur leise Gemurmel im deutschen Feuilleton. So ein Skandal müsste einen Aufschrei auslösen. Stattdessen da und dort leise Kritik. Bei Tamedia weiss die Literaturchefin Nora Zukker wahrscheinlich nicht einmal, dass es dieses Buch überhaupt gibt. Auf jeden Fall kein Wort dazu.

Den Vogel schiesst hier aber wieder einmal die «Süddeutsche Zeitung» ab. Ein Felix Stephan – angeblich «Kulturjournalist» und selber Schriftsteller – verdient es, dass sein Name auf ewig an einen Schandpfahl genagelt wird.

Unter dem Titel «Ist das schon Zensur?» schwurbelt er diese Zensur zurecht. Denn schliesslich, so sein grenzdebiles Argument, hätte Ullstein ja die Lizenz verlängern und dann nur eine kleine Auflage nachdrucken können: «So aber wurde die Lizenz für jeden Verlag frei verkäuflich, der sich ihrer erbarmen wollte.» Erbarmen?

Kein Verlag hätte sich aber «an der Meinungsfreiheit in Deutschland vergangen, wenn er das Buch eines Autors nicht veröffentlichen wollte, der sich im amerikanischen Wahlkampf zwar in aussichtsreicher Position befindet, inhaltlich aber in vielerlei Hinsicht rechts von der AfD». Wie bitte? Sollte man also auch Bücher von der AfD nahestehenden Autoren nicht mehr veröffentlichen? Einer demokratischen und gewählten Partei? Nur weil das einem geistigen Grossinquisitor wie Stephan nicht ins ideologische Raster passt?

Der «Fall» erinnere an den Historiker Rolf Peter Sieferle, dessen durchaus lesbares und provokantes Buch «Finis Germania» nicht von Suhrkamp veröffentlicht wurde. Eine politische Abrechnung mittels über Jahre verstreuter Aufsätze und ein literarisches Werk im Vergleich?

Vielleicht erinnert sich Flachdenker Stephan nicht daran, dass auch «Finis Germania» zum Bestseller wurde – und dann vom «Spiegel» kommentarlos aus seiner Bestsellerliste gestrichen. Schon diese unerträgliche Zensur wurde damals von wenigen Mutigen wie Denis Scheck als «journalistischer Skandal» bezeichnet. Für Stephan war das sicher voll in Ordnung. Er würde wohl auch Literaturwissenschafter Rüdiger Safranski am liebsten zensieren, der die damalige «fahrlässige und hysterische Debatte» auf eine «schlampige und fahrlässige Lektüre» zurückführte.

Die Geschichte wiederholt sich, jedes Mal mehr als Farce, wenn selbst Geisteszwerge wie Stephan im Feuilleton der SZ geifern dürfen.

Schon ist der Autor beim nächsten geistigen Salto mortale: dass das Haus Ullstein, «das bis zu seiner Arisierung 1937 einer der größten Verlage der Europas war, sich künftig von einem Autor möglichst fernhält, der nicht nur Donald Trumps Agenda vertritt, sondern auch zum Leo-Strauss-Lesekreis des rechten Milliardärs Peter Thiel gehört, ist insgesamt eher keine Sensation». Ullstein wurde von den Nazis enteignet, wer von Thiel gelesen wird, darf deshalb dort nicht mehr erscheinen? Mit einem Buch, bei dem kein einziger Buchstabe geändert wurde und das sieben Jahre lang verkauft wurde? Der Mann, mit Verlaub, hat ein paar Schrauben locker.

Aber Stephan legt noch eine Volte drauf, denn die Trauben sind viel zu sauer: «Literaturgeschichtlich muss an dieser Stelle vielleicht dazugesagt werden, dass die Erzählkonstellation von „Hillbilly-Elegie“ schon altmodisch war, als das Buch 2016 erschien.»

Ein Feuilleton, das solchen Stuss veröffentlicht – und niemand in der SZ widerspricht – hat abgewirtschaftet, seinen Ruf verspielt, kann weg.

 

Das Ende des seriösen Journalismus

Die Totenglocke läutet Peter Burghardt.

Der US-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung», der dank Sparmassnahmen auch die Leser der Blätter des Qualitätskonzerns Tamedia beschallt, gibt in typisch deutscher Manier den Tagesbefehl aus.

