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Weiber!

Eine Literaturkritikerin kritisiert. Autorinnen! Furchtbar.

In der NZZaS sezierte die Redaktionsleiterin der Beilage «Bücher am Sonntag» das Kalkül hinter den Werken dreier Bestseller-Autorinnen. Dabei behandelt Martina Läubli die Methoden der Selbstvermarktung. Kritisch deskriptiv, aber keinesfalls bösartig.

Das kommt aber bei einer der drei Vorgeführten ganz, ganz schlecht an. Während Christine Brand und Seraina Kobler eher professionell es so sehen, dass «any news is good news» gilt, verwandelt sich die Beziehung-Spezialistin Claudia Schumacher in eine beleidigte Leberwurst. Aber wie:

Das Fremdwort Misogynie ist normalerweise für Männer reserviert (extreme Abneigung von Männern gegenüber Frauen), aber im weiblichen Furor wird es nun auch auf eine Geschlechtsgenossin angewendet. Denn die wagte zu erwähnen, wie sich Schumacher auf ihrer Webseite präsentiert:

Viel Bein, viel Aufmerksamkeit? (Screenshot claudiaschumacher.com).

Pardon, wir liefern noch den Oberkörper nach:

Frau trägt Männerhemd.

Da kann einem die Erwähnung solcher Selbstvermarktung glatt die Champagnerlaune über den Aufstieg in den Bestsellerlisten verderben:

Friede, Freude, Freundschaft und Bestseller:

Aber nun kommt doch diese Läubli, ist dummerweise kein Mann, und schreibt solche Sachen:

«Am gleichen Tag schreibt Seraina Kobler: «Von 0 auf Platz  9. Ich weiss nicht, was sagen.» Am 14.  Juni kommentiert Claudia Schumacher den Bestseller-Platz ihres Romans mit «CRAZY!». «Ich hüpf dann mal eine Runde im Zimmer rum.»»

Das ginge ja vielleicht noch, aber:

«Indessen feiern die Autorinnen ihren Erfolg nicht nur mit Champagner, sondern auch mit strahlenden Instagram-Bildern, von sich selbst, von sich selbst mit Buch, vom Cover ihres Buchs, von Bücherstapeln. Denn sie wissen: Ohne Aufmerksamkeit geht nichts. Im Kampf um dieses knappe Gut bringen sie ihre Person ins Spiel, posten Selfies, teilen die Posts der Kolleginnen, lächeln mit tiefroten Lippen (Schumacher), zeigen Bein (Schumacher, Kobler), die Föhnfrisur (Kobler) oder stimmungsvolle Fotos von Schreiborten in der Zürcher Altstadt und am Strand von Sansibar, wo Christine Brand als schreibende Nomadin zeitweise lebt. Beim Betrachten denkt man: Autorin zu sein, was für ein Lifestyle! Frau ist an schönen Orten, sieht gut aus, und am Ende kommt ein Bestseller heraus.»

Ist eine Beschreibung dessen, was die Damen tun. Aber so nicht, wütet Schumacher:

«Verbrennt die Hure, weibliche Features, Hass, Shaming», Schumacher dekliniert locker das Vokabular durch, mit dem sich Frau normalerweise gegen angeblich frauenhassende Männer wehrt. Sie werde auf ihr Äusseres reduziert, statt dass über Inhalte gesprochen werde. Dass Läubli nebenbei eine exzellente Kritik am Inhalt des Buchs von Schumacher abliefert, ist ihr offenbar vor lauter Äusserlichkeiten entgangen.

Immerhin, ein Kommentator bringt es dann auf den Punkt:

Nachdem Schumacher blitzartig von der WeWo zu Tamedia gewechselt hat, präsentiert sie sich übrigens so:

Um der Gefahr zu entgehen, als misogyner Mann denunziert zu werden, enthält sich ZACKBUM jedes Kommentars.

Ausser vielleicht: eine Autorin präsentiert sich mit ausgewählten Fotos – gerne auch als Ganzkörper — auf ihrer Webseite und kriegt sich nicht ein, wie ihr Buch die Bestsellerlisten erklimmt. Das wird von einer Fachfrau zum Anlass genommen, über die kalkulierte Selbstvermarktung von Schumacher und anderen nachzudenken.

Läubli wird auch noch vorgeworfen, dass sie doch schon vor einem Jahr solche Formen des Eigenmarketings kritisiert habe, unverschämt. Damals nahm sie ein solches Facebook-Foto zum Anlass für gelinde Kritik:

Lustige Huhn-oder-Ei-Frage: Ist das Foto der Autorin mit Manuskript auf nackten Oberschenkeln und roten Fussnägeln das Ei oder das Huhn? Darf es Anlass zu Kritik sein oder reduziert ein Naserümpfen die Autorin auf Äusserlichkeiten wie Schenkel und Fussnägel, die sie allerdings selbst zur Schau stellt?

Bei der Reaktion von Schumacher fällt einem spontan das Wort stutenbissig ein, aber das würden wir niemals hier anwenden. Auf keinen Fall. Ausgeschlossen. Eine beruhigende Erkenntnis nehmen wir mit: auch Frauen können misogyn sein. Oder zumindest so beschimpft werden, wenn einer Kritisierten die Kritik nicht passt und sie inhaltlich nicht dagegenhalten kann.