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Köppel: Mann mit Mission

Die «Weltwoche» ist auf dem Friedenspfad. Haltet ein, ruft sie uns zu.

Es geht um alles. Um Krieg und Frieden. Nein, um Atomkrieg oder Frieden. Wie Roger Köppel schon in der Talkshow mit Roger Schawinski deutlich machte, treibt ihn die Angst vor einem Atomkrieg um. Da er Besitzer, Herausgeber, Verleger und Chefredaktor in Personalunion ist, kann er das in seinem Wochenmagazin auch ausleben. In einer Art, die sich nur in Form einer Fotoromanza darstellen lässt.

«Peace now», die ewige Forderung. So unterstützenswert wie völlig sinnlos. Bedauerlich für die «Weltwoche»: keiner der drei Herren auf dem Bild wird diesen Befehl des Wochenmagazins zur Kenntnis nehmen. Geschweige denn, befolgen.

Selbst wenn er noch durch eine bibelfeste Philosophin untermauert wird.

Eigentlich wurde es auf dem Cover schon in aller knappen Präzision gesagt. Ohne sofortige Verhandlungen drohe ein Atomkrieg. Aber wofür gibt es das Editorial, um es nochmal zu sagen. Nicht besser, aber länger …

Eine sicherlich berechtigte Frage; allerdings vermisst man den gleichlautenden Titel mit dem Namen Putin

Natürlich darf eine Betrachtung auf Metaebene nicht fehlen, dass die in der Aufklärung geborene Idee «universalistischer Menschenrechte» wirklichkeitsfern sei. Dabei ist es wohl die humanste Forderung, die jemals in der Geschichte der Menschheit aufgestellt wurde.

Nachdem die Lobeshymnen auf Truss und Meloni gerade verklungen sind, wird nun der Autokrat, korrupte Opportunist, der nicht zögert, sich auch dem Fundamentalismus in die Arme zu werfen, als «neuer Atatürk» bejubelt. Das ist besonders widerlich, weil Atatürk die Säkularisierung der Türkei bewirkte – die von Erdogan aus reinem Machterhalt wieder rückgängig gemacht wurde. Es ist zwar ein Stabreim, aber ein Bismarck am Bosporus? Der in Syrien genauso verbrecherisch haust wie Putin in der Ukraine? Da verrutschen mal wieder alle Massstäbe im Dienste der Provokation.

Apropos …

Immerhin, ein «Bild»-Redaktor darf in der WeWo aussprechen, was mehr als naheliegend ist. Dass die jüngsten Sabotageaktionen gegen die Infrastruktur auf einen Verantwortlichen hindeuten, der meistens in viel zu grossen Sälen an viel zu grossen Tischen mit viel zu vielen Telefonen sitzt.

Aber damit ist’s mit der Putin-Kritik auch schon gewesen. Neben Selenskij macht natürlich auch der Geisteszustand des greisen US-Präsidenten Sorgen. Schwere Sorgen. Die könnte man sich auch beim 70-jährigen Putin machen …

Eine weitere Spitzenleistung. Ein rudimentär informierter Jungredaktor fragt eine «Oxford-Professorin» ab, die punktgenau ein Buch über die Ukraine publiziert hat. Was Gwendolyn Sasse zur beliebten «Expertin» in Funk und Fernsehen macht. Was auch der WeWo nicht entgangen ist.

Das müsste unter der Rubrik «was macht eigentlich» erscheinen, denn auf die Ansichten des ehemaligen griechischen Kamikaze-Ministers Yaris Varoufakis hat nun wirklich keiner gewartet.

Eine interessante Frage, nachdem die US-Fracking-Industrie in den Seilen hängt …

Und wer’s immer noch nicht kapiert hat, sollte es sich doch nochmal vom US-Publizisten Jeffrey Sachs erklären lassen.

