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Mosambik und die Schweiz

Wozu haben wir eigentlich noch Grossbanken, wenn man sie nicht für Vergleiche nutzen kann?

Schweiz, Credit Suisse, Mosambik. Wir haben die Verbindungen kurz skizziert. Kümmern wir uns nun um die Unterschiede. Richtig, die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung hat eine andere Hautfarbe als die Mehrheit in Mosambik. Ausserdem redet man verschiedene Sprachen.

In Mosambik geht es den Menschen mehr so ums Überleben; die korrekte Verwendung einer gendergerechten Sprache ist ihnen eher wurst. Das hingegen ist den Klimaktivisten eher wurst:

Kein Spass, aber auch nicht ernstzunehmen.

Denn sich auf den Mosambik-Skandal zu konzentrieren, das wäre viel zu schweisstreibend und anstrengend. Lieber dümmliche Forderungen aufstellen wie «sofortige Offenlegung aller Finanzflüsse». Orthografische Unsicherheiten zeigen sich auch:

«Das ganze soll mit Hilfe der SNB (schweizer Nationalbank) gesetzlich verankert werden.»

Aber bitte, keine Beckmesserei, wenn es um das grosse Ganze geht. Um den Planeten. Die Welt. Die Zukunft. Einfach um alles, daher um nichts.

Andere Vergleiche wären viel naheliegender

Dabei wäre doch ein ganz anderer Vergleich zwischen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und den beiden (noch) überlebenden Grossbanken naheliegend gewesen. Abgesehen davon, dass man die einstnals stolze CS inzwischen zu einem wahren Schnäppchenpreis kaufen könnte (50’000 Mitarbeiter, rund 175-jährige Geschichte, zu haben für schlappe 21 Milliarden Börsenwert).

So zum Vergleich: Partners Group (1500 Mitarbeiter) bringt an der Börse ein Gewicht von 41 Milliarden auf die Waage. Aber es gibt noch einen viel dramatischeren Vergleich, um das Elend der Grossbanken zu beschreiben. Sie tröten ja heraus, dass es ihnen gelungen sei, endlich mal wieder einen halbwegs anständigen Quartalsgewinn zu machen. Falls der CS nicht ein paar kleine Milliardenfehltritte die Bilanz verhagelt hätten; so bleibt nur ein Pipifaxgewinn von einer Viertelmilliarde im zweiten Quartal.

Die UBS brüstet sich immerhin mit 2 Milliarden. Toll. Toll? Alles ist relativ. Nehmen wir das ganze 2021 als Vergleichsraum. Da spielte die UBS 4,3 Milliarden ein, die CS eine runde Null. Corona, widriges Umfeld, Negativzinsen, Weltwirtschaft, Blabla? Blabla.

Stellen wir mal 43,5 Milliarden dagegen. Gewinn. Mit weniger Mitarbeitern als die Partners Group, nämlich ganzen 950. Von denen sich etwas mehr als 100 um die Anlagestrategie kümmern. Zu durchaus beamtenstaatlichen Gehältern, ohne Millionenboni, Statussymbolen und wichtigem Getue. Denn das alles ist der SNB völlig fremd. Mit ihrem Bilanzvolumen von über einer Billion Franken (das sind 1000 Milliarden, weit mehr als das Schweizer BIP und unvorstellbar viel Geld) hat sie gerade mal wieder 5000 Franken Gewinn erwirtschaftet. Pro Eidgenosse. Die CS mit einem Bilanzvolumen von 806 Milliarden brachte nur eine Nullnummer zustande.

Dagegen könnte die SNB pro Kopf der Schweizer Bevölkerung ein 13. Monatsgehalt auszahlen. Die eigentlich, so sahen es die Gründer der SNB vor, die Besitzerin der Notenbank ist. Daher ist die SNB eine der ganz wenigen an der Börse gehandelten AGs unter den Nationalbanken. Natürlich mit Einschränkungen, aber im Prinzip auch zu kaufen.

Was tun mit den ganzen Gewinnen?