Auch Burghardt weiss es  im Nachhinein besser, was er vorher anders sah: «Natürlich hätte Joe Biden früher aufgeben sollen, am besten wäre er gar nicht erst angetreten

Nachdem derselbe Burghardt (oder ein Klon?) die Kandidatur Bidens noch lauthals bejubelt hatte, sucht er nun krampfhaft nach Alternativen. Dabei lobhudelte er (der Klon?) noch vor einem Jahr: «Für einen doch schon etwas älteren Herrn ist Joe Biden in diesen Tagen wieder gut unterwegs. Reicht seine Energie, um Donald Trump zu stoppen? Das ist die Hoffnung.» Oder sollte man ihn doch auswechseln? «Sinn machen sie (solche Überlegungen, Red.) eher nicht mehr, weil es voraussichtlich zu spät ist.» Wusste Burghardt im November 2023. Und noch im Februar 2024 pfiff er im Wald: «Am Ende könnte Biden schon deshalb wieder eine Mehrheit bekommen, weil wie 2020 eine Mehrheit Trump nicht will.»

Schliesslich war sich Burghardt noch im März 2024 sicher: «Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Biden beim Parteikongress im August offiziell nominiert, um dann am 5. November wie vor vier Jahren wieder gegen Donald Trump anzutreten. Auch wenn seit einiger Zeit die sehr vage Theorie herumwabert, er lasse sich angesichts seines Alters und gelegentlicher Versprecher womöglich doch noch auswechseln.» So viel zu einer herumwabernden, sehr vagen Theorie.

Nachdem die nun nicht mehr wabert, wird Burghardt mit der Vizepräsidentin auch nicht so recht warm und gönnt sich erst mal eine Runde «hau den Trump»:

«Die Republikaner folgen Trump wie eine Sekte ihrem Guru. Im Duett mit J.D. Vance wird der Serienlügner, Mehrfachangeklagte und verurteilte Betrüger von seinen Fans vergöttert, umso mehr nach seinem überstandenen Attentat

So, dann wieder zurück zu den Demokraten. Was haben die zu tun? Natürlich auf Burghardt hören: «Wenn die Demokraten wirklich glauben, dass sie (Kamala Harris, Red.) das schaffen kann, dann müssten sie möglichst rasch alle prominenten Fürsprecher hinter ihr vereinen, von Barack Obama über die Clintons bis zu George Clooney, die Gönner sowieso

Die wichtigste Gruppe vergisst der Besserwisser glatt: die Grossspender. Oder nennt er sie euphemistisch «Gönner»? Aber Burghardt ist eine richtige Wundertüte an guten Ratschlägen: «Öffentliche Zweifel in den eigenen Reihen jedenfalls wären fatal

Man erahnt die Qualen, die dieser Mann erleiden muss. Er wüsste eigentlich ganz genau, wie’s geht. Was die Demokraten tun müssten. Und was sie zu lassen haben. Bloss: nicht mal in München, nicht mal in Zürich, Basel oder Bern hört man auf ihn. Keinen interessiert’s wirklich, zu unstet ist der Mann in seinen Fehlanalysen.

Und am Schluss geht er wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach, dem Pfeifen im Wald:

«Denn eine Mehrheit gegen Donald Trump kann es nach wie vor geben.»

Und es ist möglich, den Hunger in der Welt zu besiegen. Auch Frieden kann allerorten ausbrechen. Die Menschheit ist unterwegs ins Paradies. Sie wäre es, wenn bloss auf Burghardt gehört würde. So aber leiden wir weiter im Jammertal. Und müssen uns das Gejammer und Gegreine dieser Fehlbesetzung anhören.

Hat denn wenigstens Tamedia ein Einsehen mit seinen gequälten Lesern? Ist die Chefredaktion mit Betrachtungen über blanke Busen völlig ausgelastet? Könnte wenigstens der Auslandchef ohne Ausland mal ein Machtwort sprechen und diese Unke abstellen? Gegen Burghardt sind sogar Kommentare von Christof Münger eine Labsal, und das will nun wirklich etwas heissen.