Diese Frage allerdings, diese Frage sollte sich die WeWo-Redaktion auch mal stellen: «Gibt es punkto Selbstbefriedigung Grenzen, kann ein Zuviel schadenZACKBUM war bislang der Überzeugung: nein. Aber wir zweifeln inzwischen …

 

Via Matteo Civitali 104

Was das ist? Die Adresse einer Peinlichkeit.

Die Welt ist kompliziert, widersprüchlich und unübersichtlich. Das geht im heutigen Sparjournalismus natürlich nicht. Denn das würde ja eine differenzierte, kompetente, intelligente Berichterstattung erfordern. Von Journalisten, die genügend Grips und Zeit haben, um ihre Konsumenten mit Analyse, Einordnung, Gewichtung zu versehen. Was eigentlich eine geldwerte Leistung wäre.

Geld kassieren wollen die Journalisten schon. Also genauer gesagt in der Schweiz die Medienclans, denen sie gehören. Mit der kleinen Ausnahme NZZ, dem einsamen Leuchtturm. In der Dunkelheit, im Schattenwurf von Walder-Ringier, Coninx-Supino und Wanner-Wanner.

Einfach gestrickte Journalisten brauchen einfache Weltbilder. Schön, wenn es ihnen die Welt vermeintlich so einfach macht. In der Ukraine ist die Sache glasklar. Es gibt einen Schurken, einen Bösen, einen Kriminellen. Verrückten. Von Wahn und Grossmannssucht befallenen Autokraten. Einen wahren Teufel, einen typisch russischen Barbaren, an dem die Segnungen der westeuropäischen Zivilisation spurlos vorbeigegangen sind. Mit einem Wort: Putin.

Das Bild ist auch nicht ganz falsch, denn der Herrscher im Kreml ist unter Bruch aller Zusicherungen und Verträge völkerrechtswidrig in die Ukraine eingefallen. Und hat bislang alle grossmäulig angekündigten Kriegsziele verfehlt. Keine «Befreiung» der Ukraine von angeblich faschistischer Herrschaft, keine Entnazifizierung. Stattdessen verlustreiche Stellungskriege, Elend, Zerstörung und für lange Zeit irreparabler Schaden in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen.

Auf der anderen Seite braucht jedes Stück einen Helden, wenn es einfach gestrickt ist. Daher sieht man im Westen gerne darüber hinweg, dass auch der ukrainische Präsident korrupt ist, nur mit Hilfe eines ukrainischen Oligarchen an die Macht kam, der damit ein klitzekleines Problem mit verschwundenen Milliarden aus der Welt schaffte.

Dass die gleichen Medien, die sich nun in Lobhudeleien des tapferen Helden und Kämpfers Selenskij überschlagen, noch vor nicht allzu langer Zeit anhand der gestohlenen Unterlagen der Pandora Papers über seine mehr als dubiosen Finanzkonstrukte berichteten, was soll’s. Zwar richtiges, aber aus heutiger Sicht dummes Geschwätz von gestern.

Nun wird es allerdings noch eine Runde peinlicher. Denn der saubere, aufrechte, strahlende Held besitzt auch eine schnuckelige Villa in Italien. Schätzwert: rund 4 Millionen Franken. Gute Lage in Forte de Marmi (Toskana). Via Matteo Civitali 104, 600 Meter bis zum Meer, auch Roman Abramowitsch (und andere russische Milliardäre) weiss die Lage zu schätzen.

Diese Villa, verständlich, wird vermietet. So will die italienische Zeitung «Il Tirreno» wissen, dass sie im Monat August für schlappe 50’000 Euro Mieter gefunden hat:

Dabei soll es sich allerdings, oh Schreck, o Graus, um Russen handeln. Auch der «Blick» kolportiert diese Meldung:

So neben den üblichen Kriegsmeldungen. Dabei macht der «Blick» die Nationalität der Mieterschaft zum grossen Thema. Um über das eigentliche Thema hinwegzugleiten: wie kann sich ein ukrainischer Präsident (offizielles Monatseinkommen 847 Franken) eine Millionenvilla in der Toskana leisten? Eine Wohnung in London? Diverse Offshore-Konstruktionen auf Zypern, Belize und den Jungfrau-Inseln?