Nun gibt es hier die grosse Debatte, ob der SNB-Chef Thomas Jordan Recht hat, wenn er immer wiederholt: «Finger ab de Röschti.» Denn in weiser Voraussicht haben die Gründer der SNB sie dem Einfluss von Politik, Parlament und Regierung weitgehend entzogen. Sie haben allerdings nicht im Traum daran gedacht, dass der Franken einmal zur Handelsware werden könnte, die in grösseren Mengen hergestellt, immer reissenden Absatz findet.

Notgroschen, Reserve für strube Zeiten, so verteidigt Jordan das auf 250 Milliarden Franken angeschwollene Eigenkapital der SNB. Zum Vergleich: die grosse EZB (Europäische Zentralbank) hat gerade mal 12 Milliarden Euro EK. Denn eine Notenbank braucht das eigentlich nicht. Solange Vertrauen in die Währung vorhanden ist, kann sie Neugeld herstellen, sollte sie es brauchen.

Worüber sich die Klimajungend allerdings auch mal Gedanken machen könnte: Wenn es die SNB schafft, mit rund 100 überschaubar bezahlten Beamten einen Gewinn von 43,5 Milliarden zu machen, alleine im Jahr 2021, was ist dann am Geschäftsmodell einer CS falsch? Dass die den Klimawandel nicht verhindert? Was für ein Quatsch.

Falsch daran ist, dass die CS mit 50’000 mehr als üppig bezahlten Mitarbeitern (in der Teppichetage) von einem Skandal in den nächsten stolpert und kaum Gewinn macht. Abgänge, Neuanfänge, zuerst energisch-tatkräftig dreinschauende Manager, die dann zunehmend elegisch-unbeeindruckt dreinschauen, bis sie früher oder später, letzthin eher früher, mit einer hübschen Abfindung in den Olymp der abgehalfterten Riesenbanker abschwirren.

Begegnen sich auf dem Finanzplatz Schweiz und Mosambik?

Wäre es unfair, daher die SNB und die Credit Suisse wie eine Begegnung von Schweiz und Mosambik zu beschreiben? Ja. Denn die CS produziert bekanntlich gerne rote Zahlen mit weisser Weste, also in den Landesfarben der Schweiz. Die SNB hingegen produziert schwarze Zahlenmeere, was nun zumindest der vorherrschenden Hautfarbe in Mosambik gleicht. Damit wären wir sicher bereits tief im Sumpf der politischen Unkorrektheit.

Immer freundlich lächeln, wenn man wenig versteht.

Solche Zusammenhänge sind zwar offensichtlich, man braucht aber vielleicht etwas mehr Grundkenntnisse als für solches Gehampel:

Ein ganz subversive Idee am Schluss: Mit etwas mehr als 10 Milliarden könnte man die CS kaufen. Da ihr Buchwert höher ist als der Börsenwert, kriegt man das Geld relativ schnell geliehen. Oder schon mit 3 Milliarden hätte man ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und Anspruch auf einen Sitz im Verewaltungsrat.

Sollte es nicht gelingen, die CS auf Kurs zu bringen (und neben bei auch ihre Investitionen in angeblich klimaschädliche Projekte zu stoppen), könnte man die Bank zerschlagen und die Einzelteile mit Gewinn verkaufen. Damit könnte man dann tausende von Quadratkilometern Regenwald retten, halb Afrika mit Schulzimmern ausstatten oder alternative Energiequellen fördern. Wär’ doch was, oder nicht?

Hat auch nix gebracht.

Unsere Nationalbank beim Eierquetschen

Vornehmer heisst das Short Squeeze und bedeutet, Spekulanten in die Hose zu fassen.

Das ist normalerweise ein Spiel für die Big Boys an den Börsen. Zu denen gehört aber auch unsere gute, alte Nationalbank. Wenn ganz grosse Hedgefunds grün und blau vor Ärger und Angst werden, hält sich das Mitleid in Grenzen. Citron Resarch, Melvin Capital oder Citadel sind solche Giganten, die normalerweise unter dem Radar fliegen. Zurzeit aber eher unbekleidet dastehen und sich die Hände vors Gemächt halten.

Wie so häufig hat die «Financial Times», eines der wenigen Organe, in dem Wirtschaft noch kompetent analysiert wird, den Fall aufgeblättert. Wie so häufig hat «Inside Paradeplatz» als bislang einziges Schweizer Organ darauf hingewiesen.

