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Sag niemals nie

Auch das Fallbeil vom Leutschenbach kümmert sich nicht um ihr Geschwätz von gestern.

Die Nervosität vor der Halbierungsinitiative steigt. Einerseits fällt SRF durch Fehlleistungen, einseitige Berichterstattung und richtige Kracher ins Aus auf – wie beim hochgezwirbelten Fall eines angeblichen Übergriffs eines Schaffhauser Anwalts.

Andererseits ist der Moloch so ausgewachsen, dass pro journalistisch tätigen Mitarbeiter zwei Sesselfurzer beschäftigt werden. Und dritterseits hat es SRF bislang geschafft, sich jede nationale Privat-TV-Konkurrenz vom Leib zu halten. Selbst Roger Schawinski scheiterte mit seinem «Tele 24».

Nun hat es SRF bislang geschafft, jede Ankündigung von Sparmassnahmen oder Stellenreduktion Lügen zu strafen. Die neuste lautet, dass 75 Vollzeitstellen gestrichen werden. Damit dürften schätzungsweise 10 Millionen Franken eingespart werden.

Allerdings sucht SRF gleichzeitig Dutzende von neuen Mitarbeitern für die Ausrichtung des ESC in Basel. Aber gut, wieso widerspruchsfrei bleiben.

Damit auch der Zuschauer merkt, dass hier gespart wird, bis es quietscht, werden Informationssendungen zusammengestrichen. «Tagesschau» am Mittag und um 18 Uhr: neu «Newsflashs», verfilmtes Radio. Aber natürlich bleibe die Information ein Kernbereich von SRF, widerspricht sich Nathalie Wappler selbst.

Dann wird die Sommerpause ausgeweitet. Auch der «Club» macht neu Pause, nachdem er von Moderatorin Barbara Lüthi ins Zuschauerelend moderiert wurde. Zuschauerdurchschnitt 2020 125’000. 2021 noch 101’000. 2022 klägliche 87’000. Ein Schwund von fast einem Drittel. Das führt nur beim Schweizer Farbfernsehen (oder beim «Blick») nicht zu dramatischen Konsequenzen. Kontroverse Themen werden so behandelt, dass zu kantige Kritiker gar nicht erst eingeladen werden, könnte zu viel Stress für die schnell hektisch werdende Lüthi geben. Aber als Partnerin des Chefs ist sie halt unkaputtbar, wie ZACKBUM enthüllte.

Im Sinne von straffen und schrumpfen hat Wappler auch eine interessante Entscheidung bekannt gegeben: die getrennten Chefredaktionen von Video und audio/Digital werden zusammengelegt. Das ist insofern interessant, als Wappler noch vor fünf Jahren tönte, unter ihr als Direktorin «werde es immer zwei getrennte Chefredaktionen für Radio und Fernsehen geben», wie sie persoenlich.com genüsslich zitiert. Und Nick Lüthi fragte nach, ob Wappler daher als Chefredaktorin zurücktreten werde. Das sei nicht der Fall, knirschte die Medienstelle.

Obwohl sich die SRG eines jährlichen Zustupfes von über einer Milliarde Zwangsgebühren erfreut, dazu noch selbst Werbung generiert, quasi eine nationale Monopolstellung besitzt, ist das Gelieferte oft so amateurhaft und uninteressant, dass auch hier gespart werden muss.

Man könnte sich nun bemühen, mit den üppig vorhandenen Moneten schlichtweg ein interessanteres Fernsehen zu machen. Zum Beispiel Diskussion- und Talksendungen, bei denen der Zuschauer nicht regelmässig wegschnarcht. Wer aber auf Gredig statt Schawinski setzt, eine Lüthi fuhrwerken lässt, keine anständige Late Night Show hinkriegt, eine gelinde gesagt befremdliche Auswahl bei Newsthemen pflegt, in unglaublich aufwendigen Reportagestücken äussert fragwürdigen Thesenjournalismus betreibt und rechthaberisch verteidigt, der muss sich halt über Zuschauerschwund nicht wundern.

Auch hier gilt das Gleiche wie bei Tamedia und CH Media: wenn angeblich die gleiche Qualität und das gleiche Angebot, nur besser, mit viel weniger Mitarbeitern möglich sein soll, dann waren die ja völlig überflüssig vorher. Im Gegenteil, sie standen einer Qualitätssteigerung im Weg.

Also kann man aufatmend feststellen, dass der mündige Staatsbürger zukünftig noch besser, noch nachhaltiger, noch qualitativ hochstehender informiert werden wird. Das garantieren Nathalie Wappler und Simon Bärtschi und Steffi Bucheli. Ehrenwort.

