Schlagwortarchiv für: Sprachverluderung

Wumms: Sylvie-Sophie Schindler

Autorin, Journalistin, Erzieherin und Philosophin. Etwas viel auf einmal.

Sprachkritik ist eine Disziplin, in der nur Könner mitspielen sollten. Kindererzieherin ist dafür nicht Qualifikation genug. Nein, das ist nicht frauenfeindlich, sondern realistisch. Und kann natürlich belegt werden.

Denn Schindler erregt sich in der «Weltwoche» darüber, dass «Klimaterroristen» zum «Unwort des Jahres» gewählt worden sei. Sie zieht gleich im Lead vom Leder:

«Greta Thunbergs Endzeit-Jünger begehen zig Straftaten. Trotzdem werden die Klima-Terroristen weiter verharmlost.»

Ob die Formulierung «Thunbergs Endzeit-Jünger» zutreffend oder intelligent sei, wollen wir dahingestellt lassen. Dann nimmt Schindler die schräge Analogie hervor, dass der Migranten-Mob an Sylvester von einigen Medien kleingeredet wurde. Um forsch zur Schlussfolgerung zu gelangen: «Auch Klimaterroristen rangieren wohl auf einer Niedlichkeitsstufe mit Kuscheltieren.»

Es ist immer berührend, wenn eine Autorin Vergleiche aus der eigenen Lebenswelt nimmt. Auch wenn die schräg und scheps sind. Dann macht sie noch eine zweite kühne Kurve. Demonstranten gegen Corona-Massnahmen seien damals in den «Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit» gesetzt worden. Dann setzt sie noch einen drauf: «NS-Kampfbegriffe wie «Sozialschädlinge» und «Volksfeinde» waren damals hoch im Kurs.» Wo solcher Unsinn ausserhalb von verbohrten Kreisen Ewiggestriger verwendet wurde?

Dass Klimaaktivisten idiotische Aktionen durchführen und sich mit Klebstoff zum Depp des Monats machen, ist unbestritten. Dass sie dabei auch Gesetze übertreten, geschenkt. Während aber die «WeWo»-Autorin Joyce Küng meint, dass das halt schon mal vorkommen könne, sieht das «WeWo»-Autorin Schindler ganz anders.

Natürlich seien das «Klimaterroristen», indem das zum Unwort des Jahres gekürt werde, würden sie «weiter verharmlost». Vielleicht sollte Schindler – pädagogisch wertvoller Tipp – sich zuerst mal schlau machen, was der Begriff «Terrorist» bedeutet. Terror ist die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken, mittels krimineller Gewaltaktionen gegen Menschen oder Sachen.

Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine solche Terrortruppe, die meinte, durch Anschläge und gezielte Ermordungen gesellschaftliche Veränderungen herbeibomben und -schiessen zu können. Sie ist natürlich gescheitert. Damit Klebe- und andere -Idioten in einen Topf zu werfen, ist eine Sprachverluderung sondergleichen.

Es ist noch schlimmer. Es ist kriminell kontraproduktiv.

Frieden schaffen mit Waffen

Sprachverluderung ist immer Ausdruck von Denkverluderung.

Der diplomatische Vertreter der Ukraine in Deutschland fällt eins ums andere Mal durch verbale Blutgrätschen auf. Weil er mit einem Aufruf zur Besonnenheit nicht einverstanden ist, der von bedeutenden deutschen Intellektuellen unterzeichnet und von «Emma»-Herausgeberin Alice Schwarzer initiiert wurde, keifte Andrij Melnyk: «Keiner mit gesundem Verstand soll Ihre schäbige Emma kaufen

Ein Botschafter ausser Rand und Band legt nun nochmals nach. Der deutsche Bundeskanzler verzichtet vorläufig auf einen Besuch in Kiew, nicht zuletzt deswegen, weil man dort den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier nicht empfangen wollte.

Dazu sagt Melnyk undiplomatisch: «Eine beleidigte Leberwurst zu spielen, klingt nicht sehr staatsmännisch.» Und legt noch drauf: «Es geht um den brutalsten Vernichtungskrieg seit dem Naziüberfall auf die Ukraine, es ist kein Kindergarten.» Das ist es nicht; diese Aussagen sind es auch nicht, sondern für den Botschafter eines Landes in einem anderen Land schlichtweg unanständig. In normalen Zeiten Grund genug, ihn zur persona non grata zu erklären.

Melnyk ist sich offenbar nicht bewusst, welches Bild er mit dieser Sprachverluderung von seinem Land in Deutschland zeichnet. Dahinter steckt eine Denkverluderung; die falsche Ansicht, dass man sich als Vertreter der Ukraine jede Frechheit erlauben kann.

Sprachverluderung aller Orten

Der Tamedia-Vertreter in Berlin trägt ebenfalls zur Sprachverluderung bei: «Aufruf zur Kapitulation» überschreibt Dominique Eigenmann seine Berichterstattung zu diesem offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz. Der inzwischen von immerhin über 150’000 Deutschen mitunterzeichnet wurde*.

Nicht mal dieser Titel ist originell, denn wie betitelt die deutsche Tageszeitung «Die Welt» ihren Kommentar zum gleichen Thema? «Wie eine Aufforderung zur Kapitulation». So darf dort ein Wendehals der ehemaligen pazifistischen Partei «Die Grünen» beckmessern.

Deren Vizekanzler Habeck versteigt sich sogar zur Formulierung:

«Pazifismus bedeutet nicht, dass wir andere sterben lassen, weil wir nicht bereit sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen.»

Auch diese Sprachverluderung muss abgeschmeckt werden, was will uns der Schwurbler damit sagen? Andere, also konkret Ukrainer, würden sterben, wenn wir, also die deutsche Regierung, nicht bereit seien, unangenehme Entscheidungen, also über die Lieferung von schweren Waffen, zu treffen.

Wäre die Regierung also bereit dazu, dann würden die Ukrainer nicht sterben? Lieferte sie aber keine Waffen, dann stürben die Ukrainer? Der Versuch, auf diesen Sprachmüll Logik anzuwenden, entlarvt die Sinnleere. Dahinter steckt die Denkverluderung, dass Exponenten der Grünen den Salto von Pazifismus zu Unterstützung einer Kriegspartei mit Waffen vorführen müssen.

Von «Frieden schaffen ohne Waffen» zu «Frieden schaffen mit Waffen», eine geradezu orwellhafte Wendung, die vom Wahrheitsministerium in seiner Dystopie «1984» stammen könnte. Wahrheit ist Lüge und Lüge ist Wahrheit, alles geht, Prinzipien waren gestern.

Die waren bei den Grünen allerdings auch gestern nicht sehr ausgeprägt, als sie unter Verrat aller ihrer Prinzipien der völkerrechtswidrigen Intervention der NATO in Jugoslawien zustimmten. Da gilt heute mehr denn je: ist der Ruf erst runiert, lebt sich’s ungeniert.

 

*Darunter auch der ZACKBUM-Redaktor René Zeyer.