Schlagwortarchiv für: SonntagsBlick

SoBli: Neuer Chefredaktor …

Reza Rafi schafft Transparenz im Hause Ringier.

Nein, das ist natürlich ein Scherz. Wieso genau wurde Rafis Vorgesetzter Christian Dorer in den sechsmonatigen Ruhestand versetzt? Wieso genau hat sich Rafis direkter Vorgesetzter Gieri Cavelty «entschieden, das Unternehmen zu verlassen»*? Wodurch qualifiziert er selbst sich als neuer SoBli-Chefredaktor? Da gibt’s grosse Sendepause.

Aber man ist gespannt, wie sich der frischgebackene Häuptling mit ganz, ganz wenig Indianern so metzget. Schauen wir mal auf sein erstes längeres Stück in seiner neuen Funktion:

Also das Titelzitat entspricht eigentlich nicht der neuen Sensibilität im Hause Ringier. Sehr gewagt, Rafi. Aber während andere ohne grosse Mühe den Untersuchungsbericht gelesen haben, musste sich der SoBli-Chef «durchkämpfen». Leseschwäche?

Die Vorwürfe der gefeuerten «Magazin»-Journalistin Anuschka Roshani (für Rafi allerdings vornehm zurückhaltend «die ehemalige») seien «zeitgeisty», lässt Rafi seine Englischkenntnisse aufblitzen. Weil er das Wort auf Deutsch nicht kennt?

Dann arbeitet sich Rafi an Schawinski ab. Zwar «Altmeister», aber dann «das Wort Ich kommt auf den 172 Seiten schwindelerregende 377-mal vor», hat Rafi gezählt. Schawinski habe auch – unglaublich – kräftig für sein Buch geweibelt, um dann beim Journalisten und «Schawinski-Gefolgsmann» Matthias Ackeret sich gerührt vom «grossen Interesse» zeigen zu können.

Dann plaudert Rafi etwas aus dem Nähkästchen: «Die Absage des SonntagsBlicks kam bei ihm schlecht an.» Die NZZaS, weiss der SoBli-Chef, habe eine Buchbesprechung «wieder aus dem Blatt gekippt», die SoZ habe ein Interview «wieder aus dem Programm gestrichen», schreibt er ZACKBUM ab. Wieso zogen eigentlich diese drei Sonntagsblätter den Schwanz ein? Insbesondere der SoBli? Wäre doch Gelegenheit für Transparenz.

Rafi gibt einen merkwürdigen Grund an: «Allzu eindeutige Schwarz-Weiss-Antworten lösen Skepsis aus.» Ausgerechnet der Chef eines Blatts, das prinzipiell für Schwarz-Weiss-Antworten zuständig ist, auch in seinem anfänglichen Applaus für Roshani?

Aber was ergab denn nun der Kampf von Rafi mit dem Untersuchungsbericht? Er muss einräumen: «Nimmt man das 244 Seiten dicke Dokument zum Gradmesser, sieht es nicht rosig aus für Roshani. Die Autoren gingen mehr als 30 Vorwürfen gegen den ehemaligen «Magazin»-Leiter nach. Für die Mehrheit der Anschuldigungen fanden die Ermittler keine Beweise, mehr noch: Bei manchen hätten die Abklärungen «zu ganz anderen Ergebnissen» geführt.

Aber, im Kampf gegen Schwarz-Weiss: ein Vorwurf Canonicas gegen Roshani habe sich auch nicht erhärten lassen, dann die wohlbekannte Hakenkreuze natürlich, sowie Canonicas Wortwahl. Hier wird Rafi eher grenzwertig. So wurde der Ausdruck «Fuck Anushka» im Bericht kritisiert, ausdrücklich aber klargestellt, dass Canonica keinesfalls wie von Roshani behauptet ständig das Wort «ficken» verwendet habe, sondern gelegentlich das englische «fuck», aber nicht etwa im sexuellen Sinn, sondern als übliches Schimpfwort. Was der «zeitgeisty»-Rafi eigentlich wissen müsste, hätte er sich richtig durchgekämpft, aber dem Leser vorenthält.

Also muss Rafi einräumen, dass der Bericht, wie nicht nur von Schawinski bereits konstatiert, fast alle Behauptungen und Vorwürfe von Roshani zurückweist. Mit mehr oder minder starken Worten. Würde Rafi das aber so stehenlassen, könnte er ja seinen Thesenjournalismus nicht durchziehen.

Da hätten wir von ZACKBUM nur zwei Fragen: wieso gibt es eigentlich keinen internen Untersuchungsbericht bei Ringier, und wenn doch, wann wird uns Rafi seine Resultate präsentieren? Stichworte Walder, Dorer, weitere unmotivierte Abgänge?

Zweite Frage: wann lesen wir von Rafi eine Zusammenfassung der Ungeheuerlichkeiten, die «#hateleaks» ans Tageslicht befördert hat? Verein Netzcourage, unterstützt mit Steuergeldern, kämpft gegen Hetze im Internet, hetzt aber selbst wie der Weltmeister, knackt sogar den Mail-Account der eigenen Präsidentin. Wär› doch was, Herr Chefredaktor.

Ach, wir verstehen, Sie wollen den Posten gerne ein Weilchen behalten. Alles klar. Aber noch eine handwerkliche Frage, denn auch da stinkt der Fisch bekanntlich vom Kopf.

Ausgangslage: Chefredaktor Rafi bekommt einen Text vorgelegt. Der gibt den Inhalt des Untersuchungsberichts über die Vorwürfe von Roshani wieder. Ergebnis: eigentlich alle Anschuldigungen und Behauptungen über ihren ehemaligen Chefredaktor und den Verlag Tamedia haben sich als haltlos erwiesen. Dem Chefredaktor wird ein Führungscoaching und eine sensiblere Wortwahl nahegelegt. Bei Roshani ist das Ergebnis, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit mit ihr kaum mehr vorstellbar sei. Darüber schreibt Roger Schawinski ein Buch, das diese Inhalte zusammenfasst und vor allem auch das Versagen der Medien nach dem öffentlichen Rufmord Roshanis thematisiert.

Als Titel schlägt der Redaktor (generisches Maskulin) vor: «Fuck Anuschka» ist zukünftig zu unterlassen. Was würde Rafi dazu sagen? Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: handelte es sich um eine Redaktorin, würde er «super, so machen wir das» sagen. Wäre es ein Redaktor, würde Rafi den grossen, roten Chefkuli zücken und den Titel mehrfach durchstreichen. Mit der Bemerkung: schon mal davon gehört, dass ein Titel etwas mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben sollte?

