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Weit gespreizte Beine

Deutliche Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt?

Finden Sie die Unterschiede:

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

So, nun der Intelligenztest für ZACKBUM-Leser: Was ist redaktionell, was ist Werbung? Bravo, alle haben bestanden. Oder auch nicht.

Der zweite Beitrag ist bezahlte Werbung. Obwohl er wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt:

Der kleine, feine Unterschied:

Ja, hier kommt’s: «Das ist ein bezahlter Beitrag, präsentiert von Hirslanden.» Am Schluss wird dann nochmals geeiert:

Ja was denn nun? «Die Inhalte sind journalistisch aufbereitet und entsprechen den Qualitätsanforderungen von Ringier». Ein Fall für Simon Bärtschi: stimmt das? Oder ist das Qualitätsniveau bei Ringier noch niedriger als bei Tamedia?

Wow. Dafür verantwortlich ist das hier:

Denn hier «laufen Kreation, langjährige journalistische Erfahrung und Beratung zusammen. Egal ob Sponsored Content, Image-Kampagnen, Content Hubs oder Off- und Online-Magazine».

Zuständig ist diese «Ansprechperson»:

Immerhin hat sich Zürcher hier eine grössere Arbeitsplatzsicherheit verschafft. Denn vorher war er stellvertretender Leiter der «Blick-Gruppe Blick.ch und Blick am Abend». Das hat der «Blick am Abend» nicht überlebt. Davor war er stellvertretender Ressortleiter Unterhaltung und «Chefredaktor Blick a.i.». Das hat Zürcher nicht überlebt.

Nun, angesichts der Tatsache, dass Werbung, in welcher Verkleidung sie auch daherkommt, kaum mehr vom sogenannten redaktionellen Inhalt zu unterscheiden ist, wäre es doch sinnvoll, all diese Verrenkungen sein zu lassen. Denn bei der Recherchiertiefe, den die Hölle des Newsrooms heutzutage noch zulässt, ist bezahlte Werbung häufig informativer und inhaltlich besser als das, was ein überforderter Kindersoldat im Stundentakt raushauen muss.

 

Wahnsinns-PR

Volles Rohr für die Harley-Davidson der ZKB im «Blick».

Das ist mal eine erfolgreiche PR-Aktion. Die ZKB schafft es in Print und online ganz nach vorne beim Organ mit dem Regenrohr im Logo.

Online gleich noch ergänzt durch den Ratgeber «So musst du vorgehen, wenn du die Bank wechseln willst». Unverständlich, wieso nicht getitelt wurde «wenn du zur ZKB wechseln willst». Aber man kann ja noch nachlegen.

Kaum zu übertreffen ist die Schleimspur, die im Interview mit dem ZKB-Chef Urs Baumann hingelegt wird. Das fängt bei der Einleitung an:

«Vor den Fenstern des Konferenzraums blinken die Lichter der traditionellen Weihnachtsbeleuchtung an der Zürcher Bahnhofstrasse. Zum Gespräch mit dem Chef der Zürcher Kantonalbank (ZKB) werden Weihnachtsguetzli von Sprüngli serviert. Das Angebot für einen (alkoholfreien) Punsch lehnen wir dankend ab.»

Fehlt nur noch, dass dem Journalisten ein Sparbüechli und ein Goldvreneli als Weihnachtsgeschenk überreicht wurde. Hier darf Baumann ungehemmt schwelgen: «Unsere Vision ist es, dass das Alltagsbanking bei uns kostenlos ist.» Da spricht der Weihnachtsmann persönlich, keine Frage. Am Bart arbeitet Baumann noch, aber nächstes Jahr dürfte das dann auch klappen.

Es muss herrlich sein, wenn Corporate Communication höchstens noch ein paar Glanzlichter auf das gesagte setzen muss: «… ist es unser Anliegen, dass auch die Kleinsparer davon profitieren können … alle ohne Zusatzbedingungen vom neuen kostenlosen Alltagsbanking profitieren können … substanzielles Dankeschön an unsere Kundschaft … wir haben viele Privatkunden dazugewonnen …» Ist das nicht etwas repetitiv? Ach was, wenn’s so schön ist und das Christkind im Raum schwebt …

Gibt es denn keine Wermutstropfen im alkoholfreien Punch? Nun ja, der «Blick»-Journalist müsste nicht unbedingt so aussehen wie ein «Blick»-Journalist:

Sonst noch was? Ach, nur Kleinigkeiten. ZKB-Zinsen auf einem Privatkonto: 0,00 Prozent. Jugendprivatkonto bis 25’000 Franken: 0,25 Prozent, danach 0,00. ZKB Sparkonto: bis 50’000 Fr. 0,85 Prozent, danach 0,25, ab 250’000 noch 0,00 Prozent.  Eine ZKB Festhypothek, Laufzeit 10 Jahre, kostet dagegen 2,36 Prozent. Ach, Teuerung in der Schweiz im Jahr 2023: 2,2 Prozent. Das heisst, bei all diesen Angeboten kann der ZKB-Kunde zuschauen, wie seine Einlage abschmilzt. Macht er nicht Gewinn, sondern Verlust.