Ach so, aus seiner früheren Tätigkeit als TV-Komiker. Das scheint in der Ukraine eine wahre Goldgrube zu sein. Sicher, das ist alles ein Klacks im Vergleich zu den Reichtümern, die Putin nachgesagt werden. Aber der verdient ja auch offiziell immerhin 114’000 Franken im Jahr. Zehnmal mehr als Selenskij.

Eine Villa in der Toskana und ein Millionenvermögen machen den ukrainischen Präsidenten nun nicht zum Schurken. Aber doch zum weniger strahlenden Helden, als der Simpel-Journalismus ihn anschmachtet.

Blick in die Zukunft

«Die Ukraine muss siegen.» Und wie wird’s wirklich?

Beim Blick in die Zukunft herrscht weitgehend Einfallslosigkeit. Geboren aus Schwarzweissdenken kann man sich Prognosen nur in Schwarzweiss vorstellen. Dadurch wird das Zerrbild der Gegenwart in die Zukunft extrapoliert.

Da aber ein militärischer Sieg der Ukraine doch allgemein als unwahrscheinlich gilt, wird halt gerudert. Der Heldenpräsident Selenskij wird unbedingt mit allen nötigen Waffen versorgt, um den russischen Invasoren möglichst schmerzlich Widerstand leisten zu können – und sie zu guter Letzt aus dem Land zu werfen.

Das führt zwar zu bedauerlichen Kollateralschäden in der ukrainischen Bevölkerung und Infrastruktur, zu unermesslichem Leid und Zerstörung, aber die Alternative wäre nur, wie das ein Historiker in unnachahmlicher Dummheit behauptet, dem Präsidenten zu raten, er solle aufgeben.

Und das wiederum würde den Appetit des wahnsinnigen Verbrechers im Kreml stimulieren, der sich anschliessend noch Transnistrien, vielleicht Moldau, warum nicht Polen unter den Nagel reissen will. Deshalb muss der zur lokalen Militärmacht abgerüstet werden, was dadurch gelingt, dass möglichst viel von seinem Kriegsgerät vernichtet wird.

Das zukünftige Ziel muss unbedingt sein, dass die territoriale Integrität der Ukraine erhalten bleibt und sich Russland völlig zurückzieht, auch von der Krim. Anschliessend wird die Ukraine in die EU und die NATO eintreten, womit weitere Überfälle durch Russland ausgeschlossen sind.

Weiter im rosaroten Bild

Als Zeichen der europäischen Solidarität werden nicht nur Waffenlieferungen getätigt und geschenkt, es werden auch bedingungslos ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Die Schweiz sollte angesichts besonderer Umstände nicht so zickig auf ihrer Neutralität bestehen. Immerhin hat sie sich allen Sanktionen angeschlossen und nimmt auch freiwillig wohl bis zu 200’000 Flüchtlinge mit dem Sonderstatus S auf.

Die werden von der Schweizer Bevölkerung begeistert empfangen, wie nie zuvor zu Hause aufgenommen und fast als Familienmitglieder akzeptiert. Schliesslich handelt es sich um Miteuropäer, hochqualifiziert und überwiegend weiblich, meistens von einer kleineren oder grösseren Kinderschar begleitet. Dem entsprechenden Ansturm muss natürlich das Schul- sowie das Sozialsystem der Schweiz gewachsen sein. Ein Unmensch, der da von Kosten und Sekundärfolgen in der reichen Schweiz spricht.

Sobald der Endsieg über Russland errungen ist, werden grössere Teile der Flüchtlinge wieder in die Ukraine zurückströmen, so wie das ja auch bei den Ungarn und den Tschechen der Fall war. Der Wiederaufbau des Landes wird zu grossen Stücken durch beschlagnahmte Vermögenswerte reicher Russen im Ausland finanziert, zudem muss sich natürlich Russland daran beteiligen.

