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Wumms: Markus Somm

Schwatzen im Nebel des Krieges.

Somm müsste sich eigentlich um den serbelnden «Nebelspalter» kümmern, nachdem nach dem brutalen Rausschmiss des Chefredaktors der Print-Ausgabe der Versuch krachend gescheitert ist, sie dem Online-Auftritt anzunähern.

Aber es ist ein altes Phänomen, dass man sich lieber ums Grosseganze und die Welt kümmert als um das Wichtigkleine in nächster Nähe.

Also benützt Somm seine Kolumne in der «SonntagsZeitung», um mal wieder allen anderen Medienschaffenden die Knöpfe reinzutun. Schon im Titel erklärt er, wie er die Welt sieht: «Die Israelis sind die Guten». Vielleicht zeigen sich hier Restanzen seiner linksradikalen Vergangenheit. Da war es auch immer klar, wer die Guten und wer die Bösen sind. Nur: damals gehörten die Israelis sicher nicht zu den Guten für einen strammen Linken.

Als Aufhänger für seine Kolumne über die Guten nimmt er die Berichterstattung über die Explosion bei einem Spital im Gazastreifen. Bekanntlich passte die «News York Times» ihre Berichterstattung mehrfach an. Entsprechend der sich entwickelnden Informationslage, aber Somm sieht das anders: «Von Tätern war keine Rede mehr, von neuen Erkenntnissen oder neuen Quellen ebenso wenig – obschon in der Zwischenzeit die Israelis plausible Beweise vorgelegt hatten, dass es sich um eine Rakete der Palästinenser selbst gehandelt haben muss

Natürlich, wenn die per Definition und laut Somm «Guten» «Beweise» vorlegen – vielleicht sollte ein guter Journalist da von Indizien sprechen, die genauso wenig wie die Behauptungen der Palästinenser bislang von unabhängiger Seite bestätigt wurden –, dann ist die Sache doch klar.

Aber nun galoppiert Somm erst richtig los: «Es war eine Lüge, eine Hamas-Lüge, fabriziert von Hamas-Mördern, die den Tod der eigenen Leute den Israelis unterschieben wollten. Dass Terroristen lügen, kann keinen überraschen, dass aber die berühmtesten Zeitungen und Fernsehsender des Westens darauf hereinfallen, das umso mehr.»

Es mag den einäugigen Somm vielleicht überraschen, dass die «berühmtesten Zeitungen und Fernsehsender des Westens» auch schon auf Lügen der Guten hereingefallen sind. Oder hat er die «Massenvernichtungswaffen»-Lüge schon vergessen, mit der die USA samt Koalition der Willigen den Irak überfiel, was einen gescheiterten Staat und Hunderttausende von Toten hinterliess? Oder die «Brutkasten»-Lüge? Oder die Tongking-Lüge? Um nur drei Beispiele zu nennen.

Aber Somm dreht seine verbale Eskalationspirale weiter und weiter. Es sei sein Eindruck, dass es viele gäbe, «die sich danach sehnten, beide Seiten – Israelis und Palästinenser – für jede Gewalt gemeinsam verantwortlich zu machen, wie man das seit Jahren im Westen zu tun pflegt». Selbst das mag sein, aber ist es denn für Somm ausgeschlossen, dass auch die Guten für Gewalt verantwortlich sein könnten?

Immerhin, dann fällt Somm ein witziges Beispiel der Absurdität ein. Ob denn die NYT jemals eine solche Schlagzeile bringen würde: «Selenski lässt russisches Spital bombardieren, 500 Tote, sagt die Gruppe Wagner». Aber dann hört der Spass auf, wenn er behauptet: «Mördern glaubt man offenbar alles, solange sie Juden umbringen.» Das ist an Perfidie kaum zu überbieten.

Damit begibt auch er sich aus dem immer enger werdenden Raum der sinnvollen Debatte. Mit den folgenden Sätzen schlägt er krachend die Türe hinter sich zu, um in den Sumpfgebieten des Kriegsnebels zu verschwinden: «Erstens, die Israelis sind die Guten. Zweitens, die Hamas greift nicht bloss die Israelis an, sondern den Westen insgesamt. Es ist Zeit, dass wir aufhören, uns mehr zu hassen, als unbedingt nötig ist.»

Erstens: nur in alten US-Western gibt es die zweifellos Guten und die Bösen, die man alleine schon daran erkennt, dass die Bösen immer schwarze Hüte aufhaben. Zweitens, die Hamas greift nicht den Westen insgesamt an, das tun fundamentalistische Wahnsinnige insgesamt, die – wie die Hamas – von fanatisch islamistischen Regimes finanziert werden. In diesem Fall vom Iran, in anderen Fällen von Saudiarabien. Da aber das wahhabistische Scheich-Regime ein guter Freund des Westens ist, logen die westlichen Guten auch herbei, dass die Terroristen von Al-Kaida von Saddam Hussein unterstützt worden seien – obwohl sie alle Saudis waren und Bin Laden der bedeutenden saudischen Baufirma gleichen Namens angehörte.

Daher sollten wir – drittens – solchen Schwaflern wie Somm nicht mehr glauben, als unbedingt nötig ist.

Daher muss sich der gute (wie auch der schlechte) Leser eine einfache Frage stellen: will er sich wirklich von Organen informieren lassen, die von einem solchen einäugigen Propagandaplapperer mit infantiler Schwarzweiss-Weltsicht geleitet werden?

Während Somm so die Welt in gut und böse ordnet, versucht es der «Nebelspalter» mit dem gefühlt zehnten Relaunch, Redesign und «alles neu». Statt harter oder weicher Bezahlschranke ist nun alles gratis, wenn man vorher Werbung konsumiert. Ein solch hilfloses Geruder hat es in der jüngeren Schweizer Mediengeschichte noch nie gegeben. Das ist jenseits von Gut und Böse. Das ist einfach inkompetent.

Worte zum Sonntag

Nein, mal nichts Religiöses. Eher Verwirrtes.

ZACKBUM sieht in dieser Gegenüberstellung eine feinsinnige Ironie des Blattmachers. Aber wahrscheinlich täuschen wir uns, denn Ironie und Selbstkritik sind nicht die starken Seiten der überlebenden Tamedia-Journalisten.

Dann kommt allerdings echtes 08/15, obwohl der Tamedia-Journalist im Allgemeinen auch nicht weiss, woher dieser Ausdruck für durchschnittliche Massenware kommt. Der Psychologe denkt über die Ursachen der Gewalttätigkeit von Eritreern nach. Arthur Rutishauser denkt über Flüchtlinge drinnen und draussen nach. Adrian Schmid und Mischa Aebi denken über das Schicksal der Flüchtlinge auf Lampedusa und Flüchtlingsströme zwischen der Schweiz und der EU nach.

Adrian Schmid, Multitasking, die Entlassungen fordern ihren Tribut, denkt auch über den möglichen Nachfolger von Alain Berset nach. Nun ist zu diesem Thema eigentlich von fast allen fast alles gesagt worden. Also braucht es eine knackige Headline, denn darunter ist bloss Rehash, das Aufquirlen von Bekanntem. Her damit; einer, der im bürgerlichen Lager nicht wählbar ist und selbst nicht einmal erklärt hat, ob er überhaupt antreten will, wird zum «heimlichen Favoriten» ernannt. So heimlich, dass ausser Schmid niemand Cédric Wermuth auf dem Zettel hat. Aber es gilt: nur, was du selbst erfindest, ist ein schneller Primeur.

Dann hat Rico Bandle Johannes Läderach, Sohn und CEO der gleichnamigen Firma, zum Interview überredet. Zwei Kalküle haben sich bestens getroffen. Man wäre natürlich gespannt darauf zu erfahren, welche Tänze vor, während und nach dem Interview aufgeführt wurden.

Aber auch Bandle muss gleich nochmal ans Gerät. Ein Zürcher Amt, das wie viele Ämter nichts Sinnvolles zu tun hat, empfiehlt, «genderneutrale Formulierungen» zu verwenden, also «Kind, Elternteil oder Betreuungsperson». Dieser Schwachsinn ist einem Buch von Ravena Marin Siever entnommen. Der/die/das (ist etwas kompliziert) schwafelt über sich: «Sier ist Elter von drei Kindern und lebt mit siener Familie ..

Siever widmet sich dadaistischen Sprachscherzen. Das wäre lustig, würde «sier» das nicht ernst nehmen: «Mampa», «Elli» (von «Elter»), «Tankel» oder «Onte». Oder «Ompapa». Vokabular wie aus einem Kinderbuch voller Sprachverulkungen. Bei den «Mumins» war das sehr erheiternd. Aber hier …

Darüber zieht natürlich Bandle her. Wohlweislich verzichtet Bandle beim Suchen nach dem Splitter im Beamtenauge auf Hinweise auf den Balken im SoZ-Sehorgan.