Wobei, betrachten wir Müngers Gequatsche mal genauer: «Joe Biden bleibt der aussichtsreichste Kandidat, um Donald Trump zu verhindern, ungeachtet der miesen Umfragewerte. Hoffentlich realisieren die Amerikanerinnen und Amerikaner, dass sie am 5. November 2024 nicht nur über einen alternden Präsidenten befinden, sondern eine Weiche stellen. Dabei geht es um mehr als um Amerika

Wir nehmen die vorherige Aussage zurück …

Wumms: Hubert Wetzel

Der Schwarzseher von der «Süddeutschen» sieht rot.

Der USA-Korrespondent der SZ, der in seiner eigenen Gesinnungsblase und nicht in der Realität lebt, ist immer mal wieder für einen Knaller gut: «So sterben Demokratien», raunte er unheilsschwanger – im November 2020. Denn: Trump habe «offensichtlich» keine Ahnung, wie Wahlen in den USA funktionieren. Aber weil er «(zumindest rechtlich) volljährig» sei, ein Brüller, könne er bedauerlicherweise vor Gericht ziehen.

War damals gaga, ist in der Retrospektive mehr als gaga. Aber trotz all den Bemühungen von Wetzel liess sich Trump als Präsidentschaftskandidat nicht verhindern. Und es finden tatsächlich wieder Wahlen statt, die Demokratie ist in den USA doch noch nicht gestorben.

Fraglich, ob Wetzel das mitgekriegt hat. Denn inzwischen hat er jedes Mass und jede Mitte verloren. Denn der knapp einem Attentat entronnene Donald Trump hat seinen Vizepräsidenten benannt. Den Schriftsteller («Hillbilly Elegie») David Vance. Das macht Wetzel fassungslos-, aber nicht sprachlos: «Ein Spalter holt sich einen Spalter an die Seite» titelt er in der SZ, echot Tamedia mangels eigener Auslandberichterstattung.

Um dem schreckensbleichen deutschsprachigen Leser zu erklären, wie furchtbar diese Wahl ist, schreckt Wetzel vor nichts zurück. So hebt er an: «Im amerikanischen Kinoklassiker «Der weisse Hai» gibt es eine Szene, die einen Moment der Einsicht in ein unabänderliches, furchtbares Schicksal darstellt.» Das Schicksal hat die Form eines gigantischen Gebisses eines Hais. Der Mann, der dieses Monstrum sah, stolpert «ins Steuerhäuschen und sagt zum Kapitän: «You’re gonna need a bigger boat.»»

Soweit die Nacherzählung, dann die Pointe: «Für Europa sollte die Ernennung von James David Vance zum Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten so ein Moment der Einsicht sein.»

Im Ernst? Ist nun Trump der weisse Hai oder Vance? Oder beide? Auf jeden Fall: «Die Berufung von Vance ist eine letzte Warnung an die Europäer, endlich ihre Verteidigung ernst zu nehmen

Es ist eher unangenehm, als Leser damit belästigt zu werden, dass ein Journalist langsam den Verstand verliert – und das ganze Publikum daran teilhaben lässt. Der Mann braucht dringend Hilfe, denn er reitet seine misslungene Metapher als Schlussknaller zu Tode: «Europa hat kein Steuerhäuschen, in dem ein Kapitän steht, aber es hat Hauptstädte. Und in jeder Regierungszentrale sollte spätestens jetzt jemand laut schreien: Unsere Kutter sind zu klein

Weder die SZ noch Tamedia haben ein Steuerhäuschen. Und einen Kapitän gibt es auch nicht wirklich. Aber irgend jemand, der etwas zu sagen hat, sollte jetzt laut schreien: lasst diesen Wetzel nicht länger Hunderttausende von Lesern quälen. Oder wollen die SZ und Tamedia wirklich ihre Medienkutter versenken?

Wumms: Peter Burkhardt

Sag beim Abschied leise äxgüsi.

Als die «Weltwoche» als erste meldete, dass der Wirtschafts-Chef von Tamedia gekübelt wurde, herrschte rundherum finsteres Schweigen.

Niemand wollte der WeWo den Primeur gönnen. Erschwerend kam noch hinzu, dass die WeWo zuvor geschnödet hatte, dass eine tobende Artikelreihe gegen ein Tourismusprojekt des Tausendsassas Samih Sawiris am Urnersee möglicherweise persönliche Motive haben könnte, weil Burkhardt selbst in der Nähe ein Grundstück mit Uferanstoss besitzt.