*In einer früheren Version stand, Cavelty sei abserviert worden. Auf seine Bitte hin wurde das korrigiert.

 

 

 

Eine Frau sieht rot

Das grosse Aufräumen in der glücklichen «Blick»-Familie.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. «Blick» und «SonntagsBlick» sind die einzigen beiden Schwesterorgane in der Schweizer Medienlandschaft, die beide 10 Prozent ihrer Leser verloren haben. Das ist weder den Markumständen, noch der Pandemie, noch dem unerforschlichen Ratschlag der Götter geschuldet.

Sondern das Ergebnis einer zum Scheitern verurteilten Strategie einer überforderten Quotenfrau. Ladina Heimgartner meinte, mit dem Wort «Resilienz» plus einigen kampffeministischen Versatzstücken durchzukommen. Dem «Blick» wurde ein völlig verunglücktes Redesign verpasst (neu mit Regenrohr im Logo, das aus Klötzchen zusammengesetzt ist). Schlimmer noch war, dass das Boulevard-Medium kastriert wurde. «Blut, Busen, Büsis», von diesem alten Erfolgsrezept überlebten knapp die Büsis.

Inzwischen berichtet sogar der Tagi boulevardesker als der «Blick», der seinerseits seine Leser mit Gutmenschen-Attitüde, nachgewiesener Staatsnähe und willfährigem Nachplappern der offiziellen Corona-Politik quält.

Da liegt also strukturell einiges im Argen; es bräuchte dringend eine Neujustierung der Strategie, um den dramatische Leser- und Bedeutungsschwund zu stoppen. Im Verlag des Mitbesitzers Springer zeigt das die «Bild»-Zeitung exemplarisch, man müsste nur das Know-how dort abholen und auf Schweizer Gepflogenheiten anpassen. Aber das würde ja strategisches Denken und andere Fähigkeiten voraussetzen, über die Heimgartner nicht verfügt.

Aber sie weiss, wie man versuchen kann, vom eigenen Versagen abzulenken. Also köpfte sie aus heiterem Himmel den Oberchefredaktor Christian Dorer – aus nichtigem Anlass. Denn dessen Vorliebe für eine gewisse Schicht Mitarbeiter war schon seit seinen Zeiten bei CH Media bekannt – und gab niemals Anlass zu Beschwerden, denn er achtete bei seinen Annäherungen immer sorgfältig darauf, seine Machtposition als Vorgesetzter nicht auszunützen.

Er konnte noch nicht einmal als Sündenbock hinhalten, denn er sorgte für eine reibungslose und skandalfreie Umsetzung einer falschen Strategie. Das tat auch Gieri Cavelty in unverbrüchlicher Loyalität zu den linksgrünen Vorlieben im Hause. Er führte den SoBli mit einer Rumpfmannschaft und schwindenden Ressourcen skandalfrei und erlaubte dem Recherchegenie Fabian Eberhard, einen Flop nach dem anderen zu landen, bei dem die Gesinnung stimmte, wenn auch sonst nicht viel. Da Heimgartner anhaltend unfähig ist, neue Strategien zu entwickeln, geht das Köpfen halt weiter.

Nun darf Reza Rafi ans Gerät. Der hingegen ist einschlägig bekannt als Meinungsbüttel, der wunschgemäss Denunziatorisches abliefert, Duftmarke: «Nationalräte der SVP überbieten sich gegenseitig mit Trychler-Huldigungen. Der grösste Fan ist und bleibt indes Finanzminister Ueli Maurer.»

Von ihm kann man mit Fug und Recht eine grosse Flexibilität erwarten, was seine Meinung betrifft. Allerdings ist auch Rafi noch nie in seiner Funktion als Stellvertreter durch einen gestalterischen Muskel aufgefallen. Er ist einfach der nächste Verwalter des Elends. Bis es einen weiteren Kopf braucht, der fallen muss, damit weiter oben nichts fällt.

Der Sonntag als Panoptikum

Ach, es ist ein Graus, wenn man samstags wissen sollte, was sonntags passiert …

Die NZZaS schmeisst ihre Front-Aufmachung mit Anrissen oben über Bord, riskiert stattdessen einen scharfen Titel – und verschwendet viel wertvollen Platz mit einer drittklassigen Illustration mit einer visuellen Hammeridee.

Dabei könnte man doch diese Nonsens-Idee des NZZaS-Kriegsexperten Markus Bernath auch auf die CS anwenden:

Man fragt sich wieder einmal, wie verzweifelt eine Redaktion sein muss, um auf die ewige Frage: «und was machen wir zur Ukraine», zu dieser selten dämlichen Antwort zu kommen.

Für den definitiven Blick in die Zukunft hat sich die «SonntagsZeitung» Samstagnacht entschieden:

Gut, die Aussage kann man wohl riskieren, so wie’s am Sonntag aussah. Aber «die Fusion des Jahrhunderts»? Echt jetzt? Die noch geradeaus laufende Schweizer Grossbank UBS kriegt die abgewirtschaftete, von einem selten unfähigen Management an die Wand gefahrene CS aufs Auge gedrückt und bedingt sich dafür Milliardengarantien des Staates aus – denn wer weiss denn, wie viele Leichen noch im Keller der CS schlummern – das soll eine Jahrhundertfusion sein?

Nein, das ist wenn schon ein Jahrzehnteskandal, eine unglaubliche Schweinerei. Die vor allem darin besteht, dass alle Schuldigen, von Urs Rohner abwärts, völlig ungeschoren und haftungsfrei davonkommen werden. Multimillionen kassiert, Multimilliarden an Boni ausgeschüttet, von Skandal zu Skandal, von Busse zu Busse, von Schadenersatz zu Schadenersatz gewankt, ohne Strategie, ohne Perspektive, ohne Plan, ohne nix. Und dann dürfen andere die Scherben zusammenlesen.

Eher bedeckt hält sich der «SonntagsBlick»:

«Müssen antraben», das ist die alte Boulevard-Formel, wenn man eigentlich nichts Genaues weiss, aber so tun will, als könne man unter dem Konferenztisch sitzen und Mäuschen spielen.

Aber natürlich lässt sich auch ZACKBUM nicht weiter auf die Äste raus; als dieser Artikel von der Chefredaktion abgenickt wurde, nach dem Korrektorat in die Produktion ging und schliesslich vom Webmaster online gestellt wurde, wusste man auch noch nichts Genaueres.

Aber es ist ZACKBUM gelungen, weltexklusiv einen kurzen Ausschnitt der Verhandlungen abzuhören. Wir hoffen, uns damit keinem Amtsgeheimnisverrat schuldig zu machen. Wir konnten die meisten Stimmen identifizieren

Alain Berset: «Je ne comprend rien. Soll isch nun mein Schwarzgeld bei der CS abziehen oder nischt? Nein, kleine Scherz, n’est pas.»