So lange ist es schliesslich noch nicht her, dass Aleksandra Hiltmann (ja, die, der es bei einer Kreuzfahrt so furchtbar schlecht wurde) und Andreas Tobler (ja, der, der schon mal die Absage von Rammstein-Konzerten forderte) ganze drei Seiten des angeblichen «Kultur»-Bundes (Heute «Leben & Kultur») der SoZ darauf verschwendeten, den Leser mit korrektem Gendern zu quälen.

Dazu schwurbelte es, dass es nur so krachte: «Gendern ist also nicht einfach eine Modeerscheinung oder ein Sprachspiel – sondern ein Wirtschaftsfaktor. Diversität ist zu einer Frage der gesellschaftlichen Verantwortung geworden, ähnlich wie Nachhaltigkeit oder Umwelt.»

Nimm das, Bandle.

Dann übernehmen die Deutschen das Zepter. Hubert Wetzel, schon mehrfach verhaltensauffällig geworden, macht sich zur Abwechslung mal keine Sorgen um das Sterben der Demokratie in den USA. Hier serviert die SoZ dem Schweizer Leser ein Thema, das vielleicht den Leser der Süddeutschen interessieren könnte. Aber auch nur vielleicht: «Brüssel fragt sich: Lässt die Hilfe für Kiew nach?» Soll das doch die EU mit Polen oder Ungarn ausmachen; was geht das eigentlich die Schweiz an?

Dann kommt ein Artikel zur Steigerung des Sozialneids. Eigentlich handelt es sich um eine kreative Stellenbewerbung von Chris Winteler bei der «Schweizer Illustrierten» oder der «GlücksPost»: «Das grösste und teuerste Wohnmobil der Schweiz». «Hans und Beatrice Heer» möchten gerne gekidnappt werden, Pardon «zeigen stolz ihre Landjacht, die eine Million Franken kostete».

Wer sich allerdings von solchen Themen oder Gendern mit einem absoluten Nonsenstext ablenken will, muss unbedingt die Kolumne von Gülsha Adilji lesen. Dass sie ein solch misslungen Dada zu Papier bringt, ist das eine. Dass sich mal wieder keine Qualitätskontrollstelle traut, ihr zu sagen: «wie wäre es, auf die Löschtaste zu drücken und einfach ganz ruhig nochmal von vorne»? Unglaublich.

Unter dem Gaga-Titel «Nieder mit dem Kapitalismus» blubbern Gaga-Sätze in einem zusammenhanglosem Wortbrei. Wir ersparen dem Leser nur den Anfang nicht: «Tschiises f*cking kreist! Wie kann man nur so ausrasten, weil ein kleines Kind wegen kurzer Koordinationsprobleme auf die falsche Velospur gerät? Letzte Woche war ich Teil eines absurden Schauspiels: Eine junge Frau, etwa in meinem Alter, stanzte einem kleinen Mädchen ein Fahrradtrauma ins limbische System.»

Sonst noch was? Interessiert uns das «Wohnglück unterm Dach»? Wie ein «Murmeli-Burger» schmeckt? Oder eine Lobeshymne auf eine US-Reality-Soap: «Wenn der Silikonbusen nicht ins Brautleid passt»? Wollen wir wissen, wie sich ein «Voyah»-Elektro-SUV  (neue chinesische Automarke) fährt? Oder der neue «Giotto von Bizzarini»? Das ist leider sowieso nicht möglich, der erste Prototyp käme 2024, ab 2026 werden die ersten Schlitten ausgeliefert. So, wie der Sportflitzer aussieht, muss das Portemonnaie viel dicker als der Bauch sein. Sonst kann man sich nicht reinfalten:

Gretchenfrage (nein, nicht, wie es der Leser mit der Religion halte) am Schluss: Ist das Fr. 6.40 wert? Nun, Arthur Rutishauser geht weiter gnadenlos auf die CS/UBS-Geschichte los, diesmal hat er sich die KPMG vorgenommen. Das zeigt immerhin von Mut und Ausdauer. Aber der grosse Rest? Also wer sich einen Camper für eine Million leisten kann oder ganz giggerig auf den neuen Bizzarini ist, schmeisst dieses Trinkgeld locker auf.

Böse Priester

Die Medien haben ein neues Steckenpferd.

Schwein muss man haben. Der Fall Rammstein röchelt höchstens noch vor sich hin. Schlimmer noch: weil der falsch Beschuldigte Geld, gute Anwälte und eine hübsche Portion verständliche Rachsucht hat, hagelt es da noch Klagen und Urteile. Blöd gelaufen, Schwamm drüber.

Aber, Gott sei Dank, die katholische Kirche. Nein, ihre Priester. Ihre Gottesmänner. Die haben seit rund 1000 Jahren ein blödes Problem. Der Zölibat. Die widernatürliche Enthaltsamkeit.

Viele Gottesmänner schaffen es irgendwie, den Versuchungen des Fleisches zu widerstehen. Wir wollen nicht wissen, wie genau. Einige lösen das Problem mit der Haushälterin oder einer anderen erwachsenen Person. Aber es gibt auch Pfaffen, denen es Messdiener oder ihnen in ihrer Funktion als Katechet anvertraute Minderjährige angetan haben.

Da brauchte es nur eine neue Studie über dieses Problem, und schon haben die Medien ein Thema, das sie nun zu Tode reiten (Pardon) können. Wie viel Fälle gab es, wie leiden die Opfer, was sagt der Fachmann, die Fachfrau, der oppositionelle Geistliche, wie reagiert die offizielle Kirche? Verstockt, unfähig, beratungsresistent wie immer.

Die katholische Kirche denkt halt nicht zu Unrecht: wer wie wir rund 2000 Jahre durchgehalten hat, und dabei viel Schlimmes erlebte, der lässt sich doch von so einem neuerlichen Missbrauchsskandal nicht aus der Ruhe bringen.

Aber so nicht mit Arthur Rutishauser von der «SonntagsZeitung». Der will als Finanzspezialist die Kirche dort packen, wo es ihr wirklich weh tut. Natürlich beim Geld. Fordert er deshalb die Katholiken auf, scharenweise die Kirche zu verlassen? Nein, er macht es teuflisch perfid. er fordert:

«Die Kirchensteuer gehört auf ein Sperrkonto.»

Aber damit nicht genug: «Wie kann es sein, dass eine religiöse Institution sich auf ein eigenes Recht berufen kann, zudem noch eines, das aus dem finsteren Mittelalter stammt?» Stattdessen sollten die Missbrauchsfälle durch die Staatsanwaltschaft, am besten die Bundesstaatsanwaltschaft, untersucht werden.

Dazu passt dann natürlich die Meldung «Papst-Vertreter verweigert Zusammenarbeit», konkret: sie hält die Archive sauber geschlossen. Rutishauser kann froh sein, dass zumindest in Mitteleuropa keine mittelalterlichen Zustände mehr herrschen. Denn damals hätte man ihm nicht nur die Instrumente gezeigt …

Auch auf einem anderen Gebiet kann die SoZ Neues vermelden. Unter dem launigen Titel «Der Solarexpress wird zum Bummler», kommentiert die Zeitung, dass bekanntlich der Heimatkanton von Peter Bodenmann, der mit der Solaroffensive in den Alpen die Lösung aller Energieprobleme gefunden haben wollte, dass eben dieses Wallis gerade die Notbremse beim schnellen Ausbau alpiner Solarkraftwerke gezogen hat.

Dann wird allerdings nur berichtet, wie Befürworter der alternativen Energien jetzt herumeiern. Was nicht gesagt wird, denn da würden wohl grosse Teile der linksgrünen Tagi-Belegschaft aufjaulen: die einzige sinnvolle Lösung der absehbaren Energieprobleme besteht im Bau eines neuen AKW. Besser von zwei. Der, angesichts der sich hier abzeichnenden Widerstände, jetzt angegangen werden müsste. Wird er aber nicht. Und die Solar- und Windenergieträume sind schon jetzt zerplatzt. Was tun?

Es darf gelacht werden: «Solarpflicht für grosse Parkplätze». Das sei – ohne Scherz – nun ein «wichtiges Signal». Nein, das bedenkliche Signal ist, dass es nur solche Traumtänzereien gegenüber einem ernsthaften Problem gibt: der Winterstromlücke in der Schweiz.

Aber eine gute Nachricht, wenn auch in Form eines Fragezeichens am Schluss: «Geht Fridays for Future die Puste aus?» Statt 100’000 Personen schweizweit nur 7000, das nennt man schrumpfen. Links überholt von den Klimaklebern, rechts von fast allen Parteien im Wahlmodus: sieht nach no future aus.

Dann kommen wir zur Abteilung Heuchelei einer Weltmacht. Bekanntlich müssen Unrechtsstaaten wie Russland, aber auch der Iran, mit harten Sanktionen bestraft werden. Bekanntlich wird der Schweiz ständig vorgeworfen, sie gehe dabei viel zu schlapp vor.