Als Gegenleistung hat die Ukraine schon versprochen, dass sie dann die letzten Reste von Korruption, Oligarchenherrschaft, pseudodemokratischen Veranstaltungen, willkürlicher Machtausübung beseitigen wird. Selbst Präsident Selinksij wird mit gutem Beispiel vorangehen und seine Millionenbesitztümer im Ausland offenlegen, vielleicht sogar verkaufen, um das Geld dann zu spenden.

Das ist der märchenhafte Ausblick des Mainstreams. Die Wunschvorstellung aller kalten Krieger und Kriegsgurgeln, die dafür grosse Teile der aktuellen Wirklichkeit einfach ausblenden.

Zurück in die realistische Zukunft

Denn das alles wird natürlich nicht passieren. Ein realistisches Zukunftsbild sieht so aus: als ersten Schritt wird es einen Waffenstillstand geben. Umso schneller, desto besser für die Zivilbevölkerung der Ukraine. Danach werden Verhandlungen beginnen, ohne Vorbedingungen. Wie vom Altmeister der amoralischen Realpolitik Henry Kissinger – und nicht nur von ihm – bereits skizziert, werden diese Verhandlungen damit enden, dass die Krim und die beiden Donbass-Provinzen russisch bleiben, sowie ein Landzugang zur Krim. Die Ukraine wird zumindest auf absehbare Zeit nicht in die NATO eintreten und höchstens den normalen, zeitraubenden Weg in die EU einschlagen.

Da Russland mehrfach wortbrüchig geworden ist, was seine Versprechen betrifft, die Grenzen der Ukraine anzuerkennen und zu respektieren, wird die territoriale Integrität der Ukraine von der NATO garantiert werden. Diese Kröte muss Putin schlucken, der sich ohne Not in eine Position manövriert hat, in der er nur verlieren kann. Die Frage ist nur, wo die Schwelle zum für ihn erträglichen Verlieren liegt.

Die anfängliche Begeisterung über und die Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen wird – wie bei früheren Flüchtlingswellen mit Willkommenskultur und allem – schnell nachlassen. Beispiele von Missbrauch, von Ausnützen, von Betrug, von Unwilligkeit, sich zu integrieren und auch bescheidene Angebote zu akzeptieren, werden zunächst als fremdenfeindliche SVP-Propaganda denunziert, sickern aber zunehmend in die öffentliche Meinungsbildung ein. Wie meist hat hier «Inside Paradeplatz» ein feines Näschen für die Vorboten zukünftiger Entwicklungen.

Die Belastungen der Schweizer Solzialsysteme werden diskutiert, die Bevorteilung von Flüchtlingen gegenüber notleidenden Schweizern kritisiert. Absurde Forderungen wie die, dass in der Schweiz Sondersteuern für sogenannte Kriegsgewinner erhoben werden sollen, deren Ertrag dann der Ukraine zugute kommen muss, fachen die kritische Debatte zusätzlich an.

Eine Wende wird sich immer deutlicher abzeichnen

Viele Familien, die gutgläubig Plätze angeboten haben, werden sich immer lautstärker darüber beschweren, dass sie versprochene Unterstützung nicht erhalten und stattdessen im Stacheldraht von Behörden und Bürokratie verröcheln, bzw. selbst in gröbere finanzielle Probleme geraten.

Die Meinungsträger, die von jeglichem Nachgeben abraten und die ewigen schiefen Vergleiche mit dem Appeasement gegenüber Hitler ziehen, werden zunehmend verstummen. Insbesondere, da Russland, in die Ecke gedrängt, immer unverhohlener mit dem Einsatz von zumindest taktischen Atomwaffen droht. Und immer deutlicher macht, dass es die Ausrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit westlichem Militärgerät als Annäherung an eine direkte Intervention der NATO in der Ukraine empfindet.