Axel Lehmann: «Wenn der nochmal was fragt, dann flippe ich aber völlig aus.»

Ulrich Körner: «Denk an deinen Blutdruck, steht eigentlich ein Notfallarzt bereit

Karin Keller-Sutter: «Dass so ein Scheiss ausgerechnet jetzt passieren muss, wo ich mich doch noch einarbeite.»

Thomas Jordan: «Ich schlage vor, dass man die Sache dem Fachmann überlässt, also mir. Wenn mir nicht ständig reingequatscht wird, habe ich in einer Stunden einen ersten Vertragsentwurf.»

Berset: «Je ne comprend …»

Alle übrigen Stimmen im Chor: «Schnauze, tais-toi, der soll sich doch mit der Ukraine beschäftigen …»

Hier bricht die im Übrigen erfundene Aufzeichnung ab.

Volle Härte im neuen Jahr

Am 31. ein Blatt für den 1. machen. Arme Leser …

Zugegeben, das ist die volle Härte. Am 31. 12., dazu noch ein Samstag, ein Sonntagsblatt machen. Da gibt es drei Möglichkeiten.

Ein Wunder passiert und ein Riesenkracher kann beschrieben werden. Ein Wunder passiert und die B-Mannschaft am Gerät wächst intellektuell und schreiberisch über sich hin aus. Kein Wunder passiert und der Leser leidet.

Es ist kein Wunder passiert:

Allerdings muss man zu dieser Schlagzeile sagen: Die Kompetenz der Blattmacher schrumpft viel schneller als bei vergleichbaren Produkten.

Geht da noch einer unten drunter? Das schafft nur ein Blatt, das hier seinen kurzen Auftritt hat:

Diese Initiative ist die Ergänzung zur Europa-Initiative, die auch noch nicht lanciert wurde. Von der Co-Präsidentin Sanija Ameti (hier zur «Chefin» mutiert), die ungern irgend ein Fettnäpfchen auslässt, an Bedeutung kaum zu unterschätzen ist und sich nicht einmal entscheiden kann, ob sie Muslima ist oder Atheistin. Oder vielleicht kennt sie auch diesen Unterschied nicht.

SoBli-Chefredaktor Gieri Cavelty kennt auch nichts und faselt: «Wenn die Organisation Operation Libero jetzt eine Volksinitiative zur Einführung einer weniger restriktiven Einbürgerungspraxis ankündigt, entspricht dies zeitgemässem republikanischem und demokratischem Denken.»

Wollen wir eine Prognose wagen, was mit dieser Initiative an der Urne passieren wird, sollte sie tatsächlich gestartet werden? Denn «Operation Libero» hat noch überhaupt nix «lanciert», sondern bettelt auf ihrer Webseite:

ZACKBUM ist verwirrt. Ist das nun die verkleidete «Einbügerungsinitiative»? Oder eine andere? Oder wohl oder nicht oder doch? Ist auch egal, denn die Antwort auf die Frage, was mit solchen Initiativen passiert, sollten sie es überhaupt an die Urne schaffen, beantwortet die «Chefin» gerne selbst, denn sie lässt nun wirklich kein Fettnäpfchen aus, so dass man sie (natürlich nur politisch) keinesfalls schöntrinken kann. Eine Initiantin, die den folgenden Satz sagt, liefert den Gegnern ihrer «Lancierung» ein Argument auf dem Silbertablett:

«Es ist eine Schande, wie man sich hinter dem Begriff Neutralität versteckt.»

Und tschüss.

Geht’s noch tiefer? Schwierig, wirklich sehr schwierig, aber Frank A. Meyer meldet sich auch noch zu Wort. Wir zählen auf kräftige Spenden, weil wir das dem Leser ersparen.

Noch ein letzter (ernstgemeinter) Beitrag aus den tiefen Niederungen des Verzweiflungs-Journalismus, der sich nur mit frühzeitiger Alkoholzufuhr am Samstagabend erklären lässt:

«Die Muskeln wachsen, aber die Hoden schrumpfen.» Man fragt sich allerdings, was für Zeugs die SoBli-Redaktion eingenommen hat, damit das Hirn schrumpft, aber vielleicht die Hoden wachsen.

Ein zu harsches Urteil? Nein, wer als Boulevardblatt aus diesem Todesfall eine Furz-News macht, ist nicht mehr zu retten:

Wir suchen (vergeblich) Trost bei der «SonntagsZeitung», die auf einer halben Seite zeigt, wie man eine Infografik nicht machen sollte:

Gibt einem Primarschüler Buntstifte in die Hand, und er macht’s besser.

Diese Schlagzeile hingegen muss dem harten Kern der «Atomkraft – nein danke»-Fraktion bei Tamedia ganz übel aufgestossen sein:

Da half dann höchstens noch schöntrinken.

Aber ein Jahresanfang ist immer die Gelegenheit für eine klare Prognose, sagte sich das C-Team von der SoZ. Was interessiert den Leser? Genau, wie sehen denn so die Aussichten für die Wirtschaft aus? Wenn alle in den Ferien sind, muss man dafür leider auf eine C-Wissenschaftlerin zurückgreifen. Die wagt sich dann mit einer knallharten Vorhersage aus der Deckung:

Es ist aber genauso gut möglich, dass wir das nicht tun. Denn nichts ist unmöglich, oder so.

Auch nur mit frühem und überreichlichem Alkoholkonsum lässt sich diese Schlagzeile erklären:

Während der «Spiegel» zur Ehrenrettung von Karl Marx schreitet, lässt die SoZ die Wirtschaftstheoretiker aus dem hohen Norden endlich das Werk der Widerlegung verrichten.

Was fehlt noch in der Misere? Prognose hatten wir, Flachsinn hatten wir auch, genau, wir hatten noch keinen Trend. Voilà:

Aber in Wirklichkeit ist die «neue Unverbindlichkeit» nur die alte Unzuverlässigkeit, Unhöflichkeit und Wurstigkeit, die schon immer einen nicht zu kleinen Prozentsatz der Menschheit unerträglich macht.