Auch das wurde souverän von Tamedia ausgesessen, so nach der Devise: das ist unter unserem Niveau. Wo das allerdings genau liegt, ist schwer zu messen. «Die Chefredaktion und Peter Burkhardt sind übereingekommen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel ist», vermeldet die Medienstelle des transparenten Konzerns kryptisch.

Was Ringier beim Abhalftern von Christian Dorer recht war, kann Tamedia nicht unrecht sein. Was mit Burkhardt zukünftig geschehe, da seien Gespräche am Laufen. So wie mit Dorer auch solche Gespräche geführt worden seien, obwohl es völlig klar war, dass Ladina Heimgartner niemals akzeptieren würde, dass ihr der erfolgreiche Oberchefredaktor weiter in der Sonne stünde.

Burkhardt hatte als Wirtschafts-Chef der «Sonntagszeitung» amtiert, bis er den Machtkampf bei der Zusammenlegung gewann und ab 2017 das fusionierte Wirtschaftsressort der Kopfsalatzeitungen und der SoZ übernahm.

Das führte er soweit rumpelfrei, ohne aber grosse Primeurs zu produzieren. Aber dafür ist ja auch Arthur Rutishauser zuständig. Auffällig ist zumindest, dass sich nach Rutishausers Herabstufung zum Wieder-SoZ-Chefredaktor nun Burkhardt – ganz sicher im gegenseitigen Einvernehmen – als Wirtschafts-Chef verabschiedet.

Wieso allerdings ausgerechnet «jetzt der richtige Zeitpunkt» sein soll, das Wirtschaftsressort zu köpfen? Offensichtlich kam dieser Zeitpunkt doch etwas schnell und überraschend, denn normalerweise wird bei solchen Verkündigungen gleich der Nachfolger vorgestellt. Was hier nicht geschah. Man habe ja noch bis Oktober ganz viel Zeit. Es darf gelacht werden.

Es könnte natürlich auch sein, dass Burkhardt von den ständigen Sparübungen die Schnauze voll hatte; schon andere Mitarbeiter in leitenden Funktionen sind ins Glied zurückgetreten, nicht alle unfreiwillig.

Obwohl Burkhardt nicht die grösste Kerze auf dem Kuchen der Wirtschaftsjournalisten war, ist sein Weggang sicherlich eine weitere Verarmung des Angebots von Tamedia. Dann gibt es halt noch mehr «Newsticker», Bauchnabelkommentare («Der kleingeistige Krieg der ESC-Gegner»), papierdünnes Sommergemurmel («Diese Läden hätten wir gerne wieder»), überflüssige Kochtipps («Nudelsalat muss nicht schlimm sein»), Blödrubriken wie «Ohne Sorgen in die Sommerferien», schlüpfrige Storys wie «Sie ist ihr eigener Sex-Toy-TÜV», plus übernommenes Überkommenes aus der «Süddeutschen Zeitung».

Für Burkhardt nicht, aber sonst ist es saukomisch, dass Medienkonzerne Abgänge in einer Art kommunizieren, bei der sie laut krähend auf den Hinterbeinen stünden, geschähe das in einem anderen Unternehmen.

Oder vielleicht ist des Rätsels Lösung einfach: wer bei Tamedia bleibt, hat trotz verzweifelter Bemühungen noch keinen anderen Job gefunden …

Nacht der lebenden Leichen

Die Horrorshow zwischen Biden und Trump auf CNN.

Der «Blick» wird übergriffig: «Joe Biden muss weg, sofort». «20 Minuten» verwendet ein gutes Titelzitat: «Der alte Mann gegen den Hochstapler». Etwas umständlich formuliert CH Media: «Im TV-Duell gegen Donald Trump sieht Biden einfach nur alt aus».

Um Neutralität bemüht sich hingegen die NZZ: «Biden wirkt fahrig, Trump argumentiert wie üblich emotional und energisch». Und beruhigt sich selbst: «Immerhin hatte der 81-jährige Joe Biden bei der ersten TV-Debatte in Atlanta kein völliges Blackout.» Wenn man die Erwartung so niedrig legt, wird man wenigstens nicht enttäuscht. Auch die meist neutrale SDA haut kräftig drauf: ««Katastrophe» – Biden versagt beim TV-Duell gegen Trump», oder «Bidens Debatten-Desaster und die Panik der Partei».