Immerhin sind die Dummschwätzer verstummt, die noch vor Kurzem die Errichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine, garantiert durch die NATO, oder gar ein direktes militärisches Eingriffen des Bündnisses forderten.

Es gibt die Zukunftsprognose, die auf der fantasievollen Weltsicht beruht: wenn Wünsche wahr werden. Es gibt die Zukunftsprognose, die sich nach einer heilen, gerechten, moralisch intakten Weltvorstellung ausrichtet. Es gibt die Zukunftsprognose, die in typisch eurozentristischer Selbstfixierung davon ausgeht, dass die ganze Welt nicht nur den Einmarsch verurteilt, sondern auch bei wirtschaftlichen oder politischen Sanktionen gegen Russland dabei sei. Dabei stehen hier den europäischen Staaten plus USA, Japan, Australien und Neuseeland die überwältigende Mehrheit von über 150 Nationen gegenüber, die sich in keiner Form an Sanktionen beteiligen. Darunter Schwergewichte wie China und Indien.

Medien machen immer wieder die gleichen Fehler

Auch das Denunzieren von realistischen Zukunftsprognosen als zu nachgiebig, feige, gar als Ausdruck der Übernahme russischer Positionen, als Einladung für den Kreml, weitere Eroberungszüge zu riskieren, ist unnütz. Damit werden zwar weiterhin die Mainstreammedien bespielt, aber die machen den gleichen Fehler wie in ihrer Berichterstattung über die Pandemie.

Eine zu einseitige, zu meinungsstarke, zu wenig faktenbasierte, ausgewogene und umfassende Berichterstattung stösst den Konsumenten ab. Muss er dafür noch bezahlen, fragt er sich zunehmend, welchen Gegenwert er in Form von Einheitsbrei, ewig gleichen Kommentaren, markigen Kriegsrufen und unablässigen Verurteilungen Russlands bekommt.

Wie bei der Pandemie übergehen die Mainstreammedien gefloppte Prognosen kleinlaut. Die russische Wirtschaft wird demnächst zusammenbrechen. Der Rubel wird ins Bodenlose fallen. Russland wird schwerste Verluste mit seinen Rohstoffexporten erleiden. Die russische Bevölkerung wird in zunehmendem Leidensdruck beginnen, massiv gegen ihre Regierung zu protestieren. Der Veretdigungsminister ist abgetaucht, vielleicht schon abgesetzt, oder im Straflager. Oder liquidiert. Putin ist nicht nur wahnsinnig, sondern auch krank. Geschwächt. Innerhalb des Kremls wird bereits über seine Nachfolge nachgedacht. Nur ein ausgeklügeltes Sicherheitsdispositiv hat bislang verhindert, dass ein erfolgreiches Attentat verübt wurde.

Früher gab es die journalistische Berufsgattung des Kremlastrologen. Das waren die Kenner und Spezialisten, die aus kleinsten Anzeichen (wer steht wo bei Paraden, hustet der Generalsekretär, wieso wurde das Politbüromitglied schon seit zwei Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen) die ganz grossen Linien zogen. Nur war damals der Ruf der Medien noch viel weniger als heute ramponiert.

Neben Putin steht nun allerdings schon der zweite Verlierer eindeutig fest. Wieder einmal die sogenannten Qualitäts- und Bezahltitel, die für gutes Geld schlechte Ware liefern.

 

 

Auf ein Foto mit …

… Wolodymyr Selenskij. Aber nur echt in Olivgrün.

Der deutsche Bundeskanzler antwortete auf die Frage, wieso er denn noch nicht nach Kiew gereist sei, dass es nicht seine Art sei, für einen Fototermin schnell rein und wieder auszureisen. Dafür bezog Olaf Scholz von deutschen Kriegsgurgeln kräftig Prügel. Denn kaum ein Politiker hat es inzwischen ausgelassen, mit einem gemeinsamen Foto mit dem ukrainischen Präsidenten ein Zeichen zu setzen.