Und nun das: die Schweizer Nationalbank soll eine Schlüsselrolle dabei spielen, eingefrorene iranische Milliarden über Umwege zurück in die Verfügungsgewalt des Irans zu transferieren. Unglaublich, das muss nun aber mit US-Sanktionen gegen die Schweiz geahndet werden.

Öhm. Das geschieht nicht nur im Wissen, sondern im Auftrag der USA. Damit erkauft sich der finstere Gegner des Mullah-Regimes in Teheran die Freilassung von ganzen 5 Geiseln. Das ist für die Betroffenen natürlich wunderbar. Ansonsten aber eine Desaster.

Dann folgt aber eine wirklich gute Nachricht. Der Antidemokrat («Gegner zur Impfung zwingen») Denis von Burg, seines Zeichens «Politikchef», verlässt die «SonntagsZeitung». Mit einem Abschiedsartikel. Wunderbar, einmal überblättert, und das war’s dann endlich.

Anschliessend vergreift sich Rico Bandle für ein Mal in der Wortwahl: über Roman Signer «machen sich im Netz alle lustig». Wirklich alle? Nicht ganz, ein paar. Ein paar Zehntausend, was im Netz ja nix ist. also ist «alle» ungefähr so fehl am Platz, wie wenn geschrieben würde, dass alle die SoZ ihr Geld wert fänden.

Weiter hinten gibt dann Markus Somm eine seiner Fehlprognosen ab. «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Schweizer Grüner nach Gösgen pilgert.» Will sagen: niemals würden Schweizer Grüne AKWs befürworten. Allerdings müssten sie dafür nur dem Beispiel der deutschen Grünen folgen, die konsequent und opportunistisch alles über Bord geworden haben, womit diese Partei mal gegründet wurde. Der Obergrüne Joschka Fischer befürwortete Kriege. Friedensbewegung ade. Umweltschutz, na ja, wenn’s nicht wehtut und keinen Grünen trifft. Kein politischer Opportunismus, niemals unter keinen Umständen wird es eine Zusammenarbeit mit der CDU geben. Ausser, man sitzt fröhlich in der gleichen Landesregierung. Und natürlich kommen auch Reiche in den Himmel.

Auf Seite 33 widmet sich dann Arthur Rutishauser einem Thema, das vielleicht nicht so alt ist wie Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche. Aber er behauptet: «Neue Klage in den USA gegen die Schweiz kann Steuerzahler Milliarden kosten». Brandneue News. Oder auch nicht, seit die «Financial Times» am 20. März zuerst darauf hinwies, dass der eklatante Rechtsbruch, mit dem 16 Milliarden Schuldpapiere der CS auf null abgeschrieben wurden, für den Schweizer Steuerzahler ziemlich teuer werden könne.

Neuer ist der nächste Rutishauser (der Mann ist in einer Woche fleissiger als das ganze «Team Kultur» von Tamedia in einem Jahr): «100 Millionen Sonderbonus für die obersten UBS-Manager». So viel zum Thema, dass der Kauf der CS ein riskantes Geschäft gewesen sei, das man nur aus staatsbürgerlicher Verpflichtung eingegangen sei. Colm Kelleher müsste endlich mit dem Buster-Keaton-Sonderpreis ausgezeichnet werden. Seither hat niemand mehr ein so unbewegtes Gesicht gemacht, während er eigentlich losprusten und sich vor Lachen auf dem Boden wälzen müsste.

Wenn wir das TV-Programm als unbestreitbares Highlight aussen vor lassen, war’s das dann für Fr. 6.40. ZACKBUM würde sagen: die Hälfte gut investiert, die Hälfte rausgeschmissen.

 

Wenigstens scheint die Sonne

Denn bei der Lektüre der Sonntagspresse braucht es einen Aufsteller.

Also mal ehrlich, liebe Rumpf-Chefredaktion der NZZaS: Dass es statt vier kleine Negerlein nur noch zwei sind, das kann doch kein Grund hierfür sein. Ein pseudosauglattes Foto von Michael Steiner zu einem ernsten Thema. Ein gähnend langweiliger Aufwasch zu den Rülpsern, die die UBS beim Verdauen der CS von sich gibt. Immer schön um die schwache Bundesrätin Karin Keller-Sutter herumgeschrieben, die hier krachend versagte und dem Steuerzahler möglicherweise Milliardenzahlungen aufbürdete. Aber sie ist in der FDP.

Und dann noch «Heikler Rohstoffdeal»: eine angefütterte, einseitige Story voller Fehler. Da reicht es noch knapp, dem Hodler-Sammler Christoph Blocher ans Bein zu pinkeln. Erstaunlich, dass Anfang September das Sommerloch immer noch nicht die Hand vor den Mund hält beim Gähnen.

Dann noch sicher als Aufreger geplant ein Interview mit Jacqueline Badran, die wunschgemäss Ruppiges sagt, aber auch Unsinniges, wie es halt so ihre Art ist. Und Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti, der seine richtige, aber auch nicht neue These nochmals spazierenführen darf, dass eine Rettung der Monsterbank UBS die Schweiz an den Rand des Staatsbankrotts führen könnte. Was sich jeder ausrechnen kann, der die darin involvierten Zahlen anschaut.

Und dann hat es noch den üblichen Tiefpunkt von und mit Peer Teuwsen. Diesmal in Form eines Interviews mit dem «Sexualstrafrechtler» Yves Georg zum Medienskandal Rammstein und Vorverurteilung. Georg who?  Nun, der sei Partner in einer Hamburger Kanzlei, in der auch der Anwalt arbeite, der damals Jörg Kachelmann verteidigt habe.

Das ist ungefähr so, wie wenn man einen TV-Zuschauer als Royal-Experten interviewt, weil der die Krönung von Charles vollständig angeschaut hat. Aber schön, dass sich auch Georg seine fünf Minuten Ruhm in der NZZaS abholen kann. Neues hat er nicht zu berichten, und im eigenen Haus räumt Teuwsen natürlich auch nicht auf. Denn die Frage an den «Sexualstrafrechtler» wäre doch nahegelegen, was der davon hält, dass die NZZ den Rammstein-Sänger mal kurzerhand zum «Täter» machten und tiefschürfende Überlegungen anstellte, welche Machtstrukturen im Macho-Rock-Business so herrschten.

Also gut, also schlecht, dann halt die «SonntagsZeitung»:

Oh je. «Ohne BH ist das Leben schöner». Das wussten wir Männer schon immer. Und Sergio Ermotti musste nicht lange nachdenken, wem er das obligate Interview gewährt … Das zeigt dann, dass selbst der ausgewiesene Kenner Arthur Rutishauser auf Granit beisst, wenn er den Formulierungskünsten von Corporate Communication ausgeliefert ist. Und im Vorfeld offensichtlich heikle Themen wie der 16-Milliarden-Abschreiber ausgeschlossen wurden. Aber immerhin, ein Satz von Rutishauser ist einen Lacher wert. Auf die bissige Rückfrage von Ermotti, ob er wirklich so denke (dass der Riesengewinn von 25 Milliarden nicht der UBS, sondern dem Staat gehöre), sagt Rutishauser: «Ich denke nicht, ich stelle Fragen.» Das wollen wir mal nicht zu wörtlich nehmen.

Dann darf echt gelacht werden, dafür zuständig ist mal wieder Sanija Ameti. Denn die Grünliberalen fällten den weisen Entscheid, sie auf den fast aussichtslosen Listenplatz 18 bei den Nationalratswahlen zu setzen. Das kann Ameti natürlich nicht einfach so schlucken: sie sei sich halt gewohnt, sich mehr beweisen zu müssen als andere. Warum? «Viele Menschen mit Migrationshintergrund ergeht es so.» Das ist natürlich ein knallharter Vorwurf an die Grünliberalen: hinterer Listenplatz wegen Migrationshintergrund? Oder ist es einfach so, dass Ameti kein einziges Fettnäpfchen auslassen kann?

Dann kommt ein weiteres heikles Thema, bei dem die SoZ sogar leicht ins Stottern gerät: «Der Davoser Tourismus-Chef beklagte sich kürzlich über das Benehemen orthodoxer Juden.»

Dann will Bettina Weber wohl den nächsten Shitstorm der woken Gesinnungspolizei auslösen: «Fast alle in der Schweiz berufstätigen Ausländerinnen arbeiten weniger häufig Teilzeit als die Schweizerinnen.» Apropos, ein Bericht darüber, dass nicht nur ein ukrainischer Vizeverteidigungsminister wegen Korruption im Knast sitzt, sondern auch der Verteidigungsminister selbst höchst korrupt zu sein scheint, das dürfte alle tapferen Verteidiger der ukrainischen Sache doch ein wenig irritieren.