Nun fehlt eigentlich nur noch eine Spur Schleichwerbung gewürzt mit Geschmacklosigkeit. Bitte sehr:

Ist das nicht putzig, wenn der Tourist pro Tag 80 Franken ausgeben kann? Aber da Bangladesch nicht gerade ein touristischer Hotspot ist, «empfiehlt sich eine organisierte Privat- oder Gruppenreise, zum Beispiel mit dem Zürcher Spezialreiseanbieter Insight Reisen». He, ist das nicht verdeckte Werbung? I wo, was heisst da verdeckt: «Die Reise wurde unterstützt von Insight Reisen». Was aber die unbestechliche Redaktion der SoZ niemals davon abgehalten hätte, eine solche Reise nach Bangladesch echt scheisse zu finden und das auch in einem Artikel kritisch darzustellen.

Geht da noch einer drunter? Aber immer; zur Pensionierung des Reisejournalisten Christoph Ammann spendiert die SoZ ihm eine Jubelseite. Das hat der erblindete Redaktor durchaus verdient. Der Leser eher weniger.

Himmel hilf. Oder vielleicht die «NZZamSonntag»? Leider nein:

Wie wär’s zur Versöhnung für den stolzen Preis von Fr. 7.10 mit einem Feuerwerk an spannenden und gut geschriebenen Storys auf hohem intellektuellen Niveau? Wär› doch was, aber vielleicht doch erst 2024.

 

Sonntags-Blues

Spass und Tollerei am Wochenende? Denkste.

Wir dachten, zur Abwechslung verpassen wir uns und unseren Lesern ein Wechselbad. Also NZZaS und «SonntagsBlick» als Gegenpole.

Aber oh Schreck, die NZZaS beginnt auch nicht viel besser als der SoBli. Nämlich mit dieser Schlagzeile:

Der unrasierte Herr rechts ist übrigens so ein Tschütteler, der sich wie Michael Jackson selig in den Schritt gefasst hat, was anscheinend die Serben nicht lustig finden. Ob das ein Grund ist, ihn von hinten (da fehlt dann sozusagen das Corpus Delicti) auf die Front zu hieven?

Aber von noch bescheidenerem Niveau ist der Aufmacher links. Dass das – nun ja – der FDP nicht feindlich gegenüberstehende Blatt den schwachen FDP-Aussenminister verteidigen will, verständlich. Aber drei Fachkräfte aus der Redaktion braucht es, um nicht in dröhnendes Gelächter auszubrechen, wenn der Urheber dieses Ersatzversuchs genannt wird: «SP-Aussenpolitiker Fabian Molina bläst vier Tage vor der Bundesratswahl zum Angriff auf die FDP», bangt und zagt die NZZaS.

Molina wage sich mit dem «Plazet der Parteileitung aus der Deckung», diesen Schluss lägen «Recherchen» nahe. Im Kaffeesatz? Oder hat die NZZaS etwa eine Wanze im Sitzungszimmer der Genossen platziert? Aber abgesehen davon, mal unter Erwachsenen: Wenn Molina, der Fan des Schwarzen Blocks und die ewige «ich fordere hier sofort»-Tröte etwas sagt, dann weiss man doch, dass ein Sack Reis in China, der umfällt, mehr Auswirkungen auf die Bundesratswahlen hat.

Ganz oben auf der Front wird’s allerdings schön bunt, tendenziell ausländerfeindlich und schrecklich:

«Brotlose Paradedisziplin Germanistik»? Das wüssten wir aber, da wir diese einzig wahre Wissenschaft studiert haben und in unserem Leben durchaus dem einen oder anderen Brotkanten begegneten. Dass dort die Studenten fehlen, nun ja, dass korrektes Deutsch, die Kenntnis einiger Schriftsteller und eine Ahnung von Stil aussterbende Kompetenzen sind, das merkt man auch ausserhalb der Germanistik. Dazu reicht es, jede beliebige Zeitung aufzuschlagen oder auch nur einen Artikel von Nora Zukker zu lesen.

Wobei auch Bettina Schulz aus London, die Brexit-Untergangssirene, mal wieder Schreckliches aus good ol› England zu vermelden hat. Da fragte doch eine Hofdame ein paar Mal nach, woher eine Teilnehmerin an einem royalen Empfang stamme, damit sie die allenfalls korrekt Mitgliedern der königlichen Familie vorstellen könnte.

Eine dunkelhäutige Trägerin von Dreadlocks (soweit politisch korrekt) gab spitz an, dass sie die Vertreterin einer Londoner Hilfsorganisation sei. Das reicht der Hofdame verständlicherweise nicht, und erst nach mehrfachem Nachfragen rückt die Schwarze damit heraus, dass sie ursprünglich aus Barbados sei. Soweit, so banal. Aber natürlich fühlt sich die Dreadlocks-Trägerin «verletzt» und twittert das auch. Dann kommt, was kommen musste. Geschrei, Entschuldigungen, die Hofdame tritt nach 60 Jahren im Amt zurück. Auch ein Ereignis, mit dem ein umfallender Reissack in China durchaus bedeutungsmässig mithalten kann.

ZACKBUM gesteht, nie hätten wir das erwartet: der SoBli verspricht zumindest auf der Front mehr:

Schneekanone, nette Fotomontage des Rennzwergs gegen den abgehalfterten Super-Ronaldo, eine fiese Attacke gegen die SP-Bundesratskandidatin Eva Herzog, und nur anschliessend riecht es etwas nach alten Socken mit der sich ewig über Rassismus beklagenden SRF-Quotenfrau Angélique Beldner und dem ewigen Anfängerthema «Unterwegs mit einem Blindenhund».

Auf Seite zwei geht’s dann aber niveaumässig in den Keller. Richtig geraten, Chefredaktor Gieri Cavelty ordnet in einem «Editorial» mal wieder die Welt als Wille und Wahn. Auch er muss sich an «30 Jahre EWR-Nein» abarbeiten. Natürlich findet er das auch heute noch ziemlich scheisse. Das muss er auch, denn ohne Blocher-Beschimpfung (natürlich gegen Papa und Tochter, die beide im Gegensatz zu Cavelty sowohl politisch wie unternehmerisch erfolgreich unterwegs sind) geht’s nicht. Sonst würde aus dem fernen Berlin der Blitz herniederfahren und Cavelty würde dem RAV anheim fallen.

Das will er verhindern, indem er sich am Schluss zu einem kühnen Vergleich ermannt: «Der Schweiz bleibt nur noch eine Wahl, die keine ist.» Hä? Nein, nicht grübeln, das ist halt Cavelty. Welche bleibt ihr denn nicht? «Möchte sie mit «fremden Richtern» kooperieren oder mit fremden Henkern?» Hä? Wer damit gemeint ist, kann man aus der Fussnote erahnen: «Unsere Berichterstattung zu China finden Sie auf den Seiten …»

Wir versuchen vergeblich zu verstehen. Die Schweiz hat eine Wahl, die keine ist. Also keine Wahl. Oder doch die Wahl zwischen Richtern oder Henkern. Richter ist die EU, Henker China. Wir hätten da einen Schweizer Kompromissvorschlag: wieso kooperiert die Schweiz nicht wahllos mit richtenden Henkern oder henkenden Richtern?

