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Lustige Zeiten bei der NZZaS

Der aktuelle Wirtschaftsbund des Sonntagsblatts ist kaum zu überbieten.

Was macht eine Sonntagszeitung, wenn in der Wirtschaft nicht viel los ist und man das Thema Lockdown, Kurzarbeit, Pleiten, Ruin ganzer Erwerbszweige als unwichtig umfahren will?

Man richtet folgendes Menü an. Als Starter, als Appetithappen ein Interview mit einem furchtbar wichtigen Banker. Oder zumindest mit einem, der sich dafür hält. Da kann es nur einen geben: Die völlige Fehlbesetzung Axel Weber, der Noch-VR-Präsident der UBS. Auf den trifft der Ausdruck «Nieten in Nadelstreifen» nicht zu. Weil er keine Nadelstreifen-Anzüge trägt.

Weber hat in den neun Jahren seiner Tätigkeit an Gewicht zugelegt. Aber nur körperlich, andere Spuren sind von ihm nicht zu erkennen. Erfolge noch viel weniger. Der richtige Zeitpunkt, aus Verlegenheit ein Interview der Reihe zu machen: Was wollten Sie immer schon mal sagen, und worüber möchten Sie nicht sprechen?

Corporate Communication hat tief in den Textbausteinkasten gegriffen

Was rauskommt, ist vorhersehbar. Von «Banken leisten einen wichtigen Beitrag, …» bis zu «Denn die UBS will auch künftig eine führende Rolle im globalen Banking spielen» nichts als in Buchstaben verwandelte Luft. Nicht luzid, dafür fluid. Das sollten sich die NZZaS oder Weber patentieren lassen. Jede Frage, jede Antwort eine Möglichkeit zum Wegschnarchen. Ausnahmslos. Besser als Baldrian-Tropfen.

Da war es dann auch nicht einfach, ein Titel-Quote zu finden. Aber mit scharfem Nachdenken und Kopfkratzen ist auch dem Redakteur nichts zu schwör. «Die Kluft zwischen Arm und Reich bereitet uns Sorgen», zeigt sich der VRP, dem ein Hang zu First-Class-Reisen in Begleitung seiner Frau nachgesagt wird, menschlich betroffen. Wahrscheinlich zieht er nicht immer die Vorhänge in der gepanzerten Limousine zu, wenn er dummerweise vom Flughafen ins Stadtzentrum durch marginalisierte Quartiere fährt.

Dabei denkt er wohl: Wieso konnten die mir keinen Helikopter schicken, das verdirbt ja den Appetit. Das wäre sicher auch der Fall gewesen, wenn man mit Weber über den dümpelnden Kurs der UBS-Aktie, über unverschämt bleibende Gehälter, über die drohende 4-Milliarden-Busse in Frankreich und über ähnliche Themen geredet hätte. Aber dann hätte es kein Interview gegeben.

Das ist aber erst der Anfang einer einmaligen Strecke

Diese Wunderstrecke geht über insgesamt die ersten 5 Seiten des Wirtschaftsbunds. Wir kommen zum nächsten Gang. Auf Seite drei schwimmt in einem Inserat ein schwarzer Schwan. Im Auftrag von Swiss Re kam eine furchtbar kreative Kreativagentur auf die bahnbrechende Idee, auf den schwarzen Schwan zu texten: «Kein schwarzer Schwan». Das konnte Magritte entschieden besser, aber was will uns Swiss Re hier sagen lassen?

Im kleiner Gedruckten erfährt man, dass die aktuelle Pandemie eben kein schwarzer Schwan sei, das Symbol für eine unvorhersehbare Entwicklung. Solche Seuchenzüge habe es schon immer gegeben. Und seien kein Anlass zur Panik, denn Swiss Re, die gesamte Versicherungssparte habe «Milliarden bereitgestellt, um die finanziellen Auswirkungen der Pandemie abzumildern».

Auch die CS schmeisst sinnlos Geld aus dem Fenster

Hoffentlich war darunter nicht allzu viel Geld für dieses Schwachsinns-Inserat. Auf der nächsten Seite zeigt dann die Credit Suisse, wie man sinnlos Geld verpulvert. Zweiter Hauptgang. Auch sie hat eine Seite gepostet und mit jeder Menge Buchstaben zugeklatscht. Denn die CS hat langsam Muffensausen, was die Unternehmensverantwortungsinitiative betrifft. Daher spricht sie sich für ein klares Nein aus. Und begründet das langfädig und langatmig mit den längst bekannten Argumenten.

Auch rausgeschmissenes Geld. Einen Befürworter wird diese Inserat ganz sicher nicht umstimmen. Und ein Gegner braucht’s erst gar nicht zu lesen. Aber immerhin, auf der nächsten Seite gibt es unter einem Inserat, das einen hübschen Mehrkaräter von Gübelin zeigt, einen Artikel über den Ex-UBS-Chef Peter Wuffli – darf er über seinen Rausschmiss und seine Strategiefehler sprechen?

Aber nein, haltet ein, er redet über die Ergebnisse seiner «philanthropischen Arbeit» der letzten 15 Jahre. Beziehungsweise, er hat ein Buch darüber geschrieben, «The Elea Way», der Name seiner Stiftung.

Wuffli hingegen vermag zu überraschen

Nun erwartet man ehrlich gesagt von Wuffli, der auch als VR-Präsident der Partners Group nicht gerade Bäume ausriss, nichts wirklich Erhellendes. Und täuscht sich. Eine zwar nicht brandneue, aber interessante Beschreibung aller Probleme, die sich bei dem Wunsch, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, einem in den Weg stellen.

Hat damit die Wunderkerze ausgesprüht? Fast, auf der drittletzten Seite des Bunds verbirgt sich ein letzter Höhepunkt, echte Lebenshilfe. «Keine Chance für Einbrecher». Wir wissen ja, jetzt beginnt die Zeit der Dämmerungseinbrüche, furchtbar. Die grafische Gestaltung ist, abgesehen von der Titelschrift, identisch mit einem NZZaS-Artikel. Vierspaltig, unterstrichener Lead, grauer Kasten, herausgehobener Quote in eigener Spalte, wer überliest da nicht den Seitentitel: «Sponsored Content für Vaudoise Versicherungen». Immerhin am Schluss der Seite macht noch ein gelbes Kästchen darauf aufmerksam: «Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag der Vaudoise erstellt.»

Nach Weber droht dann noch Rohner

Das ist löblich und eine deutlichere Kennzeichnung eines Inserats als bei Tamedia oder «watson». Allerdings hätte man sich dasselbe beim Schlaff-Interview mit Weber gewünscht. Es ist zudem absehbar: Vor seinem Abgang kommt dann auch noch Urs Rohner zum Handkuss. Denn nur UBS, das geht nicht. Also wird Rohner auch in seiner bewährten Art ähnliche Worthülsen versprühen wie Weber. Wir bitten um Vorwarnung, damit wir rechtzeitig die Baldrian-Tropfen absetzen können.