Die Probleme beim Leerverkaufen sind in der Leere des Journalismus zu kompliziert

Ein Short Squeeze ist eine ziemlich unangenehme Klemme, die beim Shorten entsteht. Shorten heisst, ein Wertpapier auf Termin leer zu verkaufen. Zum heutigen Kurs, weil der Spekulant davon ausgeht, dass er es sich bei fallenden Kursen später billiger besorgen kann und so ohne die geringste Wertschöpfung Reibach macht.

Für Fallschirmspringer ohne Fallschirm ist die Variante des leer Shortens. Der Spekulant geht voll ins Risiko und hat seine Wette auf die Zukunft mit nichts unterlegt. Ein theoretisches, aber naheliegendes Beispiel: Die Aktie der Credit Suisse ist mit 9.85 am Freitag aus dem Markt gegangen. Ich biete sie zu diesem Preis zum Verkauf am Mittwoch. In der Hoffnung, dass ich mir sie dann für 9.75 besorgen kann. Hübscher Gewinn ohne Arbeit.

Peinlich wird’s aber, wenn sie am Mittwoch nur für 9.95 zu haben ist. Denn ich muss mein Verkaufsversprechen halten, mich also mit Verlust eindecken. Der ist hier bitter, aber überschaubar.

Richtig peinlich wird’s aber, wenn der Kurs durch die Decke geht. Das war bei der US-Trümmelfirma Gamestopp vor Kurzem der Fall. Deren Aktienkurs dümpelte friedlich bei rund 20 Dollar vor sich hin. Einige Hedgefonds verloren das Vertrauen ins Geschäftsmodell der Bude und begannen zu shorten. Aber statt dass der Kurs ihnen den Gefallen tat, weiter abzusaufen, explodierte er auf bis zu 480 Dollar. Nun stelle man sich vor, dass ein Spekulant zu diesem Preis sich mit ein paar tausend Aktien eindecken muss, die er für 20 Dollar zu liefern hat.

Ein Short Squeeze ist sehr unangenehm

Zumindest Männer, und die überwältigende Mehrheit der Börsenhaie sind Männer, haben dann ein Gefühl, als würden ihre Testikel in einen Schraubstock geraten. Sehr unangenehm. Das gleiche Spiel läuft zurzeit mit den Aktien der Kinokette AMC. Eigentlich, dank Corona, auch ein Kandidat für fallende Kurse. Aber auch AMC wird zu einer Meme-Aktie. So wiederum nennt man Papiere, deren Börsenwert nichts mehr mit dem inneren Wert der dahinterstehenden Firma zu tun hat.

Hedgefunds müssen ja irgendwie Geld verdienen, und sei es nur, um die exorbitanten Fees und Boni des Managements zu bezahlen. Die sind aber im Allgemeinen sehr gut im Abkassieren, weniger gut im Analysieren und Spekulieren. Das neue beim Gamestopp-Casino war, dass auf der Versammlungsplattform Reddit ein Trader unter dem putzigen Pseudonym «Roaringkitty» (brüllendes Kätzchen) eine Community von Kleinhändlern aufgebaut hatte, die gemeinsam so viel Gewicht bekamen, dass sie den Kurs der Spielefirma nach oben treiben konnten.

Das wiederum trieb ein paar Hedgefonds fast in den Bankrott; einer soll dabei beinahe 50 Prozent seines Wertes verloren haben. Aber da ja die meisten Einnahmen von Händlern weiterhin umsatzabhängig sind (schliesslich ist auch das Verrösten von Geld Umsatz), bedeutet eine verlorene Wette die nächste Wette, diesmal aber in die Vollen.

Auch die AMC-Aktie explodiert – nach oben

Das scheint gerade bei der AMC-Aktie zu passieren. Statt sich gefälligst nach unten zu bewegen, explodiert sie förmlich nach oben. Ganz echt furchtbar blöd wird es dann, wenn Shorties – so nennt man diese Spekulanten – mehr Kontrakte ausgestellt haben, als es überhaupt Aktien gibt.