Anschliessend kommt ein Beitrag zum Thema «so genau wollten wir das gar nicht wissen». Aber wenn man wenig Platz hat, noch weniger Ideen, ihn aber dennoch füllen muss, dann kommt so eine Seite heraus:

Immerhin schön bunt.

Doch vom Blatt der Richter und Henker zurück zum Blatt der Dichter und Denker. Dort weiss Nachwuchs-Journalist Fabian Kretschmer aus Peking wieder etwas ganz genau:

Bange Frage: ob Xi das auch weiss? Noch bangere Frage: wird Xi das freiwillig tun, oder muss Kretschmer ihn dazu zwingen?

Ein ganz anderes Schicksal hat Markus Bernath zu schultern. 18 Jahre lang schrieb er für den Wiener «Standard», seit 2018 sitzt er am Futtertrog der NZZaS. Obwohl bei ihm harte Fränkli im Kässeli klingeln und er leiwand in Wien lebt, hat er’s nicht leicht. Denn er leidet und jammert. Muss man sich mal vorstellen, welche Härten dieser Mann durchstehen muss:

«Ich schlafe mit Schal und in Skiunterwäsche … Wir heizen nur noch zweimal am Tag – morgens eine Stunde zum Frühstück, bis die Kinder fertig für die Schule sind, abends eineinhalb Stunden zum Nachtessen. Eine warme Wohnung ist Luxus geworden.»

ZACKBUM bittet seine Leser inständig, das von der NZZaS sicherlich demnächst eingerichtete Spendenkonto «Schenkt Wärme für Bernath» in weihnachtlicher Stimmung zu berücksichtigen. Aber immerhin, für eine Bestellung bei Amazon hat’s noch knapp gereicht.

«Eine ukrainische Fahne steckte im Päckchen, blau-gelb, eineinhalb Meter breit. … Ich werde sie aus dem Fenster im Wohnzimmer hängen, damit ich weiss, warum ich in dieser Wohnung fröstle.»

Man kann nur hoffen, dass Bernath das Fenster wieder schliesst, nachdem er sein Wissen, wieso er fröstle, aus dem Fenster gehängt hat. ZACKBUM als Schiedsrichter sagt: SoBli-Cavelty gegen NZZaS-Bernath: eins zu eins.

ZACKBUM fügt hinzu: Wir wussten gar nicht, dass das Haus NZZ seine Redakteure so lausig entlöhnt. Hoffentlich sorgt der 13. bei Bernaths für beheizte Weihnachten. Sonst könnte vielleicht der Weihnachtsbaum, kleingehackt …

Dass es auch Menschen mit echten Problemen auf der Welt gibt, illustriert die NZZaS dann gleich auf der nächsten Seite:

ZACKBUM spielt leise mit dem Gedanken, ob die Einführung der Scharia im Journalismus etwas nützen würde; also zum Beispiel zehn Schläge auf die nackten Fusssohlen bei unterirdischen Artikeln. Aber als Gegner jeder körperliche Züchtigung …

Wobei, auf der Seite «Meinungen» schreiben Aline Wanner und Patrick Imhasly. Der beweist wieder einmal einen alten Satz von Karl Kraus: keinen Gedanken haben und den nicht ausdrücken können, das macht den Journalisten aus. Duftmarke: «Weihnachten steht an, und wenn man durch die Innenstädte schlendert, spürt man, wie die Konsumlust …» Man fragt sich, wie oft dieser Satz in der stolzen und langen Geschichte der NZZ bereits rezykliert wurde. Nein, man will sich lieber nicht fragen. Und der Gedanke an Scharia keimt wieder auf …

Ach, hier noch ein Artikel zum Nachdenken für Bernath:

Nun sind wir gespannt, ob der SoBli noch etwas Tiefergelegtes nachlegen kann. Er kann:

Offensichtlich hat das Haus Ringier etwas gegen diese SP-Bundesratskandidatin. Ob man die Niederlage mit dem Basler «Blick» noch nicht verdaut hat? Man weiss es nicht. Aber man weiss: wenn die «Blick»-Koryphäe Reza Rafi mit der «bajour»-Koryphäe Andrea Fopp eine «Recherche» präsentiert, hilft nur eins: schnell umblättern.

Aber damit kommt man vom Regen in die Jauche:

Wie ein Bezahlorgan einen solchen Unsinns-Satz noch hervorgehoben und unwidersprochen publizieren kann, lässt nun wirklich ernsthaft am IQ aller Beteiligten zweifeln:

Endlich, der Goldesel lebt, König Midas lebt, schon vor Weihnachten ist ein Wunder geschehen. Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Jetzt aber geben wir erschöpft auf und machen uns daran, weniger einzuzahlen und dafür mehr zu erhalten. Ach, oben steht mal wieder unser Spendenaufruf …

 

Fotoromanza mit Frank A.

Worüber er spricht? Egal.

Frank A. Meyer ist genial. Ideal. Einmalig. Unnachahmlich. Am besten ohne Ton zu ertragen. Dafür im Bild.

Weniger Beliebigkeit!

Mehr Relevanz!

Und Engagement!

Ich habe gesprochen.

Man beachte ausserdem: die Bücher (alle gelesen). Den Lehnsessel (selber ersessen). Die hochtoupierten Haare (neu). Das Pochettli (zusammen mit dem Hemd in einer Farbe, die die Natur nicht vorgesehen hat). Und schliesslich die sorgfältig über dem Embonpoint drapierte Krawatte.

Ach, worüber hat er gesprochen? Völlig egal.

Interview mit einer sprechenden Uhr

ZACKBUM liest keinen Sportteil. Manchmal ein Fehler.

Erst auf Umwegen erfuhr ZACKBUM daher vom skandalösen Interview mit dem Fussballer Reling Haaland in der jüngsten Ausgabe des «SonntagsBlick». Aufmacher im Sportteil, ausgewalzt auf sechs Seiten.

Wie man persoenlich.com entnehmen kann, war das Zustandekommen des Interviews, sein Inhalt und seine Verknüpfung mit einer Uhrenmarke von A bis Z unappetitlich. Immerhin stellt sich Sportchefin Steffi Buchli kritischen Fragen – und gibt gewollt oder ungewollt Einblicke in Abgründe.