Geradezu gespenstisch neutral gibt der Gebührensender SRF das Debakel wieder: «das Wichtigste zur Debatte». Dazu gehört offensichtlich nicht der gespenstische Auftritt Bidens mit Verwechslern, Gestammeltem und unverständlichem Gemurmel. Stattdessen: «Auffallend: Insbesondere Trump wich den Fragen immer wieder aus.» Sollte Biden tatsächlich zur Wahl antreten, darf man sich darauf gefasst machen, dass SRF nur in höchster Not einen Wahlsieg von Trump vermelden würde …

Die «Weltwoche» fragt hingegen schon: «Wer tritt im November gegen Trump an

Und was macht denn so die Trumphasser-Fraktion im Gutmenschenduo «Süddeutsche Zeitung»/Tamedia? Bei denen bricht Panik aus, was sie allerdings tapfer spiegeln: «Bei Bidens Demokraten macht sich Panik breit». Hier ist Peter Burghardt weiter am Gerät, der Mann, der Pfeifen im Wald bei den Vorwahlen zu seinem journalistischen Credo machte und jeden Hoffnungsschimmer zum Sonnenaufgang hochschrieb, dass Trump vielleicht doch nicht Präsidentschaftskandidat werden könnte.

In der SZ wird schon im Lead Klartext geredet:

«Der US-Präsident wirkt bei der ersten Fernsehdebatte mit seinem Herausforderer Donald Trump schwer angeschlagen. Seine Antworten haben mehr Substanz als Trumps, aber er verhaspelt sich derart oft, dass sich bei den Demokraten Panik breitmacht

Darauf mussten dann die Gutmenschen von Tamedia einen Schalldämpfer stülpen, sonst hätten die Alkoholvorräte in der Helfti nicht mehr ausgereicht: «In der Nacht attackierten sich Biden und Trump auf CNN. Für die Berater des Präsidenten wurden die Befürchtungen wahr.» Ist doch fast das Gleiche …

Nun hat Burghardt allerdings auch in den Panikmodus gewechselt: «Zumindest wird wieder die Frage laut werden, ob sie (die Demokraten, Red.) Biden im August in Chicago tatsächlich nominieren oder doch noch nach einer Alternative suchen sollen, obwohl es vier Monate vor der Wahl zu spät sein dürfte.»

Der Gerechtigkeit halber muss man allerdings sagen: der amerikanische Wähler kann sich zwischen einer lebenden Mumie und einem notorischen Lügner und Aufschneider entscheiden. Was für ein jämmerliches Bild gibt bei diesem Personal die US-Politik ab, welcher Hohn einer demokratischen Wahl ist das. Da ist selbst die Wahl des kleineren Übels fatal.

Nur der «Spiegel» («Trump wegschreiben») fabuliert nach dem Prinzip Hoffnung: «Lieber der alte Opa im Weissen Haus als der Irre».

Wie schlimm es steht, beweisen die Nachlassverwalter von «Spitting Image». Selbst die werden von der Realität überholt …

War da mal was?

Tamedia übernimmt eine DPA-Meldung, als wäre da nix.

Die Quoten-Chefredaktorin von Tamedia Raphaela Birrer war sich schnell sehr sicher: «Hetzjagd auf eine Journalistin», bollerte sie am 12. Februar in Verteidigung der stellvertretenden Chefredaktorin der SZ Föderl-Schmid.

Sie wusste damals: «Nach Plagiatsvorwürfen hat eine bekannte Journalistin mutmasslich versucht, sich das Leben zu nehmen. Es ist das Resultat einer Treibjagd durch den Online-Mob.» Im Text verdichtete sich das dann zu «hat offensichtlich versucht, sich das Leben zu nehmen».

Da war allerdings keine Treibjagd durch den Mob, sondern aufgrund einer Untersuchung, die Verdachtsmomente für Plagiate in Texten und der Dissertation von Föderl-Schmid ergaben, wurde sie von ihren Aufgaben entbunden.

Besonders peinlich wurde es, wenn man sie mit ihren eigenen Massstäben verglich; so hatte sie in ihrem Buch «Journalisten müssen supersauber sein» noch behauptet, bei erwiesenem Abschreiben müsse ein Journalist zurücktreten.

Nun hat Föderl-Schmid erwiesenermassen abgeschrieben. Das lässt sich schon in der Einleitung ihrer Dissertation nachweisen:

Aber die wurde von der Universität Salzburg für koscher erklärt, also lassen wir das.

