Gar nicht komisch
Hazel Brugger hat fertig. So als Promi mit vielen Followern.
Die Komödiantin baut sich mit den Erträgen ihres Wirkens ein Haus. Das ist schön für sie, wer möchte das nicht. Allerdings, so spielt das Leben, ist der Spalt zwischen Satire als Broterwerb und Realsatire aus dem eigenen Leben nicht gross.
Denn wie bei vielen Bauten scheint es auch hier Mängel zu geben und Anlass, sich öffentlich darüber aufzuregen. Das ist dem Adlerauge von Andreas Tobler nicht entgangen, der sich hier mal wieder kulturell einbringt. Denn Brugger benützt ihre Prominenz und die Tatsache, dass sie 800’000 Follower hat, dafür, ihrem Frust über Baumängel öffentlich Ausdruck zu verleihen. Allerdings lässt sie es dabei an ihrer sonstigen kühl-satirischen Art doch deutlich ermangeln.
Laut Brugger muss es zwischen der Bauherrschaft – ihr Mann und sie – und dem Architekten sowie den Bauarbeitern inzwischen hoch zu und her gehen: «Weil wir auf unserer Baustelle von Bauarbeitern bedroht wurden, brauchten wir zuletzt Personenschutz.»
Nach der einfühlsamen Schilderung des Bauleidens wagt Tobler dann doch eine Spur Ironie: «Wahrscheinlich gibt es in Deutschland und der Schweiz Tausende Hausbesitzer, die mit ihren Architekten wegen Baumängeln streiten.» Aber wenn einem auf Instagram so viele Leute folgen, dann sei alles halt etwas gröber: «Also auf einer Plattform, auf der viele leidenschaftlich gerne aus ihrem Leben berichten, nichts zu unwichtig ist – und sich selbst Alltägliches als «Content» verwerten lässt», schreibt Tobler.
Ohne sich der Ironie bewusst zu sein, dass auch er diesen Pipifax als Content verwendet. Da benützt eine Prominente ihren Status, um ihrem Ärger Luft zu machen. Wie berechtigt das wirklich ist, hätte Tobler herausfinden können. Mit einem Ortsbesuch oder mit dem Versuch, dem Architekten oder Bauleiter eine Stellungnahme zu entlocken.
Aber he, das wäre doch Journalismus gewesen, dafür hätte er etwas recherchieren müssen oder gar – schreckliche Vorstellung – sich von seinem Schreibtisch wegbewegen. Aber das sind Dinge, die im heutigen Spar- und Elendsjournalismus nur im äussersten Notfall erlaubt sind.
Aber es gibt auch einige gute Nachrichten, die hinter diesem Baustellentext stecken. Tobler geht einigermassen sanft mit Brugger um, was man bei seinem unflätigen Rüpeln gegen Marco Rima nicht behaupten kann. Über den holzte Tobler: «Er arbeitet also an der Vergrösserung seines Selbst, wie viele, die in die Öffentlichkeit drängen.» Dabei meckerte Rima nicht etwa über seinen Ärger mit dem Personal, sondern hatte ein Anliegen. Nur eins, das nicht in Toblers Gesinnungsblase passt.
Des Weiteren beschäftigt sich Tobler hier nicht mit der Misshandlung der deutschen Sprache mit Gendersternen und ähnlichem Schwachsinn. Er macht auch keine Schmähkritik wie in seinem Schmierenstück über den damaligen NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer. Er fordert auch nicht wie bei Rammstein, dass die nächsten Auftritte von Brugger abgesagt werden sollten.
Bei Journalisten wie Tobler muss man immer froh sein, wenn sie vieles nicht machen. Allerdings bleibt dann nicht viel übrig, was sie machen könnten. Denn das kommt von Können, und eigentlich, theoretisch, wäre Tobler ja Kulturjournalist. Arbeitet also in einem Team, das ersatzlos, schmerzlos und folgenlos gecancelt werden könnte. Berichterstattung über Kultur, über Literatur, Filme, Bilder, Theater, Oper, über anspruchsvoll Geistiges, da ist nix. Ausser vielleicht über ein Pottwal-Happening, das halt unübersehbar ist. Denn Tagi und Kultur, das ist wie Erde und Mond, und dazwischen Vakuum. Viel Vakuum. Schwarze, kalte Leere.