Sie räumt ein, dass das Gespräch «anlässlich der neuen Partnerschaft mit einer Uhrenmarke zustande» gekommen sei. Es sei aber nicht als «Paid Post» also als bezahlte Werbung deklariert worden, weil kein Geld geflossen sei.

Buchli räumt auch ein, dass das Gefälligkeitsinterview mit Weichspüler geführt wurde: «Mir wurden vom Management einige Fragen gestrichen.» Zudem sei es Bedingung fürs Interview gewesen, diese Partnerschaft zu thematisieren.

Erschreckend auch, wie solche Interview überhaupt zustande kommen: «Das Medium, also wir als Blick, geben ein drei- bis fünfseitiges Slide-Deck mit unseren Kennzahlen zu Leserschaft und Markt ab und gehen so ins Rennen um ein solches Interview.»

Selbst die Behauptung, es sei ein «Exklusiv-Interview», stimmt nur bedingt, da auch andere Zeitschriften in diesem Rennen berücksichtigt wurden. Exklusiv bedeutet hier laut Buchli: «Zwei britische Lifestyle-Medien haben noch mit ihm gesprochen. In der Schweiz niemand.»

ZACKBUM fasst zusammen: Eine Uhrenmarke kauft sich das Sponsoring durch einen Tschütteler. Um diese welterschütternde sportliche Nachricht unter die Leute zu bringen, lässt sie Medien darum pitchen, wer das «exklusiv» vermelden darf. Damit das nicht zu sehr nach reiner PR und Werbung riecht, dürfen auch noch andere Fragen gestellt werden. Aber bitte keine kritischen. Und damit das die PR-Abteilung der Uhrenmarke auch im Griff behält, findet das Interview schriftlich statt.

Womit sich zusätzlich die Frage stellt, ob der Tschütteler überhaupt eine Frage selbst gesehen, bzw. beantwortet hat. Und all das wird mit zur Verfügung gestellten Fotos garniert, auf denen zufällig eine Uhr zu sehen ist.

Zudem wird es nicht als bezahlte Werbung deklariert, weil kein Geld geflossen sei. Was es nicht besser macht, denn eigentlich hätte der SoBli für diese Gratiswerbung eine Stange Geld verlangen sollen.

Oder mindestens statt «Exklusiv» oder «Paid Post» die einzig richtige Gefässbezeichnung drüberstellen:

Leserverarschung.

Glotzen statt lesen

Wir blättern das Sonntags-Bilderbuch auf.

Es ist die Bilderpest. Nicht nur, dass die Umfänge der Sonntagsblätter seit Langem unter Schwindsucht leiden. Längst vorbei die Zeiten, als die «SonntagsZeitung» sogar Inserate und Beilagen ablehnen musste, weil sie sonst nicht mehr durch den Schlitz der Ausgabebox gepasst hätte. Vorbei. Die Dicke und die Box.

Nun könnte man sich bemühen, den geschrumpften Platz mit mehr Inhalt zu füllen. Also mehr Buchstaben, mehr Denke, mehr Analyse, mehr Schreibstärke. Aber das alles, vor allem die Denke, ist rationiert in den Medienhäusern. Krankgeschrumpft. Nehmen wir zuerst den Trendsetter für alles, was schlechter wird im Journalismus.

Ein SoZ-Interview mit dem wiederauferstandenen deutschen Impfpapst Drosten. Hier sagt er nochmal, was er gerade auf allen Kanälen sagt. Wieso dazu ein halbseitengrosses Ganzkörperfoto gestellt werden muss, das ungefähr so aussagekräftig ist wie das Interview? Zwei Platzhalter, wo früher der Platz mit Inhalt gefüllt wurde.

Geht’s noch schlimmer? Immer. Die Pest ist auch das sogenannte Symbolfoto. Es gibt keine reale Abbildung zur Bebilderung, also greift man in den extra dafür von Bildagenturen aufgebauten Fundus. Schon wieder eine halbe Seite gefüllt, und der Inhalt des darunterstehenden Textes ist bereits im Titel und Lead vollständig und ausreichend wiedergegeben. Statt eine Seite zu verschwenden, hätte es auch eine Kurzmeldung getan.

Auch reale Fotos können zu einem Symbolbild degenerieren. Statt den üblichen Panzer und einen länglichen Artikel hätte die SoZ auch eine knackige Kurzmeldung draus machen können. Schon wieder eine Seite für Wichtigeres freigemacht. Aber wenn das halt fehlt …

Wir kehren zum reinen, völlig überflüssigen Symbolbild zurück, mitsamt einer Frage, die sonst der absoluten Newsflaute vorbehalten ist.

Zwar ausnahmsweise ein echter Mensch auf echtem Foto, aber wieder zusammen mit dem ausreichend erklärenden Titel und Lead getretener Quark, der bekanntlich nur breit wird, nicht stark (Goethe, kann man googeln).

Und als krönender Abschluss noch das faszinierende Foto, wie Kartoffelmilch in ein Glas gegossen wird, ein Prozess, dem man noch nie so gebannt und von nahe beiwohnen durfte. Plus der ernüchternde Text: in der Schweiz kann man höchstens das Bild anglotzen, den Inhalt gibt’s gar nicht.

Wir freuten uns schon, eine neue Kampfgenossin gewonnen zu haben:

Allerdings hatten wir schon nach der ersten Folge leichte Zweifel, ob das was wird. Nun sind wir sicher: wird nix. Immerhin, Badran schreibt über sich selbst: «Meinung ohne Wissen». Oh, Pardon, natürlich nicht, denn beim Wissen hapert es zwar, aber Rechthaberei ist ihre Lieblingsbeschäftigung. Beginnt mit der kühnen Behauptung, gute Medienleute und Politiker hätten gemeinsam: «Sie sind der Wahrhaftigkeit verpflichtet.» Was meint also die nicht gute Politikerin und Medienkritikerin? Sie vergleicht munter Pensionskassen mit der AHV. Kapitalbildungsverfahren gegen Umlageverfahren? Äpfel, Birnen? Ach, ist doch egal. Es ist auch nicht einfach, der doch etwas sprunghaften Badran zu folgen, die mit einer kleinen Medienschelte beginnt, sich dann in den Untiefen des BVG und der AHV verliert, da und dort wäffelt, um dann in die Zielgerade zu biegen: «Es ist unser Job, für möglichst viele Menschen möglichst hohe Renten zum günstigsten Preis zu schaffen.» Renten zum günstigen Preis? Discount-Renten? Hohe Rente, aber billig? Schon wieder eine Kolumne, die man nicht lesen muss.