Wie diverse Finanzkrisen gezeigt haben, kann man an der Börse ziemlich viel anstellen; Aktien aus dem Nichts herbeizaubern gehört aber nicht dazu. Auch bei AMC ist inzwischen rund 80 Prozent der Aktien im Besitz von einer Community von Retailhändlern. Allerdings, unvermeidlich sind auch Big Boys wie BlackRock, die Pensionskasse von Arizona – und die Schweizerische Nationalbank (SNB) eingestiegen. Ihr, also uns, gehören rund 200’000 AMC-Aktien. Ihr Paket hat die SNB erst Anfang Mai verdoppelt.

Auf der anderen Seite, also womöglich auf der Verliererstrasse steht – man möchte fast sagen: logisch – die Credit Suisse. Sie soll zu den grösseren Leerverkäufern der Aktie gehören. Funktioniert auch hier der Short Squeeze, dürfte es diesmal ein paar grosse Hedgefunds lupfen.

Unvergessen: der Short Squeeze mit de VW-Aktie 2008.

Richtig lustig wird’s aber dann, wenn die SNB zwar zu den Gewinnern gehört. Aber der CS unter die Arme greifen muss, too big to fail, nicht wahr. Gewinne kassiert das Management, Verluste deckt der Staatsbürger mit seiner SNB ab. Ein Scheissspiel? Aber sicher. Nur hätte es der Staatsbürger ja in der Hand, kräftiger bei seiner SNB mitzureden. Denn die ist auch eine AG. Aber eben, von «da sollte man mal» bis zur Aktion ist es ein weiter Weg.

Vor der Aktion stehen auch Horden von Bedenkenträgern, die ein Hindernis nach dem anderen aufstapeln. Und den Gründungszweck der SNB völlig aus den Augen verloren haben.

Immerhin; endlich ist die Schweiz mal wieder Weltspitze. Mit Abstand. Die Bilanz ihrer Notenbank ist bedeutend grösser als das BIP. Und die SNB ist der grösste Hedgefonds der Welt. Mit ganz tiefen Taschen. Und mit der Lizenz zum Drucken. Zum Gelddrucken.

Dieser Artikel erschien zuerst auf «Die Ostschweiz».

Oops, they did it again

Ist die Schweizerische Nationalbank ein Herrenclub, ladies and gentlemen?

Die Methode ist bekannt. Sexismus, Mobbing, Skandal. Hat die «Republik» schon mehrfach probiert, ist damit aber auch regelmässig auf die Schnauze gefallen.

Auch ihr Versuch, mit angeblich unbeaufsichtigten, schlecht ernährten und sonst wie gequälten Kindern beim grössten Schweizer Anbieter von Kitas zu punkten, war ein Griff ins Klo: alle offiziellen und externen Untersuchungen ergaben: nix dran, nix zu meckern.

Mal wieder Aufgewärmtes, frisch serviert

Nun probiert es die «Republik» mal mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Mit knapp 24’000 Anschlägen ist der Artikel für «Republik»-Verhältnisse geradezu schlank und rank. Er hat allerdings, wie schon der Versuch, mit dem aufgewärmten Bündner Bauskandal zu punkten, eine Vorgeschichte.

Denn ein gewisser Fabio Canetg publizierte am 2. September auf swissinfo.ch einen Beitrag über die SNB: «Es ist etwas faul bei der SNB. Es riecht nach Geschlechterdiskriminierung». Diese Aussage basiert auf einer Auswertung der Geschlechterverteilung in Führungspositionen. 117 von 145 seien von Männern besetzt, weiss Canetg. Also 81 Prozent, bei der US-Notenbank seien es lediglich 57 Prozent.

Klarer Fall, Diskriminierung. Und dabei spricht Canetg den Skandal gar nicht an, dass der Anteil von «divers» bei null liegt. Wobei, halt, der Skandal ist, dass Canetg dieser Skandal gar nicht auffällt. Wo die «Republik» doch selbst ihren launigen Gruss zu «Ladies, Gentlemen and everybody beyond» angepasst hat.

Warum nicht mal durchschütteln, mixen und neu einschenken?

Aber Scherz beiseite, wie es der Zufall so wollte, unterhält Canetg auch noch einen «Geldcast», und bei dem war Patrizia Laeri zu Gast. Genau, die Kürzestzeit-Chefredaktorin von CNN Money, zurzeit offen für Neues. Sie selbst kann sich über Frauendiskriminierung nicht wirklich beschweren, aber laut Canetg hätten sich dann ein rundes Dutzend Frauen bei ihr und ihm gemeldet, die von haarsträubenden Zuständen bei der SNB zu berichten wussten.

