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Die ehrliche Haut

«Republik» ist erleichtert – und so transparent.

Man kann den Aufschnaufer direkt hören. Zunächst braucht es wie üblich einen laberigen Einstieg über die Bedeutung von Fortschritt. Dann aber: «Die Steuer­behörden haben nach Prüfung unserer Selbst­anzeige entschieden, dass wir ihnen kein Geld schulden. Wir konnten die gesamte Rückstellung von 930’000 Franken auflösen.» Ebenso die zweite Rückstellung von 110’000 Franken für Mehrwertsteuer.

Nun habe die «Republik» ja versprochen, nach Abschluss der Affäre alles ganz transparent zu erzählen. Diese Transparenzerzählung sieht dann so aus. Eine «grossherzige Person» sei kontaktiert worden und habe gefragt: «Wie viel?» Ach, so eine Million, sei die Antwort der transparenten «Republik» gewesen, Handschlag, und zack, war das Geld auf dem Konto. Wunderbar, aber wer ist denn nun diese «grossherzige Person»? Bei jedem Organ, jeder Partei will die «Republik» doch auch immer genau wissen, wer da der Zahlmeister sei. Aber hier: aus der Million seien dann sogar anderthalb geworden. Doch diese Person habe zur Bedingung gemacht, «dass ihr Name nie genannt werde».

Und wie weiland Helmut Kohl hält sich natürlich die transparente «Republik» daran, dass niemand wissen darf, wer dieser Grosspender ist. Dass das ein wenig dem Transparenzgebot widerspricht, das fällt beim Blatt der Gutmenschen, die um die Ecke, aber nicht in den Spiegel schauen können, niemandem auf.

Dafür salbadert sie so ungehemmt wie peinlich: «Dass wir transparent waren, haben wir nie bereut. Weil man so etwas wie eine Haltung nur besitzt, wenn sie auch dann gilt, wenn es unangenehm wird. Und weil wir unser Versprechen transparenter Kommunikation Ihnen gegenüber, liebe Chefinnen, aufrecht­erhalten.»

Obwohl ZACKBUM nicht zu diesen Chefinnen gehört, würde es uns doch wunder nehmen, wie es denn nun eigentlich um den Fall des gefallenen und gefeuerten Starreporters steht, der nach anonymen Anschuldigungen über angebliche sexuelle Übergriffe fristlos gekübelt wurde, ohne das vorher zugesprochene Recht zu einer Stellungnahme eingeräumt zu bekommen. Da wäre Transparenz wohl auch unangenehm, deshalb lässt es die «Republik» lieber.

Nicht transparent, sondern quengelig wie üblich wird dann der zweite Teil des NL; es geht ums liebe Geld, die Anzahl Abonnenten und deren stagnierende Entwicklung. Dank der zusätzlichen Million ist der Ton (noch) nicht todesschwanger: «Es kommt für das Bestehen der «Republik» auf jeden Einzelnen an. Es macht einen Unterschied, ob Sie sich für eine Verlängerung Ihrer Mitgliedschaft entscheiden

Zum grossen Leidwesen der «Republik» kann man zwar die Wirklichkeit in Artikeln schön- und umschwatzen, aber bei Statistiken ist das schwieriger:

Die Kurve der «Mitglieder und Abonnentinnen» (wieso nicht Mitglieder und ohne Glieder?) ist flach, leicht abnehmend, die Anzahl stagniert bei 28’085, weit entfernt von den einmal angepeilten 33’000.

Im laufenden Monat stehen bislang 136 Zugängen 189 Abgänge gegenüber. was den Trend der letzten Monate fortschreibt, wobei der Dezember besonders verheerend war.

Hier ist Transparenz dann doch schmerzlich. Und noch ein kleiner Tipp. Die Abgänge in Feminismus-Lila einzufärben, das geht ja wohl nicht.

 

Fr. 11’857’142.86

So gross ist der «Republik»-Skandal.