Flinten-Uschi in Schäkerlaune …

Manchmal vor Blingbling und in herrschaftlichem Ambiente, aber gerne auch im Freien vor Ruinenlandschaften, wobei die schusssichere Weste sich auch immer sehr gut macht. Oder man lässt das:

Boris schützt sich mit seiner Krawatte.

Auch Doppelbesuche sind möglich; hier gleich der US-Verteidigungs- und der Aussenminister:

US-Aussenminister Blinken lächelt rechts in die Kamera.

Natürlich darf auch die finnische Ministerpräsidentin nicht fehlen:

Endlich ein Besuch, der nur ein Mü grösser ist: Finnlands Marin.

Fotografisch anspruchsvoll: der deutsche CDU-Chef Merz.

Entlarvend: Mit NR-Präsidentin Kälin.

Aber, es ist nicht so, dass jeder dahergelaufene Politiker eine Audienz und einen Fototermin bekommt. So wurde der deutsche Bundespräsident Steinmeier kurzerhand ausgeladen, als der einen Besuch ankündigte. Und auch die grüne Aussenministerin Baerbock kam (noch) nicht zu dem begehrten Shooting. Dafür zeigte sie, was martialische Verkleidung ist:

Helm, Mundschutz, Brustpanzerung, weibliche Begleitung: Baerbock.

Denn eine solche Reise ohne gute Fotos ist ja rausgeschmissenes Geld. Gut, mit Fototermin gilt das auch, aber Politiker sind eitle Menschen und denken ab und zu an die Zeit nach dem Politikerdasein. Dann müssen die Memoiren her, und so ein Treffen unter Lebensgefahr mit dem ukrainischen Heldenpräsidenten, da lässt sich aus ein paar gewechselten Sätzen locker ein Kapitel basteln:

Als ich mich unter Lebensgefahr mit Selenskij traf. Darin kann endlich weltexklusiv der Inhalt des Gesprächs wiedergegeben werden: «Hello, Mr. President, nice to meet you.» – «Nice to meet you too. Could you stand by me and smile into this camera? Thanks a lot.» – «I would like to bring you the warm greetings of my people. We admire you and wish you …» — «Oh yes, thanks, take care, I have to fight a war here, you know? Bye-bye.»

Die letzten Gläubigen

Das WEF ist ein Schatten seiner selbst. Selbst die Demos dagegen …

All das übliche Brimborium fehlt. Wichtige und Mächtige, die in schwarzen, gepanzerten Limousinen durch Davos pflügen. All die Begegnungen «kenne ich den oder muss der mich kennen?». Die Empfänge, Partys, das Come-Together, die prall gefüllten Agenden. Wer hat die beste Suite im ersten Hotel am Platz, wer muss in Zürich übernachten und anreisen?

Wie viele wichtige Präsidenten und Weltenlenker sind anwesend, wo stapeln sich die Privatjets und die ganz grossen Flieger? Alles fehlt, stattdessen haben wir einen Olaf Scholz, eine Christine Lagarde, eine von der Leyen als Ersatzstars. Nicht mal Schnee gibt’s.

Was macht noch Schlagzeilen? Klitschko: «Bleibt die Schweiz passiv, klebt auch Blut an ihren Händen». – «Davos im Metaversum: WEF-Gründer kündigt digitales Grossprojekt an.» – «Die Welt war naiv. Klaus Schwab auch.» – «Oxfarm fordert höhere Steuern für Konzerne und Vermögende

Russland ist ausgeladen, Selenskij hat eine seiner tollen Video-Ansprachen gehalten, bei denen alle ganz betroffen schauen. Und ein ehemaliger Box-Weltmeister bereitet schon das Terrain vor: «Wladimir Klitschko hat die Schweiz zu einem Verbot russischer Staatsmedien aufgefordert. Dort laufe anti-ukrainische Propaganda. «Die Gehirnwäsche findet auch in der Schweiz statt», sagte er in einem Interview mit dem «Blick» am Rande des WEF in Davos.» Gehirnwäsche in der Schweiz? Muss doch was dran sein, dass zu viele Kopftreffer nicht spurlos an Boxern vorbeigehen.