Da dachten sich Laeri und Canetg: he, wieso schütteln wir den Ursprungsartikel nicht mal gut durch, stecken ihn in den Mixer mit Auszügen aus anonymen Erfahrungsberichten, und fertig ist der Smoothie, der den «Republik»-Lesern runter geht wie ein Latte Macchiato, gebraut mit Kaffeebohnen aus Nicaragua.

«Steinzeitlich» und «autoritär» gehe es bei der SNB zu, weiss die «Republik», Thomas Jordan trage den Übernamen «Mr. Konservativ» und herrsche mit nahezu unbeschränkter Macht, zudem würden Leute mit «einer bestimmten politischen Richtung» gezielt befördert. Ich finde es ja auch bedauerlich, dass unser oberster Währungshüter nicht gelegentlich Salsa tanzt und nach sechs Mojitos nach Hause geschleift werden muss. Aber mit Sexismus hätte das noch nicht viel zu tun.

Eher ein leiser als ein lauter Sexismus

Das fällt gerade rechtzeitig auch den «Republik»-Autoren ein, also fahren sie fort, durch alles hindurch ziehe sich «ein manchmal leiser, öfter offenkundiger Sexismus. Der sich auch daran zeigt, dass bei der Nationalbank auf 8 von 10 Führungs­posten Männer sitzen.»

Das kann Sexismus sein, das könnte vielleicht auch damit zu tun haben, dass selbst aktuell nur 35 Prozent aller Studenten der HSG weiblich sind. Aber wie auch immer, es gibt genügend geschilderte Vorfälle, um anzunehmen, dass die SNB ein paar Probleme mit Frauen hat. Beziehungsweise mit deren Behandlung und Förderung.

Wer nun aber saftige Darstellungen übler Übergriffe erwartet, wird enttäuscht. Um «Skandal, Sexismus, Chauvinismus» und «strukturell verankert» zu krähen, das geben die Fallbeispiele eigentlich nicht her.

Fragen bei Bewerbungsgesprächen, die fehl am Platz sind, so zu früherem Einkommen oder der familiären Situation, die aber selbst von einem «Republik»-Experten allerhöchstens als «grenzwertig» bezeichnet werden, das ist zwar nicht gut, aber weit von einem Skandal entfernt.

Dann gibt es Klagen über «ganz normalen Alltagssexismus». Der äussere sich darin, dass Frauen unter Druck gesetzt würden, ein Vorgesetzter habe einmal einer Mitarbeiterin erklärt, wofür deren Geschlechtsorgane gut seien.

Die allgemein übliche Lohndiskriminierung

Schliesslich die in der gesamten Schweizer Arbeitswelt vorhandene Lohndiskriminierung. Das ist nun wirklich kein spezifisches Problem der SNB. «Die hier geschilderten Vorfälle wiegen schwer», urteilt die «Republik» in eigener Sache. Publizitätshungrige Politiker eilen natürlich herbei und kündigen gewichtig parlamentarische Vorstösse an.

Ohne einen einzigen der geschilderten Vorfälle verniedlichen oder bezweifeln zu wollen: Die SNB hat 937 Mitarbeiter. Dass es unter denen den einen oder anderen testosterongesteuerten Macho gibt, ist bedauerlich. Lohndiskriminierung per Geschlecht ist nicht nur bei der SNB ein Problem. Aber angesichts der geringen Zahl und der geringen Schwere der geschilderten Vorfälle hat SNB-Direktor Thomas Jordan natürlich recht, wenn er von inakzeptablen Einzelfällen spricht.

Dass sich weder er noch die SNB zu spezifischen, einzelnen Fällen äussern, ist keine Dialogverweigerung, sondern schlichtweg als Arbeitgeberpflicht vorgeschrieben.

Zwei Fragen drängen sich allerdings auf

Zwei Fragen stellen sich aber doch bei diesem Artikel: Fabio Canetg bezeichnet sich darin selbst als «Geldökonom». Da täte vielleicht eine Fortbildung not, denn mit seiner Behauptung, die SNB verwalte «ein Volksvermögen von 950 Milliarden Franken», würde er bei jedem Anfängerkurs an der HSG durchfallen.

