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Obduktion der NZZaS, reloaded

Papiermangel, schlecht, Hirnschmalzmangel, schlechter. Hintergrund ohne Hintergrund.

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Witz 4: Ladies first, also Nicole Althaus. Die Kampffeministin reitet immer mal wieder ins Gebüsch. Diesmal mit einer Tirade gegen die Behauptung, dass die Fruchtbarkeit der Frauen ab 35 deutlich abnehme, man in der Medizin gar von einer «Risikoschwangerschaft» spreche. Alles Quatsch, will die Gegnerin eines Burka-Verbots wissen, zudem untersuche die «am häufigsten zitierte Studie zur Abnahme der Fruchtbarkeit französische Geburtseinträge von 1670 bis 1830».

Das ist natürlich blühender Unsinn. Es gibt Studien zu Hauf, beispielsweise eine Langzeitstudie von ’59 bis ’18. Auch aus dem 16. Jahrhundert? Quatsch, von 1959 bis 2018. Ihre Uralt-Zahl und die Behauptung, dass sich die meisten Untersuchungen darauf beziehen, hat Althaus aus «Wir Eltern» übernommen, leider ohne Quellenangabe. Vielleicht hülfe auch die Angabe, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in diesen finsteren Zeiten in Frankreich bei (grob geschätzten) 41 Jahren lag.

Von «Risikoschwangerschaft» spricht man übrigens, weil die Chance von Gendefekten wie das Down-Syndrom oder körperlichen Defekten, sowie die Gefährdung der Mutter signifikant zunimmt, aber wieso sich ein schöne These von Fakten kaputtmachen lassen, sagt sich Althaus.

Witz 5: Wenn Banken-Büttel Peter V. Kunz das Wort ergreift, muss man sich immer fragen, ob er da aus einer bestellten Expertise als Banken-Professor zitiert. Hier lässt ihn die NZZaS als «externen Standpunkt» verkünden, dass die «Banken das Klima nicht retten» könnten. Behauptet eigentlich auch niemand, umso besser für Kunz. Dann verheddert er sich aber mit der selbstgestellten Frage, «welche ökologischen und sozialen Kriterien als Grenze für Bankdarlehen gelten» sollten.

Damit meint er natürlich: gibt’s nicht, geht nicht. Statt ihn lang zu widerlegen, vielleicht sollte er mal die «Globalance Bank» anschauen. Geht nämlich schon.

Witz 6: Felix E. Müller zum Zweiten. Anlass der Doppelseite ist, dass das Papier zurzeit knapp ist, «Zeitungen müssen ihre Umfänge reduzieren», weiss Müller, so auch die NZZaS. Wieso ausgerecht dann auf den Pensionär so viel wertvolles Papier verschwendet wird, damit er eine «Ode ans Papier» anstimmen kann? Mitsamt Erinnerung an die Druckerei seines Grossvaters (!), der dann wohl fast noch Gutenberg kannte. Sein schlagendes Argument gegen elektronische, digitale Datenträger:

«Haben Sie jemals versucht, aus einem Laptop einen Papierflieger zu falten»?

Wir falten die Doppelseite zu.

Witz 7: Journalisten interviewen Journalisten. Eine beliebte Methode, Geld und Sachverstand zu sparen. Aber bei der NZZaS? Hier wird der österreichische Chefredaktor Christian Rainer über Sebastian Kurz befragt. Seit 1998 ist er Herausgeber und Chef beim Nachrichtenmagazin «Profil». Rainer selbst, lange Jahre bei der sozialdemokratischen «Arbeiterzeitung», ist ein erbitterter Feind von Kurz. Aber wieso das erwähnen.

Aber kommt Rainer wenigstens zu neuen, tiefschürfenden Erkenntnissen über den Menschen Kurz? Nun ja, junge Menschen wollten ausgehen, Sport treiben, Spass haben, erinnert sich der 59-jährige Rainer an seine eigene Jugend. «Es ist eine Tatsache, dass ihm das genommen wurde, weil er es sich selbst genommen hat. Dadurch, dass er in Ämter kam, wo man eben nicht mehr die Nächte in Discos verbringen kann.»

Also wurde es Kurz nun genommen oder nahm er es sich selbst? Abgesehen davon, dass das seit der Jugend Rainers nicht mehr Disco heisst, was schliesst der Analytiker daraus?

«Wie sehr ihn das beeinflusst hat, kann ich nicht beurteilen

Ach was, genau deswegen erwähnt es Rainer dann nochmal und nochmal. Natürlich wäre auch spannend, seine Meinung über die Zukunft des gefallenen Politstars zu lesen: «Was in fünf Jahren ist, kann niemand sagen.» Ja schade auch, nicht mal in der NZZaS.

Auch hier behält die NZZaS trotz Papiermangel die Unsitte bei, ein halbseitiges Porträtfoto eines Politikers reinzuhängen. Dazu noch ein dermassen bösartiges, dass Kurz hier wie ein jugendlicher Hannibal Lecter den Leser anstarrt. Auch nicht die wirklich feine Art.