Wer’s glaubt, wird selig und kommt in den Himmel: «Im vergangenen Jahr haben wir festgestellt, dass ein Teil der Spenden aus den Jahren 2017 bis 2020 wahrscheinlich als Schenkungen zu qualifizieren sind.»

Ja was denn sonst? Ausser, die «Republik» hielte sich nicht nur für gemeinnützig, sondern wäre es auch tatsächlich, sind das steuerpflichtige Einnahmen. Das weiss jeder, der einen Anfängerkurs «Steuererklärung für Dummies» besucht hat.

Die «Republik» hat nun flugs Rückstellungen in der Höhe von 830’000 Franken gemacht. Wahrscheinlich in der Massgabe, dass keine für Steuerhinterziehung üblichen Straf- und Bussgelder erhoben werden. Nun beträgt die Schenkungssteuer im Kanton Zürich 7 Prozent. Die stolze Summe von 830’000 Franken ist also fällig, wenn man Einnahmen in der Höhe von genau Fr. 11’857’142.86 nicht deklariert hat.

Das sind rund 12 Millionen, das wäre für eine Credit Suisse Peanuts. Für ein Unternehmen wie die «Republik» mit einem Jahresumsatz von etwas über 6 Millionen ist das ein ganz dicker Hund. Ein starkes Stück. Das bedeutet, dass die Firma einen grossen Teil ihrer Einnahmen nicht versteuert hat.

Das ist keine nebensächliche «Feststellung», die einem mal so zufällig überfällt, während man bei der ersten Zigarette des Morgens Kaffee schlürft und aus Langeweile nochmal die Steuererklärungen durchblättert.

Alleine die komplexe Holdingstruktur, in die die «Republik» eingebettet ist, beweist, dass hier Cracks und Spezialisten am Werk waren, die sich in jedem Detail der Aufstellung einer Firma bestens auskennen. Inklusive die steuerliche Gestaltung. Denn jede Firma weiss, dass Steuern ein gewichtiger Ausgabenposten sind. Bevor man bei der Herstellung oder dem Vertrieb eines Produktes an x Schräubchen dreht, um 5 Prozent Einsparung herauszuquetschen, ist es häufig viel ergiebiger, sich –legale – Steuersparmodelle durchzurechnen.

Das führt immer wieder zu Geschimpfe von desorientierten Linken, die meinen, eine gute Firma zahle so viel Steuern wie möglich, eine schlechte so wenig wie erlaubt. Aber natürlich gibt es auch hier zunächst eine Grauzone von möglichen Steuertricks, anschliessend kommt der rote Bereich.

Zu den 830’000 Franken kommt noch eine weitere Rückstellung von 100’000 Franken in Sachen Mehrwertsteuer. Die beträgt bekanntlich 7,7 Prozent. Hier reden wir also von einem Betrag von 1’428’571.43, für den keine MWST abgeführt wurde. Auch nicht gerade Peanuts.

Bei einer Firma, die fast 50’000 Franken für die Revision ihrer Buchhaltung ausgibt, eine satte Viertelmillion für Beratungen aller Art, eine Firma, die jede Menge Unternehmens-, Finanz- und Steuerspezioalisten «an Bord» hat – kann es da wirklich sein, dass solch gigantische Beträge unbemerkt über Jahre durchrutschten? Und keinem fiel nichts auf? Bis dann plötzlich «festgestellt» wurde, dass man vielleicht ein paar Milliönchen nicht versteuert habe? Dass man auf über einer Million keine MWST bezahlt habe?

Und dann gab es ein allgemeines «ups, so was aber auch, blöd gelaufen, kann doch passieren»? Rettet da vielleicht ein «kann man so oder so sehen, wir wollen nun auf der sicheren Seite sein»?