Und müsste eigentlich von der Uni verwiesen werden, da er selbst auf Nachfrage sich nur artig für das Interesse bedankt und auf die Webseite der SNB verweist, wo als «Anlagevolumen» per Ende Juli 949 Milliarden Franken aufgeführt sei. Meiner Treu, wenn das die wissenschaftliche Zukunft der Schweizer Volkswirtschaft ist. Setzen, Strafaufgabe: Wir basteln uns eine doppelte Buchhaltung, schreiben links Aktiva und rechts Passiva und schauen, was rechts übrig bleibt, wenn man die Passiva von den Aktiva abzieht. Waseliwas?

Schliesslich ist dieser «Republik»-Artikel die Fortsetzung eines Werks für swissinfo. Sich selbst kopieren ist durchaus erlaubt, wenn auch nicht rasend originell. Aber im Kampf gegen Frauendiskriminierung muss die Frage erlaubt sein, wieso in der «Republik» die Mitarbeiterin, mit deren «Unterstützung» Canetg das Original schrieb, unerwähnt bleibt. Die Nachfrage nach der verschwundenen Mitarbeiterin am Artikel beantwortet Canetg einfach nicht. Auch auf die Gefahr hin, sich damit doch einem verschärften Sexismusverdacht auszusetzen. Stolz vermerkt Canetg im «Republik»-Artikel hingegen, dass ebenfalls der «Blick» über dieses Männerproblem bei der SNB berichtet habe.

Darf man das Inzucht nennen, oder wäre das irgendwie -istisch?

Wäre es wirklich ein Platzproblem geworden, wenn er erwähnt hätte, dass die «Blick»-Kolumnistin Patrizia Laeri, seine Mitautorin, in ihrer «Blick»-Kolumne seinen swissinfo-Artikel lobend erwähnte? Eingeleitet mit der vorwurfsvollen Schilderung, dass sich Thomas Jordan doch erfrecht habe, auf eine Reihe blöder Fragen von ihr bei einer Pressekonferenz höflich zu antworten: «Frau Laeri, diese Fragen meinten Sie aber nicht ernst?»

Wenn Jordan wüsste, wie knapp er da einem Sexismus-Vorwurf entkam, wo Laeri doch einen grünen Rock trug und sich nach der Nachhaltigkeit von SNB-Anlagen erkundigte.

Wie viele Mitarbeiter braucht es, um Externe Artikel schreiben zu lassen?

Sozusagen in eigener Sache noch zwei Bemerkungen zur «Republik». Trotz 50 Nasen auf der Payroll wurde dieser Artikel, mit dem das Online-Magazin mal wieder in die Schlagzeilen kommen will, von zwei Externen geschrieben. Genauso wie die Aufarbeitung des Wirecard-Skandals und seine Enthüllung in der «Financial Times» der Einfachheit halber von der FT übernommen wurde.

Wenn man alles zusammenzählt, hat die «Republik» in den vergangenen sieben Tagen 29 Stücke rausgepustet. Davon höchstens 27 eigene. Also nur unwesentlich mehr als ZACKBUM.ch. Was dort pro Monat so eine halbe Million kostet, hier bei drei Nasen null.

Wollen sich die Genossenschafter der «Republik» so nebenbei entmannen lassen?

Und so ganz nebenbei gibt die «Republik» bekannt, dass es mal Zeit für eine Statutenänderung sei. Nix wirklich Wichtiges, einfach eine Anpassung, Präzisierungen, you know, ladies and gentlemen. Darin versteckt wird die Budgethoheit von der Genossenschafterversammlung auf den Vorstand verschoben. Dessen Mitglieder auch nicht mehr jedes Jahr, sondern nur noch alle drei Jahre gewählt werden sollen.

So genossenschaftlich-republikanisch und basisdemokratisch soll es also bei der «Republik» künftig zu und hergehen. Erinnert irgendwie an die «Animal Farm» von Orwell, finde ich.

Man darf gespannt sein, ob die dafür nötige Zweidrittelmehrheit bei der Urabstimmung erzielt wird; sich die Genossenschafter also selber, Pardon, entmannen wollen. Wo doch die Finanzen nicht so wirklich die Kernkompetenz der «Republik»-Macher sind.