Soweit, so gähn. CNN, die grossen Medien, sie berichten mehr aus Gewohnheit und unter ferner liefen über das WEF. «Blick» ist es aber gelungen, dem «CNN-Starmoderator» Richard Quest in Davos ein Statement zu entlocken. Was erwarte er denn vom diesjährigen WEF? «Nothing

Nicht viel mehr als nichts war auch der erste Versuch eines Protests durch die Jusos: «Nur gerade 60 WEF-Gegner protestieren gegen das Forum. Juso-Präsidentin Ronja Jansen lässt sich von der kleinen Teilnehmerzahl nicht beirren.» (siehe Screenshot vom «Blick» als Artikel-Foto.)

Aber immerhin, in Zürich war wenigstens etwas Action:

Tränengas, Gummischrot, Doppelmoppel-Parole.

Aber die NZZ hält in alter Treue am WEF fest und gönnt dem 84-jährigen Klaus Schwab den grossen Bahnhof, bzw. das grosse Interview. Aber auch ihr fällt es schwer, Fragen zu stellen, die Antworten erhalten, die dem Leser nicht als Ersatz für Schafezählen zum Einschlafen dienen könnten.

Seine Lieblingspose seit gefühlten 100 Jahren.

Auch auf die Gefahr hin, dass der Leser hier wegschnarcht, einige Höhepunkte des Interviews:

  • Die globale Solidarität hätte grösser sein können, das stimmt. Ich glaube, Corona hat uns alle egoistischer gemacht, und die Staaten sind nationalistischer geworden.
  • Ich habe mich angepasst und war online sehr aktiv. 
  • Das Global Village soll zur ersten Metaversum-Anwendung mit einem echten «purpose» werden.
  • Wir erwarten über 50 Regierungs- und Staatschefs und über 200 Kabinettsmitglieder.
  • Als der Krieg ausbrach, erinnerte ich mich an dieses Gespräch. Nun war völlig klar: Der Versuch, Putin zu überzeugen, europäischer zu werden, ist gescheitert. Ich war traurig und entsetzt.
  • Ich glaube, wir erleben tatsächlich gerade Geschichte an einem Wendepunkt.
  • Die Welt wird fragmentierter, wahrscheinlich zerbrechlicher.
  • Ich habe Drohschreiben erhalten, unser Haus wurde fotografiert und das Bild ins Internet gestellt.

Ist noch jemand wach? Dann haben wir noch die endgültige Schlafpille. Denn Schwab wird gefragt, wie es mit den wirtschaftlichen Beziehungen zu China (auch mit der dritten Garnitur am WEF vertreten) stehe: «Das ist die Frage, die dieses fliessende System besonders beschäftigen wird. Wie wird das Verhältnis der neuen westlichen Werteallianz zu China sein? Militärisch, aber auch wirtschaftlich.»

Falls es irgendwelche Antworten auf diese Frage geben sollte, bei denen man nicht sofort wegschnarcht; ZACKBUM wird berichten.

Kleine Umnutzung des früheren Russia House in Davos.

 

 

Dully Münger

Der dumpfe Auslandchef von Tamedia teilt gegen einen Bully aus.

Im Chor der mutigen Maulhelden fehlte noch ein Chef, dessen Aufgabe darin besteht, aus deutschen Texten die ß herauszuoperieren und durch ss zu ersetzen.

Aber das hindert ihn nicht daran, eine eigene Meinung zu haben. Also die von (fast) allen Journalisten: «Gegen einen Bully wie Putin hilft nur Standhaftigkeit». Das nennt er «Einordnung zum Krieg».