Aber he, wieso soll der «Blick» dem Chef der ZKB unangenehme Fragen stellen? Das wäre doch Journalismus, vielleicht gar vom Boulevard, und das will man (oder frau) nicht mehr. Schliesslich bekommt Baumann noch einen klitzekleinen Tritt ans Schienenbein im Kasten «Persönlich»: «Eines seiner Hobbys gehört allerdings nicht zu den umweltfreundlichsten: Der ZKB-Chef braust gern mal mit der Harley-Davidson über Landstrassen». Aber auch das wird abwattiert: Er «kommt zum Ausgleich dafür ab und zu aus der Seegemeinde Kilchberg mit dem Stand-up-Paddle zur Arbeit».

Vermisst man sonst noch was an dieser Lobeshymne? Schon, trotz angestrengtem Suchen findet man nirgends einen Hinweis wie «native ad» oder «sponsored content» oder gar «Publireportage».

Quiz für Schlauleser

Genau, wir richten uns ans Publikum der NZZaS.

Die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung ist eine der Grundprinzipien des Journalismus. Sowohl inhaltlich wie formal. Niemals würde ein Auto bejubelt werden, nur weil die Hersteller zu den wenigen Grossinserenten im Print gehören. Niemals würde eine Kaufempfehlung davon abhängen, dass der Hersteller …

Gut, morgen erzählen wir ein anderes Märchen. Nun zum Quiz. Es besteht aus drei Fragen (die Antworten sind inbegriffen, zu gewinnen gibt’s leider nix, ausser Erkenntnis).

Ist das hier redaktionell oder Werbung:

Unsicher? Gut, dann erweitern wir den Ausschnitt etwas:

Ach so? Nein, denn laut Untersuchungen nehmen fast die Hälfte der Leser nicht zur Kenntnis, was da zuoberst steht. Und wenn ja, verstehen sie es nicht.

Neues Beispiel:

Unsicher? Nun da ist oben nix weggeschnitten. Genauso kommt’s daher.  Kleiner Hinweis:

Letzter Test. Diesmal aus dem Magazin der NZZaS:

Hier ist die Antwort jein. Kann man so oder so sehen. Ist extra für Sie, den Leser, ausgewählt. Rein nach Geschmack, Lust und Laune.

Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Bevor sich die anderen Sonntagsblätter darüber mokieren: das ist nur der Anfang einer kleinen, vierteiligen Serie …

 

Lustige Zeiten bei der NZZaS

Der aktuelle Wirtschaftsbund des Sonntagsblatts ist kaum zu überbieten.

Was macht eine Sonntagszeitung, wenn in der Wirtschaft nicht viel los ist und man das Thema Lockdown, Kurzarbeit, Pleiten, Ruin ganzer Erwerbszweige als unwichtig umfahren will?

Man richtet folgendes Menü an. Als Starter, als Appetithappen ein Interview mit einem furchtbar wichtigen Banker. Oder zumindest mit einem, der sich dafür hält. Da kann es nur einen geben: Die völlige Fehlbesetzung Axel Weber, der Noch-VR-Präsident der UBS. Auf den trifft der Ausdruck «Nieten in Nadelstreifen» nicht zu. Weil er keine Nadelstreifen-Anzüge trägt.

Weber hat in den neun Jahren seiner Tätigkeit an Gewicht zugelegt. Aber nur körperlich, andere Spuren sind von ihm nicht zu erkennen. Erfolge noch viel weniger. Der richtige Zeitpunkt, aus Verlegenheit ein Interview der Reihe zu machen: Was wollten Sie immer schon mal sagen, und worüber möchten Sie nicht sprechen?

Corporate Communication hat tief in den Textbausteinkasten gegriffen

Was rauskommt, ist vorhersehbar. Von «Banken leisten einen wichtigen Beitrag, …» bis zu «Denn die UBS will auch künftig eine führende Rolle im globalen Banking spielen» nichts als in Buchstaben verwandelte Luft. Nicht luzid, dafür fluid. Das sollten sich die NZZaS oder Weber patentieren lassen. Jede Frage, jede Antwort eine Möglichkeit zum Wegschnarchen. Ausnahmslos. Besser als Baldrian-Tropfen.

Da war es dann auch nicht einfach, ein Titel-Quote zu finden. Aber mit scharfem Nachdenken und Kopfkratzen ist auch dem Redakteur nichts zu schwör. «Die Kluft zwischen Arm und Reich bereitet uns Sorgen», zeigt sich der VRP, dem ein Hang zu First-Class-Reisen in Begleitung seiner Frau nachgesagt wird, menschlich betroffen. Wahrscheinlich zieht er nicht immer die Vorhänge in der gepanzerten Limousine zu, wenn er dummerweise vom Flughafen ins Stadtzentrum durch marginalisierte Quartiere fährt.

