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Nts, nts, nts, bum

Wer nicht verurteilt, wird verurteilt.

Das Suworow-Denkmal im Kanton Uri erinnert an 1799 und wurde 1899 von einem russischen Fürsten errichtet. Seit einem Farbanschlag in Blau-Gelb ist es in Sippenhaft genommen. Wegputzen sollen die Sauerei übrigens die Russen selbst, denn denen gehört das Denkmal.

Russische Künstler, Komponisten, Schriftsteller aus längst vergangenen Zeiten, die zur Weltkultur gehören: weg damit. Selbst im kältesten Kalten Krieg, als sich die Sowjetunion und die USA atomar bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden und überall auf der Welt Stellvertreterkriege führten, las man Tolstoi, hörte man Tschaikowski, betrachtete man Malewitsch, analysierte man Reflexionen von Bucharin, bewunderte man das wohntemperierte Klavier von Richter, und staunte man über Gagarin.

Schlimmer als die christliche Kirche in ihren finstersten Zeiten, als sei die Eigenschaft russisch gleichbedeutend mit des Teufels, satanisch, verderblich, böse, unerträglich, wird nun tabula rasa gemacht.

Schlimmer als Inquisition und Islam

Schlimmer als der Islam, der das Zeugnis abfordert, dass Allah der einzige Gott sei und Mohamet sein Prophet, besteht die einzige Salvation für jeden Russen darin, sich mit Abscheu, deutlich und öffentlich vom Ukrainekrieg und seinem Regime zu distanzieren.

Halbheiten werden nicht geduldet. Behauptungen von im westlichen Ausland lebenden Russen, sie wollten ihre Verwandtschaft in der Heimat nicht gefährden, werden als faule Ausreden zurückgewiesen.

Der einzige Unterschied zu mittelalterlichen Bräuchen: der Putin-Leugner, der Nicht-Verurteiler landet nicht auf der Streckbank oder auf dem Scheiterhaufen. Da sind wir im 21. Jahrhundert immerhin etwas zivilisierter geworden. Die Vernichtung der sozialen Existenz reicht uns. Auch der Entzug der Einkommensgrundlagen. Ob Opernstar, Dirigent, Maler, Künstler: Bekanntheit, gar Prominenz war früher erstrebenswert, weil geschäftsfördernd. Inzwischen ist es zum Fluch geworden. Für Russen.

Und der Irrwitz feiert Urständ.

«Es ist eine Problematik, die bisher eher im Bereich der klassischen Musik zu finden war, wo ein Dirigent wie Waleri Gergijew oder eine Sängerin wie Anna Netrebko nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine nach ihrer Haltung zum Krieg und zu Wladimir Putin befragt wurden. Doch warum sollten in der Techno-Szene andere moralische Kriterien als in der Klassik gelten?»

«Moralische Kriterien»? Der «Spiegel» weiss wirklich nicht mehr, was er schreibt. Auf jeden Fall hat es jetzt auch die Russin Nina Kraviz erwischt. Die 34-jährige DJane ist eine grosse Nummer in der Techno-Szene, genauer Acid Techno, Minimal Techno und Deep House. Da produziert sie das für Nicht-Kenner ewiggleiche nts, nts, nts.

Damit begeistert sie die Fans – wenn man sie lässt. Denn auch sie stolperte über die inquisitorische Frage, wie sie es denn mit Putin und dem Ukrainekrieg halte. Seit sie es an der geforderten klaren Verurteilung mangeln liess, verliert sie Engagement auf Engagement, wird ausgeladen, ihre Plattenfirma distanziert sich. Keiner zu klein, Grossinquisitor zu sein. Ihre vergangenen und aktuellen Meldungen auf den Social Media werden seziert. Gewogen und für zu leicht befunden.

Verurteilung mit Inbrunst und aus voller Kehle

Ihre Verurteilungen des Krieges und des Regimes in Moskau erreichen leider nicht die geforderte Punktzahl, durchgefallen. Ihre Behauptung, ein unpolitischer Mensch zu sein: feige und untauglich. Auch bei ihr und an ihr muss ein Zeichen gesetzt werden. Denn die Verurteilung des verbrecherischen Putin-Kriegs hat in vorgeschriebener Lautstärke, mit vorgegebenen Worten, aber natürlich auch mit spürbarer innerer Beteiligung zu erfolgen.

Dem Sünder wurde von der heiligen Inquisition nicht einfach vergeben, wenn er ein paar laue und oberflächliche Worte des Bedauerns über seine Sünde verlor. Inbrunst ist gefordert, «ich mag den Teufel nicht», das ist ja nichts.

«Ich hasse ihn aus tiefster Seele, ich bereue abgrundtief, ihn nicht schon früher als solchen erkannt zu haben, ich leiste Abbitte, wandle in Sack und Asche, schultere das Kreuz, umwickle meine Taille mit einem Dornenkranz, kasteie mich und lobpreise den wahren Herrn, den freien Westen, den Helden Selenskij, alle heldenhaften Ukrainer, inklusive ukrainische Oligarchen.»

Das ist ja wohl das mindeste, was man heute von einem anständigen Russen verlangen darf.

 

Russentag auf ZACKBUM

Putzt es doch selbst!

Das Suworow-Denkmal in der Schöllenenschlucht gibt es seit 1899. Es erinnert an Kampfhandlungen aus dem Jahre 1799. Der Bundesrat hatte ein aufmerksames Auge auf seine Errichtung, damit die Inschrift auch mit der Schweizer Neutralität vereinbar sei.

Nun haben weder General Suworow, noch der Initiator Fürst Sergei Galitzin in irgend einer Form mit dem heutigen russischen Regime zu tun. Trotzdem wurde das Denkmal Opfer eines Farbanschlags. Aufgrund der gewählten Farbbeutel handelt es sich zweifellos um die Tat von Ukraine-Sympathisanten.

Über Sinn und Zweck kann man trefflich streiten. Aber: natürlich regte sich die russische Botschaft in der Schweiz fürchterlich auf und forderte die Bestrafung der Schuldigen sowie die Beseitigung des Schadens.

Trotz Zeugenaufrufen und anderen detektivischen Höchstleistungen ist es aber der Urner Polizei bislang nicht gelungen, die Vandalen dingfest zu machen. Und mit der Forderung nach Reinigung wurde die Botschaft von der Eidgenossenschaft an den Kanton Uri weitergereicht. Dessen Regierung beschied nun allerdings die erregten Russen, dass sie den Dreck selber wegmachen müssen.

Denn: Das Gelände war 1893 vom Besitzer, dem Korporationsrat Urseren, dem Russischen Kaiserreich unentgeltlich abgetreten worden. Daher ist der russische Staat, vertreten durch seine Botschaft, Besitzer der 563 m². Das bleibt wohl auch so, da dass Denkmal bislang auf keiner Sanktionsliste aufgetaucht ist. Daher ist der Besitzer selbst für die Reinigung zuständig und müsse für die Kosten aufkommen, meinen die Urner. Zum Wunsch der Botschaft nach besserer Bewachung liegt allerdings keine Antwort vor.