Dabei offenbart Münger ein Jugendtrauma: «Es ist wie auf dem Pausenplatz, wenn ein Tyrann seine Mitschülerinnen und Mitschüler schikaniert, einschüchtert, bedroht und verprügelt. Solche Charaktere nennt man auf Neudeutsch Bully. Wladimir Putin ist ein Bully.»

Nun möchte er nachholen, was er sich vielleicht damals auf dem Pausenplatz nicht traute: «Man muss widersprechen, aufstehen und sich wehren.» Das sei nämlich, Mutti Merkel lässt grüssen, «alternativlos». Nun war’s deren Politik offenbar auch nicht, aber was kümmert das einen Münger.

Wo’s einen bösen Bully hat, braucht’s auch einen guten Helden: «Der ukrainische Präsident ist die Inspiration für den Widerstand. So wie Winston Churchill im Mai 1940.» Im Unterschied zu Churchill hat Selenskij zwar – wie man seit den Pandora-Papers weiss – ein paar nette Geldverstecke im Ausland, und dass ihm sein Wahlsieg von einem ukrainischen Oligarchen gekauft wurde, ist auch offenkundig.

Kolomoiskij, «PrivatBank», schwiemelige Geschäfte. Der ukrainische Oligarch musste sich ins Ausland zurückziehen und kehrte nach dem Wahlsieg von Selenskij wieder triumphal zurück.

Aber solche Details passen natürlich nicht zu Müngers Heldenepos. Der plädiert für eine möglichst starke militärische Unterstützung der Ukraine. Möglicher Atomkrieg? Pah, sagt der mutige Münger, «diese Gefahr besteht jedoch immer, wenn eine Nuklearmacht Krieg führt. So zum Beispiel auch im Vietnamkrieg, als die Sowjetunion und China die kommunistischen Kräfte im Kampf gegen die US-Truppen unterstützten».

Der sympathische American Bully.

Er bringt da etwas durcheinander, denn diese Gefahr bestand im Koreakrieg. Aber ist ja beides irgendwie Asien und weit weg. Wie gross ist denn dann die Gefahr in der Ukraine? Kein Problem, meint Atomstratege Münger,

«Waffenlieferungen an die Ukraine führen nicht einfach so zum Atomkrieg, sondern nur dann, wenn sich der Kreml zum Tabubruch entscheidet und eine Nuklearwaffe einsetzt.»

Da sind wir aber beruhigt. Münger will sich gerne in die «Marschrichtung» einreihen, die der US-Verteidigungsminister vorgebe: «Wir wollen Russland derart schwächen, dass es zu Dingen wie der Invasion in der Ukraine nicht mehr fähig ist.» Das ist nun an Fahrlässigkeit nicht zu überbieten. Sollte Russland tatsächlich so geschwächt werden, dass es, wie Obama schon höhnte, nur mehr eine lokale Grossmacht wäre, welche Reaktion eines Putin kann man sich vorstellen? Wie viele Müngers braucht es zur Antwort?

Am Schluss widmet er sich dann noch dem Naheliegenden, was könnte denn die Schweiz tun? «Traditionell bietet die Schweiz ihre Guten Dienste als Vermittlerin an. Aber offenbar ist nicht die Saison dafür: Zu einseitig sind Schuld, Verbrechen und Verantwortung verteilt in diesem Krieg.»

Gute Dienste sind also saisonabhängig; bei trübem Regenwetter finden sie nicht statt, nur dann, wenn Schuld und Verantwortung nicht einseitig verteilt sind. Wobei, Afghanistan, Iran, gerade auch Vietnam, fanden da nicht Verhandlungen in der Schweiz statt? Die im Fall der Ukraine in der Türkei stattfinden, weil die Schweiz ihre Neutralität geritzt hat?

Aber auch solche Kleinigkeiten müssen übersehen werden, wenn es darum geht, einem «Bully» gegenüberzutreten. Wie bedauerlich, dass das Münger in seiner Jugend nicht gelang. Dann wäre uns dieser Kommentar erspart geblieben.