Ach, und sollen wir uns wirklich nochmal über die Autoseite lustig machen, auf der der BMW i7 (Topmodell ab schlappen 234’930 Franken) angepriesen wird?

Ach, da gibt’s doch noch ein Blatt, das von einem Mikrophonständer verantwortet wird. Nein, diese Ladung hat gereicht, um ZACKBUM reif für einen Platz an der Sonne zu machen.

 

 

 

Morgenstern oder Genderstern?

Gibt es Hoffnung? Kommt SRF zur Vernunft?

Wenn das stimmt, hat sich die Halbierungsinitiative bereits gelohnt. Wie CH Media vermeldet, werden die «publizistischen Leitlinien» von SRF mal wieder überarbeitet. Dafür ist auch genügend Work Force vorhanden, denn die journalistisch Tätigen sind bekanntlich beim Zwangsgebührensender in der Minderheit.

Da man den Journalisten am Leutschenbach nicht über den Weg traut, wird deren Schaffen engmaschig eingehagt, sie sind sozusagen von Leitlinien umzingelt. Dazu gehörte neben vielem, vielem anderen:

««Genderneutral und diskriminierungsfrei berichten.» SRF erliess die Regeln Mitte 2021. Seither sind sie leicht angepasst und gestrafft worden. In der aktuellen Version findet man zum Beispiel folgenden Satz nicht mehr: «Auf den sozialen Plattformen kann man auch den Genderstern einsetzen, wenn es den Erwartungen der Zielgruppe entspricht.»»

So vermutet Francesco Benini, der normalerweise gute Quellen hat, dass der Genderstern generell nicht mehr erwünscht sei. Der übrige Wahnsinn ist allerdings weiterhin unagetastet. Also die Vermeidung der traditionellen und bewährten Form des generischen Maskulinum, stattdessen Journalistinnen und Journalisten, Reporterinnen und Redaktoren, Reportierende und ähnlicher Unsinn.

Gesprochene Genderpause oder Knacklaut, «Bürger:innen», da und dort erhebt die Sprachvergewaltigung im Namen des Guten weiterhin ihr hässliches Haupt.

Die einsetzende Vorsicht hat sicher auch damit zu tun, dass alle Anhänger:Innen* dieses Unfugs immer wieder in Meinungsumfragen herbe Nackenschläge einstecken müssen. 75 Prozent der Bevölkerung geht eine «gendergerechte Sprache» schwer am Allerwertesten (männlich) vorbei. Erschrocken schurigelte Tamedia seine Leser als «wenig sprachsensibel». Dabei hatten doch Andreas Tobler und andere Konzernjournalisten schon ganze Seiten in der «SonntagsZeitung» darauf verschwendet, den Lesern die angeblich «korrekte» Verwendung, also die Verkomplizierung, die Verhunzung, die Vergewaltigung der deutschen Sprache (weiblich) näherzubringen.

All das beruht auf dem banalen Irrtum, Genus mit Geschlecht zu übersetzen. Welch ein fataler Fehler, den abstrakten Begriff Gattung für Blödis verständlich zu machen. Seither meinen Blödis, dass es bei den drei Gattungen im Deutschen um Geschlechter gehe. Und dass eine Inkludierung heilsame Auswirkungen auf die Welt habe, während eine sogenannte Männersprache ganz schlimm sei.

Wie absurd das ist, beweisen schon mal Sprachen wie Türkisch, wo es Genus nicht gibt. Stimmte diese Theorie, müssten in der Türkei Frauen so was von inkludiert, gleichberechtigt und nicht diskriminiert sein. Absurder Blödsinn, aber das hat noch nie einen Fanatiker abgehalten, fanatisch zu sein.

Aber zu den Aufregern für die Schweizer Bevölkerung gehört auf Platz drei die «Genderdebatte und Wokeness». Das erbittert natürlich die kühnen Kämpfer:Innen*** für Sprachmisshandlung. Mit dem leidenden Blick eines Märtyrers schütteln sie den Kopf. Zu blöd, dass das Volk halt blöd ist. Unsensibel. Rückständig, ja unbelehrbar. Aber seufzend führen sie ihren Kampf fort.

Liebhaber (und Liebhaberinnen) der Sprache sehen aber einen leisen Hoffnungsschimmer am Horizont aufblitzen. Licht am Ende des dunklen Tunnels. Aber wir haben uns schon so oft getäuscht …

Wumms: Arthur Rutishauser

Der Mann läuft zu alten Formen auf.

Karrieremässig war es bitter, dass Arthur Rutishauser seinen Posten als Oberchefredaktor von Tamedia aufgeben musste. Er war das Bauernopfer für die blamable Art, mit der Big Boss Pietro Supino die Roshani-Affäre vergeigte.

Neben Rutishauser spickte es auch andere Mitglieder der Chefredaktion, allesamt Pimmelträger. Hinaufbefördert wurde dann nach Geschlecht, nicht nach Kompetenz. Dementsprechend kommt der Tagi und seine unzähligen Kopfblätter auch daher. Niveaulos, mit bedenklichen Qualitätsproblemen, zunehmend verludert als Egoplattform von selbstverliebten Bauchnabelbetrachtern, die an sich und der Welt leiden und den verbliebenen Lesern mit unablässig erteilten Ratschlägen auf den Geist gehen.

Das Gute daran ist: Rutishauser läuft als Chefredaktor der «SonntagsZeitung» zu alten Formen auf. Hier und nur hier erscheinen noch aufmüpfige Beiträge wie der über die Intoleranz der urbanen Woken, auf den sie sehr intolerant reagierten. Hier stellt sich Rutishauser vor seine angerempelte Redaktorin, wie er es im Fall Canonica auch hätte tun sollen. Aber vielleicht durfte er damals nicht.

Noch besser: Rutishauser hat wieder Zeit, seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Knackige Wirtschaftsstorys schreiben. Während die NZZ in der Begleitung des Credit-Suisse-Desasters eine eher schlechte Figur macht – zu viele Verflechtungen und Rücksichtnahme – und zunächst sogar den Skandal des 16-Milliarden-Abschreibers von AT1-Wandelanleihen kleinzuschreiben versucht, nimmt sich Rutishauser in einer vierteiligen Serie die Schuldigen am CS-Debakel zur Brust.

Schon der Titel des ersten Teils schlägt so zu, dass kein Gras mehr wächst: «Urs Rohner machte die CS zu einem legalen Schneeballsystem». Wumms. Rutishauser meint damit, dass neben allen Skandalen das Grundproblem der CS darin bestand, dass kein nachhaltiges Geschäftsmodell die exorbitanten Gehälter und Boni unterfütterte. Wurden mal grosse Gewinne ausgewiesen, zogen die regelmässig grosse Bussen nach sich. Immer wieder wurde neues Geld zusammengekratzt, das Tafelsilber verscherbelt.

Und das Ganze hatte einen Verantwortlichen, trug einen Namen: Urs Rohner. Auch ZACKBUM-Autor René Zeyer hatte ihn in der Vergangenheit mehrfach in der «Basler Zeitung» zum Rücktritt aufgefordert, als man so was dort noch schreiben konnte. Natürlich vergeblich. Rohner sass stoisch seine zehnjährige Amtszeit ab und verabschiedete sich mit Millionen im Sack, einem Lächeln auf den Lippen und einer windelweichen Abschiedsrede, dass er natürlich nicht mit der Entwicklung des Aktienkurses zufrieden sei.

Ein Hohn für alle Aktionäre, die dank ihm den grössten Teil ihres Einsatzes verloren hatten. Einen Aktienkurs von fast 100 Franken auf am Schluss noch windelweiche 3 Franken runterschränzen, das soll mal einer nachmachen.

All das beschreibt Rutishauser in einer Direktheit und Offenheit, die den Tamedia-Hausjuristen den Angstschweiss auf die Stirne getrieben haben dürfte. Allerdings: die Leiche CS führt zwar in Form der UBS ihre Klage gegen Hässigs Finanzblog «Inside Paradeplatz» weiter, aber es ist kaum anzunehmen, dass sie nun auch noch im Namen der beerdigten Bank auf die SoZ losgehen wird. Zumal auch Chefjurist Diethelm nach dem Wechsel von der UBS zur CS den Rücksprung nach ganz oben bei der UBS wohl nicht schafft.

In der Wüste der Sonntagsmedien gibt es nun immerhin noch drei Mal Anlass zur Freude. Wenn die drei Folgeartikel von Rutishauser erscheinen.

Prostitution

Die Vornahme schreiberischer Handlungen gegen Entgelt.

Es gibt den hässlichen Begriff «Schreibnutte». Damit ist gemeint, dass der in Lohn und Brot stehende Journalist völlig frei in seiner Meinung und deren Äusserung ist. Wobei, wenn er von dieser Freiheit Gebrauch machen würde, wäre er seine Stelle los.