Allerdings konnte man ihr auch in ihrem journalistischen Schaffen diverse Unsauberkeiten vorwerfen, oder wie das die völlig unabhängige Untersuchungskommission der SZ schönschwatzt und von Tamedia kommentarlos übernommen wird: «Sie habe allerdings gegen journalistische Standards verstossen, teilte die «SZ» am Donnerstag in München mit.»

Zum Dank dafür machte «die Chefredaktion bekannt», säuselt es weiter, «dass sie zurückkehren wird. In welcher Funktion, blieb offen.» Denn die Untersuchung habe ergeben, dass Föderl-Schmid «bei ihrer journalistischen Arbeit nicht plagiiert».

Das ist nun eine interessante Formulierung, denn gleichzeitig heisst es, sie habe «in mehreren Fällen nicht kenntlich gemacht, dass sie Teile ihrer Texte, beispielsweise aus Wikipedia oder quasi-amtlichen Quellen, übernommen habe». Zudem wird ihr unwidersprochen vorgeworfen, dass sie beispielsweise aus Reportagen einfach abgeschrieben hat, ohne die Quellen kenntlich zu machen.

Wenn nun jemand «Teile seiner Texte übernimmt», oder auf Deutsch abschreibt, oder vornehmer plagiiert, was bedeutet das anderes als dass es sich um Plagiate handelt?

Aber da es offenbar einen riesigen Unterschied zwischen Teile von Texten ohne Quellenangabe übernehmen und einem Plagiat gibt, sülzt die SZ weiter:

««Wir freuen uns auf ihre Rückkehr», so das «SZ»-Chefredaktions-Duo Wolfgang Krach und Judith Wittwer. «Über die Modalitäten befinden wir uns mit Alexandra Föderl-Schmid in vertraulichen Gesprächen, deren Abschluss wir nicht vorgreifen wollen und werden.»»

Man beachte das geschwollene «nicht vorgreifen wollen und werden». Das dürfte Tom Kummer, das dürfte Claas Relotius, das dürfte all die enttarnten und noch nicht aufgeflogenen Plagiatoren freuen: ist doch gar nicht so schlimm, einfach ohne Quellenangabe abzuschreiben. Sicher, man sollte sich vor allem nicht dabei erwischen lassen, aber Himmels willen, jeder hat doch eine zweite Chance verdient. Oder auch nicht, wie im Fall Relotius. Oder sogar eine dritte oder vierte, wie im Fall Kummer.

ZACKBUM fasst zusammen:

  1. Birrer, das abschreckende Vorbild von Tamedia, hat sich ohne vertiefte Faktenkenntnis weit aus dem Fenster gelehnt und ist rausgefallen. Macht aber nix, sie ist eine Frau.
  2. Föderl-Schmid hat nun auch durch eine Untersuchungskommission bestätigt abgeschrieben, das sind aber keine Plagiate, sondern bloss Verstösse «gegen journalistische Standards».
  3. Dass Föderl-Schmid selber von anderen fordert, dass die «blitzsauber» sein müssten, und bei solchen Vorkommnissen zurücktreten, gilt für sie nicht; sie darf zurückkommen.
  4. Denn auch bei ihr macht das nix, sie ist eine Frau. Das hätte vielleicht nicht ganz gereicht, aber ihre Rettung ist, dass zwar keine Treibjagd durch «einen Online-Mob» stattfand, die Plagiatsvorwürfe aber von einer rechtskonservativen Plattform erhoben wurden, womit sie natürlich von Vornherein falsch sein mussten.
  5. Dass in einer ersten hysterischen Reaktion die Chefredaktion der SZ ihre eigenen Mitarbeiter bespitzelte, weil sie herausfinden wollte, wer dem Branchenorgan «Medieninsider» interne Informationen zugesteckt habe, Schwamm drüber.
  6. Dass die SZ ihre eigenen Whistleblower scharf verurteilte, obwohl sie selbst immer wieder von durchgestochenen internen Informationen profitiert und die ausschlachtet, dieser schreiende Widerspruch bleibt unerwähnt.
  7. Tamedia zumindest hat kein Problem mit Plagiaten. Hier wird offiziell von der SZ abgeschrieben …
  8. Eigentlich wäre das der geeignete Moment für ein paar klärende, im besten Fall sogar entschuldigende Worte von Birrer. Wetten, dass sie das unterlässt?