Was man aber sagen kann: eine solche geballte Ladung von Flachsinn, Widersprüchlichem, Banalem, Überflüssigen und Schalem, da kann es nur wieder bergauf gehen. Da Jonas Projer in dieser Ausgabe auf sein geliebtes Editorial verzichtete, ist anzunehmen, dass der Chef in den Ferien weilte und daher die Mäuse auf den Tischen tanzten. Hoffentlich kann Projer Katze

 

Reiner Hass

Deutsche und Österreicher: schwierig. Darunter leidet der Tamedia-Leser.

Es geht doch nichts über eine klare Meinung. Pardon, Kommentar heisst’s in der «Süddeutschen Zeitung», wenn’s die Qualitätsmedien von Tamedia übernehmen, wird’s zur «Analyse». Am Inhalt ändert sich dabei nichts (ausser natürlich, dass ß zu ss wird, wozu hat Tamedia auch noch eine Auslandredaktion).

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Cathrin Kahlweit zieht hier vom Leder, dass es eine Unart hat. Der Verfolger alles Antisemitischen Maxim Biller hatte mal eine Kolumne, die «100 Zeilen Hass» hiess. Daran muss sich Kahlweit ein Beispiel genommen haben.

Der Kommentar aber auch …

Der Nachfolger von Kurz? «Schneller kann man sich in einer staatstragenden Rolle nicht disqualifizieren.» Die zukünftige Rolle von Kurz? Er wird «wie ein Sektenführer im Hinterzimmer die Devise für die Regierungspolitik» ausgeben «und seine Anhänger ausströmen, um sie devot zu verbreiten und auszuführen». Das System Kurz?

«Die «neue Bewegung» mit ihrem «neuen Stil» war auf Sand gebaut. Nun versinkt sie in demselben – weil sie, wie die meisten populistischen Bewegungen, um eine medial konstruierte Lichtgestalt herum gebaut war, die zum gefallenen Engel wurde.»

Kurz im internationalen Vergleich? «Man muss den 35-jährigen Berufspolitiker nicht überhöhen, indem man ihn mit politischen Zerstörern wie Donald Trump oder Jair Bolsonaro vergleicht. Der Populismus des irren US-Amerikaners hat zu einer tiefen Spaltung der Gesellschaft … Selbst der «kleine Diktator» (Copyright Jean-Claude Juncker)Viktor Orbán taugt letztlich nicht als Vergleich.»

Denn merke: «Die ÖVP-Geschichte ist viel armseliger.» Schlussakkord:

«Solange man sich durch schmierige Deals mit Boulevardblättern Meinung kaufen kann, wird Österreich eine käufliche Republik bleiben.»

Nun ist es wohlfeil, einem Zurückgetretenen noch nachzutreten. Als die gleiche Kahlweit den damaligen Aussenminister Sebastian Kurz 2017 für die SZ interviewte, pflegte sie noch einen anständigen Umgangston und war offensichtlich vom Jungstar durchaus angetan. Auch seinen Aufstieg zum Parteichef im gleichen Jahr begleitete Kahlweit mit freundlichen Kommentaren («Shootingstar»).

Gestern so, heute so, morgen anders

Aber wen interessiert denn schon mein dummes Geschwätz von vorgestern, mag sich Kahlweit gesagt haben. Allerdings sollte ein Kommentar, erst recht eine «Analyse», etwas enthalten, wofür der Leser auch bereit sein könnte, Geld abzudrücken: analytische Spurenelemente.

Denn Meinung ist ja gut und schön, das «System Kurz» kurz und klein zu hauen, kann sicher Spass machen. Nur: wieso Kahlweit zu diesen bahnbrechenden Erkenntnissen nicht schon kam, als sie mit allen anderen im Chor vom jungen Shootingstar schwärmte, bleibt ihr süsses Geheimnis.

Dass eine «Analyse» eine Untersuchung sein sollte, mit der unter Anwendung klarer Kriterien geordnet und ausgewertet wird, was soll’s. Offenbar ist inzwischen auch in der politischen Betrachtung ein Körperteil in den Fokus des Interesses getreten. Der eigene Bauchnabel.

Entscheidend ist die eigene Stimmungslage

Die eigene Befindlichkeit, das Ich, die persönliche Stimmungslage, meine Meinung, damit wird der Leser belästigt. Dass der sich vielleicht aufgrund einer Lektüre eine eigene Meinung bilden könnte und sollte: ach was, das ist so was von old school. Wo kämen wir da hin. Der Leser muss belehrt, erzogen und gelenkt werden. Sonst käme er gar noch auf eigene, daher falsche Gedanken.

Ausserdem wird so die Welt und alles schön übersichtlich, kategorisiert, kartografiert, fassbar. Trump («irrer US-Amerikaner»), Orban («kleiner Diktator»), Bolsonaro («politischer Zerstörer»), Österreich («käufliche Republik»).

Dazu noch ein Schuss New Speak von Orwell (in anderem Zusammenhang: Impfzwang ist freiwillig), und schon hat die sogenannte Qualitätspresse einen weiteren Sargnagel eingeschlagen.

Um genauso holzschnittartig zurückzugeben: bezüglich Käuflichkeit sollte sich gerade die «Süddeutsche» sehr zurückhalten, wie ein Blick in ihre Vergangenheit zeigt. Solche argumentationsfreien, überheblichen, besserwisserischen, abqualifizierenden Seelenrülpser einer Rechthaberin im Nachhinein braucht es weder als Kommentar, noch als Analyse. Und wirklich lustig ist diese Selbstzerstörung auch nicht.