Also schreibt er so, wie es sein Medienhaus von ihm erwartet. Das geschieht natürlich nicht durch Anweisungen oder direkte Befehle. Aber ist der Verlag pro Europa eingestellt und himmelt er die weisen Entscheidungen der Regierung in Sachen Corona an, dann ist ein europakritischer Artikel oder eine Abrechnung mit den gesamten Fehlern während der Pandemie nicht karrierefördernd. Überhaupt nicht.

Es gehört dabei zu den vornehmsten Aufgaben des Ressortleiters, spätestens des Chefredaktors, einem aus der Spur geratenen Redaktor sanft beizubringen, dass das überhaupt nicht gehe. Es gibt natürlich auch Redakteure, die haben die jeweilige Hausmeinung so verinnerlicht, dass sie sie für ihre eigene halten. Wir könnten hier Namen nennen, wollen aber unser Portemonnaie schonen.

Besonders nuttig geht es auch bei dem sogenannten «Sponsored Content», gerne auch «Paid Content» zu. Das ist schlichtweg Werbung, die wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt.

Ein besonders abstossendes Beispiel hat ZACKBUM bereits erwähnt:

Zwei Seiten Gehudel über Liechtenstein. Kein Wort darüber, dass das ein Raubritterstaat ist, in dem die Gerichte das wilde Wirken von Treuhändern schützen und nur gelegentlich einer dieser Halunken in den Knast wandert. Aber solche schwarzen Flecke auf der angeblich weissen Weste stören in einem Inserat natürlich nur, verständlich.

Aber dieser Beitrag war wenigstens, wenn auch auf Englisch, oben so angeschrieben, dass vielleicht die Hälfte der Leser schnallte, dass es sich um einen bezahlten Werbespot handelte. Aber die «SonntagsZeitung» kann die Beine noch mehr spreizen:

Das hier ist ein redaktioneller Beitrag unter der Rubrik «Reisen». Die Autorin ist eine Reisemarketing-Spezialistin.

Das den «Artikel» begleitende Foto ist von «Liechtenstein Marketing» freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Der Inhalt des Artikels ist – Überraschung – eine Lobhudelei auf den «Liechtenstein-Weg». Immerhin steht am Schluss (wie bei den meisten Reise-«Reportagen» der SoZ) verschämt: «Eine Zusammenarbeit von SonntagsZeitung und Liechtenstein Tourismus».

Zusammenarbeit? Was für eine Zusammenarbeit? Ach so, die SoZ stellt den Platz zur Verfügung und zahlt nix für das Machwerk. Kann man noch einen drauflegen? Bezahlte Werbung, die wie redaktioneller Inhalt daherkommt, aber wenigstens als «sponsored» gekennzeichnet ist. Werbung, die als redaktioneller Inhalt daherkommt und nicht gekennzeichnet ist.

Nun ja, Liechtenstein wollte offenbar auf Nummer sicher gehen:

Das hier ist das einzig ehrliche Stück in der ganzen Veranstaltung. Denn klein, aber doch sichtbar steht «Anzeige» obendrüber.

Man kann es mit der Leserverarschung auch zu weit treiben, findet ZACKBUM. Zu weit gibt’s nicht, meint wohl die SoZ.

Es ist ein schmutziger Job,

aber einer muss ihn machen. ZACKBUM.

Im Reigen der qualitativ hochstehenden Sonntagszeitungen nehmen wir uns mal wieder die Mittellage vor. Nicht ganz schlecht, aber gar nicht ganz gut.

Natürlich, alle intelligenten Leser haben’s erraten. Gut, es ist Mitte Juli, Ferienzeit, jeder, der auf der Redaktion was zu sagen hat oder sich seiner Stelle sicher ist, ist in den Ferien. Also bleibt das B-Team, das C-Team; mit Ausnahme des unermüdlichen Arthur Rutishauser, der ja wieder ganz in seiner Funktion als Einmal-Chefredaktor aufgeht, nachdem er als Bauernopfer über die Klinge springen musste.

Also, the first barker: «Das Englisch der Schweizer ist überraschend schlecht». Das ist so aufregend wie ein Artikel über die mangelnde Körperhygiene der Schweizer, über die Probleme der Deutschschweizer, einigermassen akzentfrei Deutsch zu sprechen.

Wenn dazu noch ein Biber, ein Sommerquiz und die «Badi-Regeln» kommen, dann weiss man, dass im Glashaus an der Werdstrasse auch an der Klimaanlage gespart wurde. Mit dem grossen Sprachquiz, Pardon, Sprachvergleich ist dann immerhin die erste Doppelseite gefüllt. Ausser einem grimmigen Editorial von Arthur, der sich bitterlich darüber beklagt, dass die CS-PUK wohl eher eine «parlamentarische Vertuschung-Kommission» werde. Dabei ist das logisch

Was Kompetenz und Wissensstand im Banker-Blabla betrifft, sind die Pleitebanker den Parlamentariern, der Regierung und den versammelten Sesselfurzern in Bern haushoch überlegen. Das hat ja schon die Finanzministerin Karin Keller-Sutterthis is not a bail-out») unter Beweis gestellt. Und genau das kommt auch noch erschwerend hinzu. Weder KKS, noch die Spitze der Finma, noch die ganzen Wichtigtuer im Finanzdepartement sind daran interessiert, dass ihr krachendes Versagen genauer untersucht wird.

Das eint sie mit all den Rohners, Gottsteins, Lehmännern und Körnern. Die könnten immerhin möglicherweise aufgeboten werden, um umhegt und beschützt von Anwälten und Kommunikations-Fuzzis dann nichts zu sagen. Die Grossversager Dougan, Thiam und Horta-Osório sind im Ausland und nicht greifbar.

Auf Seite vier geht’s dann rasend aktuell und spannend weiter: «Bund warnt vor Hitzewelle im Tessin», das ist etwa so informativ wie «Unterwasser sollte man die Luft anhalten». Richtig gähn wird dann «Ferienbeginn, …». Pardon, den Rest vom Titel konnten wir nicht mehr lesen, Wachkoma. Die Schweizer Luftwaffe «fliegt nicht weniger», was ja eigentlich ausserhalb der grünblinden Tamedia-Redaktion angesichts Ukraine und so keine schlechte Nachricht ist.

Dann kommen wir zweifellos zum Höhepunkt:

Wumms, knallhart. Da schüttelt es den grünen Vielschwätzer sicher durch, sogar der Latte Macchiato wird sauer, dabei ist er doch so sympathisch fotografiert, wie es sich ideologische Feindbilder der SoZ erträumen würden. Gleich zwei Koryphäen, der Antidemokrat Denis von Burg und Mischa Aebi, nehmen sich Girod vor. Denn der ist Chef des Europa-Geschäfts des Milliardenkonzerns «South Pole», der wegen anrüchiger Geschäftspartner (Gazprom), angeblichen Schummeleien (CO2-Zertifikate) und ungehemmten Profitstreben (Protestbrief von Angestellten) im Feuer steht.

Und, was passiert? Der Vielschwätzer ist den beiden Interviewern dermassen verbal überlegen, dass er sogar eine Hand auf den Rücken gebunden haben könnte und Steine im Mund wälzen müsste – und sie immer noch an die Wand quatschen. Die zwei beginnen frech mit der Frage nach den Geschäften mit «Gazprom».

Umweltverträgliche Antwort: «South Pole machte 2015 eine Transaktion mit Gazprom im Rahmen des Europäischen Emissionshandels. … Wir begleiten über 1000 Firmen ausserhalb der Erdöl- und Gasbranche eng auf dem Weg zu netto null

Aha, und Shell, Total, Chevron? «Insofern halte ich eine Zusammenarbeit mit der Öl- und Gasbranche unter dem Strich für die Transition zu netto null für notwendig, auch wenn die Unternehmen mir nicht sympathisch sind.»

Aha, aber selbst Mitarbeiter finden das zum Kotzen. «Wir haben bei South Pole eine offene Kultur, und ich halte solche Grundsatzdebatten für richtig.»

Glitschig wie ein Aal, der Herr. Aber diese schmutzigen Deals geheimhalten? «Es geht nicht um Geheimhaltung, es ist in der Wirtschaft gang und gäbe, dass Geschäftsbeziehungen und Verträge vertraulich sind.» Womit der Unterschied zu Geheimhaltung glasklar ausgearbeitet wäre.

Und sonst, Stichwort Greenwashing? «Wenn man sich grüner gibt, als man ist, ist das Öko-Bluff. Das ist in der Tat problematisch und ein Verstoss gegen den unlauteren Wettbewerb.» Ist aber natürlich nicht unsere Schuld.