Nein, denn Rückstellungen bildet man nur dann, wenn einzig die Höhe der Zahlung noch nicht feststeht. Dass bezahlt werden muss, aber sicher ist. Denn keine Firma kommt freiwillig auf die Idee, ohne Sinn und Zweck Kapital zu binden, dem Zugriff für geschäftliche Aktivitäten zu entziehen.

Es ist offenkundig: es wurde eine Schlaumeierei probiert, und dann ist etwas passiert. Interessant ist auch der angegebene Zeitraum von 2017 bis 2020. Das bedeutet also von der Gründung und dem Anfang der Bettelaktionen bis Geschäftsjahr 2020. Da der aktuelle Bericht das Geschäftsjahr 2021 bis 2022 umfasst und hierfür keine Rückstellungen vorgesehen sind, muss also klammheimlich damit begonnen worden sein, Steuern auf Spenden/Schenkungen zu bezahlen.

Die «Republik» ist nicht börsenkotiert, also musste das keine Ad-hoc-Meldung auslösen. Es wäre aber anständig gewesen, eine so gravierende Veränderung im Finanzhaushalt sofort zu kommunizieren, so im Sinne von Transparenz.

Dass die «Republik» diesen «Formfehler» (Luftikus Seibt) erst jetzt unter vielen Zahlen und noch viel mehr Buchstaben im Geschäftsbericht bekanntgibt, gleichzeitig mit einer neuen Offensive, der Suche nach mehr Abonnenten und der Aufblähung des Budgets um Millionen, riecht streng nach Bemäntelung.

Dazu passt auch, dass die «Republik» auf Nachfragen verschlossen wie eine Auster reagiert. Die Sache liege beim Steueramt, nun wolle man in Ruhe abwarten. Diese Ruhe möchte man gerne über die heikle Abo-Erneuerungsphase von Ende Jahr beibehalten. Erfahrungsgemäss kommt es hier bei mehr als 10’000 anstehenden Verlängerungen zu einigen Abgängen.

Sollte sich ein Steuerhinterziehungsskandal entwickeln, würde es wohl viele potenzielle Neu- und noch mehr Alt-Abonnenten abschrecken, einer solchen Bude Geld nachzuwerfen. Immer wieder hat die «Republik» angebliche und reale Steuervermeidungsmodelle an den Pranger gestellt, allen Beteiligten vorgeworfen, sie kämen ihren staatsbürgerlichen Pflichten, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nach.

Und nun soll die «Republik» fast 12 Millionen, das Doppelte eines Jahresbudgets, nicht ordentlich versteuert haben, bei 1,4 Millionen keine MWST abgeführt? Das läuft nicht mehr unter «shit happens». Da reicht kein «sorry, sehr geehrte Verlegerin, sehr geehrter Verleger and everybody beyond». Das ist beyond everything.

Dieser Skandal wirft ein helles Licht auf die vorher nur merkwürdig berührende Tatsache, dass mit Constantin Seibt der letzte Mohikaner der «Republik»-Gründer bei verantwortlichen Stellen wie im Verwaltungsrat «von Bord» gegangen ist. Denn – unter Mitwirkung der Geschäftsleitung – werden hier solche Knaller verantwortet. Denn auch eine Firma muss ihre Steuererklärung unterschreiben, und eine Unterschrift macht haftbar. Im Ernstfall persönlich haftbar.

Schliesslich würden 930’000 Franken Rückstellungen nur reichen, wenn die Summe des geschuldeten Steuersubstrats korrekt berechnet wurde. Und unter der Voraussetzung, dass keinerlei Nach- und Strafsteuern fällig werden. Hofft da die «Republik» auf den Goodwill des Steueramts, aus politischen Gründen? Das wäre dann gleich der nächste Skandal.

Als Kollateralschaden wäre natürlich auch die Demokratie in de Schweiz ernsthaft gefährdet, ohne die Demokratieretter aus dem Rothaus, wo die angeschlossene Bar in den letzten Tagen sicherlich reichlich Zuspruch erfährt.