Arte ist Kunst

Aber nicht Kult. Dafür nahe verwandt mit Schnecken.

Arte kostet 140 Millionen Euro im Jahr. 132 davon stammen aus öffentlichen Mitteln, die sich Deutschland und Frankreich teilen. Der Kultursender existiert seit 1992, ist zu einem Konglomerat angewachsen und hat Tentakel ausgestreckt, unter anderem in Form einer monatlichen Printbroschüre.

Arte ist für die happy few, mit einer durchschnittlichen Einschaltquote von 1,2 Prozent. Das hindert den Sender nicht, Hunderte von Mitarbeitern am Hauptsitz in Strassburg zu beschäftigen. Das sollten eigentlich genügend Sesselfurzer sein, um als Kultursender auf ein journalistisches Angebot zumindest zu reagieren.

Headquarter in Strassburg.

Also wurde am 2. März dieses Jahres eine entsprechende Anfrage gestellt. Thema, Begründung, Hintergründe, Argumente dafür. Dieser Tat war allerdings eine längere Recherche vorangegangen, an wen man sich mit einem solchen kühnen Anliegen wende könnte, denn mit Ansprechpersonen oder auch nur sachdienlichen E-Mail-Adressen hat es der Sender nicht so.

Auch nicht mit Antworten. Nachdem nichts passierte, wagten wir es, telefonisch nachzufassen und landeten konsequent in der Combox. Dort versprach zwar eine Stimme ab Band, dass zurückgerufen werde – aber das war leider gelogen.

Zu früh aufgegeben. Wobei …

So gaben wir nach rund einem Monat auf. Zu früh, wie sich dann zeigte. Denn siehe da, am 8. April erreichte uns der schriftliche Beweis, dass in dem Riesengebäude in Strassburg tatsächlich gearbeitet wird. Wir bekamen eine Mail: «Vielen Dank für Ihr Interesse am Europäischen Kulturkanal ARTE. Wir bitten Sie uns für die verspätete Antwort zu entschuldigen.»

Das tröstete ungemein; man hatte unsere Anfrage zur Kenntnis genommen, man entschuldigt sich. Aber bevor die Spannung ins Unerträgliche stieg, was denn nun mit dem Projektvorschlag wäre, kam die kalte Dusche:

«Die meisten unserer Programme werden über unsere Mitglieder ARTE Deutschland und ARTE France sowie Partneranstalten eingebracht. Wir raten Ihnen daher, Ihren Vorschlag an eines dieser Mitglieder zu richten oder direkt an die Landesrundfunkanstalten der ARD und des ZDF.»

Nun hatten wir den Vorschlag bereits, was auch nicht ganz einfach war, an die Sendung «Titel, Thesen, Temperamente» eingereicht. Da die in der ARD produziert wird, gibt es insgesamt fünf sogenannte Länderanstalten, die im Turnus zuständig sind. Das läuft dann so, dass eine bereits die E-Mail-Adresse abgeschaltet hat, keine Störung des ordentlichen Büroschlafs.

Im Labyrinth der ARD

Die zweite reagiert nicht und wird deshalb mit einem Telefonat belästigt. Beim WDR in Köln geht tatsächlich jemand ans Telefon und teilt fröhlich mit, dass Vorschläge, die die Schweiz betreffen, von den Kollegen in Bayern behandelt würden. «Das ist sozusagen deren Beritt», sagt der Kölner launig, «nehmen Sie das bitte nicht despektierlich». Wie kämen wir dazu, also rufen wie in München an, wo aufs Mail ebenfalls nicht reagiert wurde. Auch dort wird der Anruf erhört. «Wir sollen für die Schweiz zuständig sein? Das wüssten wir aber. Wer sagt das? Ach, der WDR, unglaublich.» Das war offensichtlich kein Beitrag zur Völkerverständigung mit den Bayern.

Aber man lässt Gnade vor Recht walten: «Schicken Sie uns doch den Vorschlag per Mail.» – «Das habe ich schon getan.» – «Also ich habe nichts gekriegt, schicken Sie doch nochmal.» Das war dann das letzte Mal, dass ein Mitarbeiter von «Titel, Thesen, Temperamente» ansprechbar war. Er hatte immerhin vorsichtig angekündigt: «Wenn wir interessiert sind, hören Sie von uns.»

Übrigens war das Angebot ernstgemeint, kulturell hochstehend und fand andernorts begeisterte Abnehmer. Wer gerne seine Vorurteile gegenüber öffentlich-rechtlichen Medienanstalten bestätigen möchte und herausfinden, dass er noch viel zu sanft urteilte, sollte auch mal den Versuch machen, diese Schnarchnasen für einen Vorschlag zu begeistern.