Und mit «eingesparten Abholzungen» arbeiten, ist das nicht unseriös? «Perfekt lassen sich die vermiedenen Emissionen nie abschätzen, niemand und kein Modell kann genau sagen, was passiert wäre, wenn es kein Projekt zur Vermeidung der Emissionen respektive Abholzung gäbe

Und schliesslich fürchtet der aalglatte Girod nicht, dass sein Ruf gefährdet werden könnte? «Nein. Ich bin bewusst in die Privatwirtschaft gewechselt, um an sehr guten – wenn auch nicht perfekten – Lösungen zu arbeiten.»

Da hat er nun unbezweifelbar recht. Mit solchen Fragen, die wie angetäuschte Wangenküsse wirken, mit dem unkritischen Abholen und Abdrucken der glitschigen Antworten, ohne ein einziges Mal richtig nachzubohren, bei solcher Behandlung in den Medien muss sich Girod garantiert keine Sorgen um sein Image machen. Das ist journalistisches «Greenwashing» at its best.

Dann kommt ein Lacher, «Zweites Solarkraftwerk in den Alpen stark redimensioniert». Warum? Die Schlaumeier haben rausgefunden, dass produzierter Strom auch abtransportiert werden muss. Das ist natürlich eine neue Erkenntnis, also ist es verständlich dass sie erst jetzt zu einer deutlichen Verkleinerung des nächsten Kuckucksheim-Projekts führt. Der arme Peter Bodenmann, so kräftig ist schon lange keiner mehr mit einer völlig unsinnigen Behauptung (die Alpen können genug Strom produzieren) auf die Schnauze gefallen.

Und die Ukraine, mag sich der Leser bang fragen? Auf S. 11 bekommt er die Antwort:

Na also, geht doch noch was.

Andere rezyklieren Artikel, wie man mit Eltern umgehen soll, denen ein Kind gestorben ist. Da kann die SoZ nicht abseits stehen:

Schon wieder viel Grün im Bild, aber ein todtrauriges Thema. Welch ein Titel, welch ein Quote. Wahnsinn. ZACKBUM ist so erschüttert, dass wir Blumenpflücken gehen.

Erfrischend hingegen die Leserreise der SoZ. Ein Hopser nach Kanada, dort Eisbären erschrecken und durch die Polarregion brettern – solange es die noch gibt. Was wohl Girod dazu sagen würde? Das käme dann wohl darauf an, ob er an dem Veranstalter beteiligt wäre oder nicht.

Dann aber ein schöner Sommertitel:

Wie viele Redaktoren von Tamedia sagen können: «Ich bin zwar jung, aber nicht blöd

Dann wird es schweinisch gemein:

Was soll man dazu sagen?

Dann kommt die nächste knallharte Reportage:

Liechtenstein leuchtet. Ein wunderbares Ländle. Ach so, das ist ein «Sponsored Content in Zusammenarbeit mit Liechtenstein Marketing». Nur kommt’s so redaktionell daher, dass die Leser, die das übersehen oder nicht verstehen, es für einen SoZ-Artikel halten. Dafür zahlt Liechtenstein ja auch eine Stange Geld.

Dann noch «Die Wahrheit über den Protein-Mythos», sicher knapp gefolgt von der Wahrheit über den Vitamin-Mythos, den Colesterin-Mythos, den Abnahme-Mythos. Usw.

Dann das Sommerlacher-Thema «Bitte nur Handgepäck!». Die Schnarch-Geschichte für Schlaflose. Noch was? Oh ja, wir haben die Auto-Seite als Absackerchen aufgespart:

ZACKBUM könnte sich vorstellen, dass es das richtige Auto für Girod sein könnte. Vollelektrisch und kostet schlappe 380’000 Franken. In der Grundausstattung, versteht sich, Aber der SoZ-Leser hat doch sicher das nötige Kleingeld. Erst recht, wenn er sich die Ausgabe für die SoZ spart.

 

 

 

Sonntags-Zumutung

ZACKBUM trifft die SoZ. Aua.

Es gab Zeiten, und die liegen noch nicht so lange zurück, da wäre so ein Cover als schlechter Scherz vom Tisch gefegt worden:

 

Ein für Tamedia-Verhältnisse sexistisches Aufmacherbild zu einem Thema, aus dem das Sommerloch so gross gähnt, dass man als Leser Schiss bekommt, hineingezogen und verschlungen zu werden.

Daneben gleich dem Zielpublikum noch eins in die Fresse: Benzin muss und soll doch teurer werden, verstärkte Beimischung von «Biotreibstoff» ist doch eine gute Sache, bis die Schweiz dann völlig CO2-frei wird.

«So wird der Garten attraktiv für Vögel», eine Wahnsinns-Schlagzeile – für die «Tierwelt». «Heisse Liebe, wie die Sonne unser Verhalten beeinflusst». Tut sie das? Und wieso wussten wir das die vergangenen 30’000 Jahre nicht?

Dann kommt eine Doppelseite nach der Devise: fällt der Redaktion trotz Kopfkratzen gar nichts ein, dann machen wir doch ein paar Statistiken. Die gelingen dann besonders gut, wenn man selbst und willkürlich die Auswertungskriterien festlegt. Dann kommt man auch zu Wunschresultaten:

Zudem weiss die SoZ: «Auf einer Skala von – 10 (links) bis + 10 (rechts) befindet er sich mit einem Wert von 10.0 am äussersten rechten Rand.»

Aber eigentlich hätte ihm die SoZ am liebsten eine + 11 gegeben …

Aber, oh Schreck, es ist immer noch Platz frei im Blatt, was tun?

«Der Sozialpsychologe untersucht»; solche Untersuchungen sind normalerweise der Rettungsanker im Boulevard, wo die absurdesten Korrelationen hergestellt werden. «Glatzenträger haben weniger Sex» oder so. Da will neuerdings die SoZ nicht abseits stehen, dabei ist es erst Anfang Juli. Wie sich das Blatt bis in den August durchhangeln will? Den zahlenden Leser erwartet ein echter Belastungstest.

Hat das Blatt noch etwas ausgelassen? Ja, natürlich, den Beitrag zu «wenn Wünschen helfen würde»:

Das wäre natürlich eine Weltsensation erster Güte. Worin besteht die denn? Wenn Aliens landen und uns neue, ungekannte Energiequellen schenken? Fast. Der GLP-Präsident Jürg Grossen ergreift die Chance beim Schopf, dass in der verzweifelten Suche nach Storys jede Furz-Idee punkten kann. Apropos, gegen seinen Vorschlag war die Furz-Idee von Peter Bodenmann mit den Solarpanels in den Alpen geradezu seriös und konkret.

Nach langfädiger Einleitung im Interview rückt Grossen dann mit seiner Furz-Idee heraus:

«Die sicherste Lösung für Saisonspeicher in der Schweiz ist die sogenannte Power-to-Liquidto-Power-Technologie. Sie funktioniert so: Statt als Gas speichert man den Strom in Flüssigtreibstoffen, die man im Winter wieder verstromen oder für den klimaneutralen Flug- und Schwerverkehr nutzen kann. Die heute bestehenden Tanklager würden reichen, um den für den Winter benötigten Vorrat zu speichern. Diese Treibstoffe sind vergleichsweise einfach zu handhaben.»

Selbst der SoZ fallen dazu aber eine ganze Reihe von Killerargumenten ein: «Diese Technologie steckt aber noch in den Kinderschuhen, ist nicht marktreif und bis jetzt ineffizient: 85 Prozent der Energie gehen verloren.»

Das räumt Grossen auch grossmütig ein: «Ganz so schlimm ist es nicht, aber die Technologie hat heute leider tatsächlich noch einen niedrigen Wirkungsgrad.» Aber: «Ich bin zuversichtlich, dass die Speicherung von Strom als Flüssigtreibstoff in den kommenden Jahren marktreif wird.»

Also schon wieder einer, der die Energieversorgung der Schweiz in einem Wolkenkuckucksheim betrachtet. Aber, sonst wäre es ja nicht die GLP, obwohl er eigentlich gegen AKW ist, hält sich Grossen auch hier alle Optionen offen: «Gegen eine neue Generation von Reaktoren, bei denen das Problem des radioaktiven Abfalls gelöst ist und die kein Sicherheitsrisiko darstellen, würde ich mich nicht wehren

Allerdings verrät er uns nicht, wie denn das Problem des radioaktiven Abfalls gelöst werden könnte.

Wir fassen zusammen: Unter einem Brüller-Titel schrumpft die «sicherere, besserer und günstigere Lösung» auf den Vorschlag zusammen, eine völlig unausgereifte Technologie mit einem Wirkungsverlust von 85 Prozent als Garantie für die zukünftige Stromversorgung der Schweiz anzubieten. Wenn’s als Satire gemeint ist, kann man das so stehenlassen.