Leider macht auch die NZZaS den Trend mit: halber Text zum ganzen Preis. Möglichst hohe Informationsdichte im günstigen Angebot? Leider nein:

Fünf Profile, eine älterwerdende Frau, eine kühne Behauptung. Schon ist die Front (fast) gefüllt. Und der Leser not amused.

Eigentlich sollte auch in der Sonntagspresse bekannt sein, dass ein Interview mit dem Dampfplauderer Balthasar Glättli reine Platzverschwendung ist. Genau wie das Riesenfoto, auf dem er aus seinem Fundus mal wieder den Gestus «ich fasse mir wichtig an die Brille» hervorzieht. Peinlich.

Auch die NZZaS frönt der neuen Mode: Grosses Ganzkörperfoto zu heisser Luft nebendran. Warum nicht dem abgehalfterten Sergio Ermotti Gelegenheit geben, seine Nachfolger mit Ratschlägen zu nerven.

Selbst in die Hallen der Kultur dringt fotografischer Sauglattismus. Sagt eine überlebensgrosse Wiedergabe des Klingelschilds von Gurlitt irgend etwas aus? Ausser: verdammt, wir brauchen hier noch ein Foto?

Aber, die NZZaS weiss dann doch da und dort zu versöhnen: Während in der SoZ Badran das Gefäss Medienkritik ähnlich malträtiert wie in der NZZaS Aline Wanner und der schreibende Pensionär, gibt dann immerhin ein kenntnisreicher Essay etwas Stoff:

Zwar ebenfalls so massiv wie überflüssig illustriert, aber daneben hat es Denkstoff.

Das Stichwort für die denkstofffreie Zone am Sonntag:

Das ist eine Schlagzeile, die an Einfalt, Dummheit und Belanglosigkeit, zudem bar jedes Informationswerts, entweder einem durch Inzucht völlig degenerierten Adligen – oder dem «SonntagsBlick» einfallen kann. Er walzt dann das Thema, um das auch die übrigen Sonntagsblätter sehr dankbar waren, auf sagenhaften 15 Seiten aus.

Darunter ist allerdings ein Kuriosum, über das noch lange schallend gelacht werden kann:

Wir haben hier etwas wahrhaft Historisches. Frank A. Meyer verzichtet auf sein Foto (wir erinnern uns mit Schaudern: ein viel jüngerer Meyer mit dunkler Brille vor dem Brandenburger Tor, das nur mühsam Haltung bewahrt angesichts seines fliederfarbenen Jackets, während die Säulen deshalb nicht brechen, weil sie das undefinierbar bunte Pochettli nicht sehen müssen).

Meyer verzichtet auf sein Foto, stattdessen hat er eine Kinderkrakelzeichnung einer Figur hineingestellt, die auf den Strich geht – oder im Begriff ist, über ihn zu stolpern. Sie ist gesichtslos, aber Hut und Handtasche scheinen darauf hinzuweisen, dass es sich wohl um die Queen handeln soll. Die würde es ob dieser Verballhornung wohl bei einem «oh, really?» bewenden lassen, denn sie hat eigentlich alles mit Fassung getragen. Allerdings ist sie noch nicht unter der Erde, da sollte man ihr vielleicht noch mit Respekt begegnen.

Wer hat denn diesen hingezitterten und nachkolorierten Klecks zu verantworten? Ah, da steht der Name der Künstlerin, Lilith Frey. Was, der Name ist Ihnen unbekannt? Das ist DIE Lilith Frey. Ehemalige Moderedaktorin bei der «Schweizer Illustrierte». Dann die erste, letzte und einzige «Feuilleton-Chefin». Beim Blatt für die gebildeten Stände und lesenden Lastwagenfahrer, beim «Blick». Vor allem aber war und ist sie die Lebensgefährtin von Frank A. Meyer.

Nein, lieber Leser, das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass diese, nun ja, diese Illustration das Porträt Meyers ersetzte. Hier zählt einzig der künstlerische Ausdruck, die malerische Bedeutung des Werks. Sagt da etwa jemand, die Körperproportionen stimmten dann auch nicht? Also bitte, der Arm des Jünglings mit der roten Weste von Cézanne ist auch viel zu lang, meckert doch auch keiner. Höchstens darüber, von wem und wo der ausgestellt ist. Aber das wäre wieder ein anderes Thema.

Wir halten aber abschliessend fest: was ist noch schlimmer als eine Meyer-Kolumne mit einem Meyer-Foto? Wir konnten uns nichts vorstellen. Bis zu diesem Sonntag.

Es darf nicht gelacht werden: Publikums-Verarschung

Was die Sonntagspresse diesmal bietet, ist bodenlos.

Die «SonntagsZeitung» versucht, dem Publikum etwas Angst einzujagen:

Oben die «Büezer Buben», links etwas Gebibber, rechts ein Blick auf die Schönen und Reichen und ganz schön Reichen in der Schweiz. Alles lauwarm, alles seicht, alles gähn.

Damit man den Mund kaum mehr zuklappen kann, kommt dann noch das:

Wahnsinn, wer hätte das gedacht? Online-Bewertungen sind mit Vorsicht zu geniessen. Da wäre ja ein Artikel über den Gender-Stern noch aufregender gewesen, und das will etwas heissen.

Aber wir kommen noch zur Bankrotterklärung:

Unfassbar, aber in ihrer Not greift die SoZ sogar aufs Monster in Loch Ness zurück. Damit dürfte der absolute Nullpunkt erreicht sein. Nichts Positives zu vermelden? Doch, das hier ist die mit Abstand informativste Doppelseite in der aktuellen SoZ.

Klar, die Hoffnung stirbt zuletzt, daher wagen wir einen Blick auf das Cover des «SonntagsBlick». Eine rennt schneller als die anderen, das ist natürlich eine Erwähnung wert. Aber sonst? Eine Bildergalerie von «Putins Opfern» echt jetzt?

Aber dann, fast versteckt, leicht zu übersehen. Die SoZ jubiliert noch über die Mammut-Konzerte in Zürich, aber Ringier hat halt bessere Beziehungen:

Manche werden das als gute Nachricht verbuchen. Aber dann? Was dann kommt, ist besser als Schäfchenzählen. Aber auch teurer. Nein, zu berichten gibt es über die Berichte nichts. Ausser, wir wollten Frank A. Meyer – aber wir sehen schon, ein Wald von abwehrenden Händen erhebt sich. Also lassen wir Gnade walten.

Daher ruhen mal wieder alle Hoffnung hierauf:

Aber die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, doch sie stirbt auch. Ein Lebenszeichen von Widmer-Schlumpf, ein launig illustrierter Bericht übers Schulegeben, und auch ein wenig bibbern: nur geht hier nicht Strom und Heizung aus, sondern die Medikamente. Wir werden uns also bald einmal ohne Hustensirup in der dunklen Wohnung den Hintern abfrieren. Schöne Aussichten.