Dabei denkt er wohl: Wieso konnten die mir keinen Helikopter schicken, das verdirbt ja den Appetit. Das wäre sicher auch der Fall gewesen, wenn man mit Weber über den dümpelnden Kurs der UBS-Aktie, über unverschämt bleibende Gehälter, über die drohende 4-Milliarden-Busse in Frankreich und über ähnliche Themen geredet hätte. Aber dann hätte es kein Interview gegeben.

Das ist aber erst der Anfang einer einmaligen Strecke

Diese Wunderstrecke geht über insgesamt die ersten 5 Seiten des Wirtschaftsbunds. Wir kommen zum nächsten Gang. Auf Seite drei schwimmt in einem Inserat ein schwarzer Schwan. Im Auftrag von Swiss Re kam eine furchtbar kreative Kreativagentur auf die bahnbrechende Idee, auf den schwarzen Schwan zu texten: «Kein schwarzer Schwan». Das konnte Magritte entschieden besser, aber was will uns Swiss Re hier sagen lassen?

Im kleiner Gedruckten erfährt man, dass die aktuelle Pandemie eben kein schwarzer Schwan sei, das Symbol für eine unvorhersehbare Entwicklung. Solche Seuchenzüge habe es schon immer gegeben. Und seien kein Anlass zur Panik, denn Swiss Re, die gesamte Versicherungssparte habe «Milliarden bereitgestellt, um die finanziellen Auswirkungen der Pandemie abzumildern».

Auch die CS schmeisst sinnlos Geld aus dem Fenster

Hoffentlich war darunter nicht allzu viel Geld für dieses Schwachsinns-Inserat. Auf der nächsten Seite zeigt dann die Credit Suisse, wie man sinnlos Geld verpulvert. Zweiter Hauptgang. Auch sie hat eine Seite gepostet und mit jeder Menge Buchstaben zugeklatscht. Denn die CS hat langsam Muffensausen, was die Unternehmensverantwortungsinitiative betrifft. Daher spricht sie sich für ein klares Nein aus. Und begründet das langfädig und langatmig mit den längst bekannten Argumenten.

Auch rausgeschmissenes Geld. Einen Befürworter wird diese Inserat ganz sicher nicht umstimmen. Und ein Gegner braucht’s erst gar nicht zu lesen. Aber immerhin, auf der nächsten Seite gibt es unter einem Inserat, das einen hübschen Mehrkaräter von Gübelin zeigt, einen Artikel über den Ex-UBS-Chef Peter Wuffli – darf er über seinen Rausschmiss und seine Strategiefehler sprechen?

Aber nein, haltet ein, er redet über die Ergebnisse seiner «philanthropischen Arbeit» der letzten 15 Jahre. Beziehungsweise, er hat ein Buch darüber geschrieben, «The Elea Way», der Name seiner Stiftung.

Wuffli hingegen vermag zu überraschen

Nun erwartet man ehrlich gesagt von Wuffli, der auch als VR-Präsident der Partners Group nicht gerade Bäume ausriss, nichts wirklich Erhellendes. Und täuscht sich. Eine zwar nicht brandneue, aber interessante Beschreibung aller Probleme, die sich bei dem Wunsch, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, einem in den Weg stellen.

Hat damit die Wunderkerze ausgesprüht? Fast, auf der drittletzten Seite des Bunds verbirgt sich ein letzter Höhepunkt, echte Lebenshilfe. «Keine Chance für Einbrecher». Wir wissen ja, jetzt beginnt die Zeit der Dämmerungseinbrüche, furchtbar. Die grafische Gestaltung ist, abgesehen von der Titelschrift, identisch mit einem NZZaS-Artikel. Vierspaltig, unterstrichener Lead, grauer Kasten, herausgehobener Quote in eigener Spalte, wer überliest da nicht den Seitentitel: «Sponsored Content für Vaudoise Versicherungen». Immerhin am Schluss der Seite macht noch ein gelbes Kästchen darauf aufmerksam: «Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag der Vaudoise erstellt.»

Nach Weber droht dann noch Rohner

Das ist löblich und eine deutlichere Kennzeichnung eines Inserats als bei Tamedia oder «watson». Allerdings hätte man sich dasselbe beim Schlaff-Interview mit Weber gewünscht. Es ist zudem absehbar: Vor seinem Abgang kommt dann auch noch Urs Rohner zum Handkuss. Denn nur UBS, das geht nicht. Also wird Rohner auch in seiner bewährten Art ähnliche Worthülsen versprühen wie Weber. Wir bitten um Vorwarnung, damit wir rechtzeitig die Baldrian-Tropfen absetzen können.