Das Intelligenzlerblatt tanzt neuerdings den Limbo.
Eigentlich wurde auf Trinidad eine Woche nach einem Begräbnis diese gelenkige Übung aufgeführt, nach dem Motto: how low can you go?
Inzwischen versucht sich die NZZ in dieser Übung. Allerdings tanzt sie nicht, sondern holzt. Unter dem geschmackvollen Titel «Xi macht den Putin» irrlichtern zwei Gastautoren: «Ein ukrainischer Sieg auf dem Schlachtfeld und die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sind beste Mittel, um beider Revisionismus einzudämmen.»
Die tapferen Autoren «Andreas Umland und Hugo von Essen sind Analysten am Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien (SCEEUS) im Schwedischen Institut für Internationale Angelegenheiten (UI)».
Armes Schweden, armes Institut. Schon wieder zwei, die gerne bis zum letzten Ukrainer westliche Werte wie hohe Korruption und Ersatz von Wahlen durch Kriegsrecht verteidigen wollen.
Die Stange liegt allerdings rekordverdächtig niedrig, wenn die beiden ungeniert solche Flachheiten herauspusten dürfen: «Der Krieg in Europa bindet westliche Ressourcen und lenkt die Aufmerksamkeit Washingtons von den Aktivitäten Pekings in anderen Teilen der Welt ab.» Hu, hu, nicht hinschauen, sagt Peking, die Action ist in der Ukraine. Und die dummen USA übersehen die Sache mit Taiwan und so. Man weiss nicht, ob das nur eine Beleidigung der US-Nachrichtendienste und des Aussenministeriums ist oder gleich auch noch des Lesers.
Wer sich bei solchen Sachen nicht auskennt, hat auch keine Ahnung von Wirtschaft: «Auch die chinesische Wirtschaft wird derzeit von Schwierigkeiten geschüttelt. Sie wächst jedoch weiter und importiert verbilligte russische Rohstoffe und überschwemmt Russland mit ihren Konsumgütern.» Das ist mal eine neue Definition von geschüttelten Schwierigkeiten. Die erkennt man daran, dass die Wirtschaft wächst.
Und noch ein analytisches Schmankerl: «So könnten beispielsweise Russlands wachsende Beziehungen zu einem ermutigten Nordkorea zu einer schwierigen Ménage-à-trois-Dynamik mit China führen.» Konjunktiv-Journalismus, bar jeder Logik und Vernunft. Nordkorea ist nur deswegen noch nicht zusammengebrochen, weil es von China gestützt wird, da gibt es überhaupt keine Probleme bei einem Dreier.
Und zum Schluss dann nochmal der geballte Wahnsinn:
«Ein mit westlicher Unterstützung errungener ukrainischer Sieg auf dem Schlachtfeld und die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sind heute das beste Mittel, um russischen und chinesischen Revisionismus in Zukunft einzudämmen.»
Dass die Ukraine die Krim zurückerobern könnte, das wagt nicht einmal der realitätsfernste Selenskyj-Fan zu hoffen. Einen ukrainischen Sieg auf dem Schlachtfeld zu fordern, das ist schlichtweg zynisch, menschenverachtend – und brandgefährlich.
Natürlich darf jeder seine Meinung haben und sich öffentlich zum Deppen machen. Wieso aber die NZZ dafür eine Plattform bietet, ist unerfindlich. Es gibt nach wie vor Sträusse von intelligenten, unterhaltsamen und erkenntniserweiternden Artikeln. Da funkelt die Welt wie in einem Kaleidoskop und wird ordentlich immer wieder geschüttelt und angenehm zusammengesetzt.
Aber solche Versuche, den geistigen Limbo zu tanzen, das wird doch langsam rufschädigend. Zwei Vertreter eines vor wenigen Jahren gegründeten Thinktanks dürfen vorführen, wie überflüssig diese Versammlung von sogenannten Analysten ist. Und wie gut beraten die schwedische Regierung, ja nicht auf solche Irrlichter zu vertrauen.