Ansonsten frönt auch die NZZaS immer mehr der Unsitte, dass riesige Fotos im wahrsten Sinne des Wortes Platzhalter sind. Weil dem Autor offenbar die Luft ausging, und wenn man halt eine Seite einplant:

Wenn’s dann gleich eine Doppelseite ist, bläht sich das Foto zu Postergrösse auf:

Ohne das abstossende Riesenfoto wäre das Interview problemlos auf einer Seite abgehandelt. Womit im knappen Platz der Schrumpfblätter eine Seite für etwas anderes frei geworden wäre. Aber vielleicht fiel der Schrumpf-Redaktion nichts ein.

Noch ein Beispiel gefällig? Bitte sehr:

Das ist fast die halbe Seite. Ein Foto zu einem Beitrag über Tunnelbau? Ach was, es geht hier um Wasserkraft, wie man doch unschwer erkennen kann.

Und ein Absackerchen. Auch fast eine halbe Seite, ein völlig überflüssiges Symbolbild, über das sich zudem sicherlich eine Firma furchtbar freuen wird:

Bevor wir auch hier aufgeben, dieses Symbol-Foto widerspiegelt immerhin den Gemütszustand des Lesers:

Wenn man bedenkt, was man statt dieser Platzverschwendung für stolze 6.80 dem Leser, der ja nicht Schauer ist, hätte liefern können …

Sommer-Rubrik: GÄHN

Nichts eignet sich besser für eine Fortsetzung als die Sonntagspresse.

Woran merkt man, dass dem B-Team im Hitzestau wirklich nichts eingefallen ist? An einem solchen Cover:

Elefant tot, Pille out, hübsche Frau, Hitzestau.

Immerhin gibt der Chefredaktor auf Seite zwei dann gleich kontra, was sicherlich von ein paar Hitzköpfen als neue Querelen in der Redaktion interpretieren wird:

Aber es ist heiss genug, sie als Titelgeschichte zu verbraten.

Das hier hingegen ist endlich mal nicht-gähn, aber keine redaktionelle Leistung, sondern eine clevere Werbung:

Aber sogleich wird es wieder Doppelter-Ristretto-Gähn, wenn Felix Gähn Müller nun wirklich überhaupt nichts einfällt, womit er seine Medienkolumne füllen könnte. Aber was muss, das muss:

 

Als mildernden Umstand könnte man höchstens anführen, dass er sich im Niveau der Kolumne der sogenannten Kabarettistin Patti Basler anpassen wollte. Denn schlimmer als flach scherzen ist höchstens, pseudogelehrt scherzen: «Lasst uns mit emporgerecktem Kopf  die Troposphäre zurückerobern, als sei es das natürliche Habitat des Homo volans.» Hä? Kein Stress, einfach gähnen.

Was die NZZaS kann, kann der «SonntagsBlick» schon lange:

FDP-Chef sagt was, abgehalfterter Moderator sagt was, Pfadi macht was.

Geht noch mehr gähn? Oh ja, der stellvertretende Chefredaktor Reza Rafi sagt was; sein Chef hat hitzefrei, also darf er sich am Editorial vergreifen: «James Schwarzenbach machte Fremdenfeindlichkeit salonfähig, die Linken wollten den Staat entwaffnen, Christoph Blocher erfand das Feindbild Europa. Anti-Mainstream garantiert Aufmerksamkeit ebenso wie Aufschreie.» Was will uns Rafi damit sagen? Nichts, ausser eine Doppelspalte Einleitung zu diesem dünnen Schluss: «Im Vergleich dazu wirkt es eher harmlos, wenn der Schweizer FDP-Präsident Thierry Burkart sich im SonntagsBlick-Interview dafür ausspricht, dass der Bund alles tun soll, um die heimischen AKW möglichst lange – und sicher – am Leben zu lassen.»

Wir schleppen uns auch hier ins Ziel. Frank A. Meyer (nein lieber Leser, da müssen wir durch) hat wie immer mit seinem Kommentar die Hand am Puls der Zeit. Da gab es doch mal so eine Flugaffäre mit unserer Knutschkugel BR Berset. Dazu gibt es ein witziges Inserat und einen späten, wohl durch Hitzestau bedingten Nachruf von Meyer. Wir erwarten stehenden Applaus des Lesers, weil wir uns durch den ganzen Text gekämpft haben und nur die Schlusspointe gähnen lassen:

«Alain Berset fliegt hoch, fliegt auf die Nase – fliegt dem Kleingeist davon.»

Hä? Nicht grübeln, wer’s nicht versteht, ist ein Kleingeist.

Allerdings, ganz versteckt und wie nebenbei könnte der SoBli einen Knaller enthalten. Zu diesem Foto muss man wissen, dass beide Herren inzwischen Single sind und mehr oder minder zusammen wohnen; mehr sagen wir nicht, schliesslich ist das deren Privatangelegenheit:

Sieht nach echter Männerfreundschaft aus.

Kann die SoZ noch einen drauflegen im Gähnbereich? Zumindest das Bemühen ist erkennbar:

Bier wird teurer. Seit es Bier und Zeitungen gibt, der Sommerheuler.

Die SoZ schafft aber auch einen ärgerlichen Gähn. Am 20. Juli berichtete «Inside Paradeplatz»: «Leveraged Buyouts krachen – und die CS ist mitten drin».  Am 24. Juli vermeldet die SoZ: «Auf die Credit Suisse kommt ein neuer grosser Verlust zu. Tiefe Zinsen liessen das Geschäft der Banken mit fremdfinanzierten Firmenübernahmen florieren». Deutsch für Leveraged Buyouts. Immerhin wird IP so im Vorbeilaufen im SoZ-Artikel erwähnt. Dass man aber einfach umständlicher, ausführlicher und langweiliger nochmal über das gleiche Thema berichtet – lassen wir das und gähnen einfach ausgiebig.

Wenn man die Preiserhöhung beim Bier schon verballert hat, was kann man dann noch tun, um den Leser am Gähnen zu halten? Richtig, das war nun kein IQ-Test:

Wir holen den grossen Eistee-Test aus dem Kühlschrank und passen einfach auf, dass wir den Stehsatz vom letzten Jahr gut durchschütteln und eiskalt nochmal servieren.

Für alle tapferen Leser, die bis hierher durchgehalten haben: nächstes Wochenende ist dann noch 1. August zu allem Elend. Also wird das ein gesteigertes Gähn-Festival werden …