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Saitenstark

ZACKBUM muss hier in die Harfe greifen.

Wir loben zu wenig. Ein häufig gehörter Vorwurf, den wir hiermit entkräften. Ausnahmsweise. Aber der Anlass drängt sich auf.

Es gibt in der Ostschweizer Medienszene das «Tagblatt»-Konglomerat. Angeblich über 100 Redaktoren bemühen sich dort, neben dem fixfertig aus Aarau angelieferten Mantel Lokales zu beschreiben. Kläglich.

Es gibt «Die Ostschweiz», für die ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schreibt, wodurch jedes Lob eine gewisse Subjektivität nicht abstreiten kann. Also fassen wir uns kurz: grossartiges Magazin, einfach spitze, unerreicht.

Dann gibt es das «Ostschweizer Kulturmagazin Saiten». Wir haben uns schon mehrfach sehr kritisch über Inhalt und Mitarbeiter geäussert. Alles Gründe, um diesmal in hemmungsloses Lob auszubrechen. Die zweiteilige Serie «Viel russische Kohle im Appenzellerland?» und «Noch mehr Kohle im Appenzellerland – und in der Stadt St. Gallen» ist ein ganz starkes Stück Recherchierjournalismus.

Hans Fässler, lediglich unterstützt von zwei Mitarbeitern und einem Recherchierfonds, hat sich auf Spurensuche nach russischen Firmen, Verwicklungen, Sitzgesellschaften und einheimischen Helfershelfern begeben. Hartnäckig, sorgfältig, wie ein Eichhörnchen hat er alles zusammengetragen, was aus öffentlich einsehbaren Quellen wie dem Handelsregister, logischen Schlussfolgerungen und hartnäckigen Nachfragen gewonnen werden kann.

Wer sich auf dem Gebiet etwas auskennt, kann ermessen, wie gross die Visualisierung aller Verästelungen, Zusammenhänge, Quellen und weltweiten Verschleierungskonstruktionen gewesen ist. Und wie Fässler wohl gelegentlich vor diesem Board stand und sich fragte, ob er das überhaupt zu Ende bringen kann – und ob jemand die beiden Riesenstücke in einer Kulturzeitschrift überhaupt lesen wird.

Es ist tatsächlich wie das Durchschreiten eines Labyrinths. Aber Fässler gelingt es, den Faden der Adriadne so zu benützen, dass man auch wieder herausfindet und (meistens) weiss, wo man gerade ist. Was auch sehr für den Autor spricht, ist die Tatsache, dass er russische Connections nicht als Minotaurus denunziert, als ob alle und alles, was mit Russland zu tun hat, alleine dadurch verdächtig, kriminell, unsauber, Putin-hörig, ungeheuerlich sei.

Natürlich bewegt er sich mit aller Vorsicht, die potenziell gefährliche Gegner und Enthüllte verlangen. Noch ist es in der Schweiz nicht so weit, dass russische oder ukrainische Zustände in den Medien herrschen. Aber alleine die Drohung mit teuren Rechtshändeln, sollte etwas Unliebsames veröffentlicht werden, reicht häufig aus, dass sogar mächtige Medienkonzerne den Schwanz einziehen und mit der weissen Flagge winken.

Also kommt zur Recherchierleistung auch noch eine Portion Mut hinzu, was sowohl den Autor wie das Organ ehrt; denn an die Kasse kämen beide.

Das ganze Elend der CH-Media-Kopfblätter vom «Tagblatt» abwärts zeigt sich an einer Parallelgeschichte. Denn das «Tagblatt» traute sich immerhin, auf einer Doppelseite eine Recherche von René Zeyer über den Sherkati-Clan in St. Gallen zu publizieren, der aus beschaulichen Villen heraus einen weltweit tätigen Konzern beherrscht, inklusive Bank und geschäftlichen Verbindungen mit Zeitgenossen und Staaten, mit denen man nicht unbedingt öffentlich gesehen werden möchte.

Sozusagen in einem Mutanfall wurde das publiziert; als aber der Clan einen Emissär aussandte, der beim Chefredaktor des «Tagblatts» vorsprach, zwar inhaltlich nichts, rein gar nichts zu bemängeln hatte, aber dennoch durchblicken liess, dass man überhaupt nicht amüsiert sei und sich ernsthaft rechtliche Schritte überlege – knickte der Chefredaktor ein und löschte den Artikel aus dem Netz.

Notabene ohne den Autor darüber zu informieren oder Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Daraufhin wurde der Artikel in identischer Form – lediglich ein Namensdreher wurde korrigiert – in «Die Ostschweiz» publiziert. Und siehe da, trotz allen Bedenken und Befürchtungen des feigen «Tagblatt» –passierte überhaupt nichts. Der Bericht über das «weitverzweigte Sherkati-Imperium» ziert weiterhin «Die Ostschweiz».

Zwei Beispiele dafür, wo heutzutage noch Recherchen durchgeführt und publiziert werden. Die grosse Freude über die Arbeit von Fässler wird nur dadurch getrübt, dass sein Mammutwerk so überdeutlich aufzeigt, wie ärmlich, wie verarmt, wie blutleer, wie mutlos all das ist, was ein Hundert von wohlbezahlten Sesselfurzern im Dienste von CH Media leisten.

Zum Fremdschämen, wie all diese Journalisten täglich vorführen, dass sie den Beruf verfehlt haben und besser Zuckerbäcker geworden wären. Oder Luftfächler. Oder Büttel.

Aber ZACKBUM lässt es sich nicht nehmen, Fässler für diese Sternstunde des Schweizer Journalismus ausdrücklich zu danken und zu gratulieren. Natürlich in der Hoffnung, dass ihm das Lob von der falschen Seite in seiner Gesinnungsbubble nicht um die Ohren geschlagen wird.