Schon kommen wir zum nächsten Brüller:

Das ist tatsächlich ein Skandal. Was Autor Cyrill Pinto aber zu erwähnen vergisst: die SoZ gehörte zuvorderst zu den Organen, die eine allumfassende Maskenpflicht und das sofortige Anlegen von ausreichenden Reserven, von Käufen, koste es, was es wolle, lautstark befürwortete und somit die Hysterie um das Maskentragen ankurbelte. Um dann kleinlaut und kleingedruckt einzuräumen, dass deren Wirkung inzwischen allgemein und selbst von damaligen Befürwortern bezweifelt wird.

Aber auch nur ein maskierter Hauch von Selbstkritik? Niemals.

Selbst für eine Sommerloch-Ausgabe ist dann dieser Artikel schon starker Tobak:

Nichts gegen Tiere, aber: muss sich mit solchen Meldungen der Aufenthalt des SoZ-Redaktors Cyrill Pinto in Cherson amortisieren? Und hat er von dort aus, während er mit einer Hand einem Hund die Ohren kraulte, den Artikel über die Maskenvernichtung geschrieben?

Aber immerhin, das Urgestein Martin Suter löckt noch etwas gegen den Stachel und gegen die Einheitsmeinung, die von der «Süddeutschen» in die Tamedia-Organe schwappt, dass das, was Trump getan habe, dann im Fall noch viel schlimmer sei:

Wie der Skandal um den Präsidentensohn zuerst ignoriert, dann kleingeschrieben wurde und wird, kein weiteres Ruhmesblatt für den einseitigen Blasenjournalismus, auch bei der fremdbestimmten Tamedia.

Im «Fokus» (kaum ein Gefäss ist dermassen auf den Hund gekommen wie dieses) versprüht die SoZ nun etwas Sozialneid:

Da muss es doch der urbanen, grün-woken Leserschaft der SoZ glatt die vegane Butter vom Vollkornbiogipfeli blasen. Okay, der Mediensprecher von «Renovate Switzerland» sieht das vielleicht entspannter und würde sich nie vor einem Ferrari auf die Autobahn kleben. Vor allem, wenn er zuerst damit hingefahren ist.

Einsamer Lichtblick ist wie meist Peter Schneider:

Auch Rico Bandle zeigt keine Scheu vor der Gefährdung seines Arbeitsplatzes, indem er begründet und belegt nachweist, wieso jegliche Behauptung, die SVP sei noch weiter rechts als die AfD, ins Reich der Fantasie gehört, bzw. eine polemische Propagandalüge ist, ein typischer Fall von Fake News.

In der «Wirtschaft» geht’s aber gleich wieder ins Sommerloch:

Eine völlig zeitlose Geschichte, die man gestern, heute oder morgen bringen kann; Newswert null. Dass sich die EU um ein Verbot bemüht, ist ungefähr so spannend wie der Farbe an der Wand beim Trocknen zuzuschauen.

Auch das Sammelgefäss (um es nicht Abfalleimer zu nennen) «Leben & Kultur» wartet mit News auf, ohne die wir problemlos durch den Sonntag kommen:

Meiner Treu, Jeff Bezos von Amazon hat sich für teures Geld scheiden lassen und eine viel jüngere Geliebte. Dass er deswegen muskulöser und breitschultriger als auch schon rumläuft, so what, kann man nur sagen. Aber wenn man auch hier verzweifelt eine ganze Seite füllen muss, was man halt nicht nur mit einem Riesenfoto des neuen Schwarzenegger schafft …

Es bleibt dem Leser auch hier nichts erspart: «8 Tipps für Restaurants mit sommerlichem Flair und lauschigen Freisitzen». Schlimmer ist eigentlich nur, wenn Christian Seiler schnippelfreie Tipps für verantwortungslose vegane Mamis mit Kleinkind im Arm gibt.

Geht’s noch blöder? Immer:

DER Schauspieler Pine lief KÜRZLICH nicht irgendwo, sondern in Mailand BARFUSS. Wahnsinns-News. Ob er auch keine Unterhosen trug oder fluchte, als er in einen Hundehaufen trat, ist leider nicht übermittelt. Das sind die Berichte, die wir dringend brauchen, wenn wir uns beim Gähnen den Unterkiefer ausrenken wollen (he, das wäre mal ein Nutzwert-Artikel: «richtig gähnen, wir liefern die Anlässe und die Anleitung»).

Schliesslich noch «Warum manche Menschen ständig zu spät kommen». ZACKBUM hat da eine schlagende Theorie: weil sie beim Lesen der SoZ oder des Tagi weggeschnarcht sind.

Immerhin, die Auto-Seite präsentiert diesmal nicht einen 300’000-Franken-Sportwagen, sondern den Togg. Hä? Na, den «SUV Togg T10X, das erste türkische E-Auto». Immerhin merkt der Autor kritisch an: «Ob man aber bei uns ausgerechnet auf einen türkischen SUV wartet, sei mal dahingestellt.» Das muss er so säuseln, schliesslich füllt er eine Seite damit. ZACKBUM hingegen kann kurz und knapp die richtige Antwort geben: nein.

Der schönste Brüller kommt aber ganz am Schluss; Reisen. Da schimpft zunächst Chris Winteler über durchaus sinnvolle Bestandteile eines Hotelzimmers:

Wieso er zum Beispiel die Bügelvorrichtung weghaben will, erschliesst sich nicht. Entweder kann Winteler auf Spesen seine Kleidung waschen und bügeln lassen, oder er hatte noch nie einen Geschäftstermin, bei dem ein knitterfreier Anzug und ein gebügeltes Hemd durchaus minimale Höflichkeit und Achtung dem Gesprächspartner gegenüber ausdrücken.

Aber das ist noch nicht der Brüller, der kommt vorher (oder nachher, denn als Sparmassnahme wird Reisen ja auf der letzten Seite angeteasert und sollte wohl rückwärts gelesen werden). Die exotische Reiseempfehlung ist diesmal Island. Toller Ökotourismus. Der Flug dorthin dauert auch nur vier Stunden. Flug? Aber ja, das ist doch bekanntlich auch für Klimakleber kein Problem, die fliegen sogar nach Mexiko oder auf die Malediven. Da darf doch der SoZ-Leser wenigstens den Hüpfer nach Island machen. Dauert bloss vier Stunden, ein paar tausend Flugkilometer, das lässt die Gletscher auf Island doch sicher nicht schneller schmelzen.

Wir stellen die Gretchenfrage: Ist das Gebotene Fr. 6.40 wert? Sagen wir mal so: Am 6. Juli 1997 bekam man 104 Seiten für Fr. 2.80. Das war ein Seitenpreis von 2,7 Rappen. Der ist auf aktuell genau 10 Rappen hinaufgeschnellt, der Umfang auf 64 Seiten eingeschrumpft. Ist etwas mehr als die Hälfte den vierfachen Preis wert?

Das würde ja eine Verachtfachung der Qualität, des Inhalts, der komprimierten Fachkompetenz, des Nutzwerts, der Analysequalität bedeuten.

Auch da ist die Antwort einfach und klar: nein.

 

Dröhnende Stille

Die Medienreaktion auf Schawinskis Buch: wird nicht peinlich geschwiegen, wird peinlich geschrieben.

Roger Schawinski hat fulminant die Skandalgeschichte um eine verschmähte Frau aufgeschrieben. Wer sein Buch «Anuschka und Finn» liest, bekommt eindrücklich vor Augen geführt, wie banal, ärmlich und unappetitlich die ganze Story ist. Eine privilegierte Journalistin sieht das Ende ihrer Arbeitszeit kommen und will noch den einzigen Karrieresprung machen, der ihr möglich erscheint.

Sie will Chefredaktorin des «Magazin» werden, weil sie das Gefühl hat, sie könne das besser als der Amtsinhaber. Also macht sie zwei Dinge. Sie beschwert sich intern über ihn und bewirbt sich auf seine Stelle. Der erste Mobbing-Versuch schlägt fehl, ihre Bewerbung wird abgeschmettert. Daraufhin lässt sie über die Bande spielen, benützt das Beziehungsnetz ihres Mannes, um nochmals ihre Vorwürfe in den Verwaltungsrat von Tx einzubringen.

Zweite Untersuchung, noch gründlicher, gleiches Resultat. An ihren Vorwürfen gegen Finn Canonica ist (fast) nichts dran. Aber nun stellt der Untersuchungsbericht zu Recht fest, dass angesichts der Massivität ihrer Falschanschuldigungen ein weiteres gedeihliches Zusammenarbeiten nicht mehr möglich sei.

Also wird zunächst, unglaublich, der Chefredaktor entsorgt. Aber nach einem kurzen Moment des Triumphs und der Hoffnung, nun doch den Chefsessel besteigen zu dürfen, kommt die kalte Dusche: auch Anuschka Roshani wird gefeuert.

Sie wartet noch die Kündigungsfrist mit Nachzahlung ab, um dann öffentlich im «Spiegel» Rache zu nehmen. Wie peinlich für das Organ, bei dieser klaren Motivlage auf den Bericht reinzufallen und ihn zu publizieren. Noch peinlicher: inzwischen wurden dem ehemaligen Nachrichtenmagazin die weitere Publikation von neun Textstellen im Racheartikel von Roshani untersagt (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Noch peinlicher: bei der Gerichtsverhandlung konnte der «Spiegel» kein einziges der behaupteten «Dokumente» vorlegen, die Roshanis Darstellung stützen sollen. Auch an Zeugenaussagen – ausser Roshani, ihr Mann und eine wegen Fehlverhaltens entlassene Redaktorin ist da nix – mangelt es.

Geht’s noch peinlicher? Oh ja, wenn wir die Medienresonanz auf Schawinskis Buch anschauen. Die Prognose war nicht schwerer als nach der Publikation des Untersuchungsberichts über Uni-Studentinnen. Schweigen oder Verriss.

Tiefes Schweigen bei NZZ und «Blick». Einfach nichts, dabei wird sonst jeder Seufzer im Mediengefüge kolportiert. Aber ein Buch über den wohl grössten aktuellen Medienskandal der Schweiz – nichts. Wie alle Medien Roshani auf den Leim krochen, wie auch in der NZZ und beim «Blick» und anderswo («alles noch viel schlimmer») Zeugenaussagen erfunden wurden, Canonica zum wahren Monster aufgeblasen wurde, jede Behauptung gegen ihn für bare Münze genommen wurde – ein Skandal im Skandal.

Aber Selbstkritik war noch nie die starke Seite der Medien.

Noch schlimmer als das Schweigen der Belämmerten sind die Wortmeldungen. Sie sind überschaubar. Die «SonntagsZeitung» titelt:

Früher hätte man dem Autor oder dem Produzenten einen solchen Titel um die Ohren gehauen und gesagt, dass es vielleicht noch gut wäre, auf den Kern des Buchs einzugehen, nicht auf einen Nebenaspekt. Aber auch das ist noch nicht der Gipfel der Peinlichkeit.

Der besteht darin, dass eigentlich der Autor des Verrisses zusammen mit Michèle Binswanger ein Interview mit Schawinski eingeplant hatte. Nur: das durfte auf Weisung von ganz oben dann nicht erscheinen. So viel zur Unabhängigkeit der Redaktion. Der arme Arthur Rutishauser. Nicht nur degradiert zum SoZ-Chefredaktor; nicht mal hier darf er ungeniert schalten und walten.

Stattdessen verwendet Rico Bandle eine kurze Einleitung auf den Inhalt des Buchs, um dann den ganzen, langen Rest seines Artikels dem Nebenaspekt zu widmen, dass Schawinski beschreibt, wie er sich unglücklich im Verlag des Ehemanns von Roshani engagierte. Was eigentlich nur eine Fussnote im Recherchierstück ist.

Wenn man richtig bösartig sein wollte, und will man das nicht, kann man hinter dem Titel auch eine Spur Antisemitismus vermuten; geht es hier einem Juden wieder mal nur ums Geld?

Auch CH Media bekleckert sich nicht gerade mit Ruhm und Ehre. Hier ergreift Christian Mensch das Wort: «Lohnt sich die Lektüre?» Er beginnt mit einem Lob: «Roger Schawinski, der nächsten Monat seinen 78. Geburtstag feiert, hat es noch drauf.» Um es dann zu vergiften: «Bei so viel Reflex bleibt die Reflexion leicht auf der Strecke … voyeuristisch durchaus interessant … Möchte man Schawinski ehren, ist «Anuschka und Finn» das helvetische Gegenstück zu «Noch wach?», dem aktuellen Schlüsselroman von Benjamin von Stuckrad-Barre».

Das ist nun der Gipfel der Abgefeimtheit. Schawinskis Werk mit dem Schundroman eines eitlen PR-Genies in eigener Sache zu vergleichen, der selbstverliebt aus dem Nähkästchen plaudert und seine Zeit als Mietschreiber für Springer Revue passieren lässt, das ist unerträglich.

Dann wirft Mensch Schawinski doch tatsächlich vor, dass der im kleinen Schweizer Medienzirkus mit allen Protagonisten per du sei, schlimmer noch: «Zu einer ebenso kritischen Haltung gegenüber Canonica, der Tamedia sowie zu ihrem Verleger Supino kann sich Schawinski nicht durchringen. Verständlich, hat der Zürcher Medienkonzern doch 2001 für 80 Millionen Franken seine Radio- und TV-Sender gekauft.»

Beisshemmung wegen einer über 20 Jahre zurückliegenden Transaktion? Schwacher Angriff, ganz schwacher Angriff. Und noch ein letzter Tritt ans Schienbein: «Den Applaus dafür hat sich der Autor vorab gesichert. Auf dem Klappentext heisst es, das Buch sei ein «Thriller».»

Müsste man einen Klappentext für diese Beckmesserei schreiben, würde der lauten: neidvoller Konzernjournalismus, offenbar hat CH Media nicht verdaut, dass ihre eigene Schmierenberichterstattung über den Roshani-Skandal von Tamedia mit einer erfolgreichen Verfügung beantwortet wurde, dass CH Media sich öffentlich für Fehlberichterstattung über Tx-Boss Supino entschuldigen musste.

In der «Süddeutschen Zeitung» meldet sich deren Schweizer Korrespondentin Isabell Pfaff zu Wort. Sie zitiert zunächst das Landgericht Hamburg: «Laut dem Beschluss, der der SZ vorliegt, darf der Spiegel neun Passagen nicht länger verbreiten.»

Dann hebt auch Pfaff von der Realität ab: «Im Fall Magazin hat Schawinski schon früh Position bezogen.» Wie das? Er habe Auszüge aus dem internen Untersuchungsbericht veröffentlicht. Wie schon zuvor Tamedia selbst, und was soll daran ein Positionsbezug sein? Dann zitiert sie Schawinskis Schlussfolgerung, dass Roshani um jeden Preis die Stelle von Canonica wollte. Um fortzufahren:  «An dieser Stelle muss man festhalten, dass sich die Wahrheit über das, was sich zwischen Roshani und Canonica abgespielt hat, vermutlich durch keinen Untersuchungsbericht, kein Gerichtsverfahren und keinen Zeitungsartikel aufdecken lassen wird.» Aber zumindest lässt sich wohl doch Wahrheit darüber herstellen, was an Roshanis Behauptungen wahr und was unwahr ist; darum geht es nämlich im Buch.

Zurück zu ihm, bekommt Schawinski nun sein Fett ab: «Der Tonfall von Schawinskis Buch wiederum kippt an vielen Stellen ins Frauenfeindliche und in pauschale Medienschelte.» Ins Frauenfeindliche? Unglaublich, dass auch in der SZ das Narrativ durchgeht, dass jede Kritik an weiblichem Verhalten gleich frauenfeindlich sei.

So kritisch sie sich mit ihm auseinandersetzt, so unkritisch gibt Pfaff dann ihren Primeur weiter; es ist ihr gelungen, Roshani am Telefon ein paar Worte zu entlocken: «„Ich habe Canonica in meinem Text nie mit Weinstein gleichgesetzt“, sagt sie». Was natürlich nicht stimmt, in der Einleitung ihrer «Spiegel»-Schmähschrift tut sie genau das. Genauso unkritisch lässt Pfaff die unverschämte Darstellung von Roshani stehen, ihr Versuch, Canonica aus dem Chefsessel zu kippen, «ihre Initiativbewerbung 2020 auf die Position der Chefin beim Magazin» sei «eine Art „Vorwärtsstrategie“ gewesen». Dass diese «Vorwärtsstrategie» von massivem Mobbing seitens Roshani begleitet wurde, kein Wort drüber.

Dann darf Roshani noch sagen: «Mit Schawinski habe sie nicht über den Fall sprechen wollen, weil sie sich von ihm in mehreren Radiosendungen nach Erscheinen des Spiegel-Artikels vorverurteilt fühlte». Sie wählt für ihre Aussagen lieber Pfaff, weil sie zu Recht von der keine kritischen Nachfragen befürchten muss.

Zusammenfassung: Die Medienreaktion auf Schawinskis Buch ist genauso ausgefallen, wie hier prognostiziert wurde. Entweder eisiges Schweigen – oder aber mehr oder minder bösartige Verrisse.

Wobei das dröhnende Schweigen zum eigenen Fehlverhalten, die völlige Unfähigkeit zur Selbstkritik, ja zur Selbstreflexion, an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.

Eigentlich wäre eine Fortsetzung angezeigt. Denn das, was Roshani und «Spiegel» – mitsamt der «Zeit» –vorgelegt haben, wird von der Berichterstattung in den übrigen Medien an Unfähigkeit und mangelnder Professionalität